alen Geschäften in dem durch die Verhältnisse ge⸗
hbotenen Umfange zu bewegen. Es ist deshalb ein
verhängnißvoller Itrthum, zu glauben, daß für die
Losung der praktischen Aufgaben in den deutschen
Schuhgebieten die nöthigen Mittel und Kräfte durch
agilaiorische Thätigteit in Vereinen und Versamm⸗
lungen herangezogen werden könnten. Stanleh hat
das zur Genuͤge erfahren. Die Vereins- und Ver⸗
sammlungs⸗Agitation hilft nur indirekt, indem fie
zuch diejenigen Personen anregt,« welche für die
Ausführung kolonialer Geschäfte geeignet und dis⸗
ponirt. sind · —— —
In diesem Sinne hat seither der VDeutsche
Nolonialverein gehandelt und sich seine jetzige Stel⸗
lung innerhalb der deutschen Kolonialbewegung um
so sicherer erworben, als er mit Besonnenheit und
hollem Verantworilichkeitsbewußtsein vorging.·Auf
den Ruhm, Schutzgebiete für das deutsche Reich zu
erwerben, wie die Ostafrikanische Gesellschaft es that,
muß er freilich verzichten. Das lag und liegkt nicht
innerhalb seiner Aufgaben. Ev kann aber da⸗
rauf hinweisentedaß saämmtliche jetzt
obrhandenenSchutzgebietesund die in
denfselben begonnenen Unternmehm—⸗
ungen, mit Ausnahmeder do st afer i⸗
kanischen, durch seine Mitglieder
und zum Theibauf seine Anregung
erworbenunderhalten sind. Die Süd⸗
west· Afrikanische Gesellschaft wurde am Mitwoch
durch die vom Vorstande des Deutschen Kolonialvereins
dazu ernannte Kommission ins Leben gerufen und
hat es ermöglicht, die Politik des Reichslanzlers in
Südwest- Afrika durchzuführen. Die Kamerungz
Plantagengesellschaft· und die Dubrecka-Kompagne
find von den nächsten Freunden des Deutschen
Kolonialvereins begründet und bei der Neuguinea ⸗
Kompagnie einflußreiche Mitglieder des Deutschen
Kolonialvereins betheiligt und miwirksam ..
Um die Thätigkeit des Deutschen Kolonialvereins
richtig zu würdigen, muß man überdies nicht ver⸗
gefsen, daß dieselbe sich auch auf eine Menge anderer
Fragen erstreckt, welche sein Zweck an die Hand
giebi. Es sei nur auf die Arbeiten für die Her⸗
beiführung eines den kolonialen Bedürfnissen sich
andassenden Gesellschaftsrechtes, auf das von dem
Verein ins Leben gerufene Auskunftsbureau und
auf die Interessen der deutschen Auswanderung
weiche die Vereinsorgane lebhaft beschäftigen, hin⸗
gewiesen.
Alles das ist übrigens in den weitesten Kreisen
bekannt, und man fragt deshalb wiederholt mit
Grund: Weshalb empfindet Herr Dr. Peters das
Bedürfniß, den Deuttschen Kolonialverein anzugreifen,
obschon er sich doch sagen muß, daß er dadurch
hoöchstens eine Zersplitterung der für die deutsche
Kolonialpolitik eintretenden Kräfte herbeiführt ? Das
Räthsel ist nur unter Berückfichtigung psychischer
Veranlagung des Mannes zu losen, In dem Ar⸗
tikel der „Gegenwart“, welchet die gegenwärtigen
Auslassungen veranlaßt, weist Herr Dr. Peters auf
den einstigen Deutschen Nationalverein hin, der es
nie fertig gebracht haben würde. die Frage der
Hegemonie in Deutschland auszugleichen. Die
Stellung des Deutschen Nationalvereins soll jetzt
nach Herrn Dr. Peters der Deutsche Kolonialverein
einnehmen. Das ist für den letzteren offenbar ein
schmeichelhafter Platz, da der Deuische Ratiovalverein
in wirisamer Weise die Ereignifse des Jahres 1866
vorbereiten half. Noch besser als der Deutsche
Kolonialberein kommt aber die Gesellschaft für deutsche
Kolonisation odet — was bei dem Selbstgefühl
des Herrn dasselbe ist — Herr Dr. Peters bei dem
Vergleiche fort. Unser Reichskanzler verwirklichte
die von dem Nationalberein genährten Ideen, und
offenbar findet sich Herr Dr. Peters gern in dem
großen Gedanken zurecht, daß er der Fürst Bismard
der deutschen Kolonialpolitik seaee...
