Full text: St. Ingberter Anzeiger

Einwände vorzulegen. Die Türkei hat sich ge- 
weigert, dieselben anzunehmen, da, — nachdem der 
erste russische Einwand berücsichtigt worden, die 
Türkei das Kapitel der Einwände für geschlossen 
halten müsse. Nelidoff zog sich zurück, ohne der 
Türkei eine schriftliche Mittheilung zurückzulassen. 
Die anderen Mächte übernehmen jetzt die Ver— 
nittlung. 
Lokale und pfälzische Nachrichten 
*I Schnappach, 26. Febr. Im Verlaufe 
dieser Woche verunglückten in der Altenwalder 
Brube zwei Bergleute und mußten beide in das 
Spital nach Sulzbach gebracht werden. Unter 
diesen ist auch der Bergmann Schrörer Daniel 
von hier, welcher durch herabstürzendes Gebirg 
ganz zugedeckk wurde.·Hilfe war schnell bei der 
Hand und befreite ihn rasch aus seiner gedrückten 
Lage. Wie die Verletzungen desselben sind, konnte 
voch micht mit Bestimmtheit in Erfahrung gebracht 
werden. — 
— Kaiserslautern, 24. Febr. Am 2. 
Februar 1886 wurden in Wilhelmshaven bei der 
II. Matrosen⸗Division 47 Einjährig- Freiwillige 
Seeleute von Beruf) eingestellt. Von diesen er⸗ 
hielten nur 2 die Qualifikation als Unterlieutenant 
zur See der Reserve. Einer derselben ist ein 
früherer Schüler des hiesigen Gymnasiums mit 
Numens D. Häberle vom Daubenbornerhof. Der 
andere ist Stichter aus Bruchsal in Baden. 
— Der protestantischen Gemeinde in Eußer⸗ 
thal⸗Hofstätten wurde von dem Hauptverein 
der Gustab-Adolph⸗Stistung in Kassel zur Mehrung 
des Vikariatsfonds die Summe von 100 Mark 
zugewendet. 
— Ein in den besten Jahren befindlicher Mann, 
Namens Rübel aus Bledesbach, verließ am 
Sonntag Nachmittag seine Wohnung, in der aus- 
zesprochenen Absicht, in den Wald zu gehen. Als 
er Abends noch nicht zurückgekehrt war, veranlaßte 
die besorgte Ehefrau einige Nachbarn, nach dem 
Vermißten zu suchen, und diese fanden den Un— 
zlücklichen todt in einen Wassergraben liegend. Ein 
Verbrechen oder Selbstmord ist ausgeschlossen; der 
Verunglückte litt nämlich, wie der „Kus. Zig.“ 
mitgetheilt wird, an Epilepsie, und scheint in einem 
Anfalle dieser Krankheit in den Graben gestürzt zu 
sein, um dort den Tod zu finden. 
— Annweiler, 23. Febr. Heute Nach 
nittag halb 4 Uhr wurden einer Frau von Hinter 
weidenthal zwischen Rauschbach und Birkweiler von 
einem Strolche 500 Mk. abgenommen. Der Thäter 
ist bis jetzt noch nicht verhaftet. 
Vermischtes. 
FSaarbrücken, 25. Febr. Der national⸗ 
liberale Verein hält am nächsten Sonniag Nach⸗ 
mittag in der Tonhalle hier seine alljährliche Ge- 
neralversammlung ab, in welcher die Neuwahl des 
ande und seiner Statutenänderung stattfinden 
sollen. 
FSaarlouis, 24. Febr. Ein kleines, die 
Zuschauer erheiterndes Malheur passierte, 
wie die „S. Z.“ berichtet, gestern Morgen am 
französischen Thore. Ein Musiker von der hiesigen 
Regimentskapelle wollte sich mit seiner Baßgeige 
in das Probelokal an genanntem Thore begeben, 
as er vor demselben einer Kuh — jedenfalls im 
Bedränge — etwas nahe kam. Der Widerkäuer 
chlügt aus, ein hohler Ton erschallt und die Baß 
jeige ging in Splitter. 
