Full text: St. Ingberter Anzeiger

u. a. ein Festbankett statt, auf welchem der Ge— 
feierte einen recht beachtenswerthen Trinkspruch aus— 
brachte. Redner führte nach der „Pf. Vitg.“ u 
a. aus: „Ich kann mir das Zeugniß ausstellen 
die Auszeichnung nicht gesucht zu haben, ich habe 
ihretwegen niemals den Augendiener gemacht. Als 
sie nun doch beehrend auf mich fiel, ging ich mit 
mir zu Gericht, wodurch ich ihrer würdig geworden 
wäre, und ich gestehe Ihnen, ich habe anfange 
keinen Grund dafür gefunden. Wenn dieser Grund 
in dem zugestandenen Prosperieren des GEisenwerks 
zu suchen ist, dann meine Herren, gebührt die Ehre 
nicht mir, sondern Ihnen! Ich erinnere mich noch 
sehr gut daran, wie schwer ich mich habe mühen 
müssen, um die Fabrik in die Höhe zu bringen, 
bis ich die rechten Männer gefunden, mit deren 
Hilfe mein Vornehmen gelungen ist. Die Auszeich- 
nung gilt demnach den Beamten und Arbeitern des 
Eisenwerks, ich bin nur ihre Träger. Den Haupt⸗ 
anlaß zu meiner Ernennung habe ich erst erfahren, 
als ich dem Herrn Regierungspräfidenten der Pfalz 
meinen Dank aussprach. Seine Exzellenz beitonte, 
daß der gute Geist, der Geist der Einigkeit zwischen 
Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Eisenwerks in 
erster Linie eine Anerkennung der Regierung bean⸗ 
sprucht habe. Meine Herren, die GEinigkeit aber 
kann nicht von einem Theile, sie muß von 
beiden ausgehen, folglich gilt die Auszeichnung 
wieder saͤmmtlichen Organen des Eisenwerks, nicht 
mir allein.“ 
— Kaiserslautern. 14. Januar. Die 
Kaisersl. Ztg.“ kann den Gläubigern des Möser- 
schen Konkurses nach eingezogener Erkundigung an 
zuverlässigster Quelle die freudige Mittheilung 
machen, daß sie nach einer vorläufigen übersichtlichen 
Zusammenstellung mindestens auf 40 dis 45 Pro⸗ 
sent ihres Guthadens rechnen koönnen und ihnen 
sogar Hoffnung bleibt, noch mehr zu erhalten. — 
Demselben Blaite geht nachstehende Notiz zu: „Es 
gibt noch Dümmere, wie derjenige war, welcher 
sein Guihaben beim Möser'schen Konkurs von 1800 
Mark um 180 Mtk. cedirte. Als ganz zuverlässiqg 
kann ich mittheilen, daß ein solcher Gläubiger sein 
Guthaben von 1180 Mk. um 100 Mt. verkaufte.“ 
— Alsenborn, 12. Januar. Der ledige, 
20 Jahre alte Dienstknecht Wilhelm Scher a mim 
erhängte sich gestern auf der zur hiesigen Gemeinde 
gehörigen Hetschmühle. 
— Edenkoben. Der hiesige Gewerbverein 
hat sich für die möglichste Beschränkung des Hau—⸗ 
firhandels ausgesprochen und einer bezüglichen Pe⸗ 
lition an den Reichstag sich anzuschließen beschlossen. 
Der Verein wünscht noch eine Verschärfung in der 
Richtung, daß die Hausirer in allen von ihnen be— 
suchten Gemeinden zu den Kreis- und Gemeinde- 
fteuern herangezogen werden. Ferner sprach sich 
der Verein fur obligatorische Arbeitsbücher aus und 
erkannte in der Erbringung eines Befähigungsnach— 
weises bei selbstsiändiger Ausübung eines Hand⸗ 
werkers den ersten Schriit zur Hebung des Hand⸗ 
werkerstandes im Allgemeinen. 
— Aus Frankenthal, 12. Januar be— 
richtet man der „Pf. Presse“, daß die dortige Ar⸗ 
matur- und Maschinenfabrik Klein, Schanzlin und 
Becker in Folge der dortigen hohen Brod⸗ und 
Fleichpreise — das Rindfleisch, Kalbfleisch und 
Schweinefleisch kostet mit wenigen Ausnahmen bei 
sämmtlichen hiesigen Metzgern 60 Pfg. — beab⸗ 
sichtigt, für ihre Arbeiter — zirka 400 an der 
Zahl — eine eigene Konsumbäckerei und Metzgerei 
einzurichten. 
