Full text: St. Ingberter Anzeiger

unserer Kirchenbaulotterie definitiv stait 
finden. Als Vertreter des Fabrikrathes sind heute 
die Herren Bürgermeister Heinrisch und Kauf⸗ 
manu L. Grewenig nach München abgereist, 
um der Ziehung beizuwohnen. 
M St. Ingbert, 23. März. Nächsten 
Sonntag, den 28. März, Nachmittags 3 Uhr wird 
die hiesige Bergkapelle unter Leitung ihres 
Kapellmeisters Herrn Engel im großen Bau 
mann'schen Saale ihr erstes öffentliches 
Konzert gegen Entrichtung eines mäßigen Ein— 
tritispreises geben. Das Programm für dasselbe 
ist ein sehr reichhaltiges und gewähltes. Außer 
verschiedenen klassischen Kompositionen von R. 
Wagner, Lachner, Suppé u a., werden auch Unter⸗ 
haltungsstücke, Tänze und Märsche zur Aufführung 
kommen. Da die Kepelle infolge der Geschicklich⸗ 
keit und Energie ihres Herrn Kapellmeisters in dem 
Probekonzert, das sie vor einiger Zeit den Mit— 
gliedern der Knappschaft gab, sich als eine in jeder 
Beziehung gut geschulte bewährte, indem sich die 
vorgetragenen Piecen durch reine Intonation und 
Präzision auszeichneten, so können wir ˖im Voraus 
jedem Musikfreunde einen genußreichen Nachmittaq 
in Aussicht stellen. 
— In der Schöffengerichtssitzung zu Pirma⸗ 
sens wurde am 20. ds. der Zeuge Gotffrt. 
Kalkenbrenner wegen schweren Verdachts, 
falsches Zeugniß abgelegt zu haben, sofort in Un— 
tersuchungshaft genommen. Der Zeuge wurde 
während der Verhandlung, als ihm die Schwere 
seiner Verantwortung zum Bewußtsein kam, wie⸗ 
derholt ohnmächtig. Peinlich wirkte es, als er bei 
der Festnahme bat, ihn heute noch freizulassen, da 
er heute Nachmittag Hochzeit machen wolle. Doch 
konnte leider diesem Verlangen nicht stattgegeben 
werden. In der That wartete Nachmittags der 
Geistliche vergeblich in der Kirche auf das Braut⸗ 
paar. Dies ist eine erschütternde Warnung für 
Leute, die glauben, es mit ihrer Zeugenaussage 
einem Bekannten zuliehe nicht so aenau nehmen zu 
sollen. 
— Landau, 22. März. Gestern Nachmit⸗ 
tag wurde der Soldat Friedrich Günther des 18. 
Regiments, aus Kaiserslautern, beerdigt, dessen Tod 
durch eine an sich unbedeutende Verletzung herbei— 
zeführt worden war. Günther war vor etwa 14 
Tagen mit dem Reinigen von Patronhülsen be⸗ 
schäftigt und schnitt sich dabei mit einer derselben 
in den Finger. Die Wunde war so unbedeutend, 
daß der junge Mann noch einige Tage Dienst 
machte und sich zur Aufnahme in das Lazareth 
erst dann meldete, als die verletzte Stelle nicht 
heilen wollte. Nach viertägigem Aufenthalt im 
Militärlazareth trat in Folge von Blutvergiftnng 
der Tod ein. 
— Speyer, 21. März. Die diesjährige 
Anstellungsprüfung für die prot. Pfarramtskandi⸗ 
daten der Pfaiz wird am Mittwoch, den 12. Mai 
d. J. dahier ihren Anfang nehmen; die Zulassungs⸗ 
gesuche sind daher unter Beifügung der erforder⸗ 
lichen Zeugnisse alsbald bei den einschläägigen De⸗ 
kanaten einzureichen. Als Endtermin für die Ein⸗ 
sendung der Probeprediaten wird der 4. Mai er. 
festgesetzi. 
Vermischtes. 