F Köln, 28. Februar. Ein hiesiger Wirth 
pflegte nicht selten seine Gäste durch Vorträge auf 
einer Trompele zu unterhalten. Auch vorgestern 
Abend holte er sein Instrument hervor, blies einige 
ustige Stückchen und verschwand dann aus der 
Stube. Bald nachher krachte ein Schuß: der fidele 
Wirth hatte sich im Keller eine Kugel durch den 
Kopf gejagt. 
Mannheim, 22. Febr. Julie Dungern, 
die beliebte Schriftststellerin, ist gestern früh 39 
Uhr, nachdem sie sich von einem vor einigen Tagen 
erlittenen Schlaganfall nicht mehr erholen konnte, 
gestorben. 
F Durch Cirkulär macht die bayerische 
otenbank bekannt, daß der Zinsfuß im 
Giro-Conto vom 1. März 1886 ab von 20, auf 
10Oo herabgesetzt wird. 
f Wuürzburg, 28. Febr. Das Militaͤrbe⸗ 
irksgericht verurtheilte heute den Soldaten des 2. 
lanenregiments Erasmus Beck von Haardt wegen 
Fahnenflucht zu 10 Monaten Gefängniß und Ver— 
etzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes 
Wegen des gleichen Reatesund außerdem wegen 
Diebstahls wurde der Soldat des 1. Chevauxleger- 
segiments Paulus Häberlein von Rechtenbach zu 
1. Jahr 3 Monaten Gefängniß und Versetzung in 
ie zweite Klasse des Soldatenstandes verurtheilt. 
Endlich erhielt der Soldat des 18. Infanterie—⸗ 
Regiments Markus Kirchhöfer von Pirmasens wegen 
ortgesetzter Widersetzlichkeit gegen die Befehle seiner 
Interofsiziere 2 Jahre 6 Monate Gefängniß und 
vegen unmilitärischen Benehmens vor Giricht 10 
dahe strengen Arreh.353 
.7 Ansbäch, 21. Febr. Auf dem Feuerwehr⸗ 
balle in Heilsbronn stürzte, während des Tanzes 
eine junge Dame aus Nürnberg plötzlich wie lebtos 
usammen, und zwar in Folge zu slarken Schnürens. 
Dieselbe liegt zur Zeit noch krank darniedert. 
F Augshurg, 28. Februar. Im hiesigen 
andgerichtsgefäugniß wurde eine weitgehende Ver⸗ 
wörung unter den Gefangenen entdeckt, Bdie de⸗ 
eits bis ins Kleinste berathen und vorbereitet war.! 
Die Verahredung unter mehreren höchst gefährlichen, 
Berbrechern ging dahin, daß aus einer näher be⸗ 
eichneten Zelle und, zu einer bestimmten Stunde 
ausgebrochen werden sollte. Die dortselbst unter⸗ 
jebrachten Sträflinge iollten sich in die Wohnung 
des Gefängnißwärters G. Zeidtler begeben, ihn 
ind dessen Angehörige unschädlich machen. Mit 
»en Schlüsseln hätte hierauf das Oeffnen der üb⸗ 
igen Zellen unternommen und mit dem Revolver 
es Gefängnißwärters gegen die Gefängnißwärter⸗ 
zehilfen vorgegangen werden sollen, um eine ge⸗ 
neinsame Flucht zu ermöglichen. Soviel man 
beiter erfahren, hat ein Mitgefangener diesen Plan 
errathen, und die sofort angeordneten genauen 
leberwachungen einzelner näher dezeichneten Zellen 
estätigten auch sofort, daß wirklich Vorbcreitungen 
u einem Fluchtversuche stattfanden. Es wurden 
mverzüglich in Anbetracht der kritischen Lage um⸗ 
assende Verlegung der Gefangenen in andere Räume 
orgenommen und wan entdeckte nach verschiedenen 
Heständnissen das Haupt dieses schändlichen Planes 
n der Person des wegen Raubmordes an der 
dastwirthswittwe Hensi⸗Schwendimann von Solo⸗ 
hurn zum Tode verurtheilten Schreinergehilfen F.. 
