Full text: St. Ingberter Anzeiger

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greibt die „Deutsche Heereszeitung“ u. a. folgen⸗ 
Die Infanterie wird von der Kavallerie die 
Lindhasen· und „Furchenhopser“ genannt, wofür 
sich mit dem Ausdrucke „Pferdeknechte“ ent⸗ 
hadigt. Im Berliner Volkswitz heißen die Mus—⸗ 
Mere Weisgerder“, die Füsiliere „Schmierlacks 
mngen“, die Kürassiere .Mehlsäcke“?, die Husaren 
gndfäden“. die Ulanen „Paddenstecher“, die Pio— 
Maulwürfe“? und der Train ,reitende Bäcker“, 
niere „V 89 75663 
die Bezeichnung „Maikäfer für das Gardefüsilier⸗ 
Fegiment, früher Spottname, jetzt aber zum volks⸗ 
humlichen Ehrentitel geworden, kommt daher, weil 
¶ früher in verschiedenen Garnisonen vertheilte 
degiment regelmäßig im Mai nach Berlin zu Ge⸗ 
ammtübungen zusammengezogen wurde. Die rothen 
zusaren heißen Glühwürmer“, die Garde-Jäger 
Zaubfrösche“, die Artillerie „Leichenbitter“, weil 
wie solche hinter den Geschützen einhergehen. 
das achte Regiment heißzt wegen der Form der 
cht auf den Achselklappe ,Bretzelgarde“, und das 
Afte nennt sich „Streichhölzet“. Die Neunund⸗ 
eunziger heißen „Apotheker“ und das sechste Hu— 
sarenregiment — 
hird hervorgehoben als „Spinat mit Ciern“. 
pBräüfsel, 26. Mai. In Gent sind scheuß- 
che Sittenstandale ans Licht gekommen. Ein un⸗ 
noralischer Klub, genannt Cravates noires, hat 
dort lange bestanden. Viele hochstehende Personen 
Fer liberalen und klerikalen Partei sind schwer kom⸗ 
vromittiert. Bereits sind 57 Personen in Unter⸗ 
juchung gezogen worden. Eine Reihe Selbstmorde 
st die Folge davon. (Frkf. Zig.) 
Paris, 27. Mai. Gestern Abend ging 
her Bordeaux eine Windhose hinweg und richtete 
reträchtliche Verwüstungen an. Zahlreiche Per— 
onen wurden verletzt. 
Gie rechhte Mitte.) Der Bischof von 
Imiens, de la Motte, war einer der vortrefflichsten 
ranzosischen Prälaten. Der liebenswürdige Greis 
jeble den Witz. Eine vornehme Dame entdeckte 
im einst ihre Zweifel und Gewissensskrupel über 
den Gebrauch der Schminke und bat um Entschei⸗ 
dung, ob Schminken eine Sünde sei oder nicht. 
Madame,“ entgegnete der Bischof, „einige Kasu⸗ 
sten untersagen Ihnen den Gebrauch der Schminke 
ils eine Todsünde, andere hingegen erlauben es ohne 
die geringste Einschränkung. Ich bin dafür, daß 
nan in allen Dingen weder zu viel noch zu wenig 
hue und stets die rechte Mitte halte, daher erlaube 
ch Ihnen ohne Bedenken, sich die eine Seite Ihres 
Gesichtes zu schminken.“ 
(En verunglückter Jockey) Bei 
dem großen Rennen in Vincennes bei Paris stürzte 
die Stute „Margot“ und der Reiter, Jockey Turm— 
bul, wurde auf der Stelle geiödtet. Einige der 
mwesenden Damen klatschten in die Hände und 
riefen: „Gott ser Dank daß nur dem schönen Pferde 
nichts geschehen!“ Diese Aeußerung rief bei den 
massenbaft anwesenden Arbeitern einen solchen Sturm 
herbor, daß die Kutschen dieser Damen umringt 
vurden und es sicherlich zu blutigen Scenen ge⸗ 
ommen wäre, wenn nicht Herr v. Tupell, Sekre⸗ 
sär des Klubs, den glücklichen Einfall gehabt hätte, 
laut zu rufen: „Turmbul hat eine Wittwe und 
drei Waisen hinterlassen, wer spendet etwas für 
sie?“ Die zitternden Damen warfen ihre Geld— 
hörsen in den Hut, im Stillen froh, daß sie ihre 
derzlosigkeit nicht theurer bezahlen mußten. Dies 
deruhigte die Arbeiter wieder und sie begnügten 
* auf das ewig Weibliche schimpbfend. weiter zu 
jehen. 
