ð*t. Ingherter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Dienstag, 9. Februar 1886.
2 Jahrg.
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 3. Febr. Der Petitionsausschuß
vethuͤndelte heute u. g. über die Petition des
Bürgermeisters Kempf von Trabelsdorf bei Bam⸗
erg um Wiedereinführung der Ruthenstrafe für
dandstreicher. Referent Dr. Frank gibt die Petition
ckannt und bemerkt, daß in derselben viel Wahres
ich finde. Die Richtung sei eine zu humane ge—
vorden. Es bestehe wirklich eine Unzufriedenheit
llehrigens glaube er, es gebe noch andere Mittel
ie Äntibettelvereine, Naturalverpflegungsvereine
Arbeiterklolonien. Er beantragte, die Petition als
nicht geeignet zur Eroͤrterung im Plenum zu er⸗
läten, da die körperliche Züchtigung leicht zu be⸗
Fenklichen Ausschreitungen Anlaß geben könnte und
veil z. Z. andere Mittel den Zweck besser erreichen
zürften. Staatsminister v. Fäustle: Die Prügel⸗
trafe masse als abgethan erachtet werden. Wer
jarantire, wo sie am Platze? Es kommen Rohheiten
jor, die allerdings es verdienten; aber von der
uhigen Würdigung des Gesetzes müsse auch hier
er Gedanke überwunden werden. Die Prügel⸗
drafe ist irrcharabel. Läßt man Rechtsmittel da—
jegen zu, dann ist es mit dem Effekt vorbei. Vor—
itzender Abg. Kopp ist auch gegen die Prügelstrafe
vegen ihrer Gefahr für die Geiundheit. In Roh⸗
heitsfällen solle man die Strafen schärfen. Das
werde auch wirken. Abg. Herz meint, man solle
den Antrag motiviren, da die Angelegenheit nicht
zur Kompetenz der bayer. Gesetzgebung gehöre.
Referent ist damit einverstanden und wird derselbe
instimmig angenommen.
München, 8. Febr. Bei der Position huma-
aistische Gymnasien bespricht Abgeordneter Herz die
Maßregelung des Studienlehrers Sießl in Kaisers-
lautern durch Rektor Simon in Folge eines Be—
leidigungsprozesses. Minister Lutzz spricht für das
Postulat Gymnasium Neustadt; den Fall Kaisers⸗
lautern wird der Minister genau untersuchen lassen.
Das Postulat für Neustadt wurde mit 69 gegen
b5 St. abgelehnt; für den Antrag wvaren die Linke und
die Konservativen, die Rechte dagegen. (Im Finanz-
wusschuß war die Position angenommen worden.)
Karlsruhe, 6. Februar. In der zweiten
Kammer beantwortete heute Staafsminister Turban
VNamens der Regierung die seitens der national⸗
liberalen und uliramontanen Partei gestellien Inter⸗
dellationen über das Branntwein -Monopoh: Die
tteigenden Ausgaben des Reiches und der Einzel⸗
taaten machen das Monopol im höchsten Grade
wünschenswerth. Eine Aenderung der norddeutschen
Branntwein · Besteuerung werde Baden, wenn es
ich langer absondere, schweren Nachtheil bringen.
Er hoffe, daß der Entwurf im Bundesrath schließ
lich eine Gestalt bekomme, daß die Bedenken hinter
den überwiegenden Vortheilen zurücktreten. Die
großh. Regierung werde übrigens ihre Zustimmung
erst ertheilen, wenn beide Kammern ihr Einver—
ständniß mit dem Aufgeben des Reservatrechtes
erllätt. Auf Antrag des Abgeordneten Frieser
wird die Antwort gedruckt, um nächster Tage die
Grundlage zu einer Diskussion abzugeben. Liberale
und Ultramontane beionen ihre Obiektivität dem
bentwurf gegenüber.