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten.
7 Hassel, 25. Mai. Verflossenen Sonn ⸗
tag hielt die musikalische Gemütlichkeit, noch be⸗
nannt, „Letzte Hose — Grad so wie Du“, von
hier in dem sogenannten Jungferthalchen, gelegen
in dem Walde der Gebrüder Doöͤrr, ihr Maifest ab.
Das ziemlich schöne Wetter brachte viele auswartige
Besucher, die sich, nach der Aussage vieler, auf das
beste amufierten. Um 232 Uhr versammelten sich
die Gemütlichen in der Wirtschaft von Herrn Keßler,
und von da folgte, nachdem der Herr Präsident
dieses Vereines eine laängere Ansprache an die Mit⸗
glieder gerichtet hatte, der Abmarsch in genanntes
Thälchen. Der Festplatz war auf das beste herge⸗
cichtet, und so schmeckte jedem, auch dem „unge⸗
nutlichen Gemuͤtlichen“, unter den dichtbelaubten,
schattigen Buchen. das Bier ganz vorzüglich, was
sich auch in der sehr aufgeheiterten Stimmung
jeigte. Als Wirt fungierte Herr Bohnerth. dessen
ufmerksames Bedienungspersonal rasch das kühlende
Flement auf die verschiedenen Tische gelangen ließ.
Benannter Verein hatte die Ehre, während des
Rachmittags, das Vereinslied Letzte Hose — Grad
so wie Du“ mehrmals zum Vortrage zu bringen.
was eines ungemein großen Beifalles wuürdig war.
—Eä—
zergknappenkapelle die schönsten Piecen, welche allt
derzen froh und aufgeräumt machten. So ver⸗
irich Slunde auf Stunde. Abends a8 Uhr er⸗
folgie· wiederum die Aufstellung des Zuges zur
deimkehr. Nach kleiner Pause begann hierauf am
Abend das Konzert inden Lokalitäten des oben⸗
enannten Restaurateurs, zu dems elbstverständlich
jur die Vereinsmitglieder Zutritt hatten. Die Fre⸗
suenz wurde von einem der Gemütlichen auf daz
rengste bewacht. — So hat der junge Verein sich
um ersten Male auf das beste qualifiziert und für
eine wahre * Volksfreude gesorgt.
27p hassel, 25. Maͤ. (Anfug.) Als ein
hiesiger Bürger am Samstag Nachmittag an den
Fisenbahntuunel kam, vernahm er in den nahen
Sirauchern ein herzzerreißendes Geschrei einiger
Vögel. Derselbe machte sich die Mühe, suchte die
Ztelle auf und fand auf einem Drosselneste die 8
ilten Voögel, die ihre Jungen füttern wollten, in
Schlöpfen“ erhängt. Schnell erkletterte er den
zaum; und befreite die beinahe schon halbtoten
Tierchen aus ihren Fesseln. Möge es doch der
Forstaufsicht oder der Polizei gelingen, jenen rohen
Zurschen ausfindig zu machen. — —
Vermischtes.
Saarbrücken, 20. Mai. „Das hüp⸗
fende Gespenst“, so betitelt der „Messin“ eine zum
venigsten gut erfundene Erzählung, die ihm aus
dem Bliesthal geschrieben wurde. Während des fürch⸗
erlichen Sturmes, der letzthin über dem Thal der
zlies mit einer Wucht ohne Gleichen sich entfesselte,
jatte sich der Schäfer von Bl. klugerweise in seinen
darren zurückgezogen, die Herde unter der Oberhut
einer treuen Juno, einer von Saargemünd bis
ßirmasens und Blieskastel unter diesem Namen
vohlbekannten Hündin in der Hürde zurücklafsend.
die Nacht breiteie ihren Schleier über die Felder
ings umher und selbst die nächstliegenden Gegen⸗
tande nahmen allmählich jene unbestimmte Form
m,“ welche furchtsamen Seelen Schrecken einjagt.
