häufig mit Gewißheit verlorene Posten, zur An-
mahnung zu bringen, dann aber dem Verein den
Mißerfolg in die Schuhe schiebt oder sich gar von
ihm abwendet.
Viel rationeller ist es, auf Ginhaltung der
Fristen bedacht zu sein und regelmäßig die säumigen
Schuldner anmahnen zu lassen; man erhält dann
frühzeitiger die baaren Mittel in die Hand, die
man beim Ginkauf vielfach mit großem Nuzßen
verwerthen kann, und entgeht dem grohen Risiko
das erfahrungsgemäß gerade mit dem langfristigen
Pumpshstem verbunden ist.
Für den Fabrikanten und Grossisten möchten
wir insbesondere auf die Unterstützung aufmerksam
machen, die ihnen unser Mahnverfahren in dem
Falle gewährt, wenn sie zum Einklagen von For⸗
derungen genöthigt fsind. Derartige Schuldner
wissen in der Regel genau, wie unser Civbilprojeß
verfahren systematisch sie vor ihren Gläubigern
—X
resten ꝛc. schützt, und nützen diese Vortheile weidlich
aus. In solchen Fällen wirkt erfahrungs
gemaß die Unterstüßung der Ladung durch eine
Vereinsmahnung in geradezu erstaunlicher Weise,
da gerade im Großgeschäft eine derartige quasi
Publikation der „langsamen Regullirungsweise“
von vernichtender Wirkung auf den Credit der
Betreffenden ißt.
Sokale und pfälzische Nachrichten.
— Aus der Pfalz. Durch das konigl.
Staatsministerium der Finanzen wurde mit der
Wirksamkeit vom 1. Januar 1886 eine Verfügung
betreffend „die Benützung von Grünmalzquetsch-
maschinen, dann von Futterschrot⸗ und Hausmühlen
ohne Kontrollapparat“ bekannt gegeben. Aus der⸗
selben entnehmen wir, daß das Halten und Benützen
von Quetschmaschinen zur Bearbeitung von Gruͤn⸗
malz, dann von Futterschrot⸗ und Hausmühlen
ohne Kontrollapparat von besonderer, widerruflicher
Erlaubniß abhängig und diese Erlaubniß hinsichtlich
der Quetschmaschinen nur nach Maßgabe der Be—
stimmungen über den Branntweinaufschlag und be⸗
züglich der Futterschroäte und Hausmühlen ohne
Kontrollapparat nur jenen Personen versagt wird,
die ein malzaufschlagpflichtiges Geschäft in eineir
Entfernung bis zu 5 Kilometer vom Aufstellungs⸗
orte der Mühle bdetreiben. Der Besizß einer solchen
Maschine oder Mühle ist innerhalb 8 Tagen bei
der Aufschlag⸗Einnehmerei des Bezirks mündlich
oder schriftlich anzuzeigen, um vor Benützung durch
den zuständigen Aufschlagseinnehmer oder Steuer⸗
aufseher besichtigt werden zu können, wie überhaupt
diese Maschinen und Mühlen der Ueberwachung des
Aufschlagkontrollpersonals uuterstellt find.
— Kaiserslautern, 11. Janunar. Die
Einweihung des Prachttempels der israelitischen
Kultusgemeinde dahier soll bis Freitag den 26.
und resp. Samstag den 27. Februar stattfinden.
— Kaiserslautern, 9. Janunr. Die
kürzlich vom hiefigen Verbande der Pfälz. Kreis«
Fechtschule veranstaltete Weihnachtsfeier ergab
als Reingewinn Mk. 405.98. Dieses schöne Re⸗
sultat beweist, daß die Idee eines pfälz. Kreis
Waisenhauses auch hier festen Boden gefaßt hat
— Winzingen, 1I. Januar. Gestern Abend
flel Herr Schreinermeister R. Schmitt in der Nahe
der Mallrich'schen Muͤhle in den Speyerbach und
ertrank. Der Verunglückte war ein braver, allseits
beliebter Bürger. Nun das Unglück geschehen,
wird die Gemeinde wohl ein Geländer an dieser
gefährlichen Stelle anbringen. N. B.⸗8.)