4Man schreibt der „T. Rosch.“: Der Kaiser 
tritt nun sein 90. Lebensjahr an. „Es ist ein 
prächtiger kleiner Prinz“, schreibt die Gräfin Voß 
am 22. März 1797 in ihren bekannten Erinner⸗ 
ungen, „überall war große, große Freude!“ Die 
Taufe wurde in einem folgenden Sonntag, den 
26. März, gehaltenen Familienrath auf den 8. 
April, einen Montag, festgesetzt und der Prinz er⸗ 
hielt in derselben die Namen Friedrich Wilhelm 
Ludwig, „aber Wilhelm wird er genannt werden“. 
Die beiden ersteren Namen waren und sind üblich 
in der preußischen Königsfamilie; Ludwig wurde 
der Prinz nach seiner Urgroßmutter, der Landgräfin 
Luise von Hessen⸗Darmstadt, genannt, die zur Pflege 
ihrer geliebten Enkelin, der Königin Luise, die sie 
erzogen hatte, aus Neustrelitz herbeigeeilt war, wo 
sie lange darauf, im März 1818, in fast vollen- 
detem 90. Lebensjahre verstarb. 
Bei dem hohen Alter unseres Kaisers ist 
folgende Erinnerung ebenfalls von allgemeinstem 
Interesse. Bei dahin gerichtetem Nachdenken wird 
es nur Wenigen unter uns vergönnt sein, fünf 
Generationen einer Faniilie sich persönlich vergegen⸗ 
wärtigen zu können: also Ururgroßeltern, Urgroßeltern, 
VBroßeltern. Eltern, Kinder. Dem Kaiser ist die höchsi 
seltene Vergünstigung zutheil geworden, auf sieben 
Generationen zurück und vorwärts blicken zu können, 
und diese sieben Generationen umfassen von der 
Geburt der zuletzt zu rechnenden Person bis auf 
die Jetztzeit einen Zeitraum von 168 Jahren. In 
erster Linie ist es die genannte Landgräfin Luise, 
des Kaisers Urgroßmutter, geboren am 16. März 
1728, gestorben am 11. März 1818. Dann 
'olgt sein Großvater, der Herzog und spätere Groß⸗ 
zerzog Karl von Mecklenburg Strelitz (geb. 1741 
gest. 1816). dann die eigenen Eltern, Friedrich 
Bilhelm II. und die Königin Luise. Der Kaiser 
und die Kaiserin Augusta selbst sind die vierte 
Generation, der Kronprinz mit seiner Gemahlin, 
der Prinz Wilhelm mit Gemahlin, und wieder 
deren Kinder treten als 5. 6. und 7. Generation 
nuf. Der Kaiser hat seine Urgroßmutter, die eben 
tarb, als er selbst beinahe sein 21. Lebensjahr er⸗ 
reicht hatte, sehr gut gekannt, und so reicht seine 
»ersönliche Vergegenwärtigung seiner hohen Familie 
dis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts hinein, 
vo eben seine Urgroßmutter geboren wurde. Die 
in der genannten Reihenfolge fehlenden Glieder 
zat der Kaiser nicht gekannt: der Landgraf, sein 
Argroßvater, und die Herzogin von Mecklenburg, 
eine Großmutter (gestorben 1782) starben vor 
einer Geburt. 
Metz, 18. März. Bei der Vergebung der 
Plätze für Buden u. s. w. auf der nächsten Mai⸗ 
nesse ersteigerte der Karousselbesitzer J. Eckert aus 
OIsthofen, bei Worms, die dreiwöchige Konzession 
des ihm nöthigen Raumes für die Summe von 
2905 Mark. 
Dem „P. Lloyd“ zufolge hat sich ein Preß⸗ 
hurger Schuldirektor in Elberfeld mit einer 
»euischen Dame im Wege der Ziviltrauung ehelich 
berbinden lassen. Infolge dessen ist gegen denselben 
»ie Disziplinaruntersuchung eingeleitet worden. 
Die ungarische Gesetzgebung erkennt die Giltigkeit 
der Zivilehe, welche von ungarischen Staatsange⸗ 
hörigen eingegangen ist, nämlich nicht an. Es ilf 
also nach formalem Rechte die Ungiltigkeit der Ehe 
und die Illegitimitat der Kinder ausgesprochen 
worden. Die genannte Zeitung weist mit Recht 
auf das Skandaliöse eines solchen Zustandes hin 
und fordert energisch Abhitfe desselben im Wege 
der Gesetzgebung. 
