Full text: St. Ingberter Anzeiger

erhalien aus der Pensionskasse aus Gründen der 
Billigkeit eine gleichgroße jährliche Zulage. 
— Der pfälz. Dampfkesselrevisions— 
Verein hat pro 1885 14 Heizer mit im ganzen 
300 Mark prämiirt, darunter Zaus St. Ingbern 
Johann Günther, Georg Feichtner und 
Georg Poller, alle in der k. Steinkohlengrube. 
— Zweibrücken, 24. Febr. Herr Rentner 
Temte hier hat das Hotel „Deutsches Haus“ (in 
der Nähe des Bahnhofes, Eigenthum, des Herrn 
Baumeisters Hagenthau)“ gepachtet. “Die Ueher⸗ 
nahme geschieht im April. 
— Von einer großen englischen Erb⸗ 
schaft, die in die Pfalz fallen soll, weiß die 
in Kaiserslautern erscheinende „Pfälz. Volksztg.“. 
in einer Briefkastennotiz zu melden. Darnach soll 
in England oder Schottland ein hoher katholischer 
Geistlicher mu Hinterlassung einer großen Erbschaft 
gestorben sein. Derselbe aus Niederauerbach 
dei Zweibrücken gebürtig gewesen, dann ausge⸗ 
wandert, von dem Protestantismus zum Katholizis- 
mus übergegangen sein und es sogar bis zum Erz⸗ 
dischof gebracht haben. (7. Der Name des Eib— 
lassers soll Heinrich Sutter gelautet haben 
Weiter wird mitgetheilt, daß genannter Herr Sutter 
vor 12 Jahren in Edinburgh, Schottland, mit 
Tod abgegangen. Er habe sich in Ostindien ein 
bedeutendes Vermögen erworben, das nun in der 
Bank von England liege. 
— Kusel, 22. Febr. An Stelle des zurück- 
getretenen Herrn Koch wurde heute Vormittag Herr 
Landtagsabgeordneier L. Schleip mit 35 Stimmen 
von 66 Abstimmenden zum Bürgermeister gewählt. 
— Die „Straßb. Post“ schreibt: „Ein 
Meisterwert der Baukunst. In den nächsten 
Tagen geht in unserer an Monumentalbauten leider 
noch nicht sehr reichen Pfalz ein Werk seiner Voll- 
endung entgegen, das es verdient, auch über die 
Grenzen der Provinz hinaus bekannt zu werden; 
ein Werk, das sicher neben dem Pfälzischen Ge⸗ 
werbe-⸗Museum manchen Kunstfreund veranlassen 
wird, seine Schritte nach der alten Barbarossastadt 
Kaiserslautern zu lenken, an der er früher 
moͤglichst schnell vorbeifuhr. Wir meinen die Sy— 
nagoge, ein Werk des Architekten Ludwig Levy 
in Kaiserslautern, eines Schülers berühmter Meister 
wie Durne, Mylius, Bluntschli, Wallot und Warth 
Der imposante Kuppelbau zieht schon von Weitem 
die Aufmerksamkeit des Fremden auf sich. Ist die 
Entstehung dieses Bauwerkes in erster Linie der 
Opferwilligkeit der etwa 700 Köpfe zählenden 
israelitischen Kultusgemeinde zu Kaiserslautern zu 
danken, so gilt als geistiger Protektor unser Regier⸗ 
ungspräsident Herr v. Brau in Speyer, der, ein 
eifriger Förderer alles Schönen, neben dem Pfäl— 
zischen Gewerbemuseum, seiner ureigensten Schöpf⸗ 
ung, auch dem künstlerischen Gedeihen der neuen 
Synagoge ganz besonders Interesse augedeihen ließ. 
