Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Junherter Anzeiger 
40 4 —48 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
* St. Iunaberter Auzeiger“ erscheint wbchentlich funfmal: Am Montag, Dieustag, ODonuerstag, Aametag urt 2tag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungb 
jiau und Sonntagk mit Dseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1 M G6d A einschließtich Tragerlohn; vurch die Post bezogen 1A 75 —, einschließli 
A Zustellungkatbuhe. Die Einrückungsgebühr sfar die 4gespaltene Barmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche 
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13.0, Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrtiickung wird nur dreimalige berechnet. 
Sonntag, 30. Mai 1886. —— 
X Iios. 
Bestellungen 
auf den 
„St. Ingberter Anzeiger“ 
J fuür den Monat 
Juni 
nehmen fortwährend an: die Posianflalten, die 
hoftboten. die Umträger und 
Die Expedition. 
dätten haben die Arbeitgeber den achtstündigen Ar⸗ 
heitstag bewilligt, in andern haben die Arbeiter 
nachgeben müfsen. Genauere Uebersichten über den 
Erfolg des Streils liegen aber noch nicht vor. Der 
Statistiker Bradsteets veranschlagt allein den Lohn« 
derlust der Arbeiter in Folge der jüngsten Streiks 
in den Vereinigten Staaten auf ungefähr 2,802,006 
Dollars, die durch Verzögerung und Vernichtung 
von Kontrakten verursachten Verluste in Höhe von 
2,105,000 Dollars. Neue Geichäfte im Umfange 
von 25,000,000 Dollars wurden aus Furcht und 
Ungewißheit aufgegeben. Dies ereignete sich haupt⸗ 
sächlich in den Baugewerken, wo die Verluste in 
Städten fich auf 20 Millionen Dollars anhäuften 
Begenwärtig befinden fich noch 50,000 Arbeiter 
im Streik. Die Möbelfabrikanten von St. Louis 
schlossen am 22. ds. ihre Fabriken, nachdem sich die 
Arbeiter geweigert hatten, auf einen zehnstündigen 
Arbeitstag einzugehen. 2000 Arbeiter werden auf 
diese Weise beschäftigungslos. 
fluchtet haben soll. Der Moͤrder ist aus Rammels⸗ 
bach gebürtig, heißt, der „K. Ztg.“ zufolge, Bauer 
und ist als exzessiver Bursche bekannt. Die Nachfor⸗ 
schungen blieben bis jetzt ohne Resultat und lassen 
unzweifelhaft. ob der Morder überhaupt in hiesiger 
Gegend weilt. Der so unglücklich gestochene junge 
Mann in Hermeskeil erlag am Tage nach der That 
seiner schweren Verletzung. 
— Sil;z, 26. Mai. Ein ganz junges Reh, 
von der Größe einer Katze, dessen Mutter wahr⸗ 
fcheinlich zum ersten Male geworfen und vielleicht 
durch Wilddiebe erlegt wurde. befindet fich, von 
Schulkinder überbracht, im Besitze des Herrn Bur⸗ 
germeisters Nunold von Silz, der es mit Milch 
aufzieht. Dasselbe trinkt wie ein Kind mit dem 
Nuller und ist recht munter. Sein Schlafkamerad 
ist der Dachshund des Herrn Bürgermeisters. 
6E. W.) 
— Kirrweiler, 27. Mai. (G.) Vor einigen 
Tagen erkrankten plötzlich und ganz auffallend 2 
Knaben eines hiesigen Fabrikarbeiters im Alter von 
8 und 10 Jahren, von denen gestern der jüngere 
unter den Anzeichen einer Vergiftung gestorben ist, 
wahrend der andere noch mit dem Tode kämpfen 
resp. ebenfalls rettungslos darnieder liegen soll. 
— Ludwigshafen. Schreinermeister Eckert 
jr. ist nun doch verhaftet worden. 
Vermischtes. 
