zt. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
r ‚St. Jugberter Auzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalz? Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
X
d A Zustellungsgebuühr. Die Einrückuugsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15.8, Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
MW 16l. Dienstag, 18. August 1885. 20. Jahrg
Politische Ueberficht.
Von dem Geschwaderchef Paschen liegt nunmehr
ae amtliche Meldung über seinen Erfolg in
zanzibar im Auswärtigen Amte vor. Es darf
brigens nicht außer Acht gelassen werden, daß die
osung der Zanzibarfrage durch das Beigeben Said
zargasch's gesichert se.. Man betont in Kenn⸗
ichnung der Sachlage, daß das bloße Versprechen
es Sultans, seine Truppen aus den deutschen
zchutzgebieten zurückzuziehen und die deutsche Ober⸗
oheit daselbst anzuerkennen, als genügend nicht
nerkannt werden kann. Man wird deutscherseits
eftimmte Garantieen verlangen, damit sich die
zerwickelungen nicht wiederholen. Dazu ist der
lbschluß eines förmlichen Vertrages mit dem
zultan Bargasch⸗Ben Said erforderlich und erst
jenn ein solcher Vertrag abgeschlossen sein wird,
ürfte die Aufgabe des Geschwaders als erfüllt
nzusehen sein. — Weiterungen zwischen dem
erliner Auswärtigen Amte und der spanischen
tegierung wegen der deutscherseits erfolgten Besetz⸗
ing der Karolineninseln werden in Berlin nicht
efürchtet. Spanien hat schlechterdings nichts ge⸗
jan, um enisprechend den von der vorjährigen
kongo· Konferenz gefaßten Beschlüssen seine ver—⸗
aeintlichen Rechtsansprüche auf diese Inselgruppe
ar Geltung zu bringen. Es ist auch bekannt,
aß die spanischen Ansprüche niemals von den
ndern Mächten anerkannt worden sind. Die Ent⸗
ndung zweier spanischen Kriegsschiffe nach den
arolinen dürfte nur den Zwech haben, den von
deutschland nicht besetzten Theil dieser Inselgruppe
ir Spanien zu sichern und dadurch zugleich die
icht erregbare öffentliche Meinung in Spanien zu
eruhigen. Nicht zutreffend ist es, wenn einige
eutsche Blätter die Karolinen als werthlos hin⸗
ellen. Abgesehen von der üppigen Vegetation
erselben, die besonders das Gedeihen der Kokos⸗
muß und der Brotbäume sehr begünstigt, würden
ie Karolinen ⸗ Inseln ganz oder zum Theil als
me vortrefflich geeignete Vorstation für Neu⸗Guinea
men großen Werth für Deutschland besitzen. Auch ist die
lerdings nur spärliche Bevölkerung dieser Inseln
tht arbeitsam und könnte deßhalb für die Kulti⸗
serung von Neu⸗Guinea und Samoa von größtem
dutzen sein.
Deutsches Reich.
Berlin, 17. August. Das Denkmal des
onigs Friedrich Wilhelm J. wird morgen in
dotsdam in Anwesenheit Kaiser Wilhelm's enthüllt
verden. Die Feierlichkeit ist rein militärisch.
Berlin, 17. August. Ein Gegenstand der
arziner Verhandlungen bei der Zusammenkunft
ismarck's mit Kalnoky soll nach der „Nat.Ztg.“
le Siellung Oesterreichs gegenüber den deutschen
hetreidezöllein gewesen sein.
Berlin, 17. August. In Kairo eingegan⸗
en Nachrichten zufolge soll der Nachfolger des
Nahdi, Abdullah— gelegentlich eines Aufruhrs, der
mn 26. Juli in Eharlum ftattgefunden, geltödtet
orden sein
Potsdam, 16. August. Se. K. u. K.
»hert der Kronprinz traf mit dem Kurierzug von
tankffurt heute um 11 Ühr Vormittags auf Sta⸗
Wildpart ein und fuhr direkt nach dem neuen
leis. Prinz Wilhelm war zum Empfang auf
ꝛition Wilddart anwesend. Der Zug hatte sich
Neine Stunde verspätet.
