Full text: St. Ingberter Anzeiger

haupt weht zur Zeit ein unheimlicher Wind in 
unserer Stadipolitik GEilb.) 
— Dem Postillon Jolob Schön in Alsen; 
wurde ein Ehrenposthorn mit silberdurch 
wirkten Schuüren verliehen. 
— Lindenberg, 7. Febr. (N. B.Ztg.) 
Wenn unser Cyriakuskapellchen in kurzer Zeit fallit 
wird, braucht sich Niemand darüber zu wundern. 
Schon wieder hatte es von dem geheimen Kassirer 
Befuch. Diesmal drückte er eine Scheibe ein und 
offnete so den Fensterflügel. Was mag er aber 
fuͤr ein langes Gesicht geschnitten haben, als er 
nur 26 Pfennig in dem geöffneten Opferkasten 
fand! Glücklicher Weise sind diesmal Anhaltspunlte 
borhanden, diesen Helden wahrscheinlich auszukund⸗ 
schaften. 
— Speyher, 5. Febr. Die Prüfung für 
Lehrerinnen der neueren Sprachen an den 
weiblichen Erziehungs- und Unterrichls-Anstalten 
wird pro 1886 am 28. April nächsthin, Morgens 
um 8 Uhr, beginnen und in den Räumen der 
königl. Studienanstalt abgehalten werden. Gesuche 
um Zulassung zu dieser Prüfung sind mit den 
vorgeschriebenen Beilagen bei Vermeidung der 
Nichtberücksichtigung längstens bis zum 1. April l. 
J. bei der kgl. Regierung der Pfalz, Kammer des 
Innern, einzureichen. 
— Speier, 6. Febt. Am I1. März d. 
Is. wird in der Kreis-Armen- und Kranken-Anstalt 
zu Frankenthal ein 5 Monate dauernder Unter— 
richtskurs für Badergehilfen beginnen. Diejenigen, 
welche an diesem Kurse theilnehmen wollen, haben 
sich an dem genannten Tage, Morgens 9 Uhr, in 
der Kreis-Armen- und Krankenanstalt dem Haus-⸗ 
arzte derselben, Dr. Zöller, vorzustellen und hiebei 
das Zeugniß über bestandene Vorprüfung nach 8 
17 Abs. 1 der Allerhöchsten Verordnung vom 24 
Juni 1884, die Verhältnisse der Bader betreffend 
vorzulegen. 
— Speyer, 7. Febr. Zuverlässiger Nach- 
richt zufolge wurde dem Kaufmann J. C. Eber⸗ 
hardit in Speyer, Inhaber der Fischhandlung 
gleicher Firma, bon Seiner Königlichen Hoheit dem 
Großherzog von Baden der Titel eines Großherzog 
lich badischen Hoflieferanten verliehen. (G.A.) 
— Ludwigshafen, 5. Febr. Der König 
hat allergnädigst genehmigt, daß die Loose der Aus— 
spielung, welche der landwirthschaftliche Bezirksver⸗ 
ein Mannheim und der Badische Rennverein am 5. 
Mainl. J. anläßlich des in Mannheim stattfinden⸗ 
den Haupt⸗Pferde- und Rindvieh-Marktes zu ver⸗ 
anstalten beabsichtigen, auch im Regierungsbeairk 
der Pfalz zum Vertriebe gelangen. 
Ludwigshafen, 6. Febr. Dem Ver—⸗ 
nehmen des „Frkf. Journ.“ nach wird am Sonn⸗ 
tag, den 14. d. M., hierselbst eine Versammlung 
der nationallibecalen Wähler stattfinden, in welcher 
die polnische Frage verhandelt werden wird. 
Vermischtes. 
Im ganzen deutschen Reich haben im 
Jahre 1884 stattgefunden 362,596 Eheschließungen. 
