Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. —8* 
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M 222.. 
Politische Uebersicht. 
Aum Balkan hate das Schießen begonnen 
der Worte sind genug gewechselt, die Thaten hehen 
m. Eine Abtheilung serbischer Soldaten in der 
ztärke von 530 Mann hat am Sonntag die bul⸗ 
arische Grenze bei Rakita, im Bezirt Trun, über⸗ 
hritten und den dort befindlichen bulgarischen 
Josten angegriffen. Der Posten erwiederte das 
Feuer und tödtete einen serbischen Soldaten. Ein 
weiteres feindseliges Aufireten der Serben wird aus 
dem Distrikt von Kustendsche gemeldet, Es ist fest⸗ 
gestellt worden, daß seit zwei Tagen an verschie⸗ 
denen Punkten die serbischen Posten auf bulgärischem 
hebiete stehen. Man wird vermuthlich Bulgaren 
ind Serben ein wenig raufen lassen, bevor die 
oforte ihre Truppen in Marsch setzt. Die Mein⸗ 
ing des Grafen Kalnoky, daß. wenn auch lokale 
donflilte zum Austrag kamen, der allgemeine Friede 
icher nicht gestört werden würde, ist nichts als 
ine persönliche Hoffnung, welche natürlich jeder 
zreund des Friedens gern theilen wird, deren Er ˖ 
üllung aber angesichts des wüsten Auftretens der 
Russen nicht durchaus sicher erscheint. In russischen 
tzlättern tritt neuerdings die Befürchtung hervor, 
aß England, nachdem es Konstantinopel seinen 
zinfluß gefichert und in Egypten seine Position 
zeseftigt habe, auch in Centralasien die Balkan- 
Zituation für sich ausnützen und, während die 
dussen gegen den Fürsten von Bulgarien dekla⸗ 
niren, an der Grenze Anfghanistans Thatsachen 
chaffen könnte. Nach den Erklärungen Lord Salis 
nury's herrscht aber zwischen Engländern und 
dussen in Asien die schönste Eintracht. Der Eng⸗ 
sche Premier hat sich bei dem in Guildhall am 
Nontag gehaltenen Banket über seine auswärtige 
zotitik wie folgt ausgesprochen. Zunachst ertlärt 
r, daß die afghanischen Grenzschwierigkeiten bei— 
zelegt seien. Gegenwärtig bestehe ein durchaus 
reundschaftlichez Zusammenwirken zwischen Eng⸗ 
and und Rußland. Er könne nur die Worte 
Zeaconfield's wiederholen, daß in Asien für Ruß—⸗ 
and und England Raum sei. Der Redner spricht 
ie Hoffnung aus, daß das gegenwärtige Vorgehen 
Birma, welches einen Weg für zivilisatorischen 
zudelsverlehr schaffen solle,“ keine Veränderungen 
jervorrufen werde, welche nicht mit den Interessen 
der Bevölkerung und den Bedürfnissen des Reiches 
itträglich seien. Die Regierung handle im freund⸗ 
chafllichen Einverständniß mit China. Bezüglich 
igyptens meinte Lord Solisbuty, daß es mit 
sorgfalt und Geduld gelingen werde, Egypten in 
inigen Jahren die Prosperität wiederzugeben, die 
8 dor fünf Jahren besessen habe. Bei Vesprech⸗ 
ung der Vorgänge in Ostrunelien und Bulgarien 
iußerte sich der Redner dahin, daß England kein 
Rirektes Interesse an dieser Frage habe, und daher 
ein Grund vorhanden sei, die Rothwendigkeit einer 
nateriellen Intervention Englands zu fürchten. 
ldach den Ausführungen des Redners entspringe 
nas Haupthindernißß für die Vereinigung Ostru⸗ 
neliens mit Bulgarien nicht aus der Atlion der 
temden Mächte oder Pforte, sondern aus dem von 
Briechenland und Serbdien aufgestellten Grundsatzt, 
aß ihre Gebiete vergrößert werden müßten, wenn 
nie Union aufrecht erhalten werde. Salisburh ist 
)er bestimmten Linsicht, daß ein politisches Gebäude, 
velches gegen den Willen der dabei interessirten 
ꝛvöolkerung errichtet werde, nicht lange destehen 
onne. Salisbury meint, daß die Bulgaren, weun 
ne Union nicht anerkannt werde, sich mit Serhen 
Donnerstag, 12. November 188.88. 20. Jahrg. 
und Griechen verbinden würden, und daß die 
nächste Bewegung gegen die Türkei demnach eine 
solche von drei kleinen Staaten an Stelle eines 
sein werde. Die englische Regierung erwarte zu— 
nächst, daß die Kraft des türkischen Reiches unver⸗ 
nindert erhalten werde, sodann daß jedes von 
Furopa zu treffende Arrangement so beschaffen sein 
werde, daß es die dabei interessirte Bevölkerung 
befriedige und von jedem Eingriff in die Integrität 
des türtischen Reichs, welche England als wesent⸗ 
lich für Europa erachte, abschrece. * 
Deutsches Reich. 