Vermischtes. 
4 Gestern Mittag brachte der Gendarm von 
Malstatt den muthmaßlichen Thäter, welcher am 
Sonntag Abend den Bahnhofsgärtner Herrn Goll⸗ 
hofer aus reinem Uebermuth zusammengestochen hat, 
ins Saarbrücker Arresthaus. Der Verhaftete 
ist der 24 Jahre alte Hilfsbremser Nikolaus Schmidt 
aus Wahlen. 
FBaumholder, 12. Januar. Unter den 
Kindern mehrerer benachbarten Orte herrschten im 
Dez. die sog. Rötheln, oft sehr start. In Heim⸗ 
bach starben ungefähr 12 Kinder. Jetzt scheinen 
sie besonders in Röschberg zu regieren. Auch hier 
sind noch einige wenige Kinder davon begriffen. 
7 Aus Elsaß-Lothringen. Der Kauf— 
mann C. Mauchot von Chateau⸗Salins hatte dieser 
Tage auf der Straße nach Delme, in der Nähe 
des Waldes von Am'elécourt, einen förmlichen 
Kampf mit einer Wölfin zu bestehen, welche den 
Hund, der hinter seinem Wagen herlief, verfolgte 
und schließlich ansiel. Herr M. gab auf daë Leier 
dom Wagen aus einen Revolverschuß ab, der das- 
selbe an der Schulter verwundete, konnte aber dann 
jon seiner Schießwaffe weiter keinen Gebrauch 
nachen, da er sonst leicht den Hund getroffen hätte, 
der sich mit der Wolfin herumbiß. Herr M. 
prang deßhalb vom Wagen, ergriff einen am Wege 
liegenden Baumpfahl und hieb auf die Wölfin ein, 
er hätte sie auch wahrscheinlich todt geschlagen, 
wenn er nicht zu seinen Pferden hätte hineilen 
müssen, die sich in ihrer Angst aufbäumten und 
durchzugehen drohten. Das Raubthier schien auch 
genug zu haben, denn es zog sich, ein Geheul 
ausstoßend, nach dem nahen Walde zurück, eine 
Blutspur hinterlassend. Zwei Steinklopfer, die 
nunmehr heran kamen. verfolgten die Wolfin in 
den Wald, leider erfolglos. Der Hund trug eine 
starle Bißwunde am Kopfe aus diesem Kampfe davon. 
Aus der Eifel, Ende Dez. Eine Ver— 
fügung der königlichen Regierung zu Trier macht 
es den Lehrern zur Pflicht, für eine gehörige Lüfi— 
ung der Schulsäle Sorge zu tragen. Dem Lehrer 
R. in N. einem kleinen Schulorte in der Rhein⸗ 
rovinz, kam diese Verfügung sehr erwünscht. In 
einem überfüllten und niedrigen Schulzimmer war 
neist schlechte Luft. Unter Berufung auf erwähnte 
Berfügung reichte der Lehrer ein Gesuch, die Be⸗ 
chaffung eines Ventilators betreffend, bei der 
Irtsbehörde ein. In der nächsten Genieinderaths- 
itzung, zu welcher der Bürgermeister wegen plötz⸗ 
icher Erkrankung nicht erscheinen konnte und in 
welcher der Ortsvorsleher deßhalb den Vorsitz führte, 
am der Antrag zur Berathung. Staunend hörten 
die Dorfväter denselben an und schüttelten dann 
derwundert und mißbilligend ihre Häupter. „Also 
'n Rentilator sollen mer beschaffen 7 ergriff endlich 
iner das Wort; „awer nu sag mal, wat aß dat 
er en Dengen ?“ „Ventilator“, sagie ein zweiter, 
„dat aß en vun den feinen Auern (Uhren), wie 
Herr Pastur en hat“. „An Dünnerwäder“ fiel 
ein dritter ein, „jä wöll en Auer fir ön de Schul— 
aal, und dat söll fir die Gesondheit got sein! 
da. hä, hü!“ Die Gemeindevertretung zweifelte 
janz ernstlich an dem gesunden Versiand ihres 
Jugendbildners. „Wenn die Verfügung net war, 
na gewaß, mer sagten ganz enfach, mer dun ei 
iet“. Nach langer Berathung wuͤrde endlich be⸗ 
chlossen, das Schutzimmer in Augenschein zu 
ijehmen, um festzustellen, wo man den',, Veutilator“ 
unterbringen“ könne. Am folgenden Tage begibt 
ich eine Kommission — 4 Mann hoch — in das 
Zchulhausgebäude zur Besichtigung und fragt den 
nwesenden Lehrer: „Wo soll die Auer hinkomme ? 