1,793,942 Geburten und 1,271,859 Sterbefälle 
Die Zahl der todtgeborenen Kinder war 68,359 
F(Galant.) Hat eine Braut ihren Tauf⸗ 
schein verfälscht in der alleinigen Absicht, den Bräu— 
tigam, welcher den Taufschein von ihr zum Zwecke 
des Aufgebots eingefordert hatte, über ihr Alten 
zu täuschen, um die Eheschließung oder ein glück— 
licheres Zusammenleben in der Ehe zu sichern, so 
ist sie nach einem Urtheil des Reichsgerichts nicht 
wegen Urkundenfälschung, sondern wegen Uebertret⸗ 
ungen aus 8 363 des St.G.B. (Falschung zum 
Zwecke des besseren Fortkommens) zu bestrafen. 
FStraßburg, 5. Febr. Der Eid, wel- 
chen die Firma Schaller und Bergmann in Sachen 
der „Schwarzen Hand“ zu leisten hat, lautet: „Ich 
schwöre, daß ich von vornherein — die Absicht 
gehabt habe und dieselbe heute noch habe, mich der 
„Hand“ als Waarenzeichen zu bedienen, und daß 
es nicht wahr ist, daß der Eintrag der „Hand“ 
lediglich zu dem Zwede bewirkt wurde, die Klägerir 
an deren Gebrauch zu hindern.“ Wie man hört 
werden die Beklagten den Eid leisten. 
Mülhausen, 2. Febr. Ein fabelhaftes 
Glück ist dem Aichmeister Wormser hier zugefallen. 
Derselbe hatte vor Jahresfrist bereits 130,000 Fr. 
auf eine Obligation der Stadt Paris gewonnen 
und jegt hat er wieder bei der letzten Ziehung 
dieser Obligationen 100,000 Fr. gewonnen. 
Niederlahnstein, 7. Februar. Wat 
für einen Werth ein einzelner Baum repräsentirt, 
davon liefern die Unterhandlungen der Königlichen 
Eisenbahndirektion mit einem hiesigen Grundstückbe— 
sitzer den treffendsten Beweis. Bei der Erweiterung 
des Basnhofes mußte ein Acker resp. Garten 
angekauft werden. worauf sich ein Kirschdaum befand, 
der nothwendig zu entfernen war. Der Eigenthümer 
hderlangte eine einmalige Entschädigung von rund 
3600 Mk. und machte durch Zeugen und aktenmäßige 
Nachweise glaubhaft, daß er aus dem einen Bauw 
ährliche eine Ernte erzielt habe, welche im Durch- 
schnitt genommen den Zinsen obigen Kapitals 
an Werth gleichstehe. Nach langen Unterhandlungen 
ind nunmehr dem Baumbesitzer 2400 Martk als 
Entschädigung für diesen einen Kirschbaum ausbezahlt 
vorden. 
4(Ein heiteres Jagdabenteuer) passirte, wie 
der K. Anz. erzählt, vor wenig Tagen dem in 
stönigsstein wohnhaften Jagdliebhaber Ga. 
Als derselbe eines Abends auf den Anstand geht 
überkommt ihm die Müdigkeit, und während er in 
tiefen Schlaf versunken ist, kommt ein Häslein — 
und verzehrt das in der hinteren Rocktasche des 
Nimrods befindliche Butterbrod. 
F Köln, 6. Febr, Ein hiesiger Postbeamtei 
wurde in voriger Woche verhaftet, weil ihm eir 
Heldbrief von 3000 M. abhanden gekommen war 
die Sache war nach dem K. Tgbl. folgende: Der 
Postbeamte fuhr die Strecke Köln⸗Cleve. An einer 
zwischenstation kam ein früherer Postbeamter, der 
er kannte, der aber aus dem Dienste entlafsen 
vporden war, und bat, ihn doch als „hblinden 
Passagier“ mitzunehmen. Das geschah. Als der— 
elbe später ausgestiegen, war auch ein Geldbrie 
m Werthe von 3000 Mk. verschwunden. Da sich 
der Verdacht auf den betreffenden Postbeamteu lenkte, 
so wurde derselbe verhaftet, jedoch wieder entlassen, 
als man hörte, daß ein Mitreisender im Koupe 
zewesen sei. In Basjel gelang es, diesen zu er— 
vischen, und hatte derselbe den größten Theil der 
Zumme noch in seinem Besitz. Leider hatte die 
Angelegenheit noch einen tragischen Schluß: Als die 
Mutter des Beamten die Verhaftung ihres Sohnes 
vernahm, rührte sie der Schlag, und ist dieselb 
schon gestorben. Ebenso ist die Schwester des Be—⸗ 
amten gefährlich erkrankt. 
