Full text: St. Ingberter Anzeiger

zunden, die in dem tropischen Klima sowohl für 
Offiziere wie Mannschaften sehr anstrengend sein 
nußten. 
Hiermit war die Expedition auf Neuirtland 
borlaͤufig beendet; der Albatroß kehrte nach Matupit 
zurück, versah sich neuerdings mit Kohlen und 
dampfte dann nach Neu ⸗Britannien, um einige 
Häuptlinge für ihre Vergehen zu strafen und zu 
diesem Behufe die Diwarra- Strafe einzutreiben. 
Das landesübliche Geld ist eine kleine weiße Muschel, 
Diwarra genannt. Diese wird durchlöchert, auf 
dünne, gespaltene Bambusfäden aufgereiht und zu 
zroßen, dicken Rollen zusammengelegt; ein paar 
Armlängen Diwarra ist z. B. der Preis eines ge⸗ 
wöhnlichen Kanoes. für Lebensmittel u. dgl. wird 
die Schnur nach Fingerlängen abgemessen. Da der 
Hauptling Toviringe von Kambaira, seine Strafe 
nicht bezahlte, wurde unter Leitung einiger benach⸗ 
harten Händler am 8. ein Detachement landein⸗ 
wärts kommandirt, um den Häuptling zu ergreifen. 
Das Haus desselben wurde erreicht und umstellt, 
mittlerweile hatte sich aber eine große Anzahl von 
Eingeborenen dersammelt, und die das Kommando 
begleitenden weißen Händler ließen sich dadurch 
einschüchtern und riethen, den Häuptling vor der 
Hand in Ruhe zu lassen, da sie das Landungs⸗ 
—X— 
des Widerstandes von Seiten der Eingeborenen er⸗ 
rolgreich vorgehen zu können. Dem Rath wurde 
entsprochen, die Nachsicht aber von den Eingebore⸗ 
nen offenbar falsch ausgelegt; denn als am folgenden 
Tage ein Detachement von 600 Mann aufs Neue 
landeinwärts kon mandirt wurde, griffen es die 
Eingeborenen in dem koupirten Terrain von allen 
Seiten an, und mehrere Matrosen wurden ver—⸗ 
wundet. Ein wohlgerichtetes Schnellfeuer des De⸗ 
achemenis machte jedoch allen Illusionen der Ein⸗ 
geborenen ein Ende und verjagte sie ins Innere. 
Auch auf dieser Expedition fehlte es übrigens an 
zuverlässigen weißen Führern; der mit diesem Amte 
heauftragte Händler führte das Detachement über 
eine Stunde in einem Zirkel herum, wodurch Zeit 
perloren ging und den Eingeborenen ermöglicht 
wurde, in großen Massen hetbeizueilen. Am 9. 
Nachmittags und am 10. bewarf der „Albatroß“ 
die Dorfschaften und Pflanzungen mit Granaten 
und Geschossen aus den Revolverkanonen und ging 
dann nach Nusa, Neu⸗Irland, um ein dort zurück⸗ 
gelassenes Detachement abzuholen. Auf dieser Tour 
gelang es, den früher entflohenen Mördern Camp⸗ 
bells in Libidur auf Schußweite nahe zu kommen 
und mehrere zu erschießen. Am 16. kehrte der 
streuzer wieder nach Neu⸗Britannien zurück und 
warf vor Kabakada, Nordküste der Gazelle-Halb⸗ 
insel, Anker. Es wurde nun den Häuptlingen 
Tolonglong von Kabalada und Toviringe von 
Kambaira mitgetheilt, daß ihnen eine Strafe von 
900 Faden auferlegt sei, dieselben ließen aber er— 
widern, daß es ihnen nicht einfalle, eine Strafe 
zu bezahlen und zogen sich rasch in das Innere 
des Landes zurück, wohin man ihnen nicht folgen 
lonnte, da die dem „Albatroß“ zu dieser Expe⸗ 
dition gegebene Zeit bereits abgelaufen war und 
derselbe sich nach einer anderen austraulischen 
Station auf die Reise machen mußte. Der „Al⸗ 
hatroß“ wird jedoch nach Beendigung dieser Mission, 
wie die „Nordd. Allgemeine Zeitung“ mittheilt, 
aach Neu-Britannien zurückkehren und sein Züch⸗ 
sigungs ˖ und Pazifikationswerk wieder aufnehmen, 
vas unseren braven Marinetruppen noch manchen 
jeißen Tag kosten wird. 
