Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerihts St. Ingber.. 
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Montag, 31. August 1888. 
20. Jahrg. 
A 
Politische Uebersicht. 
Die Mitglieder der internationalen Tebe⸗ 
raphen?zKonferenz sind Ende voriger Woche 
ihrem Ausfluge nach Bremen, Hamburg, 
isbede u. s. w. wieder nach Berlin zuruͤckgekehrt. 
zist den fremden Gästen auf dieser Fahrt so viel 
Schönen und Interessanten geboten worden 
d man ist ihnen überall mit solcher Liebenswür⸗ 
gleit entgegengekommen, daß sie den Ausflug nach 
deutschen Rord- und Ostseeküste gewiß mit zu 
ren angenehmsten Erinnerungen zählen werden. 
ch in voriger Woche haben auch die Kommissionen 
a Konferenz theilweise wieder ihre Sitzungen auf 
ommen; so hielt die Kommission U am Frei— 
ag eine Sitzung ab, in welcher verschiedene tech⸗ 
Iche und Reglementsfragen erledigt wurden. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 29. August. Der Pariser Moni⸗ 
eur officiel du Commerce“ veröffentlicht einen Be⸗ 
icht des französischen Konsuls in Hamburg über 
en deutschen Handel nach Afrika, dessen 
gerfasser ein kurzes, aber übersichtliches Bild von 
em augenblicklichen Stande der diesbezüglichen 
ꝛeutschen Unternehmungen gibdt. So macht der 
konsul seine Landsleute darauf aufmerksam, daß 
uicht nur Hamburger Häuser ersten Ranges blühende 
Faktoreien an den Küsten des afrikanischen Konti⸗ 
jents besitzen, sondern daß außer diesen schon lange 
zestehenden Niederlassungen jetzt neue Unternehm⸗ 
ingen in Berlin, Frankfurt a. M. Siuttgart an⸗ 
gebahnt werden, an denen die Mitglieder der Ge⸗ 
ellschaften, welche seit zwei oder drei Jahren so 
ingemein viel zur Popularisirung der kol onialpoli⸗ 
ischen Bestrebungen in Deutschland beigetragen haben, 
jerborragend belheiligt seien. Diese neuen Handels · 
jesellschaften planten die Gründung von Faktoreien 
ind Anlage von Pflanzungen, um so der indu⸗ 
triellen Thatkraft Deutschlands neue Debonchés zu 
röffnen. Die meisten dieser Gesellschaften würden 
iothwendigerweise, wenn auch ihr Domizil, so doch 
venigstens eine Succursale in Hamburg haben. 
der Zweck dieses Berichtes ist offenbar der, die 
ranzosischen Interessenten möglichst frühzeitig auf 
as Erstarken der deutschen Konkurrenz in Afrika, 
vo Frankreich bekanntlich ausgedehnten Kolonial⸗ 
zesitz sein eigen nennt, hinzulenten, damit sie später 
nicht von den Thatsachen uͤberrascht werden. Aus 
den letzten Berichten über den Stand der Ein⸗ und 
Ausfuhr der französischen Kolonien Westafrikas er⸗ 
jellt übrigens, daß der deutsche Antheil an dem 
hortigen Gesammthandel fich seit den letzten Jahren 
n stetig aufsteigender Richtung bewegt hat. 
Ausland. 
Paris, 28. August. (Franzosische Hetze 
egen den reichsländischen Statthalter Hohenlohe.) 
die „Gazette Diplomatique“ (beilaufig ein Organ, 
as feinen Titel weder durch die Form noch durch 
en Inhalt seiner Mittheilungen rechtfertigt) laßt 
ich von Berlin melden, „der Fürst Hohenlohe 
verde sein Amt als Statthalter Elsaß⸗Lothringens 
nit der sofortigen Ausweisung aller in den Reichs 
anden wohnhaften Franzosen einweihen“. Die 
ziesigen Chauvinisten würden offenbar eine derartige 
Maßregel sehr gerne sehen, um durch dieselbe einen 
horwand zu erhalten, eine allgemeine Ausweisung 
der Deutschen aus Paris und ganz Frankreich zu 
erlangen. Welche Folgen aber, wenn es ihnen 
gelänge, einen derartigen Beschluß herbeizuführen, 
ʒerselbe für die deutsche Industrie haben würde. 
