Full text: St. Ingberter Anzeiger

sot. Ingherter Amzeiger 
Amtliches Organ des koͤnigl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „Gt · Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlic funfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Tamstag und Sonmtag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungt⸗ 
e Sonniags mit Sseitiger illustrirter Beilatge. Das Blatt koßtet vierteljährlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 4, einschließli 
—4 IIXRXR Die Einruckungsgebühr fstr die 4gespaltene Sarmondzeile oder deren Naum beträgt ». Inseraten aus der Pfalz 10 4, bel außerpfälzischen und solche 
auf welche die Txpedition Aufskunft ertheilt, 18 4, Meclamen 30 A. Bei 4maliger Einrickung wird nur dreimalige berechnet. 
58. 
Finladung zum Abonnement. 
Mit Rücksicht auf den bevorstehenden Quar⸗ 
alswechsel erlauben wir uns, hiermit höf— 
ichst zum 
Abonnement 
uf dieses Blatt einzuladen. Im Freist und 
m Erscheinen des Blattes tritt kein Wechsel 
in. Der „St. Ingberter Anzeiger“ wird 
uuch im neuen Quartale sich angelegen sein 
assen, durch möglichst rasche und objektive 
politische Berichterstattung, durch besondere 
herücksichtigung der lokalen und provinziellen 
Angelegenheiten, durch spannende Erzählungen 
m Unterhaltungsblatte und dem wöchentlich 
inmal beiliegenden Sseitigen illustrirten Sonn⸗ 
agsblatte billigen Anforderungen an ein 
zokalblatt gerecht zu werden. 
Bestelungen auf den „St. Ingb. Anz.“, 
je auswärts von allen Postanstalten und 
ßostbbten und für hier und Schnappach von 
ꝛen Austrägern des Blattes und der unter⸗ 
ertigten Expedition entgegen genommen wer⸗ 
ꝛen, wolle man gefälligst bald bethätigen. 
denjenigen Abonnenten, die das Blatt bisher 
uurch unsere Austräger erhielten, wird das⸗ 
elbe auch im neuen Quartale fortgeliefert 
verden, wenn nicht ausdrücklich vor dem 1. 
April abbestellt wird. 
Ergebenst 
Redaktion und Expedition 
des „SIt. Ingberter Anzeiger“. 
Deutsches 1ich. 
Berliu, 22. März. Durch eine heute ver⸗ 
entlichte kaiserliche Ordres wird die Errichtung 
mer Inspektion des Torpedowesens mit dem 
ztabsquartiere in Kiel, ferner die Formierung einer 
citten aus drei Kompagnien bestehenden Matrosen⸗ 
ütillerieabtheilung und die Erhöhung der Zahl der 
dompagnien bei den Werftdivifionen von vier auf 
ünf angeordnet. 
Auslaud. 
Varis, 20. März. Heute wurde in der De⸗ 
utirtenkammer der neue Budgetentwurf 
ertheilt. In demselben sind die ordentlichen Ein⸗ 
iahmen auf 3,142 687,567 Franken geschätzt, 
vodon 822,064,835 Fr. auf andere Art als durch 
dteuern beigebracht werden sollen. Der Ertrag 
xr Steuern ist auf 2,320,622,782 Fr. veran- 
dlagt, hiervon 441 100 0382 auf diretie Steuern 
ind 1379,3 12,700 Fr. auf indirekte. Die Aus⸗ 
aben sind angesetzt mit 3. 140,8994,820 Fr. und 
war 3015, 474,000 Ir. in ordentlichen und 
68808,200 Fr. im außerordentlichen Buͤdget, das 
nit dem ordenflichen Budget verschmolzen ist; fer⸗ 
ut 1,868.425 Fr. für den Spitaldienst in Alge— 
en, 15,000, 000 Fr. Unterstützung der Kasse für 
hicinalwege. Der Minderbetrag der gesammten 
linnahmen aller Art gegen die Ausgaben beträgt 
602.747 Fr. 
Paris, 20. März. Der Kriegsminister Bou⸗ 
nqer hat endlich die scheußliche ürberliche 
Dienstag, 23. März 1886. 