Mιασ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Zweibrücken, 22. Mai. Zur König- 
dudwigsfeier in München sendet der Stadtrath mit 
»inem Credit von 300 Mark die Herren Bürger⸗ 
meister Märcker und ersten Adjunkt Zorn als Dele⸗ 
girte der Stadt. (Pf. Zig.) 
gafferslautern, 27. Hiain Am 
Freitag, den 4. Juni Vormittags 8 Uhr, wird im 
Eintrachtsaale dahier der allgemeine Prüfungstermin 
im Konkursverfahren des Bankhauses F. Möser 
abgehalten werden. Bei einer Ueberschuldung von 
zirka 1,200,000 Mk. dürften kaum mehr als 20 
pCt. an die nicht bevorzugten Gläubiger zur Ver⸗ 
theilung kommen. — Morgen und übermorgen 
wer en die Mobilien des Konkursschuldners zur 
Versteigerung gelangen. 
— Steckweiler, 26. Mai. Heute ereignete 
sich in unserer nächsten Nähe ein schredlicher Un⸗ 
glücksfall. Der 18jährige Sohn des Oekonomen 
Wasem in Steingruben wollte nach Alsenz fahren, 
im Latten zu holen. Im Orte Cölln scheuten die 
ungen Pferde und der Führer kam so unglüclich 
uinter dieselben, daß er sofort eine Leiche war. Der 
Verunglückte ein hoffnungsvoller, besonnener, allge⸗ 
nein beliebter Jungling, war seinen Eltern eine 
inersetzliche Stütze. Beide werden allseitig tief 
zedauert. 
— Lambrecht, 25. Mai. Buchhalter Land⸗ 
heck von der Seidenpapierfabrik in Neidenfels sollte 
am verflossenen Freitag den Betrag von 3500 M. 
an das Bankgeschäft Daqus in Neustadt abliefern. 
Bis heute hat er weder das Geld abgeliefert, noch 
st er in seine Stellung wieder zurückgekehrt. 
— Ramstein, 26. Mai. Gestern gelang es 
den klg. Forstgehilfen Hautmann, klg. Forstaufseher 
Ziebecker und Schlaghüter Jakob Batt den schon 
ängere Zeit wegen Wilderei in Verdacht stehenden 
daufmann Hemmer von Ramstein in der Staats- 
valdabtheilung Unterschernau beim Anstande mit 
hewehr und Schießen auf einen Hasen abzufassen. 
rfin Genosse desselben, Kaufmann Hencich von da, 
vurde Tags darauf durch Haussuchung ermittelt 
ind gestand derselbe zu, schon öfters mit Hemmer 
inberechtigt Jagd ausgeübt zu haben. Die verdiente 
Strafe wird ihnen zu Theil werden. 
— Deidesheim. Nachdem die Bemühungen, 
die von Herrn Beraz aus München bezeichnete 
Zuelle in unserem Vorderwalde auch bei einer 
kiefe von za. 43 Metern (nach Beraz sollte sie bei 
8 bis 20 Metern vorhanden sein) zu finden er—⸗ 
olglos blieben, hat man das Weiterbohren aufge— 
seben und den ganzen Schacht zugeworfen, hat 
iber oberhalb des Michelsbrunnen Sbei einigen Metern 
Tiefe eine starke Quelle gefunden. Man erwartet 
sierin einigen Ersatz für das mißglückte Unternehmen 
m Gemminger, in dem man berechtigt zu sein scheint, 
innehmen zu dürfen, das vorhandene Wasser reiche 
rus, um mehrere laufende Brunnen in unserer Stadt 
peisen zu können. (N. 3.) 
FRheindürkheim, 25. Mai. Heute wurde 
im Rhein eine männliche Leiche geländet. Dieselbe 
ist sehr gut mit einem Tuch-Anzug bekleidet. Im 
Besitz des Ertrunkenen befand sich eine Cylinderuhr 
nit Kette und ein Taschentusch, welches J. F. ge⸗ 
zeichnet ist. 