1Madrid, 26. Mai. In der Nitroglycerin⸗ 
fabrik von Alduya (Provinz Valencia) fand eine 
Explofion von Glyerin statt. Die Fabrik wurde 
zerstött und 13 Personen getödtet. 
F Stierfechterinnen. Am 9. Mai 
fand zu Nimes ein Stiergefecht statt, bei welchem 
neben fünf männlichen Toreros auch drei Stier⸗ 
iechterinnen in Thätig?eit traten. Unter Leitung 
des Matadors Frutos vollzog die mit prächtiger 
panischer Gewandung ausgestattete Gesellschaft ihren 
RKundritt durch die Arena, worauf das eigentliche 
Zefecht seinen Anfang nahm. Das furchtbare 
Schauspiel erreichte seinen Höhepunkt, als die 
„Damen“ ihre „Arbeit“ begannen. Der Stier, 
welcher der ersten von ihnen, einem Fräulein Be— 
nita del Amo, entgegengestellt wurde, ein mächtiges 
schwarzes Thier, verstand aber keinen Spaß und 
warf das zarte Geschöpf zu Boden. Mit Muüthe 
gelang es den Herren Stierkämpfern, ihre Kollegin 
don ihrem Angreifer zu vefreien. Auch die deiden 
andern Damen batten mit ibren Geanern kein son 
erliches Glück und einer von ihnen wäre beinahe 
on einem wüthenden Stier der Korper aufgerissen 
vorden. Das abscheuliche Schauspiel fand seitens 
»es Publikums die rauschendste Anerkennung. 
7 Katania, 26. Mai. Die Lava rückt 70 
Meter per Stunde vorwärts und hat bereits Monte 
Rocilla überschritten, das Kloster in Nicolosi erreicht 
ind viele Weingärten bedeckt. Die Auswanderung 
rnimmt zu. 
F Katania, 27. Mai. Der Lavastrom ift 
in Ricolosi, den höchstgelegenen Ort auf dem Aetna, 
»ingedrungen. Von hier und Messina sind Mun⸗ 
ipalgarden und Pompiers mit Karren zur Hülfe⸗ 
eistung abgesendet worden. Unterstützungen und 
Wohnungen zur Aufnahme der Flüchtlinge werden 
vorbereitet. 
(Achtmal um den Erdball. In 
Theshire ist dieser Tage ein würdiger alter Staats⸗ 
ziener in seinem 81. Lebensjahre gestorben. Adam 
Shaw — gemeinhin „Old Adam“ genannt —— 
jaite unter allen Postbriefträgern in 
5ẽngland die längste Dienstzeit. da er im Jahre 
843 in Altrincham. bei Manchester, angestellt und 
erst im Jahre 1884 pensionirt wurde, ohne daß, 
wie bei seinem Rucktritt konstatirt wurde, auch nur 
eine einzige Beschwerde gegen ihn zur Anzeige ge— 
angt war. Er hatte eine tägliche Runde von 20 
Meilen abzulaufen, und hat somit dienstlich 212,520 
Meilen zurückgelegt. was so ziemlich einer achtmaligen 
Zilgerfahrt um den Erdball gleichkommt. 
F Aberrglauben. In Guildford 
darb ein 74jähriger Arbeiter nach 40tägigem 
Fasten, wozu er vor einiger Zeit den höheren Be— 
ehl durch eine innere Stimme erhalten zu haben 
laubte. Während der vierzig Tage rauchte er be⸗ 
zändig und trank Thee ohne Milch und Zucker 
dazu. Leider bewirtheten ihn seine bewundernden 
Freunde am Schlusse seiner Fastenzeit mit einer 
dammelkeule; er aß zuviel davon und starb. 
4 Professor De. Schwenninder geht, wie 
chon mitgetheilt worden, gegen Ende dieses Mo—⸗ 
nats nach Petersburg, zum Kaiser Alexauder. Der 
Zar leidet zum Theil an demselben Uebel, welches 
den deutschen Kanzler gequält. Von dem Gesichts⸗ 
chmerz, der mit rheumatischen Schmerzen in anderen 
Theilen des Körpers wechselte, ist Alexander III. 