n man aus dem Umstande schließen, daß die 
deutschen Handelsvertreter in Paris allein jährlich 
iber 400 Millionen Franks deutschet Waare ver⸗ 
aufen, von welchen ein großer Theil der nach 
berseeischen Landern bestimmten über die deutschen 
Zafen verschifft wird. Die Nachricht der Gazette 
Hiplomatique“ ist also, so meint der Pariser Kor⸗ 
espondent dert „Elbf. Zig.“, jedenfalls mit Vor⸗ 
dehalt aufzunehmen. 
verbreiten, da dieselben vom vorigen und frühern 
Jahren her noch in guter Erinnerung find. 
daß Herr Zapf mit seiner Künstlergesellschaft nur 
Borzügliches und Gediegenes bietet und uns einen 
jenußreichen Abend verschafft, davon sind wir fest über⸗ 
eugt und hoffen und wunschen wir, daß durch 
lecht zahlreichen Besuch, sowohl Damen als Herren, 
iesem KünstlerConcert die gebührende Anerlenn⸗ 
uing zu Theil merden moͤge. 
6) St. Ingbert. 31. August. Unterm 
deungen schließen die hiesigen katholischen Schulen 
zas Sommersemester. Die Ferien dauern bis zum 
15. Oktober. 
— Wilgariswiesen, 27. August. Einem 
Restaurateur einer benachbarten Bahnstation wider⸗ 
uhr kürzlich folgendes Mißgeschick: Es hatten 
rämlich mehrere Extrazüge mit Soldaten die Station 
assirt, von welch' letzteren unter den Eßwaaren 
und dem Getränke des Restaurateurs ordentlich 
aufgeräumt worden war. Plotzlich wurde wieder 
ein Extrazug signalifirt und unser Restaurateur, 
der voraussetzte, daß derselbe wieder mit Soldaten 
besetzt sei, ließ eilends, da ihm sein eigener Vor⸗ 
rath nicht genügend schien, aus dem benachbarten 
Drie, Brod, Wurst und Schinken herbeischaffen. 
Eben waren diese Eßwaaren angelangt und wurden 
don dem Restaurateur auf den bereit stehenden 
Tischen ausgebreitet, als der Zug einfuhr, in dem 
sich außer dem Bremserpersonal nichts wie — 
Schafe befinden, die dem dienstbeflissen herbeieilen⸗ 
den Kochkünstler ihr „Mah“ entgegenbloͤkten. Das 
Besicht desselben soll in diesem Momente kein be⸗ 
sonders geistreiches gewesen sein. 
— Mutterstadt, 25. August. Einige 
derren aus der Champagne, die sich bei Gastwirth 
Bhorn hier einlogirt hatien und heute wieder nach 
Frankreich zurückgereist find, haben in Gemeinschaft 
der beiden Jagdinhaber (Graf v. Birailles und 
sKommerzienrath Lederle) vom 17. ds. bis heute 
an 600 Stück Feldhühner auf hiefiger Feldiaad 
seschossen. 
Das ,„Carolinenfieber“ scheint wenig⸗ 
ens in den offiziellen Madrider Kreisen 
was nachgelassen zu haben, da die Regierungs⸗ 
vsse nunmehr Beschwichtigungsartikel bringt. Es 
chi hieraus hervor, daß die spanische Regierung 
ich zu der Einsicht gelangt ist, Deutschland 
mdele in der Angelegenheit der Carolinen⸗Inseln 
urchaus korrekt und loyal, zumal da es auch seine 
reneigtheit ausgesprochen hat, die ganze Affaire 
mem Schiedsgerichte zu unterbreiten. Uebrigens 
iird jetzt bekannt, daß die deutsche Flaggenhifsung 
uf der Insel Babeldzuap erfolgt ist, die gar 
cht zu‘ der eigentlichen CarolinenGruppe, sondern 
u den ewwas westlich von, derselben gelegenen 
elew⸗ Inseln gehört. Weiter verlautet, daß die 
eutsche Regierung auch die Marschalls⸗Inseln, 
stüch von den Carolinen gelegen, unter ihr Pro⸗ 
ckiorat zu nehmen gedenke. Auf den Marschall⸗ 
suseln haben die deutsche Handels · und Plantagen⸗ 
Iesellschaft, sowie die Firma Hernsheim und Comp. 
naltoreien auf eigenem Grundbesitz. Außers diesen 
eiden deutsche Firmen kommt dort nur die eng⸗ 
p Firma Henderson und Me. Farlane in Be⸗ 
racht — 
WVermischtes. 
