Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. —
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Samstag, 13. Februar 1886. 21. Jahrg.
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Politische Uebersicht.
Durch die Steuerorgane werden gegenwärtig
zwecken der Brauntweinmonopol⸗Vor⸗
age Ermittelungen angestellt, wie weit die ein-
inen Brannweinn · Brennereien von der nächsten
zisenbahnstation und von dem Sitz des Bezirks⸗
berkontroleurs entfernt find. Diese Ermittelungen
jenen zur Berechnung der Kosten, welche die
jeferung des Branntweins zut Eisenbahn bezw.
u den staatlichen Magazinen verursachen würden.
zleichzeitig soll angegeden werden, in welcher Art
ie Verbindung mit der nächsten Eisendahnstation
aitfindet, ob zu Wafser, ob auf Chaussen (Staats⸗
der Bezirksstraßen), ob auf chaussirten oder auf
icht chaussirten Landwegen ꝛc. Diese Angaben
derden durch Karten illustrirt, auf welchen die
mzelnen Brennereien, die Sitze der Bezirks Ober⸗
ontroleure und die Straßen, welche die Eisendahnen
ut den vorgedachten Betriebsanstalten verbinden,
owie die in Betracht kommenden Eisenbahnftationen
⸗Abst eingezeichnet sind. Es werden diese Ermittel⸗
ingen mit außerordentlicher Eile betrieden, da sie
ffenbar bei der Vertretung der Vorlage im Reichs-
age benutzt werden sollen.
Die Frage der Entschädigung unschul—
ig Ver ur heilter dürfte in der gegenwärtigen
Zession des Reichstages doch vielleicht noch zur
raltischen Losung gelangen. Die Berathung des
nus der Initiative des Reichstages hervorgegangenen
ntwurfs ist in der betreffenden Kommission zu Ende
eführt. Hat die Kommisfion ihrerseits sich die
oͤglichste Beschrankung der zu Gunsten unschuldig
zerurtheilter zu treffenden Bestimmungen zur Richt⸗
hnur dienen lassen, so darf man erwarten, daß
le Reichssregierung dem Enwurf wie derselbe aus
en Commissionsberathungen hervorgegangen ist,
hre Zustimmung nicht versagen wird. Der Com⸗
uissionsentwurf bestimmt: „Wenn ein Verurtheilter
m Wiederaufnahme Verfahren freigesprochen wird,
oll der durch die Strafpvollstreckung ent
andendene Vermogensschaden vom Staate er⸗
agt werden; es wäre denn, daß jener seine Verur-
jeilung jelbst durch Vorsatz oder grobes Verschulden
erbeigeführt hatte. Der Schadenersatz⸗Berechtigte
at zunächst bei der Justitz-Verwaltung die Ge⸗
ährung des Schaden ˖ Ersatzes binnen 6 Monaten
u beantragen; lehnt der betreffende Justizminister
ie Gewährung ab so findet binnen 6 Monaten
er Rechtsweg statt. Die Civilkammer des betref⸗
onden Landgerichts ist für die Verhandlung und
kntscheidung über die Klage ausschließlich zuständig.
durch einen besonderen Gesetzentwurf werden die
Jorschriften der Strafprozeß · Ordnung üher das
biederaufnahme⸗Verfahren für den Fall geändert,
aß das Gesetz über die Berufung zu Stande
ommt. Unter den von der Kommission vorge⸗
dlagenen Aenderungen der Strafprozeß · Ordnung
tinsbesondere zu erwähnen, daß im Falle des
399 Nr. 5 das Gericht die Wiederaufnahme nur
ann anordnen soll, wenn auf Grund der neuen
thatsachen oder Beweise anzunehmen ist. daß der
derurth ilte nicht schuldig ist. Das Gesetz üher
ie Aenderungen hinsichilich der Wiederaufnahme
oll gleichzeitig mit dem von der Kommission be—
chlossenen Gesetze über die Einführung der Beruf⸗
ing in Kraft treten.
