fie die russische Unterrichtssprache zu dekretiren und
das bei anderen russischen Universitäten geltende
Polizei⸗Reglement mit der obligaten Einschnürung
der wissenschaftlichen Forschung in spanische Stiefel
auch in Dorpat einzuführen. Wahrscheinlicher ist
das Letztere. So wird eine reine und echte Pflanz
ftätte des Wissens im russischen Reiche in fanati⸗
jcher Verblendung vernichtet, weil sie — deuisch ist!
Konstantinopel, 8. April. Nachrichten
der „Agence Havas“ aus Sofia zufolge wäre der
Fürsi Alexander von Bulgarien geneigt, sich dem
snternationalen Uebereinkommen zu fügen.
In der griechischen Deputirtenkammer muß
in diesen Tagen die endgiltige Entscheidung über
Krieg und Frieden fallen. Diese hängt davon ab,
ob der Opposition unter Trikupis der am Sonn⸗
abend begonnene Versuch zum Sturze des Ministe-
riums Delyannis gelingt oder nicht.. Am Sonn⸗
abend legte der Ministerpräfident Delyannis drei
Gesetzentwürfe vor betreffend den Abschluß einer
Anleihe von 25 Mill. Drachmen, sowie über Ver⸗
mehrung der Kadres der Land- und Seestreitkräfte.
Der Abg. Trikupis erklärte, er sei überrascht, daß
der Ministerpräsident der Kammer keine Mittheilung
über die Politik mache, welche die Regierung gegen⸗
märtig verfolge und in Zukunft zu verfolgen ge⸗
denke. Er sehe dies als eine Frage an, welche
für den Forlbestand des Kabinets entscheidend sein
müsse. Trikupis bezeichnet die bisherige Politik
des Ministeriums als durchaus unzureichend, um
den nationalen Bestrebungen gerecht zu werden.
Der Ministerpräsident Delhannis klagte in seiner
Erwiderung das frühere Kabinet an, die gegen⸗
märtige kritische Finanzlage verschuldet zu haben.
Ueber die Ursache zu der gestern gemeldeten
Beschießung und Zerstörung der Stadt
Binm bia durch das deuische Kanonenboot „Cyclop“
liegen zwar heute noch keine näheren Mittheilungen
vor, doch wird angenommen, daß die Hezzereien
dort ansässiger Engländer den Anstoß dazu gegeben
haben. Unter dem gemeinsamen Namen Bimbia
versteht man drei verschiedene, nicht weit ausein⸗
ander gelegene Ortschaften: König Wilhelmsdorf.
Decullusdorf und Moneydorf oder Money Bimbia
Wilhelmsdorf und Moneydorf sind die größten, da
sie 40 — 50 Hütten zählen. Die Bewohner von
Wilhelmsdorf waren von vornherein deutschfreund⸗
lich, während in Moneydorf der von Johnsohn
genährte englische Einfluß noch immer ziemlich starl
ist. Bimbia ist ans deutsche Reich gekommen und
es scheint, daß der englische Einfluß — wohlgemerkt,
nicht der amtliche, sondern der auf Privawortheil
ausgehende — von im Kamerungebiet lebenden
Engländern auch nach der Anerkennung der deut⸗
schen Schutzherrschaft durch England weiter thätig
geblieben ist und die bethörten Bewohner von
Moneydorf zur Empörung verleitet hat. Die Strafe
dafür war die Zerstörung des Dorfes, dessen Be⸗
wohner wahrscheinlich, als die Besatzung des
Chclop“ Ernst machte. das Weite gesucht haben
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 9. April. Wie wir hoͤren
wird durch Herrn Reltor Lurenburger aus
Zweibrücken am Sonntag Nachmittag in der hie⸗
sigen gewerblichen Fortbildungs—
schule die ordentlich Jabhresprüfunq
abgehalten.
] Schnappach, 8. April. Am verflos
senen Dienstage wurde in der Grube Altenwald
ein Pferdejunge von einem Pferde so unglücklich
auf die Brust geschlagen, daß derselbe in das
Spital nach Sulzbach verbracht werden mußte.
