S3t. Iugberfer Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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A 175.
Politische Uebersicht. J
* Von der internationalen Telegraphen—
Kkonferenz in Berlin ist ein neuer erfreu⸗
licher Erfolg zu berichten, indem dieselbe die in
erster Lesung gefaßten Beschlüsse bezüglich Herstell⸗
ung eines einheitlichen Tarifsystems unverändert
und einstimmig in zweiter Lesung genehmigt hat.
»Die interessanten Mansver der
deutschen Flotte bei Wilhelmshafen, bei
denen die Torpedoboote eine hervorragende Rolle
pielen, nehmen ihren Fortgang und legen in mar⸗
santer Weise Zeugniß davon ab, wie kräftig sich
insere verhältnißmäßig noch so junge Kriegsmarine
n jeder Beziehung weiterentwickelt.
⸗Zum deutsche⸗spanischen Kon—
uunkte wegen der Karolinen-Inseln liegt eine
teuerliche offizidͤse Mittheilung aus Madrid vor,
velche deutlich das Bestreben der spanischen Regier⸗
ing beweist, wieder „abzuwiegeln“ und die freund⸗
chaftlichen Beziehungen zu Deuitschland nicht
erschüttert zu sehen. In dieser Mittheilung war
uuch darauf hingewiesen worden, wie fehr die anti⸗
xutsche Agitation in Spanien von der franzoͤfischen
epublikanischen Presse inspirirt uvnd geschürt worden
ei. Dies hat lebhafte Proteste verschiedener her⸗
vorragender Preßorgane in Paris veranlaßt, in
denen behauptet wird, daß man in Paris die
darolinen · Frage mit absoluter Gleichgüitigkeit be⸗
tachte, eine Versicherung, die angesichts der anti⸗
)eutschen Hetzereien, in denen sich ein Theil der
ranzoͤsischen Presse gefallen hat, mindestens lächer⸗
üch erscheint. Im Uebrigen liegt zur Karolinen⸗
Frage auch heute etwas positiv Reues nicht vor
wenn man als solches nicht die dem Londoner aus⸗
wärtigen Amte zugegangene Bestätigung der Nach—
ticht auffassen will, daß Deutschland in der That
bereit sei, die ganze Affaire einem schiedsrichterlichen
Urtheile zu uniserbreiten.
Die Nachricht, daß die Krönung des Kaisers
llerander von Kuß land zum Kaiser in Mittel—
fien für nächstes Jahr zu erwarten sei, verursacht
m England Besorgnisse. Man weiß ja dort
gur zu gut, wie große politische Bedeutung jene
Imbolische Handlung hat und worauf diefe neue
Zestigung des russischen Ansehens in Mitiel⸗Afien
nauslduft. Die englische, St. James Gazeite“
ꝛemerlt hierzu: „Es mag nichts weiter als ein
Jusammentreffen von Umstanden sein, daß die Be—
egnung in Kremsier kaum vorüber ist und es
noglich wird, das Datum für die Krönung des
zaren als Kaiser von Mittel⸗Asien endgültig an⸗
uberaumen. Doch das Zusammentreffen ist nicht
hne Interesse. Was die Kronung selbst betrifft
wo ist dies vielleicht kaum eine Sache, woruber
nan mit behaglicher Nichtachtung weggehen kann.
die feierliche Handlung in Samarkanm'wird der
debbilerung Asiens und der Militar⸗Partei in
kußland als Anzeichen dienen, daß die mosko⸗
ditische Bewegung nach dem Indus nicht aufge⸗
then worden in. Die Feier wird mit der Ferug
dung der Eisenbahn nach Merw zusammenfallen;
ind wenn damit eine pidßzliche Wiederaufnahme
et rufsischen Thätigkeit an der afg hanischen Grenze
hunden sein würde, dann dürfte es in dec That
manden überraschen. der seine Augen offen
Montag, 7. September 1885.