hei den meisten Berufsgenossenschaften
aie Einrichtung getroffen, daß nur die nach dem
nrallpersicherungsgesetze zu entschädigenden schwert⸗
eu Unfälle, die einen Todesfall oder voraussichtlich
ine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 13 Wochen
ur Folge haben, an der Zentralstelle zur Anzeige
ebracht werden müssen. Dagegen haben die Sek-
jonen ein Gesammtberzeichniß der bei ihnen vor-
jekommenen Betriebsunfalle nach Schluß des
Zuartals vorzulegen. Aus diesen Nachweisen er-
idt sich, daß ein sehr großer Theil aller Unfälle
ich innerhald der 18 Wochen erledigt, insbesondere.
venn es die Krankenkassen an einer ausreichenden
yürsorge und Pflege nicht fehlen lassen. Es ist
egründete Aussicht vorhanden, daß sich die eigent -
schen Unfallslasten, wenigstens für die ersten Jahre,
rheblich niedriger stellen werden, als man im all
jemeinen bisher angenommen hat.
Am 8. vd. Mis. hat, wie der Kur. Pozn.“,
der als Organ Ledochowski's gilt, mittheilt, das
hdosener Metropolitan-Kapitel ein vom 2. Febr
zatirtes Schreiben des Papstes erhalten,
vorin derselbe amtlich kanstatirt, Kardinal Ledo⸗
howski habe refigniri; er, der Papst, sei durch
zie Lage der Dinge genöthigt gewesen. selbst zur
Nomination seines Nachfolgers zu schreiten und
jabe den Probst Dinder dazu designirt. Er hoffe,
das Kapitel werde dem künftigen Erzbischof mit
sath und That beistehen.
Dem „Moniteur de Rome“ wird aus Berlin
zerichtet, die preußischen Bischöfe würden
demnächst eine gemeinschaftliche Antwort an den
Papst auf dessen jüngsie Encyklika richten.
Deutsches Reich.
Mauͤnchen, 8. Febr. Im Finanzausschuß
eginnt heuie die Berathung des Justiz Etats, im
3. besonderen Ausschuß die Berathung des Soden'-
chen Gesetz Entwurfs, betr die Erxrichtung einer
Mobiliar⸗Brandversicherungsanstalt.
Muͤnchen, 10. Febr. In der heutigen
Sitzung des Abgeordnetenhauses erklärte gelegentlich
er Berathung von Petitionen gegen das Brannt-
veinmonopol Finanzminister Riedel wiederholt. man
nöge den Eniwurf abwarten, der seines Wissens
Ris jetzt weder im Text noch in den Mativen fest
gestelli sei. Die Regierung werde ihre Zustimmung
icht ohne Befragung des Landtags geben. Mit-
ustimmen haben Bahern nach Art. J der Reichs-
‚erfassung nicht. Gebe es also seine Stimmen
ib, so würden dieselben nicht gezählt werden. Die
stegierung hat sich daher darauf beschränkt, dahin
u wirken, daß in dem Entwurf alle Verhältnisse,
ramentlich die der Kleinbrenner berüchsichtigt wer⸗
den. Minister Scholz habe das zugesagt. Et
jabe überhaupt im Bundesrath. das größte Ent⸗
jegenkommen geherrscht. Bayern kann sich nicht
soliren, es könnte dabei sein Reservatrecht am ersten
zerlieren. Woher sollten die Reichseinnahmen
teigen, was nothwendig sei? Die Erregung gegen
das Monopol sei unbegreiflich, da das Urtheil, in
vie weit der Staat in die individuelle Thatigkeit
ingreifen soll, nur von Fall zu Fall zu entscheiden
ei. Die Aufgaben der Brannweingewerbe können
ehr wohl von staatlichen Organen erfüllt werden.
zesundheitlich halte er dus Monopol gegenüber den
estehenden Verbältnissen geradezu für einen Segen.