allerdings verschont geblieber, aber er glaubt doch 
der Schwenninger Kur zu bedürfen, weil er, von 
der Natur ohnehin schon mit einem zu kräftigster 
FIntwickelung geneigten Körper ausdestattet, durch 
eine besondere Lebensweise diese Entwickelung noch 
ördert. Es ist eine Lieblingsgewohnheit des Zaren, 
in Sommertagen ein weiches Rasenplätzchen auf⸗ 
usuchen, und, auf dem Raucken ausgestreckt, stunden⸗ 
ang dem Zuge der Wolken auf dem Hinemelsge⸗ 
völbe mit dem Blicke zu folgen. Im Winter aber 
aßt der Zar auf die Teppiche seines Gemaches 
eine Anzaul von Plaids legen, und auf diese künst 
iche Rasenfläche gelagert, bringt er in stillem Nach⸗ 
denken Stunden ruhiger Zurückgezogenheit zu. Das 
fördert nattürlich die Zunahme der Leibesfülle, und 
da der Zar kein sonderlicher Freund von starker 
Bewegung ist, so bedarf es wohl eines quantita⸗ 
tiven ärztlichen Willens. um ihn zur Einhaltung 
eines Regimes zu veranlassen, das ihn vor den 
immerhin möglichen Folgen, die seine bisherigen 
GBewohnheiten auf sein Bifinden üben konnten, 
chützen soll. Die Schwenninger Kur ist dekanntlich 
keine kurzdauernde, und so muß sich der Zar darauf 
jefaßt machen, viele Monate den Diltaten des 
Berliner Urztes zu folgen. 
4 Das älteste schwimmende Kauffahrtei⸗ 
schiff ist die Barke „True Love“, (Treue Liebe), 
die im Jahre 1764 in Philadelphia gebaut wurde 
ind in dem ehrwürdigen Alter von 122 Jahren 
ioch heute im aktiven Dienst steht. 
fG6 Jabre im Irrenhautze) Seit 
em Jahte 1840 ist in der Irrenanstalt Pont Saint⸗ 
Come in Montipellier der Millionär Jean Mistral 
rageblich als wahnsinnig eingeschlossin. Seit 14 
Jahren bemüht sich ein Verwandter desselben um 
eine Freiheit. — Jean Mistral hatte als ver—⸗ 
chwenderisher Soͤhn eines geizigen Vaters etwas 
ber die Schnur gehauen war wider den Willen 
seiner Fam lie ins Ausland gegangen, hatte in 
Polen eine Theatecsäagerin, Ftl. Dombrowska ge⸗ 
heitathet und den Heimweg nach der schönen Pro— 
bdenc⸗ ang'tretina, ais sein Geldbeulel leer war. Er 
ettelte sich mit Frau und Kind, singend, durch 
Deutschlaus und Frankteich durch und langte in 
inem jämm rlich n Aufzuge neben »inem mageren 
Faul, der einen elenden Karren zoq. in seiner Ge- 
hurtsstadt Saint⸗Roͤmy an, als sein Vater mit 
einem Vetter und Bekannten eben vor einem Kaffe⸗ 
hause saß. Der Alte sprang grimmig auf, packte 
den Sohn rauh an, schrie: „Er ist verrückt“ und 
rief Polizisten herbei. Nach verschiedenen Auf— 
tritten wurde Jean Mistral im Auftrage seines 
Vaters im Irrenhause untergbracht und seine Frau, 
deren Verbindung mit dem jungen Manne in 
Frankreich noch nicht legalifirt worden war, mit 
Schimpf und Schande davongejagt. Ihr Kind 
tarb, sie selbst ging später eine andere Ehe ein, 
ebte aber noch vor drei Jahren und erschien damals 
ils Zeugin vor Gericht. Der Vater Mistral war 
nzwischen mit Hinterlassung eines großen Ver—⸗ 
noͤgens gestorben, das an seine zwei Kinder, eine 
yerheirathete Tochter und den angeblich Wahnsinnigen, 
ijel. Der Mann und später der Sohn dieser Frau 
Bernard⸗Mistral verwalteten das Vermögen des 
S„chwagers und Onkels, welches sich heute mit 
Zinseszinsen auf sechzig Millionen belaufen soll. 
Han behauptete, dieser wäre im Laufe der Jahre 
noch verrückler geworden und könnte nicht mit ver⸗ 
aürftigen Leuten verkehren, als ob ein mehr als 
dierzigiähriger Anfenthalt unter Tollhäuslern nicht 
ven kräftigsten Geist schwächen könnte. Nach vielen 
zergeblichen Schritten wurde endlich der Gerichts- 
sof von Taras con von der Staatsanwalt mit der 
Angelegenheit betraut. Dieser beschloß, Jean Mistral 
elbst zu vernehmen. Der Siebzigjährige antwor— 
ete verständig, wenn auch mit allen Zeichen der 
Schüchternheit, und das Gericht verfügte seine 
xreilassung. Die Regelung seines Vermoͤgens be⸗ 
chäftigt jetzt natürlich die Betheiligten mehr, als 
die späte Gerechtigkeit gegen einen Greis, dem 46 
Jahre seines Lebens gestohlen worden sind. 