Berlin, 11. Nov. Durch allerhöchste 
Nabinetsordre ist für den Fall, daß der oon Preutzen 
mit Hessen in Aussicht genommene Staatsvertrag 
ber den Bau einer festen Mainbrücke bei Offenbach, 
sowie der mit der Firma Holzmann u. Co. in 
Frankfurt vereinbarte Entreprise-Vertrag in 
kraft treten, der genannten Firma das Enteig— 
aungsrecht auf preußischem Gebiete verliehen worden 
Berlin, 11. Nov. Der „Reichsanzeiger“ 
publizirt eine Verordnung des Arbeitsministers 
Maybach, betreffend die Wahl von Arbeiter⸗Vertretern 
vei der Knappschafts⸗Berufsgenossenschaft. 
außerdem Glycerin, Sprit; Weinsteinsäure, Mussir⸗ 
pulver zugesetzt und doppelschwefelsaurem Kalk in 
Anwendung gebracht zu haben. Das Urtheil wird 
nächsten Dienstag verkündet. 
— Kindsbach, 9. Noo. Am gestrigen 
Tage ertränkte sich in einem der Weiher im soge⸗ 
nannten Bärenloche in einem Anfall von Geistes⸗ 
störung die Ehefrau des Ackermannes Kaufmann 
vom Schleichhofe bei Mittelbrunn. Dieselbe hinter 
laßt 9 Kinder. 
— In Hagenbach erhängte sich der Ackerer 
Andreas Vesper, 46 Jahre alt. Derselbe hinter⸗ 
läßt zwei Kinder im Alter von 11 und 16 Jahren; 
er lebte in den besten Vermögens-Verhältnissen. 
Ein Grund zu diesem unglüchseligen Schritte ist 
unbekannt. 
— Der Sitz des königl. Forstamtes Neidenfels 
wird nach Lambrecht verlegt und dasselbe künftig 
„kgl. Forstamt Lambrecht' benannt. 
— Spehyer, 10. Rov. Die diesjährige 
dandrathssession wurde gestern Mittag 12 Uhr im 
Lyceumssaale dahier durch Se. Exc Herrxn konigl. 
Regierungspräsident Staatsrath v. Braun mit einer 
angeren Ansprache eröffnet, in welcher er die An⸗ 
vesenden herzlich willkommen hieß und in warmen 
Worten der in Folge der Wahl zum Landtags ⸗ 
abgeordneten resp. Ernennung zum Reichsrathe der 
Zrone Bayern ausgeschiedenen Herren Rentner O. 
Freudenberg von Zweibrücken und Gutsbesitzer Dr. 