4 Gerproviantirung don See—⸗ 
dampfern.) Nur wenige Personen haben einen 
Begriff von der Masse der Provisionen an Bord 
der großen Seedampfer. Jedes Schiff ist für die 
Bassagiere und Bemannung wie folgt verproviantirt: 
3500 Pfund Butter, 3000 Schinken, 1600 Pfund 
zwieback, ausschließlich dessen, welcher der Mann⸗ 
chaft geliefert wird. 8000 Pfund Trauben, Man⸗ 
deln, Feigen und Dessertfrüchte, 1300 Pfund Muß 
und Gelees, 6000 Pfund eingemachtes Fleisch, 
3000 Pfund getrodnete Bohnen, 8000 Pfund 
Reis, 5000 Pfund Zwiebeln, 40 Tonnen Kartoffeln, 
300 Faß Mehl und 1200 Dutzend Eier. Frisches 
Bemüse, Fleisch, lebendige Ochsen, Schafe, Schweine, 
Banse, Truthühner, Enten, anderes Geflügel, Fische 
und Wildpret werden in jedem Hafen an Bord 
gebracht, so daß es schwierig ist, deren Zahl an⸗ 
nähernd anzugeben. 2 Dutzend Ochsen und 60 
Schafe würden wahrscheinlich ein ziemlicher Durch⸗ 
ichnitt far die ganze Reise sein und der Rest mag 
im Verhältniß gefolgert werden. Während der 
Zommermonate, wenn das Schiff sein volles 
Duantum an Passagieren hat, werden oft 258 
hühner zur Suppe für ein einziges Diner ver— 
draucht. 
Würzburg, 27. August. Spanische 
Firmen annullirten heute ihre einem hiesigen Erport— 
zqus gegebenen Ordres unk⸗er Berufung auf ißr— 
* Dem „Temps? wird aus Aden telegraphirt. 
cß ein englisches Kriegsschiff von dort abgegangen 
i, um Ambo und die Tadschutra⸗Bay vor An⸗ 
nfl der Franzosen zu besetzen, von denen die 
agländer vermuthen, daß sie dafelbst ihre Flagge 
ssen wolslen 
Waährend sich in der auswärtigen Politik 
inglands gegenwärtig eine gewisse Ruhe aus⸗ 
rückt, werden aus Irüand wieder einmal be⸗ 
tohliche Symptome der dort herrschenden Gährung 
meldet. In dem Dorfe Mullinavatt ist es an⸗ 
tlich der Exmitirung einiger aufsassigen Pächter 
u einem blutigen Konflikt zwischen der Polizei 
ind dem Volke gekommen, in welchem es auf 
—X Seiten zahlreiche Verwundete gab. Diese 
organge illustriren den Geist der Widerspenstigkeit, 
tt sich von der „grünen Insel“ nun einmal nicht 
mnen lassen will und es ist sehr leicht möglich, 
tß weitere Ausschreitungen der irischen Landbe⸗ 
dilterung den Entschluß des gegenwärtigen Tory ⸗ 
linisteriums, auf die Erneuerung des Zwangsge⸗ 
cdes für Irland zu verzichten. wieder wankend 
nachen werden. 
Lokele und pfalet he Ne—prichten. 
*St. Ingbert. 31. August. Im Ober⸗ 
zauser'schen Saale wird übermorgen (Mittwoch) 
bend das Zapf'sche Männerquartett aus 
Diesbaden ein Concert geben. Wir haben 
aicht noͤthig, über die vortrefflichen Leistungen des 
Mieifig tenomirten Quartens uns ausführlich 3