Was den Styl betrifft, in welchem die Synagoge 
erbaut ist, so hat der Architelt eine Anlehnung an 
die dem jüdischen Ritus am meisten zusagende 
maurische Bauweise angestrebt und diese sehr ge⸗ 
schickt unter Verschmelzung mit dem byzantinischen 
Gewölbebau dem modernen Bedürfnisse und unseren 
nordischen Verhältnissen angepaßt. Der äußerlich 
in rothen und weißen Hausteinen ausgeführte, über 
30 Meter lange und uͤber 20 Meter breite Bau 
zeigt nach Westen am Haupteingange einen präch- 
tigen, weit vorspringenden Triumphbogen als Vor⸗ 
halle. Nach Osten ist der polygonale Chor vor⸗ 
gebaut, nach Süden und Norden sirnd seitliche 
Ausgänge mit baldachinartigen säulengetragenen 
Vordächern angebracht. Prächtige Fensterrosen 
jschmücken die West-, Süd⸗ und Nordseite, der Chor 
ist durch drei große Fenster in reichem Farben⸗ 
schmuck ausgezeichnet. Ueber dem stolzen Bau er⸗ 
hebt sich majestätisch eine zentrale Kuppel bis auf 
30 Meter Hoöhe, während vier kleinere Seitenkuppeln 
auf schlanken durchbrochenen Thürmchen sich mit 
der Hauptkuppel zu einem imponirenden Gesammt⸗ 
bilde harmonisch vereinigen. Im Innern schließen 
fich an die zentrale Hauptkuppel Tonnengewölbe 
und kleinere Hängekuppeln an, getragen von mäch⸗ 
tigen Pfeilern aus weißem Haustein. Die rituelle 
Trennung der Männer von den Frauen bedingte 
wie in allen ähnlichen Bauten die Anlage der 
Frauenemporen, welche die Nord- und Südseite 
einnehmen, während sich auf der Westseite die 
Orgelempore mit Sängerbühne und im Osten der 
Chor mit dem Allerheiligsien ohne Empore befindet 
Durch das oben erwähnte triumphbogenartige Haupt- 
portal gelangt man zu der Vorhalle und von die— 
iem gerade aus in das Mitielschiff der Kirche, 
rechts und lints zu den massiven Haupttreppen der 
Emporen; am östlichen Ende der Emporen sind 
ebenfalls in massiver Aufführung Nothtreppen an⸗ 
gebracht. Alle Thüren am ganzen Gebäude öffnen 
sich der Sicherheit wegen nach Außen. Die An- 
zahl der Sitzplätze beirägt 620 ohne die Kinder⸗ 
plätze. Neben dem Chor befindet sich ein besonderer 
staum für den Rabiner (Sacristei) und ein gleicher 
ür den Vorstand.« Der Bauplatz liegt in der 
Ditte- der Stadte in der Nähe der Stiftskirche; 
»as Gebäude steht nach allen Seiten frei; der 
Battgrund ist der denkbar' jchlechteste, da der noch 
m Miitelalter hier befindliche Stadtwoog (Weiher) 
ine Schlammschicht von 6 bis 8 Meter niederge- 
hlagen' hat, die ẽztwa 5 Meter unter dem Grund⸗ 
vasserstand abzuteufen war; um auf Kiesboden zu 
ommen, wie denn auch alle Mauern bis hinunter 
auf den Fels geführt sind.' Die Fundirungsar⸗ 
zeiten haben demgemaß über ein Zehntel der ganzen, 
sich auf etwa 200,000 Mk. belaufenden Bausumme 
in Anspruch genommen. Im Juni 1883 wurde 
mit dem Bau begonnen uͤnd derselbe bis Ende des 
Jahres bis auf Sockelhöhe gefördert. Im Jahre 
1884 wurde der ganze Rohbau fertiggestellt, ein; 
chließlich der Dachungen und Kuppeln, welche mit 
cautenförmigen Zinkstücken gedeckt sind. Die innere 
AUusstattung — theils in natürlichem weißem Stein, 
theils in Stuckrelief gehalten — gibt im Verein 
mit dem dunklen Marmor der Zwischensäulen, den 
varmen Tönen der stylvoll gemalten Wände und 
der prächtigen Farbenwirkung der Fenster und 
Rosen ein Bild seltener Harmonie und erhabener 
—AV 
uing dieses Tempels vollzieht, so wird Kaiserslautern 
ind die Pfalz um ein monumentales Bauwerk 
reicher sein, das mit ähnlichen Gebäuden zu Stutt- 
zart, Nuürnberg, Mannheim u: s. w. voll in die 
Schranken treten kann.“ 
— Landau, 21. Febr. Se. kgl. Hoheit 
Prinz Luitpolnd von Bayern haben der Frau 
Reichsrath von Boeching dahier zum Ableben 
hres Gatten unter ehrender Erwähnung der Ver⸗ 
zienste des Verlebten höchstsein Beileid kundgegeben. 