Bremen. 16. August. Heute Vormittag
rrfolgte die feierliche Eröffnung des neuen Weser⸗
irms Durchstich der langen Bucht) zwischen Bre⸗
nen und Vegesack im Beisein der Mitglieder des
Zenats, der Bürgerschaft, der Handelskammer, der
Schifffahrtsbehörden und eines zahlreichen Publikums
Straßburg i. E., 16. August, Herr G.
tdothan, der bekannte französische Diplomat in
disponibilität, gebürtig aus Wasselnheim im Elsaß,
egenwärtig in Villegiatur auf seinem Gute bei
zuttenbach im elsässischen Münsterthal, hat polizei⸗
cheu Befehl erhalten, bis Montag früh Deutsch⸗
ind zu verlassen. Rothan war vor etwa 20
jahren Gesandtschafts⸗Sekretär in Berlin, bei Aus⸗
ruch des Krieges General-Konsul in Hamburg,
871 Gesandter in Florenz und seither zur Dis⸗
osition. Er ist Verfasser eines Buches über Luxem⸗
zurg und von zwei Bänden Souvenirs diplomati-
ues en Allemagne et ltalie.
Auslanud.
Paris, 17. August. Bei dem gestrigen Ban⸗
ette in Le Mans erklärte der Minister Allain⸗
Targé, die Ereignisse des Jahres 1870 lehrten
owohl die Nothwendigkeit, militärische Vorbereit⸗
ingen, lediglich zur Sicherung der Landesvertheidi⸗
jung, zu treffen, wie die Nothwendigkeit freier In⸗
titutionen, um zu verhindern, daß das Land in
Abenteuer gestürzt werde.
Petersburg, 14. August. Die Abreise des
daisers, der Kaiserin und des Thronfolgers nach
dremsier erfolgt am 19. und 20. August. Von
den Ministern folgen dem Kaiser Woronzow⸗Dasch⸗
sow und Wannowsky. Herr v. Giers soll, wie
versichert wird, ebenfalls an der Kaiserbegegnung
heilnehmen. In der großen Suite befinden sich:
zie Generale Richter, Tscherewin und Danilewski,
der deutsche Militär⸗Bevollmächtigte General Werder,
hofmarschall Fürst Obolensti und der Leibarzt
hRirsch. Ein längerer Aufenthalt ist nur in Kiew
ind auf der Rückreise in Moskau in Aussicht ge⸗
rommen.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 17. August. Dei hiesige
dandwehr⸗Verein veranstaltete für die Mitglieder
im gestrigen Tage ein Gartenfest, zu melchem auch
sichtmitglieder gegen Entree Zutritt hatten. Eine
roße Anzahl der Landwehr⸗Männer versammelte sich
jegen 2 Uhr an der Wohnung des 1. Vorstandes
derrn Jos Neymann, von wo aus sich der Zug
uim 9583 Uhr in Bewegung setzte. Es war dies
ein prächtiger Anblick. Mit Musik an der
Spitze, der sodann der Vorstand und die Ausschuß⸗
nitglieder folgten, zog die Mannschaft gegen 180
m der Zahl. theilweise geschmückt mit Etrenzeichen,
zurch die Kohlen⸗Ludwigs⸗ und Kaiserstraße in das
hartenlokal der Herren Gebr. Becker, wo der Wirth
derr Weirich mit bestem Stoffe die Mitglieder em⸗
„sing. Es hatten sich zu den Vereinsmitgliedern
zeren Familienangehörige, viele fremden Gäste, sowie
iesige Nichtmitglieder eingefunden, so daß der Garten
n kurzer Zeit dicht vesetzt war. Das Fest verlief
n der schönsten Weise; die Musik der hiesigen
gergkapelle spielte ihre Piecen recht brav zur all⸗
jemeinen Befriedigung. Herr Weirich hatte für
S„peisen und gute Getränke sein Möglichstes beige⸗
ragen. Jung und Alt unterhielt sich auf's Herz⸗
ichste, so daß das Fest einen wirklich volksfestlichen
zharaltet trug. Gewiß wird diese erste gemüth-
iche Gartenunterhaltung des Landwehr-Vereins
»dem Theilnehmer in bester Erinnerung bleiben:
wie denn auch das ganze Arrangement als ein ge⸗
ungenes bezeichnet werden muß. Der Verein hat
zezeigt, daß er seinen Mitgliedern und deren An—
gjehörigen die Freuden eines Waldfestes ohne Be⸗
chwerlichkeiten, ohne die Vereinskasse in Anspruch
zu nehmen und ohne den Geldbeutel der Theil⸗
nehmer zu stark zu berühren, zu bieten wußte.
