Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
jien und Sonntags mit S8feitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die VPost bezogen 1.4 754, einschließli 
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eide vie Erxpedilion Auskunft ertheilt, 15 A,. Neclamen 30 8. Bei 4m00aliger Erndung wird nur dreimalige berechnet. 
Sonntag, 10. Januar 1886. 21. Jahrg. 
Für das J. Quartal 1886 
sann auf den „St. Ingberter Anzeiger“ 
Fei allen Postanstalten, den Postboten sowie bei 
insern Austrägern und bei der 6xpedition abonnirt 
verden. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 7. Januar. Die Abgeordneten- 
ammer beendete die Berathung des Forftetats. 
gegen die Angriffe des Abg. Walther vertheidigt 
Minister v. Riedel die Forstreorganisation auf ener⸗ 
ische Weise. Er sehe deren Erfolg mit größter 
zuhe entgegen und alle die zugestimmt hätten, 
sönrten dasselbe thun. Es sei böswillige Verdäch⸗ 
igung, weun man behaupte, die Organisation habe 
zur den höheren Beamten hoͤhere Gehälter gebracht, 
ieselben hätten vielmehr verloren. Noch nie sei 
ine Reorganisation mit so großem Wohlwollen für 
as ganze Personal vollzogen worden Rittler er⸗ 
lart, er habe seine Stimme für die Reorganisation 
yhne Beeinflussung abgegeben und selbst Niemanden 
zeeinfluzt. Die entgegengesetzten —AX 
hattiotischer Blätter seien eine gewissenlose Ver- 
aumdung. 
Berlin, 7. Januar. Nach der „Köln. Ztg.“ 
Jat sich das preußische Staatsministerium in seiner 
dißung vom 6. d. Mis., mit dem Entwurf eines 
vesetzes betreffs des Branntweinmonopols 
eschaͤftigt und denselben genehmigt. Sobald der⸗ 
elbe vom Kaiser gebilligt und vollzogen worden ist, 
vird er dem Bundesrathe zugehen; voraussichtlich 
pird das schon in spätestens zwei Tagen geschehen. 
gereits vor einiger Zeit ist, wie das rheinische 
Zlatt weiter meldet, der Entwurf den einzelnen 
fachministern mitgetheilt worden, doch scheint über 
renselben nicht schriftlich abgestimmt worden zu sein. 
da es sich um einen Antrag Preußens handelt, so 
var noch die königliche Genehmigung für die Ein⸗ 
ringung des Entwurfs im Bundesrath erforderlich. 
xͥ wird wiederholt vetsichert, daß es sich nicht um 
in Spritmoenopol, bei welchem der Staat oder das 
teich nur eine Art Zwischeninstanz zwischen dem 
Sprithbrenner, dem Großhändler und dem Brannt ˖ 
veinfabrikanten bilden würde, handelt, sondern um 
in bie gesammte Branniweinfabrikation umfassendes 
MNonopol. Demnach würde das Reich nicht allein 
ie Entfuselung des Spiritus, sondern auch die 
veitere Verarbeitung desselben zu alloholischen Ge⸗ 
ranken in die Hand nehmen. Ju dem Umstande, 
aß die Vorlage in den Bundesrath gebracht wird, 
ann an sich schon eine Gewähr dafür erblickt wer⸗ 
en, daß ein Weg zur Verständigung mit den süd⸗ 
euischen Staaten nicht nur bereits gesunden, son⸗ 
ern daß diese Verstandigung bereits erzielt sein 
rfte. 
Kaiser Wilhelm's Befinden ist ein 
o befriedigendes, daß der greise Monarch hofft. 
in den auf Januar verschobenen Hofiagden theil · 
jehmen zu koͤnnen. 