— Dannenfels, 10. Januar. Unser im
Winter ganz stilles Dorf ist eben seit verflossenem
Donnerstag recht belebt. Eine etwa aus 40 Koͤpfen
bestehende Zigeunerbande aus der Provinz Sachsen,
Königreichs Preußen, hat sich freiwillig hierorts ein
Massenquartier gewählt. Bei ihrem Abzuge wird
die Gesellschaft, wenn ihr das Glück nicht noch
weiter günstig ist, um 2 Köpfe zahlreicher sein, als
bei deren Eintreffen; denn seit Freitag wurden
ihnen zwei Jungen geboren, die, nachdem die be⸗
treffenden Standesaklen errichtet waren, auch heute
durch Herrn Pfarrverweser dahier getauft wurden.
— Neusftadt, 9. Januar. Die Arbeiten
für die Erbauung igzes neuen (Hetzel'schen) Spi⸗
tals im Betrage von fast 240,000 Mt. sind bereits
zur Submission ausgeschrieben, so daß der Rohbau
jedenfalls noch in diesem Jahre vollendet sein wird.
— Ludwigshafen. Mit Beginn des
nächsten Schuljahres müssen hier 8 neue Lehrer⸗
stellen (4 prot. und 4 kath.) errichtet werden.
— Frankenthal, 7. Januar. Die Stelle
rines Hausarztes der Kreis⸗Armen und Kranken⸗
Unstalt dahier mit einer Jahresremuneration von
3000 Mark ist erledigt. Eiwaige Gesuche sind bis
zum 25. Januar nächsthin bei der kgl. Regierung
der Pfalz, Kammer des Inneren, einzureichen.
wermischtes.
Mühlhauseni. 6G. Eine fast unglaub⸗
lich klingende, trotzdem aber wahre, ebenso eigen—
hümliche wie drollige Scene spielte sich hier in der
Neujahrsnacht in einem Privathause ab. Zwei
däuser, äußerlich und innerlich gleich, auch mit
den gleichen Schlössern versehen und demselben
Figenthümer gehörig, stehen hier in einer Haupt-
traße nebeneinander. In dem 1. oder 2. Stod
dieses Hauses saß noch spät oder früh die Haus⸗
rau beim Schein einer Lampe und harrte der
deimkunft ihres Gatten. Endlich knirschte ein
Ichlüssel in der Vorplatzthür, mit schweren Schritten
rat Jemand ein und begab sich direkt in das
cchlafgemach. Einige Minuten wartete die Frau
noch, doch als ihr Gatte sich gar nicht blicken ließ,
ging auch sie, das Licht in der Hand tragend, in
das Schlafgemach. Man denke ihren Schreck, als
ie nicht ihren Gatten, sondern den biederen Haus-
aachbar im Bett erblickte....! Die Geschichte
gzeht hier von Mund zu Mund und gibt viel Stoff
zum Lachen. Man findet es ganz naiturlich, daß
der stark Angeheiterte sich in Dunkel der Nacht
'n der Hausthür irren konnte, gibt aber dem Haus-
igenthümer den Rath, doch wenigstens verschiedene
Schloͤsser an seine Häuser zu machen, damit ähn-
liche Irrungen in Zukunft nicht mehr vorkommen
noͤgen.
F Roden, 7. Januar. Gestern Ubend nach
10 Uhr wurde der Maurermeister W. Winter von
sier an der Rodener Schanze von 4 Etrolchen miit
den Worten: „Jetzt Dein Geld her“, angehalten.
Binter, im Glauben, man wolle sich einen Scherz
nit ihm erlauben, antwortete, man soll, einen armen
Steinmetzen, dessen Verdienst jetzt gering sei, nur
weitergehen lassen. Darauf faßten ihn die Kerle
an, einer fuhr ihm in die Tasche und entnahm
derselben ein Portemonnaie mit 5 Mk., während
ein anderer der Strolche Winter einen Revolver
‚orhielt. Dann ließen sie ihn gehen und bemerk⸗
ten noch, daß, wenn er nicht schweige, man ihm
noch eins an den Kopf geben werde.
fF Aachen, 9. Januar. Die Spinnerei
don Kayser und Biesing ist gestern Abend abtge—
zrannt. 100 Arbeiter wurden brodlos. Wahr⸗
cheinlich sind 8 Personen verunglückt, vielleicht
aber noch mehr. 6 Leichen sind heute unter den
Trümmern sichtbar geworden.
