Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu. Iugherfer Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Grpedition Auskunft ertheilt, 18 4, Neclamen 39 . Bei 4maliger Einrackung wird nur dreimalige berechnet. 
7* Too. 
—* 
Montag, 7. Juni 1886. 
21. Jahrg. 
Deutsches Reich 
1 
Berlin, 5. Juni. Heute fand ein Diner 
en dem Kultusminister zu Ehren des Erzbischofs 
dinderr statt. Einladungen waren ergangen an 
jje hier anwesenden Staatsminifter, die Präsiden- 
en des Hereenhauses und des Abgeordnetenhauses, 
en Hofmmarschall Grafen Rodolinsky, Unterstaats 
retar Grafen Verchem und die Abgeordneten 
fedemann · Bromberg, Staudy v. Colmar, Unter⸗ 
aatssekretdär Lucanus, mehrere Räthe des Kultus⸗ 
ninisterums, Domprobst Aßmann und Geh. Rath 
dotenburg. 
Graf Wilhelm Bismarck, welcher erst 
umgst als Regierungspräsident von Koslin genannt 
vurde, soll nach einer Mittheilung der „Metzer 
Zig.“ zum Bezirkbpräsidenten von Met ausersehen sein. 
von seiner Umgebung. die ihn immer zum Han⸗ denselben aufforderte. Der Herr Bischof dankte in 
zeln antreibt. Diese Männer wird er zurückhalten weithin vernehmbaren Worten für die ihm darge— 
nüssen, wenn er ruhig in der Schweiz leben will.“ brachte Ovation, ermahnte zum treuen Festhalten 
In Chicago und Milwaukee haben noch an Religion und Glauben und brachte zum Schlusse 
veitere Anklagen und Verhaftungen von Anar⸗ auf Seine Heiligkeit Papst Leo XIII. ein dreifaches 
histen, die an den letzten Revolten betheiligt waren, Hoch aus, in das die nach Tausenden zuhlenden 
aitgefunden. In Milwaukee wurden am Mitt- Menge brausend mit einstimmte. Mit einem noch⸗ 
voch acht Personen verhaftet, darunter drei Mit- maligen Vorirage der Bergkapelle und einem vier⸗ 
zlieder des Exekutiv-Raths der „Ritter der Arbeit.“ dimmigen Männerchore schloß hierauf die Feierlich⸗ 
Die Ansprache, welche Richter Smyth an Most keit, die verschiedene Male durch das Abbrennen 
icch dessen Verurtheilung hielt, hatte folgenden dengalischer Feuer erhöht worden war. Nur lang⸗ 
Vortlaut: „Ich bedauere aufrichtig, daß das Ge-⸗ sam zerstreute fich die Menschenmenge. — Heule 
etz mir nicht erlaubt, Ihnen eine härtere Strafe Vormittag spendete der Hochw. Herr Bischof an 
uzudiktieren, als ich jetzt im Begriffe stehe zu thuun. irca 800 Firmlinge das heilige Sakrament der 
Sie haben gerathen zu Mord, Brandstiftung und Firmung. Wie wir hören, wird derselbe heute 
Zergiftung und haben vor unwissenden Auslandern Rachmittag unsere Stadt wieder verlassen. 
Reden gehalten, in denen Sie denselben anriethen, * St. Ingbert, 7. Juni. (ETheater.) 
su Mord und Brandstiftung Zuflucht zu nehmen. Das Programm der heute Abend stattfindenden 
Sie haben ein Buch veröffentlicht, in welchem Sie Vorstellung der Schroth'schen Gesellschaft ist von 
ie weiblichen Dienstboten lehren, wie man Gift ganz besonderer Anziehungskraft. Es gelangt 
vereitet, um die Mitglieder der Familien, in denen nämlich das von Heinrich Grans bearbeitete Drama 
ie dienen, zu ermorden. Auf der ganzen Erde „Adrienne Lecouvreur“ zur Aufführung. Die 
ibt es keinen vollendeteren Schurken als Sie. Es Titelrolle spielt Frl. Philippine Schroth, Mitglied 
unnöthig, Worte an einen solchen Menschen wie der vereinigten Stadt- und Thalia-Theater in 
zie zu verschwenden. Das Uriheil des Gerichts hHamburg. Da die Künstlerin während ihrer 
st, daß Sie ein Jahr im Zuchthaus eingesperrt Ferienzeit hier weilt, will die Direktion dem theater— 
verden, daß Sie eine Strafe von 500 Dollars iebenden hiesigen Publikum den Genuß eines Gast⸗ 
zahlen und in Haft bleiben, bis die Strafe abbe⸗ piels bereiten. Wir glauben nicht, fehlzugehen, 
ahlt ist nund zwar soll die weitere Strafe nicht venn wir Frau Schroth für heute Abend ein aus— 
nehr als einen Tag für jeden Dollar der Geld- verkauftes Haus in Ausficht siellen. 
