Full text: St. Ingberter Anzeiger

Vermischtes. 
FKoblenz, 17. Mai. Der frühere Gou— 
verneur von Koblenz und Ehrenbreitstein, General 
der Infanterie Friedrich Gustab v. Beyer, ist 
nach Amputation eines Beines, welche einen tödt 
lichen Ausgang hatte, gestorben. 87* 
F Deütz, 15. Mai. Gestern Abend explo⸗ 
dirte in der Barackenwohnung eines Offiziers auf 
dem Artillerieschließplatze bei Wahn eine Granate 
welche den Burschen des Offiziers in Stücke riß, 
so daß der Tod augenblicklich eintrat. Der Offi⸗ 
zier selbst, der zur Schießübung auf der Wahner 
Daide kommandirt war und aus bisher noch uner⸗ 
mittelten Gründen die Granate mit in seine Woh— 
nung genommen hatte, wurde schwer verletzt, ein 
Auge ging ihm durch einen Granatsplitter verloren. 
Den Verwundeten schaffte man gestern noch nach 
Deutz ins Lazareth. 
. Mannuhe im. Der Stand der Reben in 
unserer nächsten Gegend ist ein vorzüglicher und 
wenn der gefährliche Saurrwurm nicht unheilvoll 
wird, dürfie es bezüglich des Quantums ein Wein⸗ 
jahr geben, wie wir lange keines verzeichnet hatten. 
7Heidelberg. Wie vor Zeiten viele junge 
GBriechen, so machte s, Zt. auch Delyannis seine 
Studien in Deutschland. Hier in Heidelberg be— 
fand er sich in der zweiten Hälfte der 830er Jah⸗ 
ren, wo er juristische Collegien besuchte. Das 
Gleiche geschah damals von Seiten eines jungen 
Wallachen, Rossetti, der später eine Zeit lang ru⸗ 
mänischer Minister war. Etwas später (zu Anfang 
der 50er Jahre) befand sich auch der Serbe Joran 
Ristics hier. welcher damals in deutscher Sprache 
eine Schrift über sein Vaterland herausgab. Be⸗— 
kanntlich war er später eine Reihe von Jahren 
Ministerpräsident in seinem Vaterlande. 
7 Frankfurt. 12. Mai. (Eine Schreckens⸗ 
nacht.) Die junge Frau eines Reisenden befindet 
fich häufig auf mehrere Wochen allein in ihrer 
Wohnung. Zu ihrem Schutze gab ihr der Gatte 
einen sechsfach geladenen Revolber, lehrte sie die 
Waffe gebrauchen und gab ihr Instrultionen, wie 
und wann sie von demselben Gebrauch machen 
dürfe. Vergangene Nacht glaubte die junge Frau 
auf ihrem Flur Tritte zu vernehmen. Um nun 
den vermeintlichen Einbrecher zu verscheuchen, ohne 
ihm ein Leid zuzufügen, feuerle die Dame in ihrer 
Angst einen Schuß gegen ihren Spiegelschrank ab, 
so daß der Spiegel mit furchtbarem Geklirr zu 
Boden rasselte. Trotz des Schusses hörte die ge⸗ 
ungstigte Frau gleich darauf dasselbe Geräusch auf 
dem Flur und schien es ihr, als wenn jemand auf 
und ab renne, um den Ausgang zu finden. Meh—⸗ 
rere Nachbarn, die auf den Schuß herbeigeeilt 
waren, befreiten die Frau von ihrer Angst. Sie 
drangen nämlich in ihre Wohnung ein, in der 
Meinung, die Bewohnerin habe sich ein Leid an⸗ 
gethan. Auf dem Flur trafen die Eindringlinge 
den Jagdhund des Hausherrn, der aus Versehen 
eingesperrt worden war. 
FNurnberg, 14. Mai. Verschiedene hie⸗ 
sige Bürger, zum größten Theil Großindufstrielle 
mögen jetzt recht saure Gesichter machen; sie haben 
nämlich soeben die Aufforderung erhalten, die zur 
vorjährigen Nürnberger internationalen Metallaus- 
stellung gezeichneten Garantiebeiträge voll einzu⸗ 
zahlen. Die Gesammtsumme dieser Beträge hat 
die Höhe von rund 100,000 Mark. Das Defizit 
der Ausstellung beläuft fich auf rund 103,000 M.; 
sie war bekanntlich vom Bayerischen Gewerbemuseum 
ins Leben gerufen. 