Das musterhafte Verhalten der Vereinsmitglieder
vird gewiß die stattliche Anzahl derselben (von
252 Mitgliedern) vermehren, so daß der Verein in
kurzer Zeit als einer der größten auftreten kann.
—* (Aus dem Jahresberichte der
Pfälzischen Handels und Gewerbe—
kammer.) Die Eisen- und Stahlfabrikation hat
für das Berichtsjahr wenig Erfreuliches zu berichten,
nur die Gießerei war, während des größeren Theiles
des Jahres, befriedigend beschäftigt. Auch die
Eisenkonstruktionswerkstätten waren zum Theil mit
ihrem Geschäftsergebniß nicht unzufrieden, da sie
doch Beschäftigung bei allerdings schlechten Preisen
hatten. Geklagt wird über Abnahme des Absatßzes
yon Spezialartikeln (Oefen ec.) nach dem Auslande,
vegen zu hohen Zolles daselbst. Die Draht⸗ und
Drahtstiftenfabrikation war im Berichtsjahre wohl
jinlänglich beschäftigt, allein die Preise waren
zußerst gedrüctt und ließen wenig Nutzen. Einiges
zing nach Italien, dessen hohe Zölle auf die in
Betracht kommenden Artikel das Geschäft übrigens
ehr erschweren. Die Kleineisenzeugfabritation hatte
ortgesetzt schlechtes Geschäft nach Menge und Werth
hrer Erzeugnisse, so daß Betriebseinschränkungen
ind Arbeiterentlassungen nothwendig wurden. Die
desselschmieden sind ebenfalls nicht zufrieden mit
hrem Geschaftsgang und war namentlich in der
rsten Hälfte des Jahres nur wenig zu thun. Am
zünstigsten hat offenbar auch im abgelaufenen Jahre
die Fabrikation von Dampfmaschinen geardeitet,
denn übereinstimmend lauten die Mittheilungen
zünstig; zum Theil sind sogar Erweiterungen nothig
zeworden, um den gestellten Anforderungen genügen
zu können. Das Geschäft in landwirthschaftlichen,
vie überhaupt in Arbeitsmaschinen, war dagegen
wenig befriedigend. Der Schnellpressenbau war das
Jahr über gut beschäftigt, doch erforderten die nach
»em Auslande gelieferten Maschinen große Opfer,
ungesichts der höhen Zölle. die daselbsi zur Erheb—
ung gelangen. Die Fabrikation von Nähmaschinen
var, soweit uns Mittheilungen darüber vorliegen,
zut beschäftigt, was jedoch lediglich dem Umstande
uzuschreiben sein soll, daß es sich um patentirte
Neuerungen von erheblichem Werthe handelt. Der
Berkauf gewöhnlicher Nähmaschinen ist gegenüber
iner erheblichen Ueberproduktion nur schwer zu
zewerkstelligen gewesen, bei obendrein langen Kredit⸗
risten. Die Zölle des Auslandes, namentlich auch
Desterreichs, sind einem floiten Absatze dahin sehr
zinderlich, wahrend die amerikanischen und englischen
Maschinen in Deutschland nur einen verhältniß⸗
näßig geringen Zoll zu entrichten haben. Sollie
die neuerdings geplante Zollerhöhung in Oesterreich⸗
Ungarn zur Wirklichkeit werden, so würde dadurch
ein sehr bedeutendes Absatzgebiet in der empfind⸗
ichsten Weise geschmälert werden. Die Waggon⸗
abrikation hatle infolge größerer Bestellungen der
eutschen Eisenbahn Verwaltungen — 10,000 gegen
000 in 1883 — eine Mehrproduktion von chwa
30 pCt.. bei allerdings sehr gedrückten Preifen.
Der Handel in Roheisen und Fabrikateisen hatte,
vie leicht verständlich, unter dem Druck
iner übergroßen Produktion schwer zu lei⸗
den und konnte kaum mit Nuittzen arbeiten.