F Mülheim, 9. Januar. In einem benach-
harten Dorfe schlachtete ein Landmann zu den Feier⸗
agen eine Kuh. Ein Fellhändler kam dahin und
aufte die Haut derselben, „Das war ein treues
Thier“, metnte die Hausfrau, und genau auf den
Tag so alt, wie unser Hermännche.“ „Wie alt ist
seun Euer Hermännche?“ fragte der Händler.
Zweiundzwanzig Jahr? lautete die Antwort. Der
Mann rieth, beim Braten die Feuerung nicht zu
paren und ging seines Weges.
f Koln, 9. Jan. Hinsichtlich der Freilegung
des Domes ist wieder ein neues Projekt aufgetaucht,
nämlich eine Avenue zu schaffen an der Westseite,
eine breite Straße, wo jeßt die Burgmauer ist, in
der Axe des Domes in gerader Linie vom Apellhos
dis zum Dom. Es würde die Westseite des Domes
mit dessen beiden Riesenthürmen einen gar herrlichen
Anblick gewähren. Die Verhandlungen darüber sind
m vollen Gange. Ob der Ertrag der Dombau—
Lotterien dazu ausreicht, außer dieser Freilegung
auch die an der Südseite zu bewerkstelligen, stehf
dahin.
Mainz, 7. Januar. Ein hiesiger Bäcker-
meister, der seine Butter von einem Bauern aus
der Umgegend in Klumpen a 4 Pfd. bezog, fand
teulich bei'm Nachwiegen, daß die Butter zu leicht
jei. Als er den Bauer darüber zur Rede stellte,
'am er an den Unrechten, denn dieser war schlag⸗
sertig mit der Antwort zur Hand: Ich habi
redlich gewogen, und es hat auch ganz genau ge—
timmt, ich habe zwar keine Gewichtsteine benußzt,
zielmehr statt deren Euer Brod genommen, das
ndeß ja auch genau 4 Pfund wiegen muß. Wenn
neine Butter also zu leicht ist, dann lie gt's in
kuerem Brod, das nicht schwer genug ist!“ Der
Zauer lachte, der Väcker aber schwieg.
*Ludwigsburs, 7. Januar. Lieutenant
o. Schlutterbach beim Trainbataillon, au
welchen in der Nacht vom 11./12. Dezember
J. sein Kamerad, der inzwischen fahnenfluͤchtig ge.
wordene Lieutenant Kaufmann einen Mordansab
machte, ist inzwischen im Garnisonslazare th sowei
jergestellt worden, daß er lezten Sonntag ohn—
Btock sein Zimmer in der Trainkaserne wieder auf.
suchen konnte. Die Kugel, welche den einen Lungen,
llügel streifte, konnte indessen noch nicht aufge.
funden werden. Von Kaufmann, velcher stecbrief.
ich verfolgt ist, hat man keine Spur; sein letztet
Schreiben war von Nu—rnberg aus an das Bataillon
zerichtet. Man vermuthet, er sei nach Serbien
oder in eine unserer neuen Kolonien.
—7Chemunizt, 9. Januar. Die Spinnerei
Früher Holzschleiferei) in Falkenau bei Flsha if
in der vorigen Nacht abgebrannt. Besitzzer derselben
ist Herr Georg Liebermann in Berlin.
F Das ‚Würzburger Journal“ schreib
eine neue Anfechtung in Sicht. Zur Feier des
100jährigen Geburtstages Königs Ludwig J. von
Bayern hat sich unter dem Vorsitzze des 1. Bürger
meisters Dr. v. Erhardt in München ein Komitee
zebildet, welches ein äußerst kostspieliges Festprs
zramm entwarf und zur Deckung der Kosten u. A
die bayerischen Städte „interessieren“, d. h. kon—
ribuieren will. Weit, weit vor allen zu „inter⸗
essierenden“ bayerischen Städten hat München Ur-
sache, dem König Ludwig J. dankbar zu sein.