F Aachen, 4. Febr. Gestern begannen vor 
dem Schwurgerichte hierselbst die Verhandlungen 
gegen Tillmann Hans, welcher in den vom 30. Juni 
bis 7. Juli 18853 vor dem Schwurgerichte zu 
stöln stattgehabten Verhandlungen wegen mehrerer 
Diebstähle und wegen vorsätzlicher Tödtung der 
Witwe Nikolaus Stockhausen und ihres Sohnes, 
des Uhrmachers Bernhard Stochhausen zu einer Zucht⸗ 
hausstrafe von 7 Jahren und Ehrenberlust auf 
10 Jahren und zu lebenslänglichem Zuchthaus ver⸗ 
urtheilt worden war. Gegen dieses Urtheil hatte 
der Vertheidiger Revision beantragt, welche vom 
Reichsgericht in seiner Sitzung vom 24. September 
1885 als begründet anerlannt wurde. Das Reichs⸗ 
zericht hob infolge dessen das Urtheil des Schwur—⸗ 
gerichts zu Köin auf und verwies die Sache zur 
anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das 
Schwurgericht zu Aachen. Zehn Gefangene aus 
xtöln, die als Zeugen auftreten, sind hierher ge⸗ 
yracht worden, darunter Hover, welcher im ver— 
lossenen Jahre im Kölner Zuchthause einen Ge⸗ 
angenen-Aufseher erdrosselte, und wegen dieses 
Vergehens zu langjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt 
vurde. Es sollen im ganzen etwa 160 Zeugen 
dernommen werden. 
FRemscheid. Pfarrer Bresserer hierselbst 
ind von einem ungenannten Mitgliede der hiesigen 
evangelischen Gemeinde 30,000 Mt. als Grundstod 
für einen Kirchenbaufonds übersandt worden. 
FMainz, 5. Febr. Nach heute hier ein⸗ 
getroffener Nachricht kommt die von dem zum Tode 
derurtheilten Doppelmörder Herbst eingelegte Re⸗ 
pision am 15. d. Mis. vor dem Reichsgericht in 
Leipzig zur Verhandlung. Bei dieser Gelegenheit 
sei erwähnt, daß Herbst, der anfänglich jeden geist⸗ 
lichen Trost ablehnte, in der letzten Zeit den Be—⸗ 
such des Gefängnißgeistlichen immer erwartete und 
oft mehrere Stunden den Geistlichen bei sich hatte. 
F Mainz, 5. Febr. Gestern gelang es der 
hiesigen Criminalpolizei einen Menschen zu verhaf⸗ 
ten, welcher in Hotels in Worms, Mannheim 
Kaiserslautern, Ludwigshafen ꝛ⁊c. gestohlen hat 
Der Mensch hat jedesmal da, wo er logirte, die 
Betten mitgehen heißen. 
F Mainz, 5. Febr. Die am verflossen⸗ 
Mittwoch aus dem Pfarrhaus zu Gonsenhein 
raubten Kirchengeräthe hat man gestern Abend 
größten Theil in den Feldern genannter Gemmn 
ung zerstreut gefunden. Die Monstranz fehitn 
dagegen hat man bereits den überaus werthvole 
aus Silber getriebenen Reliquienbehälter gefunde 
Der oder die Thäter, die vermuthlich Gonfenhein— 
ind. haben offenbar die geraubten Gegenstam 
weder sicher verbergen, noch verwerthen köunen un 
iich darum derselben solcher Art entledigt. 
F Heidelberg. 2. Febr. Ein Schuhmadhe 
ein sonst fleißiger und ziemlich wohlhabender Man 
derkaufte — man sagt infolge von Familienzwis 
— unlängst fast sammtliche Möbel und —T 
daunn seine Familie. Die Frau brachte gesten 
Abend mit den Worten: „Da habt ihr sie, 
gehe in den Reckar“, ihre drei Kinder — hübs 
dnaben im Alter von 8—513 Jahren —9 
Polizei und ist jetzt ebenfalls verschwunden. J 
hedauernswerthen Kinder wurden dem Armenralh 
vorgeführt und über deren Schicksal Beschluß gefoßl 
Das älteste der Kinder erzählte, daß der Van 
Arsenik habe holen wollen, aber keines bekomm— 
habe, und weil er, der Knabe dies verrathen, w 
der Vater fort. 
