Full text: St. Ingberter Anzeiger

seien in den Waffen noch wenig geübt, wie denn 
uͤberhaupt hoͤchstens 10,000 Mann der Grenztrup⸗ 
pen als tüchtige Soldaten anzusehen seien. Die 
griechische Armee besitze sozusagen keine Kavallerie, 
da die drei oder vier Regimenter, welche sie habe, 
nicht geschult seien und keine guten Pferde hätten. Di⸗ 
deiden Armeekorps verfügten über 150 Geschütze. 
Die Transportmittel, obwohl in guter Ordnung, 
seien ungenügend. Volontärs gübe es troß der 
eifrigsten Werbung nur wenige; aus Salonichi 
und Philippopel seien nur etwa 100 Mann einge⸗ 
troffen; die Griechen hofften, die Bevölkerung in 
der Gegend von Kerebin und Janina für sich ge⸗ 
winnen zu können, statt dessen seien dort 15.000 
freiwillige Albanesen vereinigt, die mit den Türken 
kämpfen würden. 
Das Repräsentanlenhaus der Vereinigten Staa⸗ 
ten von Noid⸗Amerika beräth gegenwärtig eine 
Vorlage, welche bezweckt, Auffstände von 
Fisenbahnarbeitern durch Schiedsgerichte 
beizulegen. Obgleich man sich große praktische Er⸗ 
folge von diesem Gesetze nicht verspricht, ist die 
Mehrheit doch der Ansicht, daß man den Versuch 
machen muß; das Gesetz wird daher zweifelsohne 
oom Hause genehmigt werden. — Die Arbeiter der 
Missouͤrie · Pacific· Eisenbahn haben jetzt die Arbeit 
wieder aufgenommen; in St. Louis, wo die „Rit⸗ 
ler der Ardeit“ bis zur Ankunft des Ausschusses 
von New⸗PYork den Ausstand fortsetzen wollen, 
wird dem Äblassen der Güterzüge kein Hinderniß 
mehr in den Weg gelegt. — Aus St. John Neu⸗ 
fundland) wird unterm 1. April gemeldet, ein 
daufen beschäftigungsloser Arbeiter, welche Banner 
rugen, umringten das Parlamentsgebäude und ver⸗ 
langte Arbeit. Einige Arbeiter drangen in den 
Sitzungssaal. und pflanzten ein Banner auf dem 
Tische des Hauses auf. 
Ein in der südamerikanischen Republick Uru⸗ 
gnay ausgebrochener Aufftand ist durch eine 
Schlacht, in welcher die Regierungstruppen unter 
General Tajes fiegten, beendigt worden. Der In⸗ 
surgentenführer General Caltro soll mit allen Offi⸗ 
zieren und 400 Mann gefangen sein. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 6. April. Nach dem Be⸗ 
richte der „Köln. Ztg.“ über die Sitzung des Reichs⸗ 
tags, in welcher das Sozialistengesetz in dritter 
Lefung berathen wurde, hatte es den Anschein, als 
ob Herr Abgeordneter Kraämer, der Vertreter 
unseres Wahlkreises, gegen die Verlänge⸗ 
rung des Sozialistengesetzes gestimmt habe. Das 
ist unrichtig; Herr Krämer hat vielmehr 
für die Verlängerung gestimmt. 
Die siatistische Uebersicht uͤber den Po st a n⸗ 
weisungs⸗Verkehr im Jahre 1885 weist für 
den Oberpostamtsbezirk der Pfalz folgende Zahlen 
auf: Eingezahlt wurden 643,840 Stück mit 
40,174,821.90 Mark, ausbezahlt 562,011 Stüch 
mit 38921,892. 78 Mark. Im Vorjahre wurden 
31,325 Stück mit 1,568,670.058 Mark weniget 
eingezahlt und 16,948 Stück mit 1252. 449. 92 M 
weniger ausgezahlt. 
pirmasens, 5. April. GBesitzwechsel.) 
In der heute Nachmittag im Hotel Breith statt⸗ 
gehabten Versteigerung ging das L. Breith'sche Haus 
um den Preis von M. 41,000 in den Besitz des 
Kaufmanns Herrn Hch. Morhard über. Das den 
S. Gundelwein'schen Erben gehörige Haus neben 
der Gundelwein'schen Wirthschaft wurde von Herrn 
Chr. Gundelwein um M. 11,000 ersteigert. 