F Ueber einen Skandal im Hoftheater zu 
Wiesbaden berichtet die „Nass. Volksztg.“: 
Der Zuschauerraum unseres kgl. Hoftheaters war 
neulich der Schauplatz einer unqualifizierbaren und 
zufregenden Szene. Einige Fremde im Parket, 
bon denen man es ihrer sozialen Stellung nach 
am wenigsten hätte erwarten sollen, verübten da⸗ 
zurch einen groben Unfug, daß sie kurz vor Be— 
ginn der Ouvertüre zu „Figaro's Hochzeit“ mit 
leinen 2—3 Centimeter langen, schrillen Metall- 
Bfeifchen zu pfeifen anfingen. Die Polizei, welche 
„on dem Komplot bereits verständigt gewesen, 
chritt mit lobeuswerther Energie sofort ein und 
tellte die Thatsache fest, daß von den drei Herren 
Pfeifern im Sperrsitz der eine ein Oberstlieutenant 
ius Freiburg, der zweite ein Hauptmann aus Col⸗ 
nar (beide nur ganz vorübergehend sich hier auf— 
jaltend), der dritte ein erst seit Kurzem hier woh⸗ 
nender Rentner war, welcher, wie wir hören, kürzlich 
zereits als Kartellträger in einer sonderbaren 
Duellgeschichte zwischen Sänger und Kapellmeister 
ungirt haben soll.“ Das Publikum machte ent⸗ 
chieden Front gegen die Pfeifer und allgemeiner 
ebhafter Beifall erstickte den Tumult. Wie die 
Volksztg. noch erfahren haben will, waren noch 
zine Anzahl gedungene Personen, denen ebenfalls 
leine Metallpfeifchen geliefert worden, auf der 
Hallerie untergebrocht, die auf das aus dem Sperr⸗ 
itz ertönende Signal in den Lärm eiafallen sollten. 
die Gegenwart eines Polizei-Kommissacs und 
nehrerer Schutzleute stiftete hier rasch Ruhe. Es 
gelang dem Kommissar, die Namen von 32 dieser 
sfür Geld gedungenen Leute festzustellen und ihnen 
die von ihren Auftraggebern gelieferten Instrumente 
ibzunehmen. 
rFLohr, 18. März. (Die Werkstatt auf 
dem Eise) Am Montag fertigte der Schäffler⸗ 
meister Wolf in Sendelbach auf dem Eise des 
Mains unter den fröhlichen Klängen der Musik 
mit seinen Gesellen ein Weinfaß von 12 Hektoliter, 
»as in 21/44 Stunden fertig wurde. Zahlreiche 
Zuschauer hatten sich zu dem seltenen Schauspiel ein⸗ 
Jefunden. Im Jahre 1845 fertigte der Vater des 
Wolf am Gertraudtage auf dem gefrorenen Main 
Ueichfalls ein Faß. 
fVonder Pegnitz, 18. März. Do 
Jarte Geschlecht. Bei einer Tanzmusik wand 
des Faschings in Alfeld hat die Tochter des —*8* 
einem Zieglerssohn, der etwas zu zärtlich vn 
mit einem Maßkrug den Schädel eingeschlagen. 
— Der älteste aktive Soldat der deutschen Arme 
S„tabstrompeter Peter Goͤttling vom 6. — 
eger⸗ Regiment in Bayreꝛuthh, ist am 17. n 
Mts. gestorben. 
Vor dem Schöffengerichte eines baherische 
Provinzialstadtchens — so berichtet die Anne 
Abdztg.“ — hatte ein verdächtiger Zeuge ein 
Fid zu leisten. Nachdem er versichert: „Gnedi 
Herr Richter, was i g'ĩagt hab', dös is aa wahr 
hdader drauf schwiar i a Uramenr“, lud ihn * 
Vorsitzende des Gerichts ein, laut und deutlig 
nachzuͤsprechen. Vorsitzender: „Ich schwöre“ 
— Zeuge: „Ich schw.. öre“ — Vors.: „he 
Boti Zeuge: bei Gott“ — Vors.: n 
Allmächtigen“ — Zeuge: „dem All ..wän 
mäch ....“, bei diesem Worte fängt der — 
zu stottern an, seine Augen haften starren Blidh; 
an der gegenüber befindlichen Thüre des Gericht. 