Da plötzlich fährt der Schäfer aus seinem Schlaf
ruuf und sfieht in verschwimmenden Umrissen ein
hantastisches Wesen vor sich mit einem langen
Zchwanz, das klägliche Thne ausstößt und mit der
tehendigkeit eines Seiltanzers auf der Deichsel des
datrens die gewagtesten Sprünge ausführt. Den
puten Mann packte die Angst, er griff nach der
Flinte und schoß sie auf das Gespenst ab; er fehlte
iber sein Ziel und fühlte plötzlich zu seinem
vachsenden Schrecken zwei zottige Arme seinen Hals
umschlingen. Da aber riß der Tapfere aus und
lüchtete dem Dorfe zu, gefolgt von Juno, deren
debell die fernsten Echos wachrief, und immer noch
hen unheimlichen Gast auf dem Rücken tragend.
Im Dorfe klärte sich die Sache auf. Der Schäfer,
jatte es mit einem Affen zu thun, der, vor dem
troͤmenden Regen Schutz suchend, durch seine un
jerstandenen Sprünge den Wunsch ausdrücken
vollte, an der Seite des Mannes in dem Karren
Blatz zu finden. Wie nachträglich bekannt wurde,
st derfelbe in Saarbrüden entschlüpft und sitzt
jegenwärtig bereits wieder in seinem Kafig, in der
Frinnerung an seinen tollen Streich und die Angst,
die er dem armen Manne eingejagt, schwelgend.
Dieser aber fühlt fich einigernaßen über den er⸗
titienen Schrecken durch das Trinkgeld getröstet,
das ihm von dem Eigenthümer des Affen zu Theil
vurde.
FGrajudice des Reichsgerichts)
Zoldrollen, welche mit der Bezeichnung ihres In⸗
jalts und mit einem zu dieser Bezeich ung in Be⸗
siehung gebtachten Namen versehen worden sind,
sönnen nach einem Erzeugnisse des Reichsgerichts
om 26. Oktober 1888 fur beweiserhebliche Pri—
zatuckunden gelten und es kann mithin das Be—
chreiben einer solchen Geldrolle mit einer wissent⸗
ich falschen Inhaltsangabe als, Urkundenfälschung
angesehen werden. — Die zu einem Dienstboten n
der Aufregung gethane Aeußerung: „Scheere dig
fort, ich kann dich nicht brauchen“, oder ahnlic
berechtigt nach einem Erkenntnißz des Reichsgericht
denselben keineswegs, den Dienst zu verlassen. Zu
ziltigen Entlassung gehört die Uebergabe des Dienfi
huches und Auszahlung des Lohnes. *
Mainz 22. Mai. Gestern brachten di⸗
tatholischen Mitglieder unseres Landtages dem neu—
ernannten Bischofe, Herrn Dr. Haffner, ihre Gta—
tulationen enigegen. Herr Frank hielt die Ansprache
an denselben. Herr De. Haffner dankte in herp
ticher Worten· ·
In Mainz' ist ein sich dort aufhaltender
bayerischet Unterthan, welcher in einem Wirths
hause über die Krisis der königlichen Kabinetskase
raisonirt und sehr wenig ehrerbietige Folgerungen
an diese Krisis geknüpft hat, wegen Majestätsbe—
leidigung zu zwei Monaten Gefängniß verurtheil
ward
fGerelberger 4nie eJu
brläum.) Das vorläufig festgestellte Programm
der Jubiläumsfeierlichkeiten ist folgendes: Montag
den 2. August: Empfang der Festgäste in *
Festhalle durch die Vertreter der Stadt. Dienstag
den 3. August: Festgottesdienst in der Heiliggeist—
tirche. Empfang der Deputationen in der Aula.