Armand Buhl von Deidesheim gedachte. An Stelle 
der Ausgeschiedenen waren einberufen die Ersatz⸗ 
männer Frhr. v. Hofenfels von Zweibrücken und 
Hr. Bürgermeister Mack von Neustadt. Nach der 
Vtreidigung dieser Herren gab Se. Excellenz der 
Versammlung Kenniniß · von den wichtigsten Vor⸗ 
lagen und theilte des weiteren mit, daß das Land⸗ 
ralhsmitglied Herr Hüttenwerksbesitzer He inrich 
Kraämer wegen Familienangelegenheiten für die 
Dauer der garzen Landrathssession um Urlaub 
nachgesucht habe und schloß mit einem Hoch auf 
Se. Maj. König Ludwig U. — Von den den 
dandrath beschäftigenden Vorlagen heben wir hervor: 
1I. Nach dem Voranschlag berechnen sich die Kreis⸗ 
umlagen pro 1886 auf 42,83 pCt. gegen 38,8 
»Ct. des Vorjahres; 2. Erhöhuung des Kredits zur 
Deckung der Kosten für die Jahresschlußprüfungen 
an den Volksschulen; 83. Gesuche unvemittelter 
Hemeinden um Zuschüsse aus Mitteln der Kreis⸗ 
chuldotation zur leichteren Aufbringung des Schul⸗ 
dedarfs; 4. Antrag der Verwaltungskommission 
und Lehrerbevollmächtigten des Vereines für Unter⸗ 
stützung dienstuntauglicher Schulleh rer in der Pfalz 
auf abetmalige ansehnliche Erhöhung der Lehrer⸗ 
pensionen vom 1. Januar 18860; 5. Forderung 
der Mittel um Anstellung eines weiteren Hilfs⸗ 
lehrers an der Kreis-⸗Taubstummen⸗-Anstalt; 6. Ge⸗ 
such der Stadt Ludwigshafen um Unterstützung 
seitens der Kreisregierung zur Errichtung einer 
oierkursigen Realschule; 7. Wahl eines Ausschuß- 
mitgliedes und zweier Ersatzmänner zum Ausschusse 
der am 1. Januar Ulfd. Irs. in⸗Kraft getretenen 
Hagelversicherungsanstalt; 8. Gewährung eines 
Zuschusses von 750 M. an den „Kreis-Fischerei— 
Berein“ zum Zwecke der Hebung der Fischzucht in 
der Pfalz; 9. Wiederbesetzung der Stelle eines 
Hausarztes der Kreis-Armen- und Kranken⸗Anstalt 
Frankenthal und Regulirung des damit verbundenen 
Behalts; 10. Reorganisation der Pfälz. Immobiliar— 
Feuerversicherungsanstall; '11. Abhör der Berichte 
uͤber die Thätigkeit der Kreis-Anstalten und Abhör 
der Rechnungen derselben; 12. Bericht über die 
Auuslaud. 
Radtid, 41. Nov. Es verlautet, die Ein— 
zerufung des Kortes sei auf den 27. Dezember in 
Ausficht genemmen. —Der Sultan von Marrokko 
rtheilie einem Spanier die Genehmigung zurErrichtung 
iner Telegraphenleitung im Innern von Marroklo. 
Sofia, 11. Rov. Am Montag Abend suchten 
300 Serben an der Grenze bei Trn 25 Bulgaren 
einzuschließen. Den Bulgaren gelang es. sich zu⸗ 
udzuziehen, sie wurden aber von den Serben eine 
—Ztrecke weit auf bulgarischem Gebiet verfolgt. 
r d ee e iten. 
— Zweibrücken, 10. Nop. Zur Abur—⸗ 
theilung in der am 7. Dezember beginnenden 
4. Schwurgerichtssession der Pfalz werden etwa 
8 bis 10 Fälle gelangen. 75 
— Kaiserzhautern, 9. Nov. Die Haus 
neisterstelle am hiesigen Schullehrerseminar ist er 
edigt; aber“ nur Militätanwärter? mit dem Zivil⸗ 
versorgungsschein koönnen darauf Anspruch machen 
— In Bochum ist es bereits so weit gekommen. 
daß die Stadtverwaltung auch zur Besetzung der 
Siellen eines atademisch gebildeten Ingenieurs, 
velcher bei der Leitung des Wasserwerkes Verwend⸗ 
ung finden soll, eines geprüften Maurer⸗ und 
Zimmermeister, der zur Vertretung des Stadtbau⸗ 
meisters geeignet sein soll, und eines der doppelten 
Buchführung kundigen und im Rechnungswesen er— 
ahrenen Buchhaliers zivilversorgungsberechtigte 
Militaranwarter sucht. 
— Kaiserslautern, 9. Nov. Privat 
nittheilungen zufolge ist der Afrikareisende Paul 
steichard in Paris angekommen. 
— Kaiserslautern, 10. Nov. Vor der 
S„traftammer des hiesigen kgl. Landgerichts wurde 
seute gegen die Bierbrauer Johann Kültz. Georg 
dültz uünd Heinrich Greiner von Vauterecken, Carl 
und Jean Bläsy von Odernheim, Friedrich Liebe« 
rich, Carl Ludwig Pitthan, Albert Beenen, Brau— 
neister, Adolf Walter, Buchhalter in der Altien 
zrauerei und Moritz Rutschmann, Leiter der Köhl⸗ 
chen Brauerei wegen Uebertretung des Malzauf. 
chlaggesetzes verhandelt. Diesetben sind deschuldigt, 
em Viere Salicylsäure und Biercouteur, Greinen