Sieben Gebote, um das Augenlicht 
bis in das hohe Alter hinein zu bewahren. 1) 
Wenn die Augen beim Arbeiten irgenwie wehe thun 
oder wenn es fleckig vor ihnen schimmert oder das 
Sehen undeutlich wird, dann lasse sie rasten und 
von der Arbeit wegsehen. Nach vollkommener Ruhe 
für einen Augenblick oder länger magst du die 
Arbeit wieder aufnehmen, mußt aber, sobald die 
Augen abermals ermüdet sind, innehalten. 2) Achte 
darauf. daß das Licht genügend sei, und daß es 
zehörig auf deine Arbeit falle, am besten von oben 
oder von der linken Seite. 3) Wenn du schwache 
Augen hast, so lese niemals im Pferdebahn⸗ oder 
Eisenbahnwagen. 4) Lese niemals liegend. Schwach⸗ 
fichtigkeit ist nicht selten auf die berderbliche Ge⸗ 
wohnheit des Lesens im Bette zurückgeführt worden. 
5) Lese nicht viel während des Genesens von einer 
Krankheit. 6) Die allgemeine Gesundheit sollte 
durch eine gute Kost, genügenden Schlaf, frische 
Luft, Körperbewegung, gesundes Vergüngen und 
eine schickliche Beschränkung der Stunden harter 
Arbeit aufrecht erhalten werden. 7) Nimm dir 
gehörige Zeit zum Schlafen. Wer viel zu lesen 
hat, bedarf in besonderem Maße eines nicht zu 
lurzen Schlafes. 
F Metz, 25. Mai. Ein Bewohner von Ban 
St. Martin fand dieser Tage in dem Walde bei 
Gravelotte ein Nest mit 8 jungen Wölfen, welche 
er an sich nahm. Noch ehe er den Wald verlassen 
konnte, hatten ihn die alten Wölfe eingeholt, und 
es blieb ihm nichts Anderes ührig, als so rasch 
wie möglich einen Baum zu erklettern, auf welchem 
er mit den Jungen im Arm bis Nachmittags 8 
Uhr sitzen bleiben mußte, da ihm erst zu dieser 
Zeit Hijfe von anderen Waldbesuchern zu Theil 
wurde. Die jungen Thiere wurden von dem Vle⸗ 
nageriebesitzer Fick auf der Maimesse angekauft. 
Trier, 26. Mai. Die Vermehrung der 
Garnisonen an unserer Westgrenze bildet nach wie 
vor ein vielbesprochenes Thema in der Tagespresse. 
Jedenfalls ist die thatsächliche Verstäckung der rei⸗ 
tenden Artillerie. wie sie sfür Tiier und Saarlon 
Deutsches Reich 
Müuͤnchen, 27. Mai. Se. Maj. der König 
st von der Absficht, nach Hohenschwangau sich zu 
degeben, ab gelommen und wird dem Vernehmen 
nach mehrere Wochen in Linderhof verbleiben. 
Berlin, 27. Mai. In Innungskreisen 
vird die Errichtung von Verbandskrankenkassen ge⸗ 
lant. Belanntlich hat der Reichstag ein Gesetz 
mngenommen, das den Innungsverbänden Korpo⸗ 
anonsrechte gewährt. 
Verlin, 27. Mai Der Bundesrath hat vor 
zurzem beschlossen, daß die Münzstätten, insoweit 
die' zur Ausprägung von Einpfennigstücken not⸗ 
wendigen Platichen von ihnen hergestellt werden, 
ür die Anfertigung derselben eine Vergütung von 
26 Pfg. für das Pfund der zur Verwendung ge⸗ 
ommenen Plaͤtichen erhalten. 
Berlin, 27. Mai. Nach den saatisttschen 
ẽrmittelungen des Vereins deutscher Eisen- und 
Sztahl · Industrieller belief sich die Roheisenproduktion 
des Deutschen Reiches (einschließlich Luxemburgs) 
m Monat April 1886 auf 291221 Tonnen, 
daruntet 137299 Tonnen Puddel⸗Roheisen, 9800 
Tonnen Spiegel eisen, 38096 Tonnen Bessemer⸗ 
Roheisen, 78514 Tonnen Thomas .Roheisen und 
36612 Tonnen Gießerei⸗Roheisen. Die Produktion 
m April 1885 betrug 300856 Tonnen. Vom 1. 
Januar bis Ende April 1886 wurden produzirt 
1145336 Tonnen gegen 1242794 Tonnen im 
Votjohr. 
Von der Rückberufung deutscher Offiziere, 
delche fich mit Urlaub in Frankreich aufhalten, ist 
in den dem Preußischen Kriegsministerium nahe⸗ 
tehenden Kreisen nichts bekannt. Die betreffende 
Pachricht wurde von süddeutschen Blättern gebracht. 