F Aus Bayern. In einer Familie * 
Bartenhausen entstand vor einigen Tagen ein Stee 
bei welchem die Ehefrau ihren Mann zu Bod 
hrachte und ihm ein Ohrläppchen, welches sie ihn 
einige Tage zuvor entzwei gerissen, gänzlich wegb 
O, diese Weiber! 
Aschaffenburg, 4. Febr. Ein schtet 
liches Ereigniß hat sich vorgestern im benachbatte 
Großostheim zugetragen. Der verheirathete Pflastetn 
Valentin Frick, der schon längere Zeit Spuren einn 
Geistesstörung kundgab, wollte seinen zwölfjährigen 
Knaben erschießen. Dieser fand indessen noch Zei 
sich durch die Flucht zu retten. Darauf ging zut 
in den Stall, wo seine Frau beschäftigt war unp 
feuerte einen Schußz auf sie ab. Sie wurde jr 
Besichte schwer verletzt und sprang aus dem Steh— 
fiel aber sofort zusammen. Der Attenthäter, de 
wohl annahm, daß seine Frau todt sei. ging 
das Haus und erschoß sich nun selbst. 
Dem Herrn Reichskanzler ist nachstehende 
Telegramm aus Halle a. d. S. zugegange 
Für diesen kräftigen, kern'gen Schuß 
In's Centrum auf die Zwecke 
Entsendet Dank und Schützengruß 
Dir, echter deutscher Recke 
Die Pfälzer Schützen⸗Kolonie. 
All' Deutschland hoch, ihm fehle nie 
Die Zierde, die es machte stark: 
Ein Kanzler, wie Du, Fürst Bismarck 
Zu unseres Schützenfestes Weihe 
Da tranken heute wir auf's Neue 
Auf Eurer Durchlaucht dauernd Wohl 
Vom deutschen Bier manch' Humpen voll 
Der Vorstand der Pfälzer Kolonie. 
FBerlin, 6. Febr. In vergangener Nach 
fand in der Wohnung des Generals Rabzivill an 
Pariser Platz ein Einbruchdiebstahl statt, wobei kiu 
zroße Anzahl werthvoller Gold⸗ und Silbergegen 
stände entwendet wurde. Ein Theil derselben wurd 
heute früh in dem Bosquet am Pariser Pleh 
wieder aufgefunden. Von den Einbrechern, weld 
vor einigen Tagen einen Diebstahl heim Generr 
Albedyll ausführten, ist nunmehr einer verhaftet. 
F (Ministerielle Vaterfreuden) N 
„B. T.“ schreibt: Die Mittheilung von der glüt 
lich erfolgten Entbindung der Frau v. Bötlich 
wurde dem Herrn Staatssekreiär gerade in du 
Moment überbracht, wo er im Reichstage den Ur 
fall versicherungsentwurf zu vertheidigen hatte. Ur 
nittelbar, nachdem er seine Rede beendet hatr 
vurde die freudige Nachricht im Parlamente hi 
kannt und der Herr Minister von allen Seile 
aufs Herzlichste beglückwünscht. Auch die klein 
Tentrums · Excellenz näherte sich Herrn b. Böotlich 
und gratulirte ihm, indem sie lachend binzufüat 
„Hoffentlich ohne Unfall!“ 
f(Eine sonderbare Wette.) In einen 
Berliner Hotel logirt seit einigen Tagen ei 
englischer Schauspieler, Hastings mit Namen, d 
Jedem, der es hören will, in ziemlich gutem Deuls 
eine Episode aus seinem Leben erzähll, wie sie uu 
in England möglich ist und die so außergewbonlit 
so romantisch klingt, daß man dieselbe kaum glau 
zen möchte, wenn nicht das Aeußere des Manne 
eine Erzählung einigermaßen erklätte und beftätig 
Der Schauͤspieler zählt noch nicht vierzig Jahr