— Dem Berichte über die landwirthschafiliche 
Kreis⸗Winterschule in Kaiserslautern ist zu 
entnehmen, daß diese Anstalt im Jahre 1888 /86 
von 28 Zoglingen besucht war, wovon 23 auf den 
ersten, 5 auf den zweiten Curs entfallen. Die 
offentliche Prüfung fand am 31. v. M. statt und 
hatte ein sehr gutes Ergebniß. Wie der Bericht 
mittheilt, ist eine Umgestaltung der Anstalt im 
Werie, damit dieseibe allen berechtigten Ansprüchen 
zu genügen vermag. 
DDeidesheim, 4. April. Es sind kaum 
drei Wochen vergangen, daß der hier sehr beliebt 
gewesene pralische Arzt, Herr Dr. Rieder, unsere 
Siadt verließ. Sein erster Nachfolger verließ uns 
ebenfalls wieder nach kaum zweitägiger Anwesenhei⸗ 
und vernehmen wir zu unserem lebhaften Bedauern, 
baß auch der zweite Nachfolger, Hr. Dr. Aston, 
sich einen anderen Wirkungskreis ausersehen habe 
und durch einen neuen Arzt ersetzt werden soll. 
F Wdeser schnelle Wechsel den Familien, die 
Patienten haben, gerade nicht besonders angenehm 
und wäre es sehr zu wünschen, daß einmal eine 
Aenderung in dem soeben herrschenden Modus ein⸗ 
treten möge. 
— Zn der letzten Sitzung des Stadirathes in 
Speyer machte der Herr Bürgermeistrr Mithei⸗ 
lung von der Erledigung einer zwischen dem Stadt 
rathe und dem k. Rentamte bestehenden Differenz, 
welche auch für weitere Kreise einiges Interesse be⸗ 
mnspruchen darf. Das Rentamt hatte nämlich alle 
die Bauersleute ꝛc., welche der Stadt zu verschiedenen 
Zeiten Fuhren stellen, als „gebührenpflichtig für 
hre Empfaͤnge“ angesehen. während das Bürger 
meisteramt sich der Interessen dieser keineswegs wohl⸗ 
Jabenden Leuie warm annahm und die beanspruchte 
Steuerpflicht derselben in Abrede stellte. Diese 
Angelegeuheit ist sogar bis ans Ministerium ge— 
Jangen, von diesem wurde sie der hiesigen kgl. 
Regierung zur Erledigung überwiesen und diese hat 
endiich enischieden, daß nicht gewerbmäßige 
Fuhrleute — also wie die hier in Rede stehenden 
Dauch mich tgebührenpflichtig für ihre Em— 
pfänge“ seien“. 
— Vom Ludwigsthurm. Nachdem die 
Witterung sich günstig gestaltet, ist man in hiefiger 
Gegend nahezu mit dem Rebschneiden fertig. Die 
Anfangs gehegten Befürchtungen, daß der Frost 
hedeutenden Schaden an den Reben angerichtet 
Jabe, erwiesen sich als fast grundlos. In den 
öheren Lagen ist nicht ein einziges Auge durch die 
Zälte zerstört worden und sind da die Reben schön 
und gesund. In den tieferen Lagen, ja da haben 
wohl einige Augen gelitten, namentlich an Oester⸗ 
reicher⸗ und Traminer⸗Reben, wogegen Riesling 
und Gutedel verschont blieben. Gerade die letzte 
Zälte hat in diesen Lagen manche alte Rebstöcke 
erfrieren lassen, so daß nun Wurzelreben nachgesetzi 
werden müssen. 
Vermischtes. 
Geichsgerichts-Entscheidung.) If 
ine vollig rechisgiltige Wechselverbindlichkeit nach 
Berfall vom Wechselschuldner im Einvernehmen mi' 
»em Gläubiger dadurch anfgehoben, daß der in⸗ 
wischen wegen Blödsinns handlungsunfähig gewor⸗ 
Fene Schuldner einen neuen Wechsel über einen 
zleich hohen Betrag ausstellt und dieser vom Gläu 
diger, welcher den Geisteszustand des Schuldners 
nicht kennt, angenommen wird, so kann nach einem 
Urtheil des Reichtsgerichts, ersten Civilsenats, vom 
5. Dezember 1885, zwar auf Grund dieses neuen, 
m sich ungiltigen Wechsels der Gläubiger keine 
Ansprüche erheben, wohl aber kann er Zahlung 
einer ursprünglichen Wechselforderung nebst sechs 
Prozent Zinsen seit ihrem Verfall beanspruchen, 
inter Abzug der eiwa für die Prolongation an 
hn von dem blödsinnigen Schuldner geleisteten 
xxtrabonifikation. 