ẽ. Boll von Biberach. Es wurde bereits gestern 
Bericht an das Justizministerium erstattet. Boll 
vußte sich auf unerklärliche Weise in den Besitz 
eines Messers zu sezen. In den verschiedenen 
ebertretungen wurde Boll durch den wegen Raubes 
)erhafteten Taglöhner J. Bachmann von Eppishofen 
interstützt, der bei seiner Verhaftung angeschossen 
vorden und im Amisgerichtsgefängniß Wertlingen 
zereits einmal ausgebrochen war. 
fMünchen, 23. Febr. Die schon vor et⸗ 
ichen Monaten avisierte Neuformation unseres In⸗ 
jenieurkoäps mit Abzweigung des Garnisonsbau⸗ 
vesens wird nun am 1. April d. Is. mit dem 
neuen Rechnungsjahr des Militäretats ins Leben 
reten, wie der Herr Kriegsminister seinerseits in 
der Abgeordnetenlammer dereits in Aussicht gestellt 
jatte. Die Ingenieur ˖ (Festungs-)Inspektion und 
»ie Pionier-Bataillone werden getrennte Offizier- 
orps erhalten; die Hauptveränderung erfolgt jedoch 
eim Garnisonsbauwesen, weil dieses von dem eigent⸗ 
ichen Truppenkorps vollständig geschieden werden 
oll und, wie schon früher angedeutei, haben die 
etreffenden Beamten den Staatsbaukonkurs zu 
nachen. 
F Berlin, 24. Febr. Einem Telegramm 
zer Koln. Ztg.“ zufolge ist General von Werder 
nuf seinem Gute Grüssow schwer erkrankt. 
FBerlin, 24. Febr. In dem Dorfe 
Zoͤschen bei Halle sind heute Rittag 10 Morgen 
rand mit mehreren Arbeiterwohnungen, in denen 
ꝛrei Menschen sich befanden, plößlich versunken. 
Die meisten Bewohner waren anßerhalb. Unter der 
—AL— 
oerselben Stelle ein Teich. 
Der Clavierdirtuose Rubinstein gab 
vährend seiner letzten Anwesenheit in Berlin inner- 
jalb 3 Wochen 7 Clavierconcerte, in welchen er 
185 verschiedene Compositionen, von 29 Compo⸗ 
nisten aus dem Gedächtnisse vortrug. Kein Vir⸗ 
wuose hat diese bemerkenswerthe Leistung erreicht. 
F Die Throne Europas werden in weit 
iberwiegendem Maße von deutschen Dynastieen ein⸗ 
enommen. In England herrscht bekanntlich das 
aus Hannover-Sachsen -Koburg; in Rußland, 
Hänemark und Griechenland das Haus Oldenburg; 
n Oesterreich das Haus Habsburg-Lothringen; in 
ztalien das Haus Savoyen, welches seinen Ursprung 
auf altsächsische Grafen zurückführt.“ In Porhu 
und BVelgien sitzt das Haus Sachsen-Kobmgeun 
dem Throne, in den Nicderlanden das Haus Rot 
Endlich haben bekanntlich zwei deutsche vIdn 
aus den Hausern Hohenzollern und Battenberg 
Dynastieen in Rumänien und Bulgarien —8R 
Es bleiben nur noch Frankteich, Spanien, Shwa t 
Serbien und Montenegro übrig. In Epeh 
regiert das franzbsische Daus Bourbon, in a 
den die französischen Eernadottes, während in 
hien und Muntenegro die rinheimischen Geshieg 
Obrenowitsch und Njegus die Herrschaft —** 
FAuz RusJLan de Vor Kürzem en 
iber eine Katastrophe, (auch üm St. Ingb. I 
berichtet, die sich in Tagaurog am — 
Meere zugetragen hahen sollte. Dort seien menn 
ausend Menschen durch das plötzliche Voslösen 
cises dom Ufer auf einer großen Scholle inz Ma 
jinausgetrieden worden und die meisken —* 
reien zu Grunden gegangen⸗ Nun briugt aber 
„Odessaer Zeitung“ folgende Berichtigung: d 
jroße Unglück in Tagonrogklart sich nach“ * 
euesten von dem hiesigen Generalgouverneur ein 