Immerhin wird es als sehr erklärlich erachtet, daß 
nan bei Beurlaubungen von Offizieren nach Frank⸗ 
eich jeßt mehr wie je nach Erlaß des französischen 
Spiongesetzes Vorsicht beobachten wird. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
SO St. Ingbert. Die allgemeine Fort— 
bildungskonferenz für den Bezirk Blieskastel ˖St 
Ingbert wurde am Donnerstag, den 27. ds. Mts. 
im Saale der Frau Wittwe Grewenig dahier ab— 
gehalten. Dieselbe wurde nach Absingung des Liedes 
„Hör' uns, Herr!“ um 9 Uhr von Herrn Haupt⸗ 
lehrer Hagenbucher eröffnet. Herr Kreisschulinspeltor 
Lehmann aus Speyer, sowie die beiden Herren 
Distriktsschulinspektoren Dengel und Ferckel beehrten 
dieselbe mit ihrer Anwesenheit. 
Die Themata, welche zur Behandlung kamen 
waren folgende: 
1. Wichtigkeit des Zeichenunterichtes für das 
praktische Leben; Entwickelung desselben im allge⸗ 
meinen, speziell in der pfälzischen Volksschule; Ziel, 
Stoffauswahl, Stoffoerteilung nach der pfälzischen 
Lehrordnung. 
2. Unterrichtliche Behandlung von 3 vorge⸗ 
schriebenen Figureen. 
3. Darlegung des Betriebes der geometrischen 
Formenlehre in der 4. Klasse der Volksschule. 
Die Herren Referenten Lehrer Kaufmann- 
St. Ingbert, Zickgraf⸗Erfweiler, Lehmann⸗Blies 
kastel und Neurohr ˖ Alschbach hatten ihre Aufgabe 
zur allgemeinen Zufriedenheit durchgearbeitet, so daß 
Zerr Hauptlehrer Hagenbucher ihnen den Dank der 
Bersammlung aussprechen konnte. Mit einem Hoch 
auf unsern allergnädigsten Landesdater und Pfalz⸗ 
grafen König Ludwig II. und Abfingung des Liedes 
„Herbei, Herbei, du trauter Sängerkreis“ wurde 
die Konferenz gegen 3 Uhr geschlossen. 
— Zweibrrücken. Als neulich eine Fuhre 
bei der N.'schen Brauerei Malzträber holte und der 
Eigenthümer derselben behufs des Bezahlens sich 
entfernt hatte, nahten sich zwei Buben im Alter 
don 12-14 Jahren, nahmen sich von dem frischen 
Malz, soviel sie in ihren Taschen unterbringen 
sonnten und verspeisten es handvollweise mit größtem 
Appetit. Der eine nun, den das reichliche Malz 
zu drücken schien, kam auf folgende originelle Idee. 
Er setzte sich nämlich unter eine der vorgespannten 
Zühe und begann dieselbe zu mellken, indem er sich 
die gute warme Milch mit sichtlichem Wohlbehagen 
in den Mund stroͤmen ließ. 
— Kusel, 26. Mai. EGuche nach einem 
Mörder.) Seit einigen Tagen ist die hiesige Gendar— 
merie in eifriger Thätigkeit, um nach dem Satiler⸗ 
gesellen zu forschen, der in Hermeskeil einen Mord 
qungen und sich nach seiner Heimathsgegend ge— 
J Auslaud. 
Französische Flottenmandver. Die 
ranzoͤsische Mittelmeer ⸗Flotte fuhrt in den nächsten 
Tagen großere Mandver aus und ist deßhalb von 
Toulon aus in See gegangen. Bei diesen Manb⸗ 
xn operiren die beiden Abtheilungen dec Flotte, 
»ie Panzerflotte und das Torpedogeschwader, gegen 
mander. Zu diesem Zwecke ist den Torpedoge⸗ 
shwader die Aufgabe gestellt, der Pan zerflotte die 
durchfahrt zwischen dem korsischen Kap und den 
Inseln zu versperren ebentuell die Vernichtung der 
hanzerfiotte in offenem Meere zu versuchen. 
Konfstantinopel, 28. Mai. Hiecsigen 
Rachrichten zufolge ware Griechenland direlt mit der 
Turkei ohne Vermittelung der Machte in Verhan d⸗ 
wng getreten. 
Die amerikanische Arbeiterbewegung hat 
heilweise ihren Abschlus erhalten. In vielen Werk. 
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