s8t. Ingherter Auzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Samstag, 6. März 1886. 21. Jahrg.
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Deutsches Reich.
Berlin, 3. Marz. In Kreta waren unsichere
geruchte verbreitet, als ob Bittschriften wegen Ein⸗
erleibung der Insel in das britische Reich vorbe⸗
tet werden sollten. Das Gerücht gelangte au⸗
cheinend durch die Zeitungen nach London, und
ac englischen Consuln in Kreta sollen, wie man
höt, Weisungen erhalten haben, etwaige Bittschriften
dieser Art keineswegs anzunehmen. Hieraus, wie
juß anderen Anzeichen, die mit Nachrichten aue
zdonstantinopel übereinstimmen, wird geschlossen,
aß das Gerücht der von England beabsichtigten
hiwerbung der Insel Kreta auf Erfindung beruhe.
Berlinu, 4. März. (Deutscher Reichstag.)
der Reichsstag begann heute die Berathung des
zranntweinmonoposs. Finanzminister v. Scholz
—V Fi⸗
janzlage der Einzelstaaten durch das Reich aufzu-
essern, auch die Bedürfnisse des Reiches seien in
jeiem Wachsen. Die Mittel zur Deckung des Be—
—
danden, die Natur eines „rühr' mich nicht an“
mzunehmen, nur der Branntwein gewahren. Auch
zaß Beispiel Frankreichs, Englands. Rußlands und
Amerikas, die hunderte von Millionen aus der
zranntweinsteuer schöpfen, weise auf diesen Ab⸗
zülfeweg. Die geringe Besteuerung des Brannt⸗
veins habe auch sittliche Bedenken, sie habe zur
granntweinpest geführt. In dem Monopol glaube
ie Regierung den Weg gefunden zu baben, um
ie Steuerfähigkeit des Branntweins für das Reich
uutzbar zu machen. An Aenderungen von Einzel ˖
jeilen des Gesetzes werden seitens der Regierungen
ein Widerspruch geknüpft werden; die Erweiterung,
velche die Machtsphäre der Regierung durch das
Hesetz erfahre, sei ihrer Ausdehnung und Bedeut-
ing nach nur gering.
kokale und pfälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 5. März. Der Vorstond
et höheren Töchterschule zu Landau, Herr Direktor
Maurer, wird morgen (Samstag) Abend 8 Uhr
m Café Seiter (Zimmer lints) einen unentgelt⸗
ichen Voctrag (auch für Damen) über den „Deut⸗
schen Schulverein“, resp. die Anstrengungen
xs Deutschthums in Oesterreich gegen das immer
nehr um sich greifende Slaventhum, halten. Da
herr Direktor Maurer selbst ein geborener Sieben⸗
rütger ist und durch vielfache Reisen in den öster
reichischen Ländern aus eigener Erfahrung über die
hortigen Verhältnisse genau orientirt ist, so dürfte
der Vortrag geeignet sein, in hohem Maße das
Interesse in Anspruch zu nehmen. Zudem hat
herr Maurer in Ludwigshafen, Frankfurt und an⸗
dern größern Städten über dieses Thema gesprochen
und allenthalben den ungetheiltesten Beifall der
Zuhörer geerntet.
— Seit Samsiag wird der 18jährige Ludwig
dill von Käirkel vermißt. An genanntem Tage
ling derselbe, in einen dunklen Anzug gekleidet,
gen Abend von Limbach in der Richtung nach
dirkel und ist inzwischen nicht mehr gesehen wor—
en. Alle Recherchen nach ihm sind erfolglos
eblieben. Allgemein aber nimmt man an, daß
hbill in der Dunkelheit vom Wege abgekommen und
uif itgend eine Art verunglückt, vielleicht gar in
jer Blies ertrunken ist.
— Am 3. ds. Mis. fand unter Leitung des
dotarz Meßmeringer die Ziehung der katb.
dirchen bau-LotterieEdenkoben
ioist. Bis Mittaq waren folgende höbere Gewinne
ngezogen: 30,000 Mt. Nr. 52,539. 2000 Mk.