— Die „Union“ widmet den jungst dahinge— 
chiedenen Hof⸗ und Reichsrath v. Böcking und 
stotar Ludwig Pas quay einen warm empfundenen 
Rachruf Namens der unirten Kirche der Pfalz 
— Edenkoben, 20. Febr. Wie wir hören, 
wurde dieser Tage auf der Strecke zwischen Edes⸗ 
heim und Knöringen eine Anzahl von den durch 
die Bahnverwaltung angepflanzten Akazien ˖ Bäumen 
mittels einer Säge über dem Boden abgeschnitten. 
Eine Haussuchung bei dem der That Verdöchtigen 
hatte das Resultat, daß an einer Säge noch Theile 
von Baumrinde gefunden wurden und so wird 
wahrscheinlich der Schuldige überführt werden können. 
— Mechtersheim, 20. Febr. Bei der 
gestern stattgehabten hiesigen Feldjagdverpachtung 
wurde dieselbe um den Pachtpreis von 1310 Mk. 
Früher 350 Mtk.) den Herren Bürgermeister Mohr 
in Mechtersheim, Bierbrauer Mohr in Neustadt 
and Schellhorn Wallbillich in Forst zugeschlagen. 
— Die Rheinhäuser Jagd (zur hiesigen Gemeinde 
Jehörig) pachteten die Herrn G. Grund, Wetzler 
ind Feldner von Speyer um den Preis von 460 
Mk. (gegen 250 Mt. früher) 8*3 
F BVermischtes. 
7Straßburg, 21. Febr. Der ans den 
Vertretern der Kreisvereine bestehende landwirth- 
chaftliche Bezirksverein von Elsaß-Lothringen hat 
äch einstimmig für das Branntwwein⸗Monovol aus⸗ 
zesprochenn. 
Mehring (bei Trier.) Der einzige Sohn 
einer armen Wittwe von hier arbeitete mit mehreren 
Tagelöhnern auf einer Wiese am rechten Moselufer. 
Als ein Sohn des Försters hinzukam sagte ersterer 
zu diesem: Wenn er (der Jäger) ihm wegen Streu⸗ 
holens ein Protokboll machen würde, so habe er 
einen Revolver bei sich. „Dann bin ich auch gleich 
rertig,“ rief der Jäger, riß das Gewehr von der 
Schulter, legte an, der Schuß krachte und der junge 
Mann sank leblos in die Arme eines anderen 
Arbeiters. IJ 
F Krefeld. 19. Febr. Gestörtes Mit— 
tagsessen. In dem neuerbauten Wartesaale des 
Bahnhofes zu Kempen, der momentan provissrisch 
ils Wartesaal 2. Klasse benutzt wird, saß gegen 
bUhr heute Mittag ein Passagier an einem der 
zroßen Saalfenster und stärkte sich zur bevorsteben⸗ 
den Reise mit Speise und Trank. Außer in 
waren noch einige Herren anwesend, in fricli 
eifriger Unterhaltung begriffen. Plötzich v 
die idyslische Ruhe durch einen grellenden Aun 
der Wirthin unterbrochen. Der im besten —** 
begriffene Herr steht auf, bemerkt zu seinem on 
seen, wie der eben von Venlo einlaufende v 
jonenzug das Geleise verlassen hat und den 9 
auf den Wartesaal zu nimmt. Er springt 
die Wartenden find noch nicht aus dem Raum 3 
flohen, da erfolgte ein fürchterliches Krachen u 
bei einer furchtbaren Detonation und — die du 
motide des Zuges steht in ihrer Majesta⸗ — 
Bartefaale. Man denke sich die Angst auch d 
Bassagiere des Zuges. Ob der Locomoncsite 
den Dampf nicht zeikig genug gesperrt hatte, d 
ob ein anderer Unfall vorliegt, wird die üUnle 
uchung wohl ergeben, Thatsache ist, daß die Na 
chine des Zuges, welcher in einen todten Stran— 
inlduft, die schweren Strebeschienen wie —* 
latt fuhr, alsdann sich ohne Schienen welle 
chob, um schließlich, die Saalwand durchschlagen 
in dem Gebaude stehen zu bleiben. So diel wit 
erfahren konnten, sind ernste Personen⸗Verletungn 
uicht vorgekommen, jedoch fielen in manchen Coupes 
zurch die enorme Erschütterung Koffer ꝛtc. don * 
Gestellen herunter, wodurch einige der Passagin, 
kleinere Unfälle erlitien; 
F Bonn, 21. Februar. Seit dem Inkraft. 