[*] Schnappach, 7. April. Vor einigen
Tagen verunglückte in der St. Ingberter Grube
der Bergmann Joh. Schley von Schnappach,
indem er bei einem Durchhieb auf einen Felsen
fiel und infolge dieses Falles eine der kurzen
Rippen brach.
— Bezüuͤglich der diesjährigen Uebungen der
Mannschaften des Beurlaubtenstandes sind Bestimm⸗
ungen dahin getroffen, daß aus der Reserve und
Landwehr bei der Infanterie und den Jägern 7330,
bei der Feld⸗Artillerie 900, bei der Fußartillerie
850, bei den Pionieren und der Eisenbahnkom⸗
pagnie 600, beim Train 120 Mann einzuziehen
find. Die Dauer der Uebungen beträgt 12, bei
den Chargen 18 Tage, kann jedoch für Reservisten
auf 20 Tage ausgedehnt werden, sofern es im
Interesse der Ausbildung gelegen ist. Die einzu⸗
ziehenden Mannschaften sind wenn thunlich in
Zompagnien zusammenzustellen. Die Zeit der
Uebungen wird noch näher bestimmt, doch haben
dieselben innerhalb der Monate April, Mai und
Juni stattzufinden. Außer den erwähnten Mann⸗
schaften werden Offiziere des Beurlaudtenstandes,
Aerzte und Sanitätssoldaten, die ersteren nach
Maßgabe der verfügbaren Mittel eingezogen.
— Der Vorstand des Verbandes de utscher
Reichsfechtschulen in Landau erläßt folgende
Bekanntmachung: „Um einerseits den in unser
Wirken als Fechter noch wenig Eingeweihlen zu
zeigen, daß die Reichsfechtschule neben ihrem realen
auch nationalen Werth hat, sowie andererseits den
die deutsche Fechtsache schädigenden Bestrebungen
der offenen, bekannten, sowie der im Geheimen
vühlenden Gegner einen wirksam-— Damm ent—
zegen zu setzen, beabsichtigt der Verband Landau,
nöglichst in Verbindung mit jämmtiichen zur
Reichsfechtschule gehörigen Verbänden und Fecht.
chulen der Pfalz, auf den Ruinen der Kaiservestt
Trifels am Pfingstsonntag ein allgemeines deutsches
Fechtschulfest zu feien. Wir sprechen hierbei die
Zoffnung aus, besonders von unseren Berbänden
in Baden, Elsaß, Hessen und Rheinpreußen that—
krüftige Unterstützung durch zahlreiche Betheiligung
rwarten zu dürfen, und lassen deshalb sämmtliche
uins bekannten Verbände und Fechtschulen Einzel⸗
rinladungen ergehen. Dicjenigen Reichsfechtschul—
Bereinigungen, welche unbekannt sind, sowie jeden
vackeren Reichslechter, der von fernher zu unserem
Feste herbeieilen will, laden wir auf diesem Wege
reundlichst ein. Bei entsprechend zahlreicher Be—
heiligung dürfte die Direktion der Pfälzischen
Bahnen in gewohntem Entgegenkommen den Besuch
zurch Einschiebung von Crtrazügen zu erleichtern
Willens sein. Auf der Ruine selbst besteht eine
nusgezeichnete Gastwirthschaft unseres unermüdlichen
Fechtmeisters Herrn Seiter; auch in Annweiler
zefinden sich vorzügliche Gasthöfe. Die Namen
der der deutschen Fechtsache angehörenden Gastwirthe
werden wir den theilnehmenden Verbänden bekannt
geben. Möge unser Bestreben, für unsere deutsche
Fechtsache Boden zu gewinnen, durch dieses Fesi
don Erfolg gekrönt werden.“
-2In Neustadt scheint der Karneval einen
zitteren Nachgeschmack zn haben. Wie nämlich die
„N. Z.“ berichtet, kam es in der dieser Tage statt⸗
zehabten Generalversammlung zu unerquicklichen
Auseinandersetzungen bei der Rechnungsablage,
nfolge deren der Gesammivorstand die auf ihn ge—⸗
allene Wiederwahl ablehnte.