Berlin, 6. Febr. Die Polenfrage wird im
Herrenhause später zur Verhandlung kommen, als
man vermuthet hatte. Der betreffende Antrag wird
nach der „Kreuzztg.“ erst dann zur Berathung ge⸗
langen können, wenn die geschaftordnungsmäßig
ausreichende Unterstützung erfolgt ist, jedenfalls aber
nicht früher, als bis die Arbeiten der verschiedenen
ommissionen so weit vorgeschritten find, daß ein
genügendes Material für Plenarsitzungen vorhanden
ist. Dies Letztere werde voraussichtlich nicht vor
der zweiten Hälfte dieses Monats der Fall sein.
Berlin, 6. Febr. In den Ausschüssen des
Bundesrathes hat die Vorlage in Betreff des Brannt⸗
veinmonopols, wie nach der „Kreuz⸗Ztg.“ verlautet,
ehr zahlreiche Abänderungen erfahren. Da auch
die vorhandenen Zahlen abgeändert worden sind,
so wird eine Neuaufstellung des finanziellen Ergeb-
nisses erfolgen.
Berlin, 7. Februar. Heute Mittag um 2
Ahr fand eine Sitzung des Staatsministeriums bei
»em Fürsten Bismarck statt, in welcher vermuthlich
die zum Schutze des Deutschthums in den Ostpro⸗
dinzen einzubringenden Gesetzentwürfe definitiv fest⸗
jestellt wurden. Die Einbringung derselben im
Landtag wird diese Woche erfolgen.
Auslaud.
Wien, 7. Febr. Der Serbenkönig Milan
soll, laut Belgrader Privatberichten, bald nach
Wien kommen behufs Klarstellung der Situation,
welche für Serbien angeblich besonders verworren
ist. Rußland hat neuerdings eine energische Sepa⸗
ratnote wegen Abrüstung an dos serbische Kabinet
gerichtet.
Brüssel, 6. Febr. Nach dem Kongo sind
mehrere hundert Arbeiter abgereist. um den Bau
der Kongo-⸗Eisenbahn in Angriff zu
nehmen. — Die Organisation des neuen Kongo—
taates schreitet unter persönlicher Oberaufsicht des
Aönigs Leopold rüstig vorwärts. Der König hal
auf die Anzeige von seiner Thronbesteigung bereits
don 18 Regierungen Antworten erhalten, darunter
uch ein Schreihen vom Kaiser von Deutschland.
Paris, 5. Febr. Die Nachrichten aus den
ndustriellen Departements lauten täglich ungünstiger.
Dder Stricke der Baumwollweber in St. Quentin
jat eine beunruhdigende Ausdehnung angenommen.
Die Weißwaaren-Fabrikanten erklären sich außer
Stande, die von den Arbeitern verlangte Lohner-
jöhung zu bewilligen, da sie selbst zu Schleuder-
zreisen ihre bedeutenden Waarenvorräthe nicht los-
chlagen können. In Calais und Umgebung
ind über 6000 Spitzenarbeiter brodhos, und
ine Katastrophe folgt der andern. Auf das Fall-
ssement des Bankhauses Sagot u. Comp. ist die
Zzahlungseinstellung des alten und angesehenen
zankhauses Bellart et fils gefolgt, welche den Sturz
iner ganzen Anzahl von bisher durchaus soliden
Fabrikanten nach sich gezogen hat, darunter der
Jroße Spitzenfabrikant Alexander.
Paris, 6. Febr. Dem ‚Galignani⸗Messager“
vird aus Athen vom 5. d. berichtet, der griechische
Vertreter in London habe eine Unterredung mis
Bladstone gehabt, in welcher ihm letzterer gesagt
jabe, daß er, wie großen Antheil er auch an dem
Beschick Griechenlands nehme, doch der Hoffnung
Ausdruck geben müsse, daß es den europäischen
Frieden nicht störe, denun es würde nicht im Stande
ein, das Einvernehmen Europas zu sprengen.
Ibgleich diese Erklärung auf die griechische Re⸗
sierung großen Eindruck gemacht habe, halte diese
3 trotzdem für unmoͤglich. sich den Rathschlägen
Bladstones zu fügen, weil solches den Untergang
Briechenlands zur Folge haben würde.