„Welche Uhr“, fragte dieser erstaunt. „Jo, jo, 
or hot ma gewaß eher doch kän Ruh!“ Awer 
n Ventilator, su n deuer, kriegt de doch net; n 
zillig aß och gut“. Der Letztere begriff noch immer 
nicht, was die Leute eigentlich wollten. „Dr hot 
o dem Burgermeester geschriewen“, suhr jener fort, 
„daß en Ventilator, n Auer, wie Hert Pastur än 
jat, on de Schul kommen müßt“. Jetzt erst merkte 
)er Lehrer, um welches Mißverständniß es sich 
zandle. Mann hatte einen Ventilabor imt 
inem Regulator verwechselt. 
FStyrum, 12. Januar. Ein schweres 
Verbrechen ist in unserem Orte verübt worden. 
Ein verheiratheter Mann lauerte einem jungen 
Mann auf und erschoß denselben mit einem RKe— 
dolver. Dieser hatte an dem Wohnhause des 
Ersteren vor kurzem eine Fensterscheibe eingeworfen 
und war deßhalb vom Schöffengerichtzzu Mülheim 
a. d. Ruhr mit einer Geldbuße von 20 Mart 
ind einer eintägigen Gefängnißstrafe belegt worden. 
Diese Strafe erschien dem Beschädigten nicht hoch 
genug, weßhalb er aus Rache das Verbrechen des 
Mordes beging. 
FKöln, 12. Januar. Der Oberarzt der 
hirurgischen Station des Bürgerhospitals, Professor 
Dr, Bardenheuer, hat vor einigen Tagen eine 
iußerst schwierige und geschickte Operation ausge⸗ 
ührt. Dieselbe besteht darin. daß er einer Frau 
n den mittlern Jahren, welche an Magenkrebs litt, 
den Magen öffnete und die kranke Steue beseitigte. 
die Frau befindet sich, nach einer Mittheilung der 
K. Ztg.“, verhältnißmäßig wohl, und ihre voll⸗ 
tändige Genesung steht zu erwarten. 
Aus Westfalen, 11. Januar. Auf der 
Zeche Shamrock bei Herne, welche im vorigen 
Jahre so viele Opfer forderte, wurden am 7. d8. 
Nts. drei Bergleute durch schlagende Wetter schwer 
nerletzt. Einer derselben ist den Verletzungen be— 
eits erlegen. — Auf dem Stronuianischach 
„Anton“ bei Oelde hat die Arbeit eingeftellt werden 
nüffen, weil das Wasser in den Stollen gedrungen 
st. Die Bemühungen, durch Auspumpen des 
Wassers Herr zu werden, sind bisjeßt erfolglos 
geblieben⸗ — Der letzte. etwa 16jährige Sohn des 
Mörders Muckelmann, der in Hamm seine Frau 
und 5 Kinder ermordete, ist an Gehirnentzündung 
zestorben. Muckelmann wird in den nächsten 
Tagen nach Dortmund überführt werden. 
f Der Verein der Nationalliberalen 
in Darmstadt beabsichtigt, am Montag den 18. 
d. M., an welchem fünfzehn Jahre seit Neube⸗ 
gründung des Reichs verflossen sind, eine Gee⸗ 
dächtnißfeier im großen Saale des Schützen- 
hof zu veranstalten. Zu diesem Zwecke ist eine 
zesellige Vereinigung, mit Ansprachen und Trink—⸗ 
prüchen, musikalischen und deklamatorischen Vor⸗ 
trägen, zu welcher alle nationalgesinnten Männer 
Zutritt haben, in Aussicht genommen. 
