Full text: St. Ingberter Anzeiger

Innerhalb zweier Tage war der in den besten 
Jahren stehende Verunglückte seiner Verletzung er— 
legen.. 
4 (Guschlau) Ein eigenthümliches Miß⸗ 
geschick widerfuhr auf dem Kölner Zentralbahnhofe 
einem Reisenden, welcher mit dem Schnellzuge nach 
Aachen reisen wollte. Der Passagier hatte sich in 
dem am Ende des Zuges stehenden Personenwagen 
selbst ein Koupe geöffnet und, damit er durch an⸗ 
dere Reisende nicht gestört würde, sich breit in 
das Wagenfenster gepflanzt, wodurch es den An— 
schein hatte, als sei das Koupe gedrängt voll. Von 
hier aus schaute er vergnügt lächelnd dem Treiben 
auf dem Bahnhofe zu. Es lautet ab, ein Pfiff 
und — — so leicht wird man das verdutzle Ges 
sicht nicht vergessen, mit dem unser „Reise Onkel“ 
dem dahinbrausenden Zuge nachsah. Der Wagen 
war zum Mitfahren nicht bestimmt und nicht an⸗ 
gehängt. Vor den lächelnden Mienen der Um— 
dehenden drückte der Reisende sich bald seitwärt 
in die Büsche. 
F Die Blitzgefahrist in Deutschlanzd 
in den letzten dreißiger Jahren um das Dreifache 
gestiegen uͤnd betragen die Verluste, welche die Ge⸗ 
witter verursachen, jährlich mindestens sechs bis 
acht Millionen Mart. 
Mainz, 6. Juni. (EsFrkft. Ztg.) Die 
Präconisation des künftigen Bischofs, Dr. Haffner, 
findet in dem bevorstehenden Consistorium statt. 
Dr. Haffner ist zur Eidesleistung vor dem Nuntius 
heute nach München abgereist. 
Frankfurt a. M., 6. Juni. Die Ueb⸗ 
ungen mit dem Veloziped werden bei dem hier 
garnisonirenden 81. Infanterie⸗Regiment fortgesetzt. 
Allabendlich um 6 Uhr beginnt der Fahrunterricht. 
Die Offiziere und älteren Unterofsiziere werden mit 
dem Trichcle und die jüngeren Unteroffiziere, sowie 
die gewandiesten Leute aus der Kompanie aus dem 
Bichcle ausgebildet. Die Leute sind bereits ziem⸗ 
lich gut einererziert und vermögen sogar feldmarsch⸗ 
maͤßig ausgerüstet die Maschinen zu benutzen. 
(GAerzthiche Honorare.) Ein wohl— 
habender älterer Bürger in Frankfurt, welcher nach 
einer Augentzündung nahezu erblindet war, gelobte. 
Denjenigen, der ihm das Augenlicht wieder schenken 
werde, auf besondere Weise zu belohnen. Er follte 
bald dazu Gelegenheit bekommen. Einem zu Rathe 
gezogenen Augenarzt glückte es, den Augen des 
alten Herrn wieder zu einiger Sehkraft zu verhelfen. 
Niemals in seiner Praxis war ihm ein ähnliches 
Honorar zu Theil geworden. Er erhielt nämlich 
nicht weniger als 25,000 Mk. — Der chirurgische 
Direktor des Friedrichshain⸗Krankenhauses zu Berlin, 
Sanitätsreth Dr. Eugen Hahn, wurde unlängst zu 
einem Kranken nach London berufen, behufs Aus⸗ 
führung einer Kehlkopfoperation. Die Operation 
gelang vortrefflich und Dr. Hahn soll dafür von 
seinem dankbaren Patienten ein Honorar von 5000 
Mark erhalten haben. 
F Aus Unterfranken, 3. Juni. Kürz⸗ 
lich fällte ein Bauer einen Baum, der beim Um⸗ 
stürzen auf eine nahe Telegraphenstange fiel und 
sowohl den eisernen Träger als auch die Isolier- 
ungsglocke zertrummerte. Das Bäuerlein voll Eifer, 
den angerichteten Schaden wieder gut zu machen, 
lietß den Trager vom Dorfschmied sofort zusammen⸗ 
schmieden, während er die Isolierungsglocke durch 
eine, in der Form ähnliche — Kaffeetasse ersetzte, 
welche in Goldbuchstaben die Inschrift „Aus Freund⸗ 
schaft“ trug. Die Telegraphenleitung soll trotzdem 
zanz wie früher funktioniert haben und wurde die 
seltsame Isolierungsglocke erst nach einigen Wochen 
durch einen technischen Beamten entdeckt. 