aales, und mit wildem Schrei: „Der Teufe— 
timmt — der Teufel is da — der Teufel hoh 
mi scho“, ftürzt er besinnungslos zu Boden. Wäh 
cend der Zeuge wieder zur Besinnung gehragh 
wird, findet man die Ursache zu seinem seltsame⸗ 
Benehmen. Die Frau des Oberamäsrichters hahle 
in der Vergeßlichkeit dem Schornsteinfeger den 
Auftrag gegeben, im Gerichtssaale das Ofenroh 
zu reinigen, und der ahnungslose Schornsteinfega 
jffnete gerade im Moment der Eidesabnahme die 
Thüre. Wieder zum Bewußtsein gebracht, rief da 
Zeuge flehentlich: „Gnad'n Herr Richter, i nimm 
Ues, was i ausg'sagt hab, wieder zurück; denn 
eg'n S' Herr Richter, es is ja alles Stucd iü 
Stuck von mir dalog'n. 
München. Bei der Prüfung pro 188e 
für den Einjährig-Freiwilligendienst wurden vor 
23 Prüflingen 9 nach dem schriftlichen Examer 
zurückgewiesen; von den 14 zur mündlichen Prüß— 
ung zugelassenen Kandidaten bestanden 11 du 
Examen. 
Berlin, 20. März. Wegen Beleidigune 
—VDD00— 
Förster unter Anklage gestellt und vom Schöffenge 
cicht zu einer Geldstrase von dreißig Mark verurtheib 
vorden. Die angebliche Beleidigung soll in eine 
rom Angeklagten als Vorsitzenden des „Neuen Ver 
iner Thierschutzvereins“ an den Kriegsminister 
gerichteten Eingabe enthalten sein. Herr Dr. Föͤrfer 
zezog sich in seinem Schreiben auf eine Zeitungs⸗ 
noliz, nach welcher die Gewehrprüfungskommisfior 
auf dem Schießplatze bei Spandau bei der X 
der Geschosse alte Pferde, welche zu dem Zwecddor 
Jer chloroformirt würden, als Ziel benütze und au 
zenseiben die Tragkraft der Schußwaffen erprobt 
Fr bat um Abstellung eines derartigen Vorgehens 
da diese Thierquälerei Aergerniß errege und ein un 
heilvolles Beispiel gebe. Die Berufungslamm 
prach im Gegensatz zur ersten Instanz den Ve 
werdeführer den Schutz des 8 193 in vollen 
Umfange zu und sprach ihn dahei frei. 
7 Berlin, 21. März. Am vergangenen 
Mitiwoch wurde ein 835jähriger Mann von du 
Holizei verhaftet, welcher bei einem Tischlermeiste 
eine neu erfundene Bombe wollte anfertigen lassen. 
um dieselbe dem Kaiser bei seinem Geburtslag 
als Gischenk zu überreichen. Das Geschoß foll 
nach Angabe des Bestellers eine Höhe von elwe 
7 Zoll, einen Durchmesser von 3 Zoll haben und 
der Füllungsraum durch kleine Röhren mit der 
Außenwand zu verbinden sein. Füllung, Ver· 
chlußkapsel und Zünder erklärte der Besteller al⸗ 
ein Geheimmiß. Der Tischlermeister machte du 
Holizei don der Vestelung Mittheilung und s 
zelang es, den Besteller, der sich Czyzewski nenn. 
dingfest zu machen. Die ganze Innenseite de 
Wesie des Verhafteten fand sich nach der Angeh 
des „B. T.“ mit Zwanzigmarkstüchken ausgendt 
Man nimmt an, es in diesem Falle mit einen 
Wauhnsinnigen zu thun zu haben. 
pBerlin. Ein theures Heizmaterial. kin 
in der Bergmannstraße wohnhafier Fuhrherr u 
Im 17. der Mis. Abends beim Veriassen sein 
Wohnung seine Werthpapiere im Betrage bon 
16.700 Mk. angedlich zur besseren Sicherheit. n 
den Ofen gesteckt, und am anderen Morgen darar 
ver gessen, dieselben wieder herauszunehmen. 7— 
folgenden Tage, während der Fuhrhert feine 
geschaften nehgegangen war, hente das Dien