21. Jahrg. 
Züchtigung abgeschafft, die bei der französi⸗ 
schen Fremdenlegion in Algerien häufig angewandt 
vurde und unter dem Namen „Crapaudin“ be⸗ 
tannt ist. Er sah sich zu diesem Schritte veran⸗ 
aßt, weil im Elsaß viele Klagen laut wurden, daß 
die Söhne der verloren gegangenen Provinzen, 
welche sich dem französischen Kriegsdienste in Algier 
widmen. unmenschlich behandelt wurden. In Zu⸗ 
junft dürfen daher die militärischen Befehlshaber 
leine körperlichen Strafen mehr verhängen; sollten 
die gewöhnlichen Strafen nicht ausreichen, so müssen 
ie an den Kriegsminister berichten und seine Wei⸗ 
ungen einholen. 
Laut Nachrichten aus Athen hat die griechi⸗ 
cche Regierung eine neue Anleihe von 5 Millionen 
ibgeschlossen. 
Pfalzisches Schwurgericht. 
J. Session für 1886. 
Zweibrücken, 19. März, Vormittags halb 
) Uhr. Verhandlung gegen Heinrich Janz, 18 
Jahre alt, Tagner von Falkenstein, wegen Verbrechen 
vider die Sittlichkeit. 
Dem Angeklagten wird ein Verbrechen gemäß 
3177 R.St.eG.B. zur Last gelegt, begangen in 
der Nacht vom 3. auf den 4. Januar 1886 auf 
zffentlicher Straße zwischen Falkenstein und Merz 
sjof. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der 
Deffentlichkeit ftatt. Die Geschworenen sprachen 
den Angeklagten des ihm zur Last gelegten Ver—⸗ 
hrechens mit Ausschluß von mildernden Umständen 
für schuldig, worauf der Gerichtshof denselben mit 
Rücksicht auf die Schwere der That und dessen ge⸗ 
rübtes Vorleben zu einer Zuchthausstrafe von 6 
Jahren verurtheilte und demfelben die bürgerlichen 
Ehrenrechte auf die gleiche Dauer aberkannte. 
Zweibrücken, 19. März, Nachmittags 8 
Uhr. Verhandlung gegen Franz Arnold, 29 
Jahre alt, Postbote von Bruchmühlbach, wegen 
Verbrechens im Amte. 
Der Angeklagte ließ sich im Jahre 1879 in 
Bruchmühlbach als Schlosser nieder und fand im 
folgenden Jahre bei der dortigen Postexpedition 
Verwendung als Hilfspostbote. Im Mai 1882 
fand er Anstellung als Postbote in Reinheim, ließ 
ich jedoch im Februar v. Irs. in gleicher Eigen⸗ 
schaft nach Bruchmühlbach versetzen, wo er einen 
iten Gehalt von 426 Mark und einen auf 401 
Mark gewertheten ihm aus den Zustellungen der 
Postsendungen zufließenden Gebührenantheil beziehen 
jollte. Dem Angeklagten wird nun zur Last ge⸗ 
iegt, er habe in der zweiten Hälfte des vorigen 
Jahres in dem von ihm nach den Dienstvorschriften 
sür Postboten zu führenden Postannahmebuch, in 
velchem die den Landpostboten zur Ablieferung an 
zie Post übergebenen Gelder vorzumerken sind, wie 
nuch in dem Postbestellbuche, in welches die Post⸗ 
inweisungen einzutragen sind und in welchem die 
ẽmpfänger quittiren müssen, theils Einträge zu 
machen unterlassen, theils Quittungen falschlich 
angefertigt und ebenso auf den ihm zur Auszah⸗ 
ung und Bestellung übergebenen Postanweisungen 
elbst die Unterschriften der Empfänger gefälscht 
und die abzuliefernden Gelder unterschlagen. Sechs 
derartige Fuͤlle sind dem Angetlagten zur Last ge⸗ 
legt, welche aber auch zugleich ebensoviele Verbrechen 
der Urkundenfälschung darstellen. Die uuterschla⸗- 
genen Gelder betrugen ca. 440 Mark und wurden 
von dem Angeklagten, nachdem die Sache entdeck! 
vorden war, bis auf ca. 70 Mark wieder zurüch⸗ 
ꝛzahlt. Der Angeklagte, dem die besten Zeugnisse 
sowohl von Seiten des Bürgermeisteramtes Mühl⸗ 
boch als seines Vorgesetzten zur Seite stehen, wird 
As ein braver, nüchterner, fleißiger Mensch geschil⸗ 
dert. der für drei Kinder zu sorgen hatle und 
dessen Frau schon längere Zeit leidend war, auch 
oll er ducch eine frühere Schuld in Bedrängniß 
zekommen sein. Er selbst gibt die ihm zur Last ge⸗ 
egten Handlungen zu und jucht sie nur durch große 
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ung er die falschen Einträge gemacht habe. 
