Full text: St. Ingberter Anzeiger

ou. Ingherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
. Et. Ingberter tAer erscheint ubchentlich funfmalt: Am Doutag, OicSotag, Donnerstag, mstag und Bonntag; 2mal wochentlich mit unterhalung. 
8 Sonntagß mit Dseitiger illustrirter Seilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 AM 60 eiuschließlich Tragerlohn; durch die Pos bezogen 1 78 4, einschließlic 
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d auf welche die Eryedition Audkunft ertheilt, 1I8 , Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrickung wird nur dreimalige berechnet. 
Sonntag, 21. März 1886. 21. Jahrg. 
56. 
SDeutsches Reich. 
Berlin, 18. Marz. Die gestrigen Aeußer⸗ 
agen des Finanzministers werden dahin gedeutet 
a ein neuer Modus der Erhͤhung der Brannt⸗ 
ninsteuer unverzuglich ausgearbeitet wird. In 
m Gedanken. daß eine höhere Besteuerung fich 
mjfiehlt, treffen fast alle Parteien zusammen, 
n auch im Punkte der Bewilligung der Re⸗ 
ung gegenüber nicht allenthalben die gleicht 
jeneigiheit herrscht. Die Erstreckung der Reichs⸗ 
oosession uüher Ostern hinaus, welche offiziös in 
Idsicht gestellt ist, wird besonders mit der Absicht 
a Kegierung. noch in dieser Session ein neue? 
Rannsweinsteuergesetz durchführen, in Verbindung 
n bringen sein. In Frankreich und in der 
-Ahweig ist gegenwärtig eine bedeutende Erhohung 
Alkohol · Besteuerung im Werke. 
Dem Vernehmen nach bestätigt es sich zwar, 
qj Herr Miquel nach Berlin übersiedelt und 
Vverwaltungsamt antritt. Herr v. Scholz be⸗ 
afchtigt aber noch nicht, das Finanzministerium zu 
slaseen, und Herr Miquel soll zum Vorsitzenden 
u Kommission zur Durchführung des Anfiedel⸗ 
megeseßes in Posen und Westpreußen ausersehen 
ein. 
Im Reichssstag wird die zweite Plenarberathung 
Monopol⸗Gesetzes am Dienstag, die det 
zozialisten ⸗ Gesetzes am Donnerstag, 25. d. 
su, sattfinden. Die letztere kann möglicherweise 
henso, wie die Kommissions ⸗Verhandlung, ein für 
den schließlichen Ausgang nichts bedeutendes Er⸗ 
ehniß haben, etwa die Annahme der Windthorst'- 
hen Anträge. 
Die Arbeiterschutzkommisstson nahm 
csern den Kompromißantrag Halben, Hartmann, 
ihe an: 
„Arbeiterinnen, welche ein Hauswesen zu be— 
oxgen haben, dürfen in Fabriken nicht länger als 
Stunden beschäftigt werden. Im Falle beson⸗ 
xtet Bedurftigkeit kann die Orisbehörde für ein⸗ 
eine Arbeiterinnen Ausnahmen gestatten.“ 
Ferner den Antrag Halben: 
Arbeiterinnen, deren Kinder das zwölfte Lebens⸗ 
ist noch nicht vollendet haben, sind zur Arbeit in 
jabriken zugelassen, wenn sie der Ortsbehörde den 
dachweis liefern, daß diese Kinder während der 
—* Mutter unter Aufsicht erwachsener 
ersonen stehen.“ 
Berlin, 19. März. Der Reichstag hot die 
zudersteuervorlage nebst den zu derselben gestellten 
Unträgen abgelehnt. 
Ausland. 