zuße betragen.“ Most umklammerte das Gitter — Die kgl. Regierung hat verfügt, daß die 
»or der Antlagebank, seine Augen rollten und sein Zustellung der Steuerzettel zur Wahrung der Ge⸗ 
Zesicht färbte sich vor Zorn. Als er in das Ge- heimhaltung unter Kouverts zu erfolgen habe. 
angniß abgeführt wurde, rief er in Deutsch aus: — Zweibrücken, 4. Juni. Auf dem 
Und das nennt man Gerechtigteit.“ Er ist nun⸗ diesjährigen großen Rennen, weiches am Sonnmlag, 
shr nach dem Zuchthause auf Blackwells Island den 26. Septemder statifindet, wird zum erstenmal 
gegenüber New- York) gebracht worden. — Für den ein Trabfahren mit Rennwagen siattfinden. 
Ztandpunkt eines deutschen Richters freilich klingt — In der am 15. ds. Mis. unter dem Vor⸗ 
ene Ansprache etwas befremdlich, hier würde es itze des Herrn kgl. Oberlandesgerichtsrathes Kuhn 
ine seltsame Verkennung des Berufs heißen, wenn in Zwelbrücken beginnenden Schwurgerichts- 
in Richter bedauerte, nicht höher strafen zu können. session sollen nachstehende 8 Straffälie zur Ver— 
handlung kommen: Andreas Marlstein, Bäcker in 
Gimmeldingen, wegen Brandstiftung. 2. Thomas 
Popp, Flößer in Neuseß, wegen Raub und Dieb⸗ 
tahl. Ignaz Gabler, Mühlbursche in Burghain, 
wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode. 
— Kaiserslautern, 4. Juni. In dem 
Konkurse des Bankier Möser fand heute der Prüf⸗ 
ungstermin statt. Die Passiven wurden auf 
1,600,049 Mt. 80 Pf. festgestellt, die Unterbilanz 
beträgt etwa 1,248,000 Mtk., so daß die Gläubiger 
etwa 20 pCt. erhalten werden. 
— Landau, 4. Juni. Auf Ruine Landeck 
bei Klingenmunster hat gestern früh der Blitz in 
die Fahnenstange auf dem Thurm geschlagen und 
dieselbe von oben bis unten gespalten. Der Thurm 
wurde nicht beschädigt. 
— Ludwigshafen, 4. Juni. Heute 
Morgen um 7 Uhr ist Herr Notar Hörner dahier 
gestorben. 
Aussslaud. 
Wien, 4. Juni. Die Verhandlungen über die 
lufhebung der Blockade sind bereits abgeschloffen. 
zammtliche Mächte haben in der Voraussetzung, 
aß ein geregelter Forigang der Abrüstung als ge⸗ 
jchert anzusehen ist, einmüthig der Aufhebung der 
giockade zugestimmt und werden nur eventuell noch 
ur einige Zeit ihre Geschwader in den griechischen 
Wassern belassen. 
Die Kommission der französischen Deputirten⸗ 
ammer ist zwar in Sachen der Prinzenaus⸗ 
veisung noch zu keinem Beschluß gelangt, trotz 
em haben es die Orleans fur gut befunden, einst⸗ 
veilen ihre Koffer zu packen. Als einziger Trosi 
leibt ihnen die Wahrscheinlichkeit, daß von einer 
donfiskation ihrer Güter abgesehen werden und 
hnen damit die Moͤglichkeit zur ferneren Agitation 
segen die Republik gelassen wird. Man ist des- 
jalb im orleanistischen Lager ziemlich guten Muthes, 
vie auch aus Aeußerungen der betreffenden Zeit⸗ 
ingen hervorgeht. So schreibt z. B. der „Figaro“: 
Man wirft den Prinzen einzig vor, daß sie die 
tdolle des Engländers spielen, welcher als Neu⸗ 
zieriger dem Thierbändiger Van Amburg nachreiste, 
im zu sehen, wie dieser eines Tages von seinen 
thieren gefressen würde. Was ist dabei Böses? 