20. Jahrg
Deutsches Reich.
Berlin, 5. Sept. Die „Nationalzeitung“
deröffentlicht folgende Londoner Depesche: Nach
hier aus Madrid eingetroffenen Nachrichten erreich—
ten die spanischen Kriegsschiffe die Insel Yap am
AV
Besitz zu nehmen; ein deutsches Kanonenboot traf
am Abend des 24. August ein, landete sofort
Marine⸗Soldaten und Matrosen und hißte die
deutsche Flagge auf. Die Spanier protestirten und
telegraphirten nach Madrid um Instruktion. Ausf
Yap wurde ein Zusammenstoß befürchtet. — In
Madrid ist der Ministerrath zusammenberufen; der
Zonig trifft morgen dort ein. Die Nachrichten
verursachten in Madrid große Aufregung; der
wüthende Poͤbel griff das deutsche Gesandtschafts
hotel an, riß das Wappen herunter und verbrannte
dasselbe vor dem Hotel des Ministers des Innern
unter dem Rufe: Nieder mit Deutschland! Die
Menge zog dann vor die französische Gesandtschaft
und brachte dieser eine Ovation dar; es wurden
Truppen aufgeboten um die Straßen zu räumen;
Die Menge zog sich langsam zurück. Die Situa⸗
tion ist sehr ernst.
in der Nacht noch verhaftet und in das hiesige
Gefängniß gebracht.
— Kirchheimbolanden, 4. Sept. Die
gestern von hier abmarschirten Truppen traf unter—
wegs ein Unfall, indem dem Bediensteten des Herrn
General Ritter von Angstwurm hinterm Bastenhaus
das Pferd scheute und in die 8. Kompagnie des
5. Inf.Regiments hineinsauste, wobei 4 Mann
von demselben zu Boden geworfen wurden. Einer
der Betreffenden wurde hierbei am Kopfe schwer
verwundet, doch soll keine Gefahr für dessen Leben
vorhanden sein. Die Uebrigen wurden leicht verletzt.
— Kirchheimbolanden, 4. Sept. Bei
dem gestrigen Marsche von hier nach Rockenhausen
mußte ein Soldat, der plötzlich unwohl wurde, auf
Bastenhaus zurücktransportirt werden, woselsst er
auch starb.
— Speyer, 4. Sept. Der ständige Aus—⸗
schuß der Generalsynode wird auf Montag, den
21. September ds. Is., hierher einberufen werden
f Mainz, 4. Sept. In der Untersuchung
Jegen den beschuldigten Herbst treten jetzt immet
mehr Personen auf, die den letzteren bei verschie⸗
denen Gelegenheiten gesehen haben; IJo ist ein
hiefiger Dachdeder vor Gericht geladen, welcher den
Herbst genau kannte und der angab, an dem Tage,
an welchem der Mord geschehen ist, den Herbst in
einem Bierhause gesehen zu haben, daß Herbst sehr
aufgeregt war und eine schwer bepacke Reisetasche
getragen hat. Ein Gartnerjunge aus Laubenheim
will den Herbst ebenfalls in dem Besitz der Reise-
tasche gesehen haben und zwar in der Nahe der
sog. Wassermaschinen, woselbst der Verhaftete seine
Dande in dem Wasser des dortigen Grabens ge—
waschen habe. Der Bursche wird als Zeuge ver⸗
nommen. Herbst gibt sein Leugnen nicht auf, trotz
aller gegen ihn vorliegenden Indizien und trägi
bei allen Verhören eine Frechheit zur Schau, die
Jedermann empören muß. Er findet es ganz un⸗
begreiflich, daß man ihm eine solche Mordthat zu⸗
trauen könne.
F In Kreuz nach hat sich kürzlich ein Verein
junger Mädchen unker dem Namen,Hine fescht“
gebildet. dessen Mitglieder sich verpflichtet haben,
keine Tournüre zu nagen. Gegen die Bestrebungen
dieses Vereins wird jetzt mit folgenden Versen
protestirt:
Ausland.