Die Geschworenen bejahten die ihnen zur Be⸗ 
intwortung vorgelegten 25 Fragen und sprachen 
omit den Angeklagten in sechs Fällen des Ver⸗ 
zrechens der Unterschlagung im Amte in idealer 
stonkurrenz mit Urkundenfaͤlschung unter Annahme 
nmildernder Umstände für schuldig. worauf ihn der 
Berichtshof in eine Gesammtgefaängnißstrafe von 18 
Monaten verurtheil te. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 22. Maärz. „Der Früh⸗ 
ling naht mit Brausen“, konnte man gestern, am 
Tage des „Frühlingsanfangs“, mit dem DVichter 
agen, denn während am letzten Tage des Kalen⸗ 
erwinters wahres Frühlingswetter herrschte, hatten 
vir am ersten Frühlingstage stürmisches, abscheu⸗ 
iches Wetter. Heute ist's jedoch wieder schön und 
s werden nun hoffentlich das Frühjahr und der 
nachtommende Sommer ihre Aufgaben ebenso ernst 
gehmen und durchführen, wie es der verflossene 
Winter gethan, so daß wir durch ein gutes geseg⸗ 
ietes Jahr für die ausgestandenen Unbilden dieses 
Winters entschädigt werden! 
*Sit. Ingbert, 23. März. Das gestern 
Abend im Café Seiter zu Ehren des kaiserlichen 
Beburtstages stattgehabte Festesseen war von 
twa 25 Herren besucht. Küche und Keller des 
Herrn Seiter bewährien auch bei dieser Gelegenheit 
hr allbekanntes Rennommee. Nach dem Essen 
ergriff Herr Dr. Bartholomae das Wort. 
Er 5ob in trefflichen Worten die Bedeutung des 
Tages hervor, betonte die Verdienste des greisen 
Monarchen, die fich derselbe um das deutsthe Reich 
owohl als sieggekrönter Held wie als weiser Frie⸗ 
densfürst erworben hat. Er zeigte, wie Alldeutschland 
nit Stolz auf seinen staiser blicke, der von Gott sicht⸗ 
lich begnadet sei, indem er ihn bei bester Gesund⸗ 
jeit zu so hohem Alter geführt habe. Schließlich 
prach Redner den Wunsch aus, daß Gott unseren 
rxhabenen Kaiser noch weiter in seinen gnädigen 
Schutz nehmen möge. auf daß es uns noch öfters 
vergönnt sei, seinen Geburtstag zu feiern. In 
das dreifache Hoch auf S. Maj. den Kaiser, mit 
dem Herr Dr. Bartholomae seine kernige Ansprache 
schloß, stimmte die ganze Versammlung begeistert 
ein. Auch unseres geliebten Königs und Pfalz- 
zraphen Ludwig II. wurde gedacht. Herr Notaͤr 
FTemmer wies auf die Verdienste desseiben um 
die Gründung des neuen deutschen Reiches hin. 
Seine Ausführungen gipfelten in einem dreifachen 
Hoch auf unseren deutschen, allverehrten Bayern⸗ 
önig, das ebenfalls begeisterten Wiederhall bei den 
Anwesenden fand. Nur zu rasch schwanden die 
Stunden, reichlich gewürzt durch den Vortrag gar 
nanchen herrlichen Liedes seitens des Herrn Seiter. 
*St. Ingbert, 23. März. Wie in den 
Borjahren, so war auch zum gestrigen Geburisfeste 
Se. Maj. des deutschen Kaisers in unserer Stadt 
nur spärlich beflaggt. 
* Si. Ingbert, 23 März. Wie wir 
hören. wird morgen, 24. März, die Ziehung 
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