Paris, 18. Marz. Die Deputiertenlammer 
gie die Beratzung der Interpellation über die 
henbahntarife sort. Keller (klerikal) sprach fur 
ie Abwehr der Konkurrenz der Auslander durch 
ie Schaffung eines besonderen, erhöhten Tarifä 
t Eingangszolle; Redner will ferner alle Han⸗ 
nlwertraͤge abgeschafft sehen. Der Regierung solle 
aen sein, im Auslande etwas anzukaufen, die 
nzösischen Bürger sollten nur französische Er⸗ 
rumijsse verbrauchen. Nur unter diesen Beding⸗ 
— loͤnnte die Krisis überwunden werden. Die 
wtuns der Verhandlung wurde auf Samstag 
Heute wurde die Kommission der Deputierten⸗ 
e für die Vorlage betr. das Spionen⸗ 
then gewählt. Sämmtliche Mitglieder find für 
—X 
die Blätter melden, der Kriegsminister beab⸗ 
fichtige durchaus nicht, im Jahre 1886 eine Mo—⸗ 
bilmachungsprobe anzuordnen; solche werde 
jedoch im Jahre 1887 stattfinden. 
Bis jetzt ist der Jahres tag der Volkser⸗ 
hebung vom 18. März ohne irgend eine ernstliche 
Zundgebung von Seiten der Kommunarden vor⸗ 
bergegangen; nirgends wurde die Ruhe und Ord⸗ 
aung gestört. 
FEin Tafellied der Vegetarie! 
In Veipzig hielt der Verein für naturgemäß 
debensweise jüngst sein 11. Stiftungsfest. Bei 
dieser Gelegenheit wurden Tafellieder gesungen, 
welche dafür zeugen, wie genügsam die Vegeiarier nicht 
aur in ihren kulinarischen, sondern auch in ihren 
isthetischen Ansprüchen sind. Einige Verse mogen 
als Probe genügen: 
Vielfach hat das Kneipenleben 
Anlaß schon zu Zank gegeben. 
Da sind wir doch andre Leut', 
Wir verbringen unsre Zeit 
Meistentheils bei Muttern. 
Andre Frauen müh'n und plagen 
Sich für ihrer Männer Magen, 
Qualen sich den ganzen Tag. 
Daß ets recht gut schmecken mag 
Ihren Haustyrannen. 
Unfre Weibchen dahingegen 
Können sich schon besser pflegen, 
Denn ein mäͤßig dicker Brei, 
Etwas Obst und Brod dabei 
Das genügt uns völlig.“ 
fAus Westpreußen. In Böoͤlzig (Kreis 
Schlochau) sind dieser Tage fünf Schulkinder auf 
dem Wege nach der Schule erfroren. 
F (Ein Flüchtling aus Sibirien!) 
In England weilt gegenwärtig ein junger russischer 
Fürst, der, wie die Liverpooler „Post“ erzählt, 
aus Sibirien, wohin er wegen eines politischen 
Vergehens geschickt worden war, entkommen ist. 
Er war früher mit einer Dame am Hofe verlobt 
und durch deren Einfluß wurde er besser behandelt, 
als die übrigen Gefangenen. Unter seinen Privi⸗ 
legien befand fich eine tägliche Ration von Schnaps. 
Er sparte fie auf und als er eines Tages mit 
wei Kosaken auf der Jogd war, machte er sie be⸗ 
rauscht und ritt hierauf von dannen. Er brauchte 
dier Jahre, um nach England zu gelangen. Es ist, 
wie es heißt, ein hoher Preis auf seinen Kopf 
gesetzt. 
ir vie Kedation veranwortlich: F. . Dere . 
Ich habe mir einen gründlichen Katarrh 
sugezogen, hoͤrt man oft und viele Personen find 
zu dieser Jahreszeit mehr oder weniger damit be⸗ 
fallen. Selten jedoch wird einem solchem Katarrh 
die Boöartigkeit zugetraut, welche derselbe bei Ver⸗ 
nachlässigung zeigt und es gibt viele Fälle, wo 
dungenschwindsucht und andere schwere Krankheiten 
dadurch entstanden sind. Als Schutz⸗ und Vor⸗ 
hdeugungsmittel verdient der ächte rheinische Trauben⸗ 
Brust⸗Honig von W. H. Zickenheimer in Mainz 
allen empfohlen zu werden, welche an Beschwerden 
der Athmungsorgane zu leiden haben, da dieser 
angenehme Saft die Eigenschaft besitzt den Schleim 
zu Idien, die Trockenheit und dadurch den Reiz 
jum Husten zu mildern und zu heben, wodurck 
haldige Beseitigung der lästigen Zufälle erzielt wird. 