der Herr Graf von Paris hat schon recht viele 
daubthiere sich unter einander auffressen sehen: 
duclerc von Ferry verzehrt, Ferry von Brisson 
erzehrt, Brisson von Freycinet verzehrt, bis Frey⸗ 
inet von Clemenceau verzehrt wird. Ware es 
nicht viel einfacher für die Thiere, sich nicht unter 
inander aufzufressen und so die unschädliche Neu⸗ 
ier des Zuschauers zu täuschen?“ Daß die Aus— 
veisung schließlich doch erfolgt, nehmen auch die 
rleanistischen Blätter an und man glaubt, daß 
xer Graf von Päris dann in der Schweiz refidiren 
vird. Hierzu bemerkt die „N. Zuüricher Zeitung“: 
die Schweiz öffnet allen Verbannten und poli⸗ 
ischen Verbrechern, sobald sie sich nicht gegen das 
emeine Recht vergangen haben, das Land. Es 
önnen bei uns wohnen Sozialdemokraten und Ab⸗ 
olutisten, Republikaner und entthronte Könige, so⸗ 
vie Königssöhne und Prinzen. Der Graf von 
haris wäre nicht der erste Prätendent, der bei uns 
vohnen würde. Aber Eines wird die Schweiz 
wch von den auswärtigen Prinzen verlangen, das 
Hleiche, was sie fortwaͤhrend von den polilischen 
Flüchtlingen fordert: Sie sollen sich bei uns ruhig 
erhalten und nicht von unserem Boden aus gegen 
mser Nachbarland Verschwörungen anzetteln. Von 
em Grafen von Paris ist weniger zu fürchten als 
OXÊÊÇÊÊ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 7. Juni. Gestern Nach- 
nitiag 6 Uhr 43 Min. traf, von Kaiserslautern 
ommend, mit dem fahrplanmäßigen Zuge der Hoch⸗ 
vürdigste Herr Bischof von Ehrler munserer 
Stadt ein. Wie schon erwähnt, unterblieb auf 
einen Wunsch ein allgemeiner feierlicher Empfang. 
doch prangte die Hauptstraße im schönsten Fahnen⸗ 
chmucke und eine zahllose Menschenmenge belebte 
rotz des wenig guͤnstigen Wetters die Siraßen. 
der hohe Kirchenfürst begab sich vom Bahnhofe 
azus per Chaise zum Pfarrhause und von da als—⸗ 
hald zur Kirche, in der ein feierlicher Gottesdiensi 
mit Predigt des Hochwürdigsten Herrn Bischofs 
tattfand. Am Abend wurde demselben eine groß⸗ 
artige festliche Ovation dargebracht; bestehend in 
inem solennen Ständchen. Verschiedene hiesige 
orporationen und Vereine hatten sich hierzu ver⸗ 
»inigt. Gegen 200 bunte Lampions waren im 
Zuge; außerdem trugen die Knappen ihre brennen⸗ 
)»en Lichter. Nachdem der Zug unter den 
dlängen der Bergtapelle vor dem Pfarrhause 
anufmarschiert war, trug die Musik eine Piece 
vor, alsdann sang ein Sängerchor ein vierstimm⸗ 
ges Lied. Hierauf ergriff Herr Bürgermeister 
)ein risch das Wort zu einer kurzen Ansprache. 
n der er den Hochwürdigsten Herrn Bischof will⸗ 
ommen hieß und zu einem dreifachen Hoch auf 
Vermischtes. 
FWeißenburg. Zu dem an Pfingsten 
tattfindenden Schleithal-Weißenburger Pferderennen 
wird der Statthalter des Reichslandes Fuͤrst Hohen⸗ 
lohe erwartet. Das Programm hat durch Ein⸗ 
chaltung von Volksbelustigungen (Tanz, Baum⸗ 
lettern, Sacklaufen, Eselrennen) eine Erweiterung 
rfahren. Nach Beendigung des Rennens soll auf