Das russische Monopol sei himmelweit von dem
Zrojekte verschieden. Das Reich, die Einzelstaaten
ind Kommunen fänden darin endlich die nothwen⸗
zige ergiebige Einzahmequelle; andernfalls kame
»as Suchen nach neuen Einnahmequellen nicht zur
—V—
venn det Konsum sinke, die Einnahme immer noch
erheblich sei, da die Zwischen⸗Gewinne zur Zeit
tolossal seien. Bayern würde etwa 20 Millionen
Mehreinnahme erlangen, ein sehr bemerkenswerther
krfolg, mit dem man Harten ausgleichen und den
Semeinden zu Hilfe klommen könne. Die Fabrit⸗
teuer sei für kleine Betriebe nnmöglich, da Meß-
wpparate fehlen. Eine politische Gefahr haben die
neuen Einrichtungen nicht, weder durch die Ver⸗
chleiße noch durch ein Beamtenheer, das überhaupt
nicht entstehe. Der Bundesrath war einstimmig
der Meinung daß die höheren Vroduktionskosten
durch einen Zuschlag aus Landesmitteln in Bayern
zu ersetzen seien. Branntwein aus Obst ꝛc. solle
höher als Kartoffelbranntwein gestellt werden. Ein
Zusammenhang zwischen Branntweinmonopol und
Palzaufschlag existire nicht. So lange in Deutsch⸗
land ein Recht gelie, werde der Malzaufschlag nicht
zewaltsam aufgehoben werden. Das Recht des
Landtages werde bei Bewilligung der Ausgaben
aufrecht erhalten, ja erweitert. Fassen Sie keine
raschen Entschlüsse. Die Sache ist werth drei und
ziermal überlegt zu werden.
Muünchen, 11. Febr. (Abgeordnetenkammer.)
Das Branntwein⸗Monopol wurde mit 90 gegen
15 Stimmen abgelehnt. der Ausschußantrag ange-
nommen. Ein Theil der Linken stimmte dagegen.
Begen das Monopol sprachen Preysing,. Crämer,
Frankenburger, Kopp und Herz, für Verschiebung
bis zur Vorlage Schauß und Luthardt; die Kon—
servativen stimmten gegen den Ausschußantrag.
Der Kaiser ernannte Kerschensteiner, Petten-
kofer, Ehrhard und Zenetti, sammilich in München,
zu außerordentlichen Mitgliedern des Reichsgesund-
heitsamtes.
Berlin, 11. Febr. (Reichstag.) Der An—⸗
trag des Abg. Windt hor st, für die Dienstge-
bäude in Kamerun, Togo und Angta Pequenna
anstatt der geforderten 146,000 Mt. nur 94,000
Mark zu bewilligen, wird gegen die Stimmen des
Tentrums, der Sozialisten und der Hälfte der
Freisinnigen abgelehnt und die gefordette Summe
voll bewilligt.
—
Auslaud.
Liebknecht wird am 15. Februar in Paris
eintreffen, um einen Vortrag im „Phéatre des
obelins“ zu halten. Die Regierung ist entschlos
sen, Maßregeln gegen die Anarchisten zu treffen.
Der „Temps“ äußert, die Anarchiften, welche die
Anwendung der Gewalt predigter, seien keine Re⸗
publikaner mehr und müßten non der republikanischen
yffentlichen Meinung in Acht erklärt werden wie
der Cäsarismus selbst, dessen Unruhestifter, ob sit
fich versteckten oder nicht feis die Mitarbeiter oder
Diitschuldigen der Umsturzleute seien.
Maxis, 10. Febtr. Das „Memorial de la
Loire“ zeigt an, die Regierung habe endgiltig be
schlossen, das Grasgewehr in ein Repitirgewehr
umzuwandeln. Die Waffenfabriken zu Saint⸗
Etienne hatten die Anweisung erhalten, die bezüg⸗
ichen Werkzeuge zu dieser Umänderung zu beschaffen.
Die Kosten für die Umgestaltung würden für jedes
Bewehr 25 Fr. betragen.
London, 10. Febr. Ein an 4000 Personen
bestehender Pöbelhaufe ist von Deptfort (bei Lon—
don, an der Eisenbahn nach Brighton) gegen die
Fity aufgebrochen; Fenster wurden eingeworfen und
onstiges Eigenthum zerstört. Die Laden sind ge-
chlossen und es herrscht Panik. Polizei und Trup-
oen sind in Bereitschaft.
London, 10. Febr. Die Pouzei