Augsburg, 14. Mai. Eine werthvolle 
Sendung passirte gestern unsern Bahnhof: ein Gü⸗ 
terwagen, gefüllt mit mehreren Millionen in Ber⸗ 
lin geprägter Goldstücke, die für Egypten bestimmt 
find. Ein Beamter der Berlinerr Münze begleitete 
die Sendung bis Lindau, woselbst sie von italie- 
nischen Beamten übernommen wurde. In Genua 
wird die Verladung auf das Schiff vorgenommen. 
F Augsburg, 15. Mai. Heute Morgen 
um 11 Uhr vollzog im Auftrage Sr. Majestät des 
Konigs Se. k. Hoheit Prinz Lud wig im Beisein 
des Ministers des Innern, sowie der Spitzen der 
Militär⸗ und Civilbehörden, der Stadtvertretung 
und zahlreicher Ehrengäste die feierliche Eröffnung 
der schwäbischen Kreisausstellung. 
München, 15. Mai. (König Ludwigs⸗ 
feier.) Die Generaldirektion der Verkehrsanstalten 
wird zur Erleichterung der Theilnahme an der am 
8., 9. und 10. Juli dahier stattfindenden König 
Ludwigsfeier eine Verlängerrung der Giltigkeits⸗ 
dauer der internen Hine und Rückfahrtsbillete in 
der Weise gewähren, daß die genannten drei Fest⸗ 
tage als Feiertage betrachtet und daher die Giltig⸗ 
keilsdauer nicht eingerechnet werden. Ferner wird 
die Einlegung von Extrazügen, jedoch ohne weitere 
Frmäßigung. am Tage, an welchem der kostümirte 
Festzug stattfindet, in Etwägung genommen und 
diese Extrazüge eventuell derart arrangirt, daß die 
Reise nach Muünchen und zurück von den nicht allzu 
weit entfernten Orten ohne Uebernachten ausgeführ! 
zu werden vermag .. 
F München, 16. Mai. Die hier erschie— 
nene „Bahyerische Volksstimme“, Organ für das 
arbeitende Volk, wurde von heute ab von der Kreis⸗ 
regierung von Oberbayern auf Grund des Sozia⸗ 
listengesetzes im ferneren Erscheinen ganz verboten. 
f In einem Dorfe in der Nähe von Inster⸗ 
burg wettete in voriger Woche ein Arbeiter, daß 
er zwei Häringe unzertheilt verschlucken könne. Mit 
dem ersten gelang auch der Versuch, der zweite 
häring aber blieb stecken und führte eine Darm⸗ 
erschlngung herbei, infolge deren der Arbeiter 
einen Tod fand. — 
7Der Preisringer und Athlet Windson 
chwebte vor einigen Tagen in Goörlhitz in großer 
debensgefahr. Vor einer gewaltigen Zuschauer- 
nenge führte er seine Produktionen aus, u. A. 
zjehört auch das Abfeuern einer Riesenkanone auf 
einen Schuldern dazu. Einer der Probeschüsse (auf 
»em Gestell) war bereits abgegeben, der zweite 
Schuß kracht, aber gleichzeitig springt das dicke 
zußeiserne Rohr und die Trümmer fliegen nach 
illen Seiten auseinander, zwischen Arm und Brust 
Windsons hindurch nimmt das größte der abge- 
prengten Siücke seinen Weg, ein anderes reißt 
»em Manne den Hut vom Kopfti, einige klei⸗ 
zere Theile prallen gegen einen Baum, ohne jedoch 
rgend Jemanden zu verletzen. Weder der Athlet 
noch Jemand aus den Zuschauern wurde wunder- 
zarer Weise durch die Explosion, die unsägliches 
UInheil hätte anrichten können, verletzt. 
Magdebüurg, 16. Mai. Eine Doppel⸗ 
zinrichtung wurde gestern früh 6 Uhr im hiesigen 
herichtsgefängnisse an den beiden Raubmördern 
2nochenhauer aus Neustadt⸗Magdeburg und Pussel 
aus Sohlen vollzogen. Die Exekution fand durch 
den Scharfrichter Krauts aus Berlin statt. 