Wien, 6. Sept. Den Versuchen einzelner
cussischer Blätter, namentlich der „Petersburger
Zeitung“ gegenüber, der Monarchenzusammenkunft
in Kremsier eine feindliche Spitze gegen eine einzelne
Macht zu importiren, erklärt das hiesige, Fremden—
blatt“: Die Argumentation des gedachten Blattes
sei eine dollständig unbegründete, das Drei⸗Kaiser⸗
Verhältniß sei klein Complott gegen irgend eine dritte
Papt. sondern ein Bündniß, das den Frieder
wolle.
Madrid, 5. Sept. Der deutsche Gesandte
welcher sich in La Granja aufhielt, ist heute Vor⸗
mittag hierher zurückgekehrt und wurde bis zum
Gesandtschaftshotel von Mitgliedern der Zivilbe⸗
hörden mit starker Escorte begleitet. Volksdemon⸗
rationen fanden nicht statt. Die Minister machten
gestern dem König in La Granja die telephonische
Mittheilung von den Vorgängen in Yap. Der
stonig wird heute dem Ministerrathe präsidiren.
Madrid, 5. Sept. Gestern Abend um 10
Uhr wurde auf die Nachricht von der Aufhifsung
der deutschen Flagge auf der Insel Yap die deutsche
Gesandtschaft angegriffen, die Fenster eingeworfen
und das Wappen zerstört. Die Polizei war zu
schwach; dieselbe mußte einen Gefangenen wieder
herausgeben. Der Offizier, welcher den Gefangenen
freiließ, wurde seines Amtes entsetzt. Gegen
Morgen war der Tumult vorüber; es wurden ver⸗
schiedene Personen verhaftet.
Madrid, 6. Sept. Gestern Abend fand vor
dem koͤniglichen Palaste eine Kundgebung stati
unter den Rufen: Es lebe Spanien! Es lebt
sönig Alfons!“* Die Haltung der an der Mani—
sestation theilnehmenden Menge war eine ruhigere
London, 5. Sept. England hat die russi⸗
schen Vorschlage bezüglich des Zulfikarpasses ange⸗
nommen und weitere Propositionen behufs Herbei⸗
führung einer Stabilität in Zentralafien gemacht.
Ein Kißchen in Ehren
kann Niemand verwehren,
Die Majoritat der Ausgestopften.
7Karlsruhe, 2Sept. Die Willionen
der Ott'schen Erbschaft, welche vor zwei Jahren
weit über Baden hinaus so viel Aufsehen erregte,
sind vertheilt, und es ist immerhin interessant, zu
erfahren, wie es den Erbnehmern derzeit ergangen.
Einer derselben, der das artige Suͤnunchen von
132,000 fl. erhielt, war bis dahin im Armenhause.
Jetzt lebt er als Rentier behaglich in seinem Hei—
mathsort, während seine Tochter, die damals als
Magd diente und, so lange sie arm war, von
keinem Burschen beachtet wurde, jetzt als reiche
Erbin nur die Wahl hat, aber Wahl macht Quai;
ein anderer ist jetzt noch Bahnwart in Gamburg,
er erhielt 28,000 fl. und lebt immer noch von
seinem Bahnwartsdienst. Das Geld ist in der
Sparkasse, und die Zinsen werden alljährlich zum
Kapital geschlagen. Am Eingang in das voꝛi
Wittighausen ist ein prachtvoller Neubau, großartige
Hofraithe mit drei Scheuern und Siallen ane
Lokele und prel - Êͥqhhten.
AI
brannten in dem benachbarten Alschbach zwei
Scheunen und ein Wohnhaus der Witwe
Jakob Kreutßz und dem Ackerer Adam Heß ge⸗
Jörig total nieder. Ein Sohn des Letzteren wurd⸗