jezogenen Nachrichten, Gott sei Dank als vollstan 
zig übertrieben auf. 4Der Stadtgouverneur du 
Taganrog telegraphirte nämlich an den Genetu— 
Bouverneur, daß sich bei dem am 16 X 
begonnenen Eisgang- etwa 100 Fischer mit Schlinn 
und Pferden auf dem Eise befanden, welche sich abe 
noch rechtzeitig und ohne anderweitige Hülfe am— 
Ufer retten konnten.“ 
..4 Man schreibt der „Wiener Allg. Zig.“ que 
Paris: „Im Elisée fand vor einiger Tagen jp 
dinderfest statt. Mme. Milson fragteé ihren Van— 
den Präsidenten Grevy um Rath, ob sie ihr Toͤh 
erchen, die kleine Marguerite, im Style Louis X 
det Louis XV. kleiden solle. Der Präsident sog 
seiner Tochter lachelnd: „Erweise mir die Eht 
und kleide meine Enkelin mit Rückhsicht auf mein 
Wiederwahl im Genre Grevy II.“ — „Wie if 
ieses ?* fragte Mm. Milson neugierig. S 
»infach, so sparsam wie möglich, und glaube mit 
diese Mode wird sich über kurz oder lang in de 
qanzen Welt Bahn brechen.“ 
FParis. Ein Arbeiter Pirolot, der seinen 
Prinzipal minelst Revolverschusses schwer verwun 
dete, weil er annahm, er würde entlassen werden 
ist von den Geschworenen freigesprochen worden 
Bei solchen Urtheilen ist es kein Wunder, wenn 
die Arbeiter auf tolle Gedanken kommen. 
F Die Abneigung gegen Weltausstell⸗ 
ungen scheint eine allgemeine geworden zu sein 
Pariser Blätter gestehen ein, daß sich nur eiu ein⸗ 
siger Staat Europas bereit erklärt habe, an der 
gzeplanten Weltausstellung zu Paris im Jahre 1889 
heilzunehmen — Griechenland! Alle anderen 
Staaten lehnten die Einladung ab. 
In Monako hat sich ein junger Edelmann 
erschossen, nachdem er im Spiel 90,000 Frank 
derloren. 
FGEin zehn Jahre alter Moͤrder. 
Vor den Assisen von Saint Pierre - Marfiniqu 
Hauptstadt der franzöfischen Antillen⸗Insel Mar 
tinique) wurde kürzlich folgender Fall verhandell. 
Am 15. August 1885 ging die sechsjährige Therest 
Zamy aus Pointe Sable mit ihrem fünfjährigen 
Brüderchen Thelius zu einer Frau Gilot, um einen 
Auftrag auszurichten; der zehnjährige Arthur Belon 
sing mit. Nach kurzer Zeit kamen die Z3 Kinder 
susammen zurück, entfernten sich aber wieder. 
Zpater stellie der fünfjährige Thelius allein sihh 
in, und als ihn die Mutier nach dem Verbleib 
einer Schwester fragte, antwwortete er, Arthut 
gelon habe ihn geheißen zu sagen, der Teufel habe 
ie geholt. Die Mutter begann mun eifrig zu 
achen, andere Leute halfen ihr, und es dauerte 
nicht iange, so fand man das Mädchen in der Näht 
nuf dem Boden einer Schlucht in einer Blutlaghe 
iegen. Als die Mutter das Kind aufhob, fließe 
einen letzten Seufzer aus. Die Leiche hatte eine 
S„chnur um den Hals und mehrere Wunden an 
dopfe, die von einem stumpfen Werkzeuge herrührten 
mm einer Stelle war die Hirnschale zerschmeitern 
Urthur Belon wurde zur Rede gestellt; erst laͤug 
gete er, dann aber gefand er seine That ein. Er 
jatte von Frau Guͤot ein Stückchen Biscuit en 
allen, das ihm Therese genommen hatte und nich 
vieder geben wollte. Um es wieder zu bebommen 
Hlug er sie todt. Der Gerichtshof schichte der 
djahrigen Morder auf sfieben Jahre in ein Kor 
eltionshaus. 
pWeilche Findigkeit englische Ver