Agenten und Reisende 
werden für den Verkauf von Caffee, 
Thee und Cigarren an Private gegen 
ein Fixum von 850 Mark? und gute 
XXV 
hamburg. . M. Carl Held. 
GE ien 
* 
Ackorstũck. 
Pfal⸗zisches Schwurgericht. 
1. Session für 1886. 
— Zweibrüden, 17. März. Verhand⸗ 
ung gegen Phil. Gerlinger, 27 Jahre alt, 
Tagner und Backsteinmacher aus Duttweiler, zur 
Zeit in der Strafanstalt zu Kaiserslautern inhaftirt, 
vegen Brandstiftung. Gegen den Angeklagten 
wurde im September v. J. wegen einer vollendeten 
ind zweier versuchter Brandstiftungen vom hiesigen 
Schwurgericht eine Zuchthausstrafe von 6 Jahren 
wsgesprochen, die er gegenwärtig in der Strafan⸗ 
talt Kaiserslautern verbuͤßt. Heute find demselben 
wei weitere Verbrechen der vollendeten und vier 
der versuchten Brandstiftung zur Last gelegt. 
Der Schwurgerichtshof verurtheilte den Ange⸗ 
lagten unter Ausschluß mildernder Umstände wegen 
jorsäßlicher Brendstiftung zu 4, wegen versuchter 
u 2. Jahren Zuchthaus, sprach gegen ihn in Ge— 
mäßheit der 88 74 und 79 R.St.G.B. unter 
dinzurechnung der bereits wegen derselben Ver— 
drechen erlannten 6 Jahre Zuchthaus eine Gesammi— 
trafe von 7 Jahren Zuchthaus und Verlust der 
hzürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von7 
Jahren aus und erkannte auf Zulässigkeit der 
Stellung unter Polizeiaufsicht. Von der Gesammt— 
zrafe wird die bereits verbüßte Strafe in Abrech- 
aung gebracht. 
Sotale und pfalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 20. März. Vom Ver—⸗ 
waltungsgerichtshof in München wurde die Beschwerdt 
des Stadtrathes St. Ingbert gegen den Bescheid 
der unterfränkischen Kreisregierung betreffend die 
deimath des Civilingenieurs Ad. Ruthel resp 
zessen Kinder, zur Zeit in Würzburg kostenfällig 
ibgewiesen, jedoch eine Beschlußgebühr nicht angesetzt 
*St. Ingbert, 20. Maärz. Zur Feier 
zes Geburtstages Sr. Majestät des deutschen Kaisert 
indet heute Abend im Vereinslokale der Harmonit 
eine Reunion statt. 
Bermischtes. 
Vörde, 16. März. Zu dem Brandunglüd 
auf dem Loher⸗Nooken erfährt man nun, daß das 
Feuer, bei dem bekanntlich sechs Menschen ihr 
Leben eingebüßt haben, auf die grobe Fahrlässig— 
keit des Gehilfen zurückzuführen ist. Dieser has 
in dem betreffenden Abend bei der Lampe gear⸗ 
zeitet und diese, da um 9 Uhr kein Licht mehr 
zrennen sollte, in einem hölzernen Schrank gestellt, 
worauf er sich zu einem Nachbar begab. Erst als 
die Anstalisglocke zur Hilfe rief, kehrte er zurüch 
und sah, was er angerichtet hatte. Er ist nun 
natürlich über seinen grenzenlosen Leichtfinn un⸗ 
röstlich und wird sich auch wegen fahrläfsiger 
Brandstiftung vor dem Strafrichter zu verantworten 
daben. 
Aus Sachsen wird geschrieben, daß die 
Elbe von Koͤnigflein bis Vogelsang, kurz vor 
pirna, vollständig zugefroren und mit Wagen pas⸗ 
“e ist, was seit 40 Jahren nicht vorgekommen 
ein soll. 
hdinter der neuen Anlage, zu verpachten 
Näheres bei Frau J. J. Fiack Ww.