7 unbestellbar.“ Als unbestellbar erhielt 
dieser Tage ein Gerichtsvollzieher in Altona einen 
Brief aus Berlin zurück, worauf von dem Brief⸗ 
räger der wunderliche Vermerk zu lesen stand? 
„Trotz polizeilicher Anmeldung ist Adressat heute 
jerstorben und die Zustellung dieses Briefes daher 
nicht zu bewirken.“ J 
FEin Mode⸗Klavier. Vor einigen Tagen ver⸗ 
nählte fich in Berlin die Tochter eines Ban⸗ 
iers mit einem Rittergutsbesißer. Unter den präch⸗ 
igen Einrichtungsstücken, welche die Neuvermählte 
n ihrer Wohnung fand, war auch ein sehr hüb⸗ 
ches Piano, dessen Schlüssel der junge Gatte seiner 
Frau in die Hand legte. Als die Frau das Kla—⸗ 
Fier öffnete, endeckte sie, daß dasselbe nur ein in 
Form eines Pianos ausgeführter hohler Kasten sei, 
velcher völlig ausgefüllt war mit Putzgegenständen, 
Büchern, Nippes und ähnlichen Dingen. Obenauf 
ag ein Zettel, der die Worte enthielt: „Liebchen, 
ich habe die Tasten herausgenommen, auf daß Du 
fuͤr Deine freien Stunden Beschäftigung sindest, 
hne die Nachbarschaft zu quälen, wie dies bei 
inem wirklichen Klavier der Fall gewesen wäre.“ 
Ob die junge Frau die Absicht gemerkt hat und 
perstimmt wurde? 
fWien, 14. Mai. Graf Sarvagnan, wel⸗ 
her vor Wochen in einem Görzer Hotel seine flüch⸗ 
ige Gattin Sylvia und deren Geliebten, Dr. Mar⸗ 
inssi, mit Schüssen, welche nicht trafen, verfolgte, 
vurde heute in Görz in der Sitzung des Schwur⸗ 
gerichts, die einen sehr bewegten Verlauf nahm, 
ndem das Auditorium für Sarvagnan demonstrirte, 
instimmig in allen Punkten freigesprochen und so⸗ 
ort auf freien Fuß gesetzt. Die Volksmenge iu⸗ 
belte ihm lebhaft zu. 
FEine Millionen⸗Erbschaft.) Die 
Z„tadt Basel gelangt jetzt in den Besitz eines Erbes 
bon eiwa 15 Millionen. Im Jahre 18858 ver— 
machte der im gleichen Jahre verstorbene Baseler 
Bürger Christoph Merian⸗Burckhardt sein ganzes 
Vermögen der Stadt Basel. Nutznießerin desselben 
ollte jedoch bis zu ihrem Lebensende seine Gattin 
'ein. Dieselbe ist nun dieser Tage gestorben. Das 
VBermoͤgen sollte durch eine Kommission verwaltet, 
er Liegenschaftsbesiz nie veräußert und nur der 
rkrtrag des Vermögens für die Unterstützung der 
Armenhauser und für andere stüdtische Zweden 
wendet werden. Ein Drittel des Ertrages J 
der Bürgergemeinde zu Handen der mauß 
Armenhäuser und zwei Drittel der Regierung chen 
Verfügung stehen zur Erleichterung der Due 
ung der dem städtischen Gemeinwesen aud 
nothwendigen oder allgemein nützlichen und e 
mäßigen Einrichtungen überhaupt. Außerdem 
stimmte das Testament, daß bei des Testators 
erben 800, 000 Fres. noach seiner eigenen ann, 
nung und weitere 500,000 Francs nach dem N, 
leben seiner Gattin an die wohlthätigen und 
meinnützigen Anstalten der Stadt vertheilt 8 
400,000 Francs an die Baseler Missions. Gesel. 
schaft gezahlt werden sollten. Zu diesen großarigen 
Vergabungen fügte die nunmehr verstorbene Frau 
Merian, die schon bei Lebzeiten flͤc das städisch 
Gemeinwohl außerordentliche Opfer gehracht, uoh 
557,000 Franctß zu Gunsten verschiedener wohl. 
thätiger, meist evangelisch-kirchlicher Anstalten he 
außerdem zahlreiche Vermachtnisse zu Gunsten don 
Personen, die ihr nahe standen, darunter 200,009 
Francs für jeden Vermögensverwalter, 40,009 
Francs für den Pfarrer der Elisabethkirche, ferner 
für jede Person ihres Dienstpersonals je 1000 Frs 
per Dienstjahr u. s. w. Bei der Bürgerschaft a. 
freute sich Frau Merian großer Beliebtheit. Di— 
Stadt veranstaltete ihr, der „N. Fr. P.“ zufolge 
ein außerordentlich feierliches Leichenbegängniß. 