*Ludwigshafen, 26. Mai. Bis Diens⸗ 
ag nächster Woche, am 1. Juni, tritt auf sämmt⸗ 
lichen deutschen Bahnen der Sommerfahrplan in 
draft. Das „Pfälzische Kursbuch“, nach 
umtlichen Quellen bearbeitet, erscheint dieser Tage 
and bis nächsten Samstag auf allen Bahnstationen, 
owie auf dem Wege des Buchhandels zu beziehen. 
Dasselbe wurde wiederum erweitert und enthält auf 
184 Seiten 580 Eisenbahnrouten und nahezu 2700 
kisenbahnstationen. Dabei sei erwähnt, daß dieses 
Fursbuch außer dem Fahrplan der Pfälzischen 
bahnen vollständig auch die Fahrpläne der 
zadischen, württembergischen und bayerischen Staats⸗ 
zahnen, der Reichsbahnen, sämmtlichen Bahnen in 
der Schweiz, einschließlich der Gotthardbahn, der 
Hessischen Ludwigsbahn, der Main-Neckar⸗Bahn, 
der linksrheinischen Eisenbahndirektion Köln und 
der ehemals nassauischen Bahnen enthalt und daß 
zie Fahrten der Dampfboote auf dem Rhein und 
dem Bodensee nicht minder berücksichtigt worden 
ind. Weiter möge bemerkt sein, daß die Fahr⸗ 
läne der anschließenden Bahngebiete wie der Eisen⸗ 
zahndirektion Frankfurt, Koln (rechtsrheinisch), Er⸗ 
urt, Hannover, Magdeburg und Berlin in über ˖ 
ichtlicher Aufeinanderfolge ihrer Hauptstationen 
wiedergegeben wurden und daß die Hauptlinien 
nach Amsterdam, Rotterdam, Vlissingen, Haag ꝛc., 
nach Antwerpen, Brüssel und Ostende, nach Paris 
und London, nach Wien, Venedig, Mailand und 
Rom ausreichende Aufnahme gefunden haben. — 
dinsichtlich der Verausgabung der einfachen Billete, 
der Retour⸗ und Rundreisebillete sowie der combi⸗ 
nirbaren Billete, der Bestimmungen über den Post⸗ 
und Telegraphenverkehr, der Postcurse ꝛc. bietet 
dieses „Pfälzische Cursbuch ausreichende Anhalts- 
punkte und die demselben beigefügte, von der litho— 
zraphischen Anstalt Rheinberger in Kaiserslautern 
jergestellte Eisenbahnkarte bringt das Bahnnetz von 
der Nord- und Ostsee bis zum adriatischen Meer 
m übersichtlicher Weise zur Darstellung. Ungeachtet 
dieses reichen Inhaltes bleibt auch diesmal der 
Breis des Cursbuches derselbe wie seithet — 40 
gfg. pro Exemplar — und wir glauben ein pfäl⸗ 
isches Unternehmen, dessen Absatz sich in 8 Jahren 
;on 1400 auf 14,000 Exemplare gesteigert hat 
der pfalzischen Bevölkerung um so mehr empfed 
zu dürfen. 
Vermischtes. 