4 Ein Freund der „Str. P.“ erzählt nach ⸗ 
dehendes Jagdgeschichtchen: Unter unseren Schnepfen⸗ 
ägern befinden sich einige, welche nicht nur famose 
Zchützen, sondern auch unverwüstliche Skatspieler 
ind und das „Handwerkszeug“ aus der Tasche 
jolen, sobald sie im Jagdwagen sitzen. Neulich 
aber haben vier derselben in beiden Künsten doch 
noch nicht Dagewesenes geleistet. An einem der 
etzten herrlichen Nachmittage fuhr das Vierblättchen 
ustig zum Metzgerthor hinaus auf den Strich und 
‚drosch“ natürlich wieder während des ganzen 
Weges mit einer unglaublichen Zähigkeit Skat. 
Damit waren die Brüder aber noch lange nicht 
—EXXV 
nen, sitzen zu bleiben, den Wagen an einen Plaß 
zu fahren, zu dem man Vertrauen hat, dort weiter 
zu spielen und so die Langschnäbel zu erwarten. 
Auf dem Strich çing es nun ungefähr so: Der 
bierte Mann gibt und paßt auf Schnepfen. „Iß 
s tourner? „Passe“. „Eicheln sticht“. „Der 
zritte Junge liegt“. Der vierte Mann ruft: „tire 
naut“. „Halt, erst geben Sie Ihr As drauf?. 
Bauf, bauf bauf. „Bruno apporte!“ „Kuischer, 
nehmen Sie mal die Schnepfe, sonst wird sie mir 
geklemmt, wenn ich gebe.“ „Sie spielen weiter“. 
„Her mit der blanken Zehne“. „Eicheln mit 
dreien, Schneider. kostet vierzig“. „Sie geben.“ 
„Alles hat gepaßt? Ramsch“. „Eine Karte oder 
ein Stück Holz“. „Eine Jungfer, kostet fünfzehn“. 
Der vierte Mann: „Tire haut!“ Bauf, bauf, 
‚auf, bauf. „Zwei liegen, schön apporte“s. „Ein 
Fulenkopf“. Gespielt wurden noch: zwei schwarze 
Jrands, ein verlorener Null ouvert. ein grünes 
Solo mit sechsen und einmal Roth, Schneider 
geschossen: sieben Schnepfen, darunter zwei Eulen 
coöpfe. „Kinder, ich glaube, wir können aufhoͤren 
es ist nichts mehr“. „Kutscher, Sie fahren naq 
dem Franziskaner“. Ben Akiba, wie wird Dir 
RKemscheid, 2. April. Eine hier am 
Breitenplatz wohnende Frau hat ihren Mann miß 
telst Phosphor vergiftet. Die Giftmörderin, welche 
mit einem anderen Manne ein Verhältniß unter. 
hielt, wurde heute verhaftet. 
FHamm in Westf., 2. April. Die Leser 
werden sich noch des schrecklichen Vorfalles entsinnen 
der sich am Morgen des 22. Dezember v. J. hia 
errignete. Der Händler Muckelmann hatte seinet 
Frau und fünf Kindern den Hals ahgeschnitten 
Seit der Zen ist Muckelmann jm Gefängnisse zu 
Dortmund von drei Aerzten auf seinen Geisieszu— 
stand beobachtet worden. Muckelmann behauptet 
nach wie vor, vollkommen geistig gesund zu sein 
und die That ausgeübt zu haben, um seine Kinder 
und seine Gattin, die er über Alles geliebt habe 
ju Engeln zu machen, damit es denselben —* 
jeinem Tode nicht etwa einmal schlecht gehe. Zeugt 
schon die schreckliche That allein dafür. daß der in 
Wirklichkeit gute Gatte und Vater, dessen pekuniäre 
Verhälimisse nicht so schleaͤt waren, bei der Aus— 
übung derselben von einer fixen Idee geleitet ge 
wesen ist, so hat die ärztliche Beobachtung dies 
besiätigt. Die Aerzte haben jetzt die Ueberführung 
des Muckelmann in die Irrenanstalt angeordnet, 
in der er wohl sein Leben beschließen wird, da eine 
Anklage gegen ihn nicht zu erwarten ist. 