Berlin, 7. Januar. Die NRachrichten über 
kepressalien, welche die Ausweisungen auf russischer 
Seite hervorrufen, mehren sich. Wir haben bereits 
inige Falle erwaͤhnt, in denen Preußen aus Ruß⸗ 
and ausgewiesen sein sollen. Auch die Haltung 
er russischen Presse den Deutschen gegenüber wird 
mmer feidseliger; sie weist andauernd auf die 
berbreiiung des deutschen Elements in Russisch- 
Polen hin, und fordert die Regierung auf, dem 
Zufluß des Deutschthumz ein Ziel zu seken. Ea 
st nun von der Regierung eine Spezialkommission 
eingesetzt worden, welche sich mit dieser Angelegen⸗ 
Jjeit defassen soll. Die russische Presse bemicht fich 
nzwischen, wie die „Pos. Ztg.“ betont, nach Mög- 
ichkeit, auf diese Kommission in deutschefeindlichem 
Sinne Ginflutz zu üben. Der Kijewlanin“ meint: 
ttußland müsse Preußen gegenüber wegen der Aus⸗ 
veisung russischer Unterthanen Revanche üben. Die 
Now. Wrem.“ weist darauf Lin, daß die Kolonien 
er Deuischen wichtige strategische Punkte einnehmen 
ind fordert, daß deutsche Beamte, selbst solche, 
velche russische Unterthanen geworden sind, im 
risenbahndienste nicht geduldet werden, und die 
Moskowskija Wiedomosti“ ist der Ansicht, daß die 
hetmanisirung einiger Städte in Russisch-Polen 
Lodz 2c.) die Kegierung geradezu auffordere, Re— 
zressiv⸗Maßregeln gegen die Deutschen zu ergreifen. 
Auslaud. 
Paris, 7. Januur. Grevy unterzeichnete 
ie Hekrete über die Ernennung der neuen Minister 
jeute Abend un 6 Uhr. Das Ministerium is 
olgendermaßen zusammengesetzt: Freycinet, Präsi⸗ 
ent: Auswärtiges, Sarrien: Inneres, Sadicarnot: 
zinanzen, Goblet: Unterricht, Boulanger: Krieg 
lube: Marine, Demole: Justiz, Baihaut: Arbeiten, 
Develle: Landwirthschaft, Lockroh: Handel, Granet: 
Posten und Telegraphen. 
dotkale und pfälzische Nachrichten. 
Sit. Ingbert, 9. Januar. Wie wir 
sören, hat der Stadtrath in seiner letzten Sitzung 
Reschlossen, im Laufe des kommenden Frühjahrs 
nit den Bau des Schlachthauses zu be⸗ 
sinnen. Der Kostenvoranschlag setzt eine Bausumme 
hon 48,000 Mark fest. — In derselben Sitzung 
inigte sich auch der Stadtrath über die Errichtung 
ines Friedhofes für die hiesige israelitische Kultus⸗ 
jemeinde und wurde in dieser Angelegenheit zu⸗ 
zächst eine Commission gewählt. 
e. Enssheirm, 7. Januar. Am 2. d. Mis. 
eranstaltete Herr Adi hier ein Treibjagen, bei 
velchem 63 Hasen erlegt wurden. 
— Giner Bekanntmachung der k. bayer. Pruf⸗ 
ings-Kommission für Einjährig-Freiwil 
ide zufolge wird die nächste Prüfung für den 
rinjahrig · Freiwilligen Dienst im kommenden Frah⸗ 
ahr abgehalten. Diejenigen jungen Leute, welche 
ich der Prüfung zu unterziehden wünschen, haben 
hre Gesuche um Zulassung längstens bis zum 1. 
Februar 1886 einzureichen. 
— Hinterweidenthal, 5. Januar. 
L. A.) Kuͤrzlich hat sich hier ein Holzmacher als 
Lhlet in der Eßkunst ausgezeichnet; er aß nämlich 
n Folge einer Wette eine Schüssel voll Kartoffeln 
von etwa 4 Pfd., etwa 2 Pfd. Sauerkraut, eine 
Schüffel voll Salat, 2 Pfd. Schweinefleisch und 
Sped, eine schöne Portion Rindfleisch und noch 
inige Würste mit Sauce und Essig. Die Wette 
zalt 10 Liter Bier, von denen er auch sein Theil 
ʒekam. Zum Schluß erklärte er sich bereit, noch 
Pjfd. Rindfleisch zu essen, wenn man sie ihm 
ur Verfügung stelle. 
— Kaiserslautern, 5. Januar. Ein 
Hacket Neujahrsgratulationen, die sammtlich von 
iner Hand stammten und von der Postbehörde be⸗ 
instandet wurden, sind der „Bztg.“ zufolge, ihres 
Jemeinen, unfläthigen Inhalts wegen polizeilich 
eschlagnahmt worden. Wenn der Absender ermittelt 
vird, kann er sich auf eine gebörige Strafe gefaßl 
nachen. 