rNeunkirchen, 26. Mai. Wie wu o, 
zuderlässiger Quelle erfahren, wird infolge de w 
dem 1. Oktober d. Irs. in Wirkung tretenden 
weiterung des Planes der königl. preuti 
zlassen · Lotterie eine Lotterie-Kollekte mit g 
eigenen Einnehmer in Neunkirchen geschaffen * 
den. Diese Veranstaltung ist um so mehr zu 
grüßen als damit die Lage und Bedeutung de 
irchens an maßgebender Stelle anerkanni wurd 
Durch Errichtung einer koönigl. preußischen — 
Zollekte an hiesigem Orte wird ein in den — 
der Interessenten lange gehegter Wunsch verwirklich 
Es fallen dadurch viele Erschwerungen weg, we 
früher zu der Erlangung eines Looses binderi 
waren, und wird dadurch das Publikum von den 
wenig Chancen bietenden Werthlotterien sich ch 
wenden. Hoffentlich sind wir in der Lage, in d 
nächsten Zeit näheres hierüber mittheilen zu können 
Saar⸗ u. Bl.Zig) 
Mannheim, 26. Mai. Vermißt wird sa 
gestern Morgen 8 Uhr ein hiesiger ehrenwerihe 
Geschäftsmann, der schon seit einigen Tagen Anfäl— 
von Schwermuth zeigte. Die tiefbekümmerte Fru 
hat heute Vormittag den Fall zur Anzeige gebratht 
Aus Spiesheim wird folgender tragisg 
Fall mitgetheilt: Als das letzte Unwetter herun— 
nahte, ließ ein Wirth seine sammtlichen Gäste den 
Barten räumen und wies denselben Plätze in se 
nem Hause an, da aber zu viel Gäste da waren 
—A 
bracht werden. Einer der Gäste bewunderte dabe 
den im Zimmer des Wirthes aufgestellten Waßfen 
schrank und nahm eine Flinte aus demselben her 
aus. Zum Unglück war das Gewehr geladen und 
entlud sich dasselbe aus Unyporsichtigkeit, die Kuge— 
zerschmetterte dabei nicht allein einem Manne di 
eine Hand, sondern dieselbe drang sogar einer Fra 
in die Brust und liegt die Unglückliche hoffnungslot 
darnieder. Die Untersuchung gegen den Thäter if 
eingeleitet. 
FWetzlhar, 25. Mai. Hier hat gesterr 
Abend eine Windhose ensetzliche Zerstörungen ange 
richtet. Die Maschinenhalle des Bahnhofes und 
zwei Fabrikschlote sind eingestürzt, mehrere Dächer 
wurden abgehoben, Lahnkahne in die Luft geschlen⸗ 
dert und ganze Waldstriche umgeknickt. 
fAus Bahyer, 24. Mai. In der Gegend 
von Deggendorf herrscht seit diesem Frühjahre eir 
reges Leben. Die Schürfungen und Untersuchungen 
auf Gold, welche eine Berliner Firma hat vor 
nehmen lassen, waren von gutem Erfolge begleiteh 
denn angeblich werden in Hunding, dem Mitte 
hunkte jener Bergbauunternehmungen, Schmelzöfen. 
Schmiede und Goldwäscherer gebaut, um die Auß— 
veute der Goldgruben gleich verarbeiten zu können 
Vorläufig sind bei dem Bergbau erst 40 Mam— 
heschäftigi; doch werden nächstens noch 20 angestelt 
6in tüchtiger Distanzritt) Eu 
Offizier in Erlangen legte infolge einer Wette der 
Weg von Erlangen nach Bamberg in 5 Stunden 
3 Huinuten zuruck. Da die Entfernung ca. 90 
Zilometer mußte ein Kilometer durschschnittlich in 
792 Minuten zurück-gelegt werden. 
Erfurt, 25. Mai. In Altkersleben be 
Arnstadt hat ein gestern niedergegangener Wolken⸗ 
druch großen Schaden angerichtet, mehrere Personen 
ind verunglückt, verschiedene Häuset sind vom 
Wasser niedergerissen, zahlreiche Aecker sind verwüstet 
Finige hundert Slück Vieh kamen in dem Wasser um 
Ein Ballon zu wissenschaftlicher 
Versfuchszwecken.) Der Luftschiffer Lattmanr 
n Berlin, bekannt durch seine Wolkenreise ohn 
Hondel, ist gegenwärtig mit der Konstruktion eine⸗ 
neuen Ballons beschäftigt, der interessanten Berutn 
dienen soll. Der neue Ballon, der um eswa 10 
ubikmeter größer sein wird, als der Rotateit 
oll an seiner unteren Seite einen vollständige 
Fallschiim von 22 Meter Umfang bilden. 31 
Latteman wird bei den Auffahrten mit diesem n 
on, die ebenfalls von der Flora“ aus — 
werden, denselben urploßlich entleeren, sobald 
eine gewisse Höhe erreicht hai, um dann die An 
sahigteit des Fallschirms zu erproben. Man 
Jespannt sein, wie diese Versuche ablaufen wer 
zie für etwaige Unfälle mit einem Ballon v 
groͤßter Wichtigkeit sind. 
F Ueber, Miitär⸗Spitznamen“ in Preus