— Neustadt, 6. April. Die heute dahier im
Saalbau abgehaltene Weinversteigerung des Herrn
dederle-Catoir hat ein glänzendes Resultat geliefert
ind bezüglich der Weine von hier und in unserer
rächsten Umgegend sich sehr vortheilhaft ausgezeichnet.
Die zahlreichen Weine haben einen allgemeinen Bei⸗
'all und durch nachträgliche Verkäufe einen vollstän⸗
»igen Absatz gefunden. Vei starkem Besuch und
lottem Verkaufe sind Preise erzielt worden, welche
die mittlere Höhe überschritten haben. Es kosteten
dro 1000 Liter: 1883er Diedesfelder 400, Muß.
z»acher 420 Gimmeldinger 485, 475, Hambacher
Neustadterweg und Kaiserstuhl 520, Ricßling 575
Neustadter Rießling 610, 645, Dürkheimer 600,
330, Königsbacher 620, 654, 800, Wachenheimer
735, 775, Deidesheimer 760, Ungsteiner 885, 895
Mark. 1884er St. Martiner 330, Alsterweiler
360, Diedesfelder 365, 380. 405, Hambacher 480
Rießling 780, 790, Traminer 720, Feuer 805
Zaiserstuhl 880 Hoörst 900, Neustadterweg Auslese
1085 und 1160, Herxheimer 655, Deidesheimer
300, Neustadter Guckinsland 840, Naulott und
Guteuthaus 830, Böhl und Hambacher Gewürz
traminer, wohl die Krone des Kellers, 1260 Mk
Von Rothweinen wurde ein Eschbacher zu 759 M.
zugeschlagen.
— Deidesheim, 5. April. Schon seit
59 Jahren stehen sich die Gemeinden Deidesheim
und Lindenberg in einem Waldprozesse einander
gegenüber und immer noch nicht konnte derselbe in
diesem langen Zeitraum endgültig entschieden werden
Jetzt scheint man der Sache etwas näher getreter
zu sein, denn abermals hat das Landgericht Zwei
brücken vor ungefähr 14 Tagen mehrere Experten
don hier und Lindenberg über fraglichen Strei⸗
vpernommen und die Fällung des Urtheils bis Mai
dieses Jahres verschoben. Die Gemeinde Linden⸗
berg hat nümlich das Recht, im Deidesheimer Walde
den nöthigen Streubedarf zu holen, der aber mit
der Zeit durch Vergrößerung der Gemeinde Linden⸗
hberg, die früher nur aus einigen Häusern bestand,
erart groß ist. daß die Stadt Deidesseim sich
gegen die gar zu starke Ausnützung ihres Walde⸗
erhob und, noch andere hier nicht näher zu r
rührende Punkte mit hereinziehend, gegen d q
meinde Lindenberg Klage anstrengte. doffint
vird befagter Prozeß endlich einmal zum Anen
sommen, was im Interesse beider betheiligten 9
meinden sehr zu wünschen wäre. Pf. 9
— Die Kirchenlollekte für die Diakonise
anstalt in Speher wird in den protest. —
der Pfalz wie alljährlich am Charfreitag —*
mit Ausnahme derjenigen Gemeinden, in welche
an diesem Tage Abendmahlsfeier stattfindet. Fiu
jolche Gemeinden ist der zweite Osterfeiertag oder
der Sonntag nach Ostern bestimmt. Durch di
mmer größeren an die Diakonissenanstalt gestellic
Anforderungen und die sich dadurch steigernde
Ausgaben ist die Anstalt auf eine erhöhte Betho
igung des Wohlthätigkeitssinnes angewiesen, wa.
chex hoffentlich dei der beborstetzenden Kollekte einen
recht lebhaften Ausdruck finden wird.
Ueber die Annalt ist folgendes hervorzuheben.