Abends: Schloßfest. Mittwoch, den 4. August:
Festakt in der Heiliggeistlirche, Festrede. Festmahl
im Museum. Abends: Fackelzug von der ge—
ammten Studentenschaft. Donnerstag, den 5.
August: Ehrenpromotionen in der Heiliggeistkirche
Miltags und Abends noch zu bestimmendes Fest
Freitag. den 6. August: Historischer Festzug
Abends: Allgemeiner Kommers in der Fefsthalle
Samstag, den 7. August: Verschiedene Ausflüge.
Abends; Schloßbeleuchtung. Gartenfeste mit Tanm
im Museum und der Harmonie.
Bexlin, 21. Mai. Hier eingetroffenen
Nachrichten zufolge stürzten gestern im Centralpark
n Newyork Frau Pendleton und Fräulein Pend⸗
eton. die Gattin respedie Tochter des hiesigen
amerikanischen Gesandten, aus dem Wagen, wobei
die erstere todt blib. J
f Berlin, 24. Mai!““ Der Allmeister der
deutschen Geschichtsforschung Leopold von
Rane ist in hohem Alter von über 90 Jahren
gestern Abend um 11 Uhr gestorben. —
Eine chronometrisches Kunstwerk befindet fich
seit ciniger Zeit in Castans Panoptikum in Ber—
in. Es ist dies eine Uhr, die nicht nur die Zeit
anzeigt, sondern auch Viertel · und ganze Stunden
schlägt und repetirt. Ebenso ist fie als Wederuhr
zu benutzen; fie meldet nach verschiedenen Zimmern.
vann es Zeit' ist, sich zu erheben. Zu gleicher Zeit
entzündet sich durch eine finnreiche Vorrichtung eine
Weingeistlampe, wie ein an der Uhr angebrachtes
Licht.“ Bald fuüͤngt auch das Wasser einer selbst⸗
thaligen Kaffee⸗ oder Theemaschine an, sein Lied
zu suͤmmen. Sobald das Getränk fertig ist, thut
der Telegraph wieder seine Dienste und meldet.
daß das Frühstück bereit ist. In diesem Augenblid
löst fich der Hebel eines Musikwerkes, und wenn
aun der Besiger eines derartigen Kunstwerkes er⸗
scheint, tönen ihm dessen Weisen entgegen. Unter
dem Zifferblatt der Uhr befindet sich eine Stahl⸗
scheibe, auf der ein Zeiger das Datum, sowie den
Auf⸗ und Untergang von Sonne und Mond an—
zeigt ⸗·⸗·
y Ein sensationeller Beirungs⸗ und Wu qhert⸗
prozeß. Aus Graz, 15. Mai, wird geschrieben
Seit Jahren hat hiet in Graz kein Prozeß so viel
Aufsehen erregt, als der am 11. gegen den Geld
derhliler Kach Hannemann und defsen Gatiin
Julianna begonnene. Das Ehepaar Hannemann
wird beschuldigt, bei einer Reihe von Opfern nu
100- 1000 pCt. genommen zu haben — doq
was bedeutet dies gegenüber dem Hauptfaktum, das
barin bestehie daß die beiden Angellagten einer
reichen, aber noch minderjährigen Erbin angeblich
nur 6600 fl. als Darlehen gaden, dafür zahlte die
Bewucherle bereits 24,000 fl. und war trotzdem
bei Beginn dieser Untersuchung noch 13,000 f.
schuidiq Karl Hannemann ertlärte sich im Zer
mine dereit, die Restforderung von 48.600 fl. au
28,000 fl. zu ermäßigen. Außerdem war das
Ehepaar angeklagt, 27 Personen, darunter Grafen
Sigmund Braida, Miron Ritter v. Cortie, mehtert
Offiziere, Staats⸗ und Gemeindebeamten, Schu⸗·
diener, Geschäftsleute, Witiwen ꝛc. gewerbemübit
bewuchert zu haben, wobei sie 1000, oft aber über
1000 bCt. nahmen. Die Angeklagten wurden zu