GMord.) In Brüssel herrscht nach 
einem Privattelegramm des „Berl. Tagbl.“ große 
Aufregung über die Ermordnung des Sektionschef 
in dem Eisenbahnministerium, Carlies. Derselbe 
wurde in seinem Büreau durch einen Revolverschuß 
getödtet. 
Große Toilettenausstellung war dieser Tage 
in Paris bei dem Damenschneider Felix, welcher 
—— 
mählung der Prinzesfin Amelie von Orleans mit 
dem Herzog von Braganza zu verfertigen hatte. 
Die „Frz. Korr.“ berichtet darüber: Das Kleid 
der Braut ist so schlicht, wie nur immer möglich, 
aus glatter weißer Seide, ohne Garnitur und nur 
der Schleier ein Spitzengewebe. Dagegen über⸗ 
hieten fich ihre Mutter und künftige Schwieger⸗ 
mutter an Pracht: Die Königin Maria Pia von 
Portugal wird am Hochzeitstage ihres Sohnes ein 
Kleid tragen, welches dem bekannten Gemälde Ru— 
bens Der Triumph der Maria von Moedici“ ent⸗ 
nommen ist. Den himmelblauen Sammt desselben 
schmücken Perlengehänge und Diamantengarben 
Der Mantei aus dunklerem Sammt (Aleu de Roy) 
der an den Schultern angeheftet wird, ist, statt mit 
den königlichen Lilien von Frankreich, mit Granat⸗ 
apfelblüthen in weißer Seide destickt. Die Grafin 
von Paris erscheint in einer Robe von Rosasammt. 
dessen zarte Farbung „Ibis“ benannt wird. Die 
moͤglichst lange Schleppe und die Paniers sind aus 
genuesischen Sammt. Das ganze Vordertheil de— 
Rockes ist reich mit weißen Jais übersäet. Das 
Zostüm, welches die Prinzessin Amelie bei ihrem 
Einzuge in Lissabon tragen wird, ist aus Weiß 
und Blau, den portugiesischen Farben, hoͤchst ge⸗ 
chmackvoll zusammengesetzt und wurde von der be⸗ 
fjuchenden Damenwelt besonders bewundert. 
pEin Dynamiftballon. In Frankreith 
erregt der Ballon Godard, welcher als Dynamit 
hallon dienen soll, großes Aufsehen. Godard glaubt, 
derselbe werde „die gesammie Kriegskunst auf den 
Kopf siellen.“ Ver Ballon ist mit Bomben, Dyna 
mit⸗Patronen und ähnlichen Dingen ausgestopft — 
der Franzose nennt Kie sarkastisch, Konfelt“ — und 
trägt ferner ein Geschütz, das die Projektile 
schleudert. Es handelt fich also um eine Art Luft⸗ 
rulerie. Das franzofische Kriegsministerium ih 
dem Erfinder näher getreten. 
7 ;Bei einem Wettrennen in Flosrenz erkig 
nete sich ein schreclicher Unglücsfall. Vor dem 
dritten Rennen scheute ein Pferd, warf seinen Reitet 
ib und sprang uder die Barriere mitten in das 
dichteste Volksgewühl, wo das Thier einen beispiels 
losen Schrecken verbreitete. Die Menge drangie 
sich in eunsehensboller Angst zusammen,die Flich 
lenden stürzten in einem unentwirrbaren Knauel zu 
Boden und das wüthende Pferd verwundete ein 
rohe Anzahl von Personen. Ein Mann wuxd 
sterbend davongetragen, ein zweiter lebensgefahrlith 
Herwundet. Zahlreiche Personen haben leichtere 
Verletzungen erlitten. 
R'om, 15. Mai. In der Umgegend vor 
Bari lärmt die Bebölkerung, durch die Choler 
Nachrichten aufgeregt, in ärgster Weise. In Gra