— Kaiferslautern, 7. Januar. Heute 
Morgen sind von einem Schreiber des Herrn An⸗ 
palts Neumayer in der Nähe von Mäaorlautern 
zwei Wolfe gesehen worden. 
— In Rischweiler“ liegt der seltene Fall 
vor, daß in dem ungefähr 600 Einwohnet zählen⸗ 
zen Ort im verflossenen Jahre 1886 kein einziger 
Sterbfall vorgekommen ist; nur eine Todtgeburt 
st zu verzeichaen. 
— Von der Höh, 6. Januar. Der Kon⸗ 
urs verrückt doch manchem Gläubiger so den Kopf, 
daß er an weiter nichts mehr denkt, als an seine 
zu Verlust gegangenen Gelder, die er dem Bank⸗ 
Jaus Möser in Kaiserslautern anvertraute. Es soll 
dieser Tage vorgekommen sein, daß ein Bauer auf 
einer Eisenbahnstation ein Billet verlangte und zwar 
mit den Worten: „Billet von hier nach Möoser und 
cetour“. Der Eisenbahnbeamte, der sogleich wußte, 
vohin, händigte lächelnd das richtige Billet nach 
Kaiserslautern aus. 
— Kapsweyer, 6. Januar. Herr Kauf⸗ 
mann und Kommissionär Leon Levi von Bergzabern 
aufte heute ca. 80 Ballen Hopfen hier. Die 
Preise bewegten sich zwischen 6—16 Mark per 
Zentner. Eine Parthie wurde sogar zu 2 Mark 
ver Ztr. abgegeben. 
— Ludwigshafen, 6. Januar. Der 
derühmte Afrilareisende Herr Augustus Einwald 
ist gestern wohlbehalten von seiner vierten Reise 
gier eingetroffen und hat bei seinem Freunde, 
Herrn Friedrich Lur, Wohnung genommen. 
— Ludwigshafen, 6. Januar. Dem 
Scheerenschleifer Wagner aus Bierbach, der sich seit 
einigen Tagen am Rheinvorlande zu Hemshof be— 
qsufs Ausüdung seines Gewerbes niedergelassen hat. 
st in vergangener Nacht sein Wagen, in dem fich 
eine Familie, bestehend aus 6 Kindern, befand, 
zollständig niedergebrannt. Seine Frau unud zwei 
dinder im Alter von 4 und 5 Jahren erlitten 
sierbei so schwere Brandwunden, daß sie in's Spital 
zerbracht werden mußten. Vermuthlich hat der 
Sturm aus dem im Wagen angebrachten Ofen 
Funken herausgeweht, wodurch das Feuer entstan⸗ 
den sein dürfte. 
Bermischtes. 
Dieser Tage wurde in Mannheim, der 
„B. L. Zig.“ zufolge, ein Schiffer wegen Thät⸗ 
ichkeiten eingezogen und nunmehr stellte es sich 
jeraus, daß man es mit einem von der bayerischen 
Zehörde seit über einem halben Jahre gesuchten 
Menschen zu thun hat, der des Mordverfuchs be- 
chuldigt ist. 
f Heidelberg, 6. Januar. Vor einigen 
Tagen waren die Entwürfe für den historischen 
Fesizug im Altsaale der Karlsruher Kunstschule 
dusgestelli. Sie rühren von den Malern Hoff, 
Z„churth, Borgmann und Kallmorgen her und geben 
n zwoͤlf Hauptabtheilungen, die wiederum in ver- 
chiedene Gruppen zerfallen, eine nach Jahrhun⸗ 
erten fortschreitende Charakterisirung der Geschichte, 
pie sie mit den Schidsalen von Stadt und Uni⸗ 
zersität Heidelberg in Verbindung steht. Jene 
woͤlf Hauptabtheilungen sind folgende: 1) 1888 
uprecht der Erste, Gründung der Universität; 2) 
1460 Kriegszug Friedrichs des Siegreichen; 3) 
560 Oto Heinrich, humanistische Lehranstalt, 
Zauthätigkeit Schloß); 9 1584 Joh. Casimir, 
palatia jucunda, das große Faß; 5) 1613 Fried⸗ 
rich der Funfte, Tinzug seiner Gemahlin Elisabeth 
n Enasand; 6) Böbhmische Gesandtischaft, welche