HNr. 31,323, Nr. 99, 052. 1000 M. Nr. 42,824
Nr. 49.1833. 500 M. Nr. 50,512, Nr. 123,141
300 Mt. Nr. 89,076. Nr. 1038, 150. 250 M
Nr. 57,970, Nr. 82,058. Nr. 110,716. 200 M.
Rr. 38.875. Nr. 98,155, Nr. 147, 160. 100 M.
Ner. 36,233, Nr. 88. 260, Nr. 123,482.
Die Frage der Einführung der Sten⸗
graphie in die Schulen
ꝛeschäftigte die Hauptversammlung des Stolze'schen
Sienographenvereins in Berlin, welche am
Dienstag Abend im Saale der Kaiserhallen tagte
Bei der Wichtigkeit der Sache wohnten zahlreiche
zchulmänner der Verhandlung bei, ebenso die Abg.
„chmidt · Stettin. v. Schenkendorf, Limbourg. Ca⸗
jentz, Geh. Regierungsrath Blenck vom statistischen
mt u. A. Die Pelition, welche der Verein an
»as Abgeordnetenhaus gesandt hat, fand in der
Unterrichtskommission noch nicht den erwünschten
Frfolg — vielleicht deshalb, weil dieselbe sofort auf
die obligatorische Einführung der Stenographie in
die höheren Schulen gerichtet war. Der Vortra⸗
jende des Abends, Prof. Dr. Petri schilderte aus
igener Praxis die Licht- und Schattenseiten, welche
zus der Verwendung der Stenographie in den
Schulen zu erwarten seien, recht anschaulich und
am dabei zu dem Schluß, daß die Liatseiten weit
überwiegen und der stenographische Schulunterricht
nicht nur für den Schüler selbst, sondern auch für
das spatere praktische Leben unendliche Vortheile in
sich schließe. Diese Gedanken wurden von dem
Vorsitzenden Herrn Max Bäckler, dem Geh. Rath
Blenck, einem Senior der Stenographen, dem Ab
Jeordneten v. Schenkendorf als Mitglied der Unter—
richtskommission und dem Abgeordneten Schmidt in
Stettin u. v. A. noch weiter ausgeführt. Man
war übereinstimmend der Ueberzeugung, daß die
Einführung des Stenographieunterrichts in den
höheren Schulen ein Bedürfniß der modernen Zeit
jei und nicht die Ueberbürdung vermehren, sondern
derselben kräftigst entgegen wirken würde. All⸗
Schulmänner, welche selbst Stenographen sind.
theilen die Opposition gegen diesen Gedanken, do
sie den Segen der Stenographie zu genau kennen.
xbenso war man überwiegend der Ansicht. daß es
zweckmäßig iei, vorläufig nur bei dem falkultativen
Unterricht stehen zu bleiben und daß die System«
rage nicht unlöslich erscheine. Besser sei es, irgend
in stenographisches System in den Schulen ver⸗
vendet zu sehen, als gar keins. Abg. Schmidt
rinnerte daran, daß er 1862 über dieselbe Frage
im Abgeordnetenhause seine Juugfern⸗ Rede gehalten
und das Haus damals einen günstigen Beschluß
gefaßt habe; die Opposition der Schuldirektoren
sei aber bald hinterher gefolgt. — Das Resumé
des Abends drüdte sich in der Hoffnung aus, daß
das Plenum des Abgeordnetenhauses anders be⸗
schließen werde, als die Kommission, und in dem
Vorsatz, in der Propaganda für die Einführ⸗
ung der Stenographie in die Schulen auch ferner⸗
hin nicht nachzulassen.