Würzburg, 31. März. Die Schwalben 
haben sich heuer schon am Tage vor Mariä Ver— 
kündigung in großen Schaaren am Maine gezeigt, 
eine seltene Erscheinung, die man nach alten Winzer⸗ 
regeln mit einem kommenden guten Weinjahre in 
Verbindung zu bringen pflegt. Möchte es sich be⸗ 
wahrheiten im Interesse der Produzenten und Kon⸗ 
tumenten! Ein würdiger, alter Herr, der auf dem 
Zdande lebt und seine Beobachtungen anstellt, erzählte 
daß die Schwalben seit dem Jahre 1846 keinen so 
frühen Einzug wie diesmal in unserer Gegend ge⸗ 
halten hätten. 
Augsburg. Auf Schloß Waal erfolgte 
die Verlobung drs Freiherrn Johann Karl von 
und zu Frankenstein, ältesten Sahnes des erften 
Vice⸗Prasidenten des deutschen Reichstages und Pra—⸗ 
sidenten der Reichsraths⸗Kammer, mit der Prinzessin 
Julie v. d. Leyen, Tochter des im Jahre 1882 
derstorbenen Fürsten Erwin v. d. Leyen. 
fMünchen, 2. April. Die Rangliste der 
Benerale und Stabsoffiziere verfaßt nach dem 
gestrigen Stande, weist in der bayerischen Armee 
im Dienststande aus: 1 General ⸗ Feldzeugmeister 
Prinz Luitpold), 10 Generale der Infanterie, und 
abauerie. wobon 2 in der aktiven Armee, 14Ge⸗ 
nerallieutenants, wovon 11 in der akltiven Armee 
— 
harakterisitt, 30 Obersten, 583 Oberstlieutenants, 
vovon 5 charakterisirt, und 139 Majore, wodvon 
7 charakterisirt. Unter den General ⸗Offizieren sind 
ß AÄngehörige des kgl. Hauses, welche kein Kom⸗ 
mando haben, unter den Obersten Einer. In den 
doraufgezäͤhlten Zahlen sind auch alle diejenigen 
Offiziere aufgeführt, welche nicht speziellen Truppen. 
zienst leisten, wie die verschiedenen Referenten, 
Festungs⸗Gouverneure, die Gendarmerie⸗Offiziere x. 
Zwiesel, 29. Maͤrz. Der Glasschleifet 
der Theresienthaler Krystallglasfabrik, Baier, hat 
eine Uhr vollständig aus Glas verfertigt; nur die 
Spiral⸗ und Triebfeder sind aus Stahl; dabei gehi 
die Uhr ganz regelrecht. Sie ist die Frucht einer 
Thätigkeit von mehr als einem Jahr. Baier will 
demnachs eine Reise durch verschiedene Städte machen. 
um sein interessantes Erzeuanis zur —AXX 
auszustellen. 
F'Berhtin, 80. März. Paul Schoͤppe is 
vieder aufgetaucht! Den Berlinern ist der Name 
vohlbekann. Im Jahre 1862 vollführte er als 
Student bei dem Grafen Blankensee, dessen Sekre⸗ 
är er war, in, Markgraf's Hotel“ in der Tauben, 
srahe einen Finbruch, bel dem er 200, o00 Man 
dahl. Als Hehler entpuppte sich sein in Zullicheu 
fungirender Vater, der Pastor Schöppe. Paul 
rhieltJahte Zuchthaus der Alte ein Jaht 
Hefangniß. Beide wanderten nach Ablauf ihrer 
Strafzeit aus und fanden sich im Jahre 1867 in 
Tarlisle (Pennshloamen) wieder. Paul Schdppe 
beging dann in Carlisle den Giftmord an Fraulein 
Sleinicke, durch welchen Jahre hindurch er von 
Thee machle. Flaulein Steinide. deren Arzt