—R 0 soeben 
hier der erste Fall eingetreten, daß ein verleßtet 
Arbeiter, welcher 18 Wochen lang zu Lasten da 
hiesigen Ortskrankenkasse verpflegt worden ist, nun— 
mehr auf Kosten seiner Berufsgenossenschaft i 
veitere Pflege genommen wird. Am 17. Nodbi 
). J. wurde nämlich ein Maurer aus Meindon 
zei einem hiesigen Bau von einem Unfall betroffen 
Da der Verletzte noch nicht geheilt jist, so hat di 
cheinisch-westphälische Baugewerks Berufsgenossen- 
chaft nunmehr seine weitere Verpflegung auf ihre 
dosten und bis zur Beendigung des Heilverfahrenß 
ibernommen. Die hiesige Ortskrankenkasse ist an— 
Jewiesen worden, erstens die Kosten des ferneren 
Icisperfahrens und zweitens das Krankengeld in 
Döhe von zwei Drittel des ortsüblichen Tagelohnes 
dis auf weiteres zu Lasten der Berufsgenossenschas 
zu bestreiten. 
F Würzburg, 16. Februar. Um sich der 
Vhrpflicht zu entziehen, wählte der 22jährige 
vohlsituirte Bauerssohn Sigmund Göopfert auß 
dem bayerischen Dorfe Girols ein eigenthümlicheß 
Mittel. Er verschaffte sich Belladona⸗Lösung, welches 
Heittel die Wirkung hat, die Pupille des mensch 
ichen Auges zu vergrößern und das Sehvermögen 
nuf kurze Zeit zu alteriren, und spritzte sich don 
dieser Flüssigkeit sowohl unmittelbar vor seiner 
Finreihung als auch vor seiner am 7. Novembet 
d. J. beim 5. bayerischen Infanterie-Regiment in 
Bamberg erfolgten Gestellung einige Tropfen in 
das rechte Auge mit der Wirkung, daß er jedeß 
Mal einen Tag lang auf dem fraglichen Auge des 
Sehvermögens beraubt war. Doch kamen die Aerzte 
bei gründlicher Untersuchung“ des Auges auf den 
geplanten Betrug. Bei der heutigen Hauptver⸗ 
zandlung vor dem Militärbezirksgericht gestand er 
nuch unumwunden ein, zur Befreiung vom Militär 
dienste das Mittel angewendet zu haben. Urtheil 
unter Versetzung in die zweite Klasse des Soldaien 
tandes sechs Monate Gefängniß. 
—fNürnberg, 18. Febr. Ein Prozeß um 
35,000 Mk.) Heute begann vor der Zivilkammer 
)es Landgerichts“ ein Prozeß um die Hälfte des 
70,000 Mk. betragenden Haupttreffers der Deggen- 
orfer Kirchenbaulotterie. Den Gewinnst hat be— 
reits der Hafnermeister Alois Bankhofer von Aben⸗ 
jerg einkassirt und gegen ihn richtet sich die Klage 
des Gastwirths Joseph Schielein von Abenberg, 
der die Hälfte des Gewinnstes beansprucht. In 
ver Schielein'schen Wirtihschaft war naämlich das 
ragliche Loos von einem Lehrer und Agenten ver⸗ 
sauft worden, und da Bankhofer nicht den Kaus⸗ 
preis von 2 Mk. bei sich hatte, bat er Schielein 
im 1 Mkt. und diesem Verlangen wurde entsprochen. 
Bankhofer behauptet nun, er habe den Schielein 
rufgefordert, das Loos zusammen zu spielen, Schi 
ein habe aber dies mit dem Bemerken, er habe 
chon ein Loos, abgelehnt, die fragliche 1 Mt. sei 
zaher nur darlehensweise übergeben worden. Schit 
ein habe sich um das Loos aber gar nicht weitet 
ekümmert und keine Einwendung erhoben, als der 
Beklagte es zu sich slecte. Der Kläger behanbten 
agegen. er und der Beklaate bätten aemeinschaft-