Goldentdeckung in Patagonien) 
In der argentinischen Republik ist das Goldfieber 
usgebrochen und zwar infolge von Meldungen 
iber die Entdeckung des kostbaren Metalls in Pa⸗ 
tagonien. Die Regierung hat 200 Bittschriften 
ür das Recht zum Goldgraben in dem Distrikte 
stio Gallegos (wo das Erz gefunden sein soll) er⸗ 
Jalten, und geschlossene Gruppen gehen regelmäßig 
don Buenos Ayres nach den Goldfeldern ab. Der 
„Buenos Ayres Standard“ sagt. daß, wenn diese 
Goldgruben fich als so reich erweisen, wie erwartet 
vird, die Regierung sich nicht besonders bemühen 
ȟrfe, Kolonisten und deren Familien nach Rio 
Ballegos zu senden, da 20,000 Menschen in das 
Thal strömen würden, wenn dieser Goldfund in 
Furopa bekannt wird. Jiu Europa sind bereits 
Maschinen bestellt worden, und eine Gesellschaft 
vurde begründet. welche die Bergwerke mit besseren 
Flementen ausbeuten wird, als solchen, wie sie 
zegenwärtig von den Goldgräbern aus Punta Arenas 
denutzt werden. Während in früheren Jahren drei 
Golddollars im Tag der durchschnittliche Erwerb 
der Goldwäscherei war, verdienen die Goldwäscher 
etzt zwanzig Golddollars im Tag, und eine oder 
wei Gruppen haben 20,000 Golddoslars in zwei 
Monaten gemacht. 
F Verfehlt. Lieutenant v. N. (der Kom⸗ 
tesse von N. galant eine Rose überreichend): „Ich 
muß an Sie denken, mein gnädiges Fräulein, so 
oft ich eine Rose sehe. Aber denken Sie auch 
manchmal an mich armen Kabvalleristen ?“ — 
domtesse: „Gewiß, Herr Lieutenant — so oft ich 
ein Pferd sebe!“ 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 27. Mai. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
ualienmartt.) Weizen O M. — Pf. Korn 7 M. 40 Pf., 
Berste zweiteihige d M. — Pf., vierreihige O M. — Pf. 
Spelz õô M. — Pf., Spelzkern — M. — Pf., Dinkel 
— MVi. — Pf., Mischfrucht O M. — Pf., Hafer 6 M. 
49 Pf., Erbsen O M. — Pf. Wicken O M. — Bf, 
hdeu8 M. 50 Pf., Stroh J.Qual. 2 M. 40 Pf., II. Qual. 
M. — Pf., Kartoffeln M. ð0 Pf., Weißbrod 1!/ Kilo 
50 Pf., Kornbrod 3 Kilo 60 Pf. Gemischtbrod 8 Kilo 
75 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
54 Pf., II Qual. 48 Pf., Kalbfleisch 50 Pf., Hammel⸗ 
leisch 50 Pf., Schweinefleisch 50 Pf. Wein 1 Liter 80 Pf. 
Bier 1 VLiter 24 Pf., Butter /3 Kilogr. 1M. — pi. 
Homburg, 26. Mai. (FIruchtmittelpreis und Vik⸗ 
ualienmarkt; Weizen 9 M. 25 Pf., Korn 7 M. 34 Pf., 
Spelzlkern ¶ M. — Pf., Spelz 0O M. — Pf., Gerste 
2reihige O M. — Pf., Gecste Areihige O M. — Pf., 
hafer 6 M. 61 Pf., Mischfrucht O M. — Pf., Erbsen 
— M. — Pf. Wicken 0 M. — Pf., Bohnen 0 M. 
— Pf., Kleesamen — M. — Pf. Kornbrod 6 Pfund 
60 Pf. Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf,. Ochsenfleisch — Pf 
Rtindfleisch 50 Pf. Kalbfleisch 50 Pf. Hammelfleisch — Pf 
Schweinefleisch 530 Pf, Butter 1 Psund 1M. — Pf. 
Artoffeln per Zeniner 2 M. — Pij. 
Feär die Nehalbinn verantwortlich & FMPemek