Der „Times“ wird aus Madrid gemeldet,.
der Befehlshaber des deutschen Südsee⸗Geschwaders
sei angewiesen worden, sofort ein Schiff zu ent'
senden, um von allen Karolinen⸗ Inseln die deutschen
Flaggen zu entfernen.
Madrid, 7. Februar. Die Karlisten fangen
auch wieder an, die Aufmerksamkeit der Regierung
zu erregen. Man stellte fest, daß bei Irun Salpeter
in größeren Mengen über die Grenze geschmuggelt
sei und über Andorra und Perpignan Waffen ein
zuführen versucht worden. Die Republikaner machen
für die Wahlen gewaltige Anstrengungen. Ddie
Regierung folgt mit heimlicher Sorge ihren Be—
mühungen. — Die Verlobung des Kronprinzen
von Portugal mit der Prinzessin Amalie von Or—
leans, Tochter des Grafen von Paris, hat am
Samstag stattgefunden. Die Hochzeit wird in
Lissabon gefeiert.
Petersburg, 6. Febr. Wie das Berl.
Tgbl.“ meldet. ist der hiesigen Polizei die Ärreli—
rung Sergei Iwaunows, eines Chefs des revolutio⸗
nären Exekutivtomitees geqlückt.
Konstantinopel, 7. Febr. Nach der Mei⸗
aung hiesiger diplomatischer Kreise wird Rußland
das türkisch-bulgarische Arrangement annehmen.
Hier ist die dertrauliche Mittheilung angelangt,
daß Serbien in der Entwaffnungsfrage nachgegeben
habe und von Griechenland ist ein Angriff vorerst
nicht zu befürchten. Einem englischen Rathschlage
folgend, soll Fürst Alexander erst dann Philippopel
»esuchen, wenn sämmtliche Mächte zum Ueberein—
ommen mit der Türkei die Zustimmung ertheilt
haben. (EFr. 3)
— —
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*Sit. Ingabert, 9. Febr. Bei der gestern
Nachmittag stattgehabten Verfteigerung des der Di—
ektion der pfälzischen Eisenbahnen gehörigen Grund-
tückes, gelegen neben der Distriktsstraße nach Ens⸗
heim in der Nähe des Bahnhofes „ging dasselbe
um die Summe von 8000 Mark in den Besitz
des Herrn Friedrich Stutzmann dahier uler
*St. Ingbert, 9. Feor. Unser gestriger
Jahrmarkt war von Verkäufern und Käufern nur
cchwach besucht. Die herrschende Kälte war übrigens
nuch der Abwickelung von Verkaufsgeschäften im
Freien nicht günstig.
17 Schnappach, 8. Febr. (Vereinsnach⸗
ichten.) Am Samstag Abend hielt der hiesige
Zriegerverein seinen Jahresball ab und zwar im
Lokale des Herrn Philipp Siegwardt, der Ehren⸗
nitglied des Vereines ist. Da auch Nichtmitglieder
eingeführt werden konnten, so war der Besuch ein
techt zahlreicher und wurde dem, was Küche und
deller des Herrn Siegwardt zu bieten vermochte,
recht tapfer zugesprochen. und blieben Alle in der
zehobensten Stimmung bis zur späten Trennung
deisammen.
[]I Schnappach, 8. Febr. Am gestrigen
Sonutage gab der Saarbrücker Carnevalveren „Mr
bleiwe di Alte? in der Eisel'schen Halle eine Gala⸗
Vorstellung. welche von hier und Umgebung stark
besucht war.
— Landstuhl. 8. Febr. Gestern hat in
dem nahen Bann eine Mission begonnen, welche
von 4 Kapuziner-Patres geleitet und am nächsten
Sonntage geschlossen wird.
— Kusel, 85. Febr. In der gestrigen Stadt ⸗
athssitzung erklarte der Bürgermeisser Herr K. Ph.
ksch seine Amtsniederlegung. — Ferner wurde
ein Polizeidiener seines Amies entsetzt, so daß jetzt
wei Polizeidienerstellen hier vakan sind. U⸗ßke.