Die Zahl der Schwestern ist 86. Davon sind au
13 Außenstationen 36 verwendet, nämlich, nämlig
in Kaiserslautern, Zweibrücken und Pirmasens
5, in St. Ingbert und St Johann a. d. Sact
e 3, in Landau, Friesenheim, Oggersheim, Fram—
enthal. Dürkheim. Kreuznach, Birkenfeld je Tund
n Schnappach 1; in der Gem inde Speyer sinm
5 Schwestern thätig; im Viktoriastifte zu Kreumadh
waren während der Curzeit 8 Schwestern verwendetn
mithin zusammen an festen Posten 49; die ührigen
ind in der Anstalt selbst zur Führung dersellen
ind zur Unterweisung in dem Berufe untergebracht.
steu üdernommen sind das städtische Spital in
Dürkheim und die Distriktsspitäler zu Kirchheim
polanden und Göllheim, so daß jetzt 5 Schwestern
außerhalb des Mutterhauses stationirt werden. —
Die Zahl der Schwestern hat sich gemehrt, abet
nicht in dem Maße, als sich die Anforderungen
mehren, die an die Anfstalt gestellt werden. Der
Rechnungsabschluß für 1884 beziffert eine ordentlich
Einnahme von 26,395 Mẽ. und eine ordenkliche
Ausgabe von 21,183 Mk. Dieser Mehreinnahme
von 5262 Mk. steht gegenüber eine Schuld an den
Retscherverein von 5000 Mk., ferner 12,500 Mt
an Gehaltsverzichtleistung des Hausgeistlichen, 3400
Mark an die Peterle-Stiftung. Die Kirchenkollekt⸗
im Jahre 1885 ertrug 3180 Mark.
— Ludwigshafen a. Rh., 7. April. Die
Direktion der Pfälzischen Eisenbahnen erläht an
hre Dienstesstellen die Mittheilung, daß am 1J. Apri
ab im Verkehre mit den Preußischen Staatsbahnen
der Oldenburgischen Staatsbahn, den Braunschwei
gischen Eisenbahnen, der Hessischen Ludwigsbahn
den Eisenbahnen in Elfaß Lothringen, den konigl.
Bayerischen, königl. Württembergischen und Großh.
Badischen Staatseisenbahnen telegraphische Voraus-
zestellung von Fahrbilletten sowie Gepäckscheinen
tattfinden kann. Für jede Bestellung von Billeten und
gepäckscheinen hat der Reisende eine besondere Gebühr
don 50 Pf. und wenn bei erforderlicher zweimaliger
Umexpedition beide Bestellungen durch die ursprüng
iche Abgangsstation vermittelt werden, die doppell
Bebühr zu entrichten. wogegen für die betreffen
den Telegramme nichts zu vergüten ist. (K.)
—
WVermischtes.
WMAusfuhr deutscher Fabrikate.
Als ein Beweis, wie auch im fernen Auslande die
kErzeugnisse deutscher Wissenschaft und Kunst zu
immmer höherer Geltung kommen, kann wohl die
Thatsache dienen, daß am Samstag in Koblenz
ine bedeutende Sendung von Modellmaschinen
Miniatur Zahnradbahnen, Hebewerken ꝛc. sowie
jon eleganten Zimmerfontänen mit kleinen Heiß—
uftmotoren, nach Nordamerika bestimmt, hier zur
Schiffsverladung kam. Alle diese Sachen sind für
amerikanische Lehranstalten bestellt und stammten
aus der mechanischen Fabrik und Fontänenwerbstätt⸗
von H. Raab in Zeitz. Daß eine derartige Aus
fuhr lechnischer Werke bereits stattfindet. ist ieden⸗
falls bemerkenswerth.
FWorms, 6. April. Gestern Abend nad
11 Uhr wurde von dem hiesigen Rangirpersona
die Meldung gemacht, daß unterhalb der Neuhäuser
Chaussee auf dem Schienengeleise ein Soldat liege.
welcher überfahren worden sei. Allem Anscheine
aach hat derselbe den Tod freiwillig gesucht. Derselbe
lag in seiner ganzen Länge, gespalten von den
Raͤdern der Maschine, im Geleise, mit den über
fahrenen Handen noch an der Schiene haltend
Derselbe shheint von dem Schnellzug, welcher 1!