FMalhausen i. E. Eine aufregende Szent
spielte sich lürzlich in einer hiesigen Fabrik ab. Ein
Arbeiter, dem ein Lohnabzug gemacht werden sollte,
da er sein Stück Sioff nicht vorschriftsmäßig ge⸗
webt hatte, verlangte vom Direktor seinen ganzen
Lohn oder seinen Abschied und stürzte sich, da der
Direktor ihm sagte, daß er seine Entlassung nur
nur 14iägiger vorheriger Aufkündigung erlangen
lönne, mit offenem Messer auf den Direltor, dem
er einen tiefen Stich in die rechte Seite und einen
anderen in das Bein versetzte. Im Begriff, den
Angreifer von sich abzuwehren, faßte der Verwundete
nach dem Messer, doch der Attentäter entriß es
hm wieder, wobei dem Direktor noch der Daumen
ind die Hand durchschnitten wurde. Obwohl der
angegriffene Direkt durchaus nicht beliebt, ja seiner
Strenge wegen sogar gefürchtet sein soll, eilten
selbstverständlich doch alle in der Nähe befindlichen
Arbeiter, die sich gerade um die Mittagszeit auf
ihren Heimweg begaben, ihm zu Hülfe und machten
den Angreifer unschadlich. Letzterer erlitt dabei
selbst Verletzungen, so daß er ebenso wie der Di⸗
reltor fich jetzt in ärztlicher Pflege befindet.
FEine rheinische Familie, welche nicht genannt
zu sein wünscht, hal, um das Gedächtniß einer
reuen Mutter zu ehren und zugleich dem Interesse
für die Gustab⸗Adolph⸗Stiftung einen
Ausdruck zu geben, dem rheinischen Haupwerein
die Summe von 15,000 Mark geschenkt mit der
Bestimmung, daß deren Zinsen alljaͤhrlich von der
Provinzialversammlung derjenigen rhei nischen Dia-
poragemeinde zugewandt werden sollen, welche das
gemeinsame ‚Liebeswerk“ der rheinischen Vereine
erbaͤlt.
fF Ein Kölner Karnevalsscherz,)
Sonntag Nachmittag gingen zwei Männer am
Rhein spazieren. In der Nahe des Tuhrmchens
faßte der eine plötzlich den anderen fest an den
Arm und schrie: „Fliehe, ich fühle in mir die
Hundswuih, ich muß beißen,“ worauf der so Ange⸗
redete, so schnell er konnte, die Flucht zur Stadi
ergriff, hinter ihm laut bellend der andere. Jener
war so glücklich, einen Vorsprung von einigen
hundert Schritten zu erlangen, der es ihm ermoög˖
lichte, ungesehen von seinem Verfolger in eine
Wirthschaft zu gelangen. Als er hier gerade dabei
war, den Stammgästen, noch keuchend von den An⸗
ttrengungen des Dauerlaufes, den Vorfall zu er
zählen, erschien der angeblich von der Tollwuth
Befallene in der Thür des Gastzimmers. aber im
elben Augenblicke waren auch sämmtliche Anwesende,
hleich vor Schrecken, aufgesprungen und suchten ihr
Heil in der Flucht durch Fenster und Thüren, um
von außen den unheimlichen Patron zu beobachten.
Aber wie erstaunte man, als sich dessen verzerrte
Zuge plötzlich aufheiteren und den Stammgäfien
durch Zeichen bedeuteten, dak er nur einen Scherz
habe machen wollen. Zum Glück hatte der ver—
wegene Patron es mit gutmüthigen Kölner Spieß⸗
bürgern zu thun, welche den gefährlichen Spaß
zon der lustigen Seite aufnahmen, sonst hätte es
dem tollen Burschen wohl übel ergehen können.
F Aus Mannheim wird geschrieben: In den
„oberen Kreisen“ unserer Stadt macht die Verlob—
ung eines der jüngeren Lieutenants des hiesigen
Leib⸗Dragoner Regiments v. Heyden mit Fräulein
dummel ein gewisses Aufsehen. Der Brautigam
ist Sohn des bekannten Berliner Malers gleichen
Namens, während die Braut das einzige Kind des
zlücklichen Inhabers verschiedener Millionen, des
rüheren Spediteurs Gustav Hummel ist. Die alt—
Vermisßchtes.
Mentzz 3. März. In der gestrigen Sitzung
der Strafkammer wurde der Weinhändler Fray«
Deitsche zu Hayingen wegen Weinfälschung in
sechs Fällen zu einer Geldstrafe von achtzehnhundert
Mark event. falls dieselbe nicht beigetrieben werden
lann, zu einer Gefängsstrafe von sechs Monaten
und zu den Kosten des Verfahrens verurtheilt.