NRicht nur die Städte, sondern die Steuerkraft der
zesammten übrigen Bayernlandes wurde seiner Zeil
zon Ludwig J. dafür „interessiert“, um München
jroß zu machen. Das Land hat seinen Zehent zu
Zentenarfeier des Königs Ludwig in Muͤnchen in
überreichlichem Maße bereits entrichtet. Möge man
es mit weiteren, Interessierungen“ gütigst verschonen
— wenn man nicht vorzieht, eine Partie Körbe sich
zu holen.
Daß die Vielweiberei im christlichen
Deutschland einmal nicht nur gesetzlich erlaubt war
ondern sogar von der Obrigkeit gewünscht wurdt
st gewiß Wenigen bekannt. Es geschah dies kurz
nach dem Westphälischen Frieden, nach dem der
entsetzliche dreißigjährige Krieg Deutschland verarmt
ind entvölkert hatte. Gewerbe und Dandwerk lagen
darnieder aus Mangel an Menschen. Man konnie
neilenweit reisen, ohne auf den niedergebraunten
Ortschaften eine menschliche Scele anzutreffen, und
so war der Beschluß, welchen der Fränkische Kreis⸗
ag zu Nurnberg am 14. Februar 1650 faßte und
eröffentlichte, zwar seltsam, aber begreiflich. Dieser
nerkwürdige Beschluß, der die Bigamie janktionirte,
autet nach den Akten wörtlich: „Es soll hinfüro
edem Mannßpersonen 2 Weyber zu heyrathen er-
aubt sein; dabei doch alle und Jede Mannßperson
ernstlich erinnert, auch auf den Kanzeln öfters er⸗
nanth werden sollen, Sich dergeftalten hierinnen zu
derhalten und vorzusehen, daß er sich völig und
Jebürender Discretion und versorg befleißige, damit
Er als ein Ehrlicher Mann, der ihm 2 Weyber zu
nemmen getraut, beede Ehefrauen nicht allein noth⸗
wendig versorge, sondern auch under Ihnen allen
Unwillen verhüette.“ Wie lange dieser kuriost
Beschluß gesezliche Kraft hatte, ist leider nicht meb⸗
zu ermitteln.
F Gegen das Kneipen der Dienstboten
Aus Anlaß der Klagen darüber, daß in manchen
Landestheilen Bayerns die Dienstboten däufig nich
nur an Sonn⸗ und Feiertagen unter Vernachlässig⸗
ing der ihnen obliegenden Geschäfte, sondern auch
an Werktagen zur Arbeitszeit sich in Wirthshäusern
sjerumtreiben, erging vom Staatsminifsterium des
Junern der Auftrag, die Polizeiorgane auf die Be⸗
timmungen in Art. 106 Ziff. 5 und 6 des P.⸗
St.“G.-B. besonders aufmertsjam zu machen und
dieselben zur pflichtmäßigen Anzeigeerstattung über
Zuwiderhandlungen beziehungsweise zur dienstbereiten
Vermittlung der Anzeige in denjenigen Fällen, in
velchen die Bestrafung nur auf Untrag der Dienst⸗
zerrschaft oder ihres Stellvertreters erfolgt, strengt
mzuweisen.
FNeu-Ulm, 7. Januar. Wie der hiesige
„Anzeiger“ meldet, hat sich heute Nachmittag der
dauptmann und Kompagniechef Franz Frhr. v.
Zarth zu Harmating des kgl. bayerischen 1. Fuß-
irtillerie Regiments in einem Anfall von Geistes-
törung erschossen.
F München, 8. Januar. (Größere Herbst⸗
ibungen.) Im kommenden Herbste werden, wie
in militärischen Kreisen verlautet, beide Armeekorps
zrößere Truppenübungen vornehmen und hat hie⸗
jei jedes Armeekorps zum Schlusse der Uebungen