F Wie aus Heidelberg geschrieben wird, 
oll gelegentlich der 500jährigen Juübiläumsfeier 
der Universität auch das große Faß gefüllt werden, 
es wäre dies das dritte mal. Hiezu wären 236, 000 
Flaschen Wein nöthig. Ein Heidelberger Wirth 
hat ein diesbezügliches Gesuch an den Stadtrath 
zestellt, welches derselbe unter der Bedingung ge— 
nehmigen will, daß ein guter Stoff zu angemessenem 
Preise verzapft wird. 
FLeipzig, 12. Januar. Vor dem Reichs⸗ 
gericht beginnt am 1. Februar die Verhandlung 
zegen den dänischen Hauptmann a. D. Christian 
Friedrich Sarauw von Kopenhagen wegen Hoch- 
oerraths und Landesverraths und den Literaten 
Christian Wilhelm Rudolph Röttger aus Mainʒz 
wegen Beihilfe zum Landesverrath. Die Verhand- 
ungen werden wahrscheinlich unter Ausschluß der 
Deffentlichkeit stattfinden. 
F Bremen, 13. Januar. Der heute von 
Brasilien auf der Weser angekommene Dampfer 
„Berlin brachte 14 Mann Besatzung des am 10. 
d. M. von Hamburg abgegangenen Dampfers 
„Feromn ia“, welcher in der Nacht vom 11. jum 
12. d. M. in der Nähe von Terschelling gesunken 
ist. 21. Mann von der Besatzung, darunter der 
Kapitän sind ertrunken. Unter den Geretteten be— 
findet sich der dritte Offizier und ein Passagier. 
Gt. Zig 
— Ueber die gesundheitswidrige Wirkung des 
Jägerschen Wollregimes spricht sich in 
inem vom Sanitätsrathe Dr. P. Niemeyer im 
Irgane des von ihm geleiteten „Berliner hygieini⸗ 
chen Vereins“ veröffentlichten Schreiben des als 
Berfasser einer gekrönten Preisschrift über gesunde 
Wohnung in hygieinischer Praxis als Autorität 
Jeltende, kürzlich leider verstorbene Ingenieur J. 
Schmölcke, weiland Lehrer der Baugewerkschule zu 
dolzminden, folgendermaßen aus: „Ich trage seit 
einem Jahr die Jäger'sche Kleidung, schlafe auch 
seit vier Monaten in einer ditts Bettdecke. Von 
all den zauberhauften Erfolgen, welche diese Sachen 
haben sollen, habe ich nichts bemerkt. Vielmehr 
eide ich seit fünf Monaten an einem heftigen 
Schleimhusten, der seit acht Tagen, vielleicht in 
Folge täglichen Badens, aufgehört hat. Professor 
Jäger würde diesen Mißerfolg wahrscheinlich dem 
Mangel eines wollenen Schnupftuches zuschreiben. 
Als größten Nachtheil erachte ich folgendes: schon 
nach wenigen Tagen bildet sich durch die flüssigen 
und fettigen Absonderungen der Haut eine dicke 
Schmiere, die sich mit dem von außen eindringen- 
den Staube zu einer widerwärtigen Schmußgkruste 
verbindet, welche man beim Baden durch bloßes 
Waschen kaum entfernen kann, sondern förmlich 
abschaben muß. Die Schmutzkruste, welche man 
nach Jäger bei Leibe nicht entfernen darf, bildet 
sich, weil die Wolle den Schmutz nicht aufnimmt, 
wie das die leinenen und baumwollenen Hemden 
thun.“ 
tIn den Borsigschen Eisenwerken 
in Berlin haben, wie die „Nat.⸗Ztq.“ mittheilt, 
eit einiger Zeit Arbeiter-Entlassungen in größerer 
Zahl stattgefunden, die sich auf mehrere Hunderte 
eziffern und bedauerlicher Weise auch Arbeiter 
reffen, die sehr lange, oft von 15 bis nahezu 25 
Jahren, dem Etablissement ihre Kräfte gewidmet 
jaben. Allerdings darf daraus nicht auf eine 
olötzlich eingetretene erneuerte Verminderung der 
Arbeit in der Fabrik geschlossen werden. Diese 
beschränktere Arbeitsthätigkeit hält schon längere 
Zeit an. Bisher hatte man für die Außerarbeit⸗— 
tellung der Arbeiter eine andere Form gefunden. 
Man hatte sie beurlaubt. sie gewissermaßen zur