PAschaffenburg. Eine noch unaufge⸗ 
klärte Geschichte spielt seit einigen Tagen in unserer 
Stadt. Ein Fräulein aus Alzey haite sich mit 
einem Posterpedienten von da versprochen, welchem 
Verhältniß die Eltern entgegen waren. Da die⸗ 
selben sie inzwischen mit einem anderen Manne 
perloben wollten, flüchtete das Fräulein zu ihrer 
hier wohnenden verheiratheten Schwester, wo sie sich 
mehrere Tage aufhielt. Bald darauf traf nun ihr 
erster Verloͤter hier gleichfalls ein, und nachdem 
sie in einem Hotel mehrere Briefe an ihre Ange— 
hörigen geschrieben, in welchen die Beiden erklärten, 
nach Empfang derselben nicht mehr zu den lebenden 
zu gehören, nahmen sie einen Wagen und fuhren 
nach der Fasanerie, von wo jede Spur von ihnen 
aufhört, die Polizei, welche alsbald in Kenntniß 
gesetzt wurde, hat bereits die ganze Fasanerie ab⸗ 
fuchen lassen. jedoch obne Erxfola. Ebenso bleiben 
Nachforschungen bei den nächsten Eisenbahnstationen 
ꝛesultailos. 3 * 
Nuürnberg, 3. Juni. (Zu schlau!) Ein 
onderbarer Handel kam kürzlich vor der Civilkam⸗ 
ner des hiesigen Landgerichts zum Austrag.“ Ein 
ꝛdandwirth hatte einem Handelsmann sein sämmt⸗ 
iches Nutzvieh zum Preise von 50 Pfg. das Stück 
yerkauft. Der Handelsmann rieb sich vergnügt die 
dande über das gute Gefchäftchen. das er gemacht, 
illein das Schmutzeln verging ihm, als es ans 
Bezahlen kam, denn der biedere Landmann rech⸗ 
ete zu dem verkauften Nutzvieh auch fämmtliche 
— Bienen, die er in seinen Stöcken hatte. Zählen 
ließen sich nun diese freilich nicht, er nahm jedoch 
eine Schätzung-zahl derselben an und verlangte, 
das Stück zu 50 Pfennig gerechnet, eine Kauf—⸗ 
summe, die hoch in die Tausende stieg. Das ging 
dem Käufer denn doch über den Spaß; er weigerte 
sich der Zahlung und es 'kam zur gerichtlichen 
lage. Das Gericht wies die Forderung ab, da 
Bienen kein „Nutzvieh“ seien, andererseits machte 
es aber auch dem Käufer einen Strich durch die 
Rechnung, das wirkliche Nutzvieh des Landwirths 
um den Preis von 50 Pfg. das Stück: an sich 
hringen zu können, indem es erklärte, der ganze 
dauf könne als kein ernstlicher, vielmehr nur als 
ein Scherz angesehen werden. — Käufer wie Ver⸗ 
käufer hatten eben gar zu „schlau“ sein wollen. 
f In einer Unfallversicherungssache 
hat das Schiedsgericht für die fünfte Sektion der 
bayerischen Holzindustrie ⸗ Berufsgenossenschaft zu 
steinpten ausgesprochen, daß der Verlust eines 
Fingers je nach der Beschäftigung nicht immer eine 
sheilweise Erwerbsunfähigkeit begründet; denn Ar⸗ 
deiter, die bisher gewöhnliche Handarbeit getrieben, 
seien bei kleineren Verletzungen nicht als theilweise 
erwecbesunfähig zu betrachten, sobald sie andere, 
ꝛbenso einfache, wenn auch von ihrer bisherigen 
Beschäftigung abweichende Arbeit verrichten. In 
raglichem Falle hatte ein Säger zwei Glieder des 
rechten Zeigefingers verloren, wurde aber nach neun⸗ 
vöchentlicher Arbeitsunfähigkeit wieder in seiner 
rüheren Eigenschaft und bei gleichem Lohn be⸗ 
chäftigt. 
München, 4. Juni. An den Straßen⸗ 
en und Plakatsäulen konnte man gestern kleine 
rothe Zettel angeschlagen sehen, die folgenden Inhalt 
jattien: „Edelleute! Bürger! Bauern! Helft 
dem allverehrten König Ludwig II. von Bayern, 
damit er nicht in die Hände von Wucherern falle. 
Aux. Bav.“ I 
München, 4. Juni. Verwaltungsgerichts- 
hjof. Auf die Beschwerde der Gutsbesitzerswittwe 
M. Werner zu Freinsheim gegen den Beschluß des 
Zezirksamts Neustadt a. H., bezw. den Bescheid der 
ofälzischen Kreisregierung wegen Anforderung von 
Bemeinde- und Distriktsumlagen wurden unter 
Aufhebung der vorinstanziellen Beschlüsse ausge⸗ 
prochen, daß die Beschwerdeführerin zur Entricht⸗ 
ing einer Gemeinde⸗ und Distriktsumlage aus den 
124 M. hinterzogener Kapitalrentensteuer, bezw 
zeren Sfachen Betrage als Geldstrafe nicht ver⸗ 
yflichtet sei, indem wohl Kapilal⸗ oder Einkommen⸗ 
leuer ꝛc. als Grundlage der Gemeinde⸗ und 
distriktsumlagen zu erachten sind, nicht aber wegen 
Zteuerhinterziehung ausgesprochene Geldstrafen; 
‚die zur Anerkennung gelangte Eigenschaft der er⸗ 
jöhten Nachzahlung als Strafe schließe selbstver⸗ 
tändlich die Annahme der Feststellung einer ver⸗ 
mlagungsfahigen Steuerpflicht für die Erben aus.“ 
F München, 5. Juni. Prinz Viktor Na- 
poleon ist gestern im strengsten Jukogniio hier ein⸗ 
getroffen und im Hotel „Vier Jahreszeiten“ abge⸗ 
tiegen. Heute setzte derselbe seine Reise nach 
stonstantinopel fort. 
7 Munchen, Bb. Juni. (Hundeausstellung.) 
Bei der heutigen Prämiirung erhielt Herr August 
Friedrich aus Dürkheim a.H. für seinen Hund 
Tyrrhas“ als den besten bayerischen kurzhaarischen 
Vorstehhund den von Hrn. v. Gienanth gestifteten 
xhrenpreis. Der stark vergoldete Behälter — Ci⸗ 
zarrenhalter — zeigt auf mattem Silber in getriebener 
Arbeit die Schlacht der Centauren gegen die Lapiden. 
F Konstanz. In der Berg'schen Menagerie 
ergaß vor einigen Tagen ein Wärter die Thüre 
»es Kaäfigs des Elephanten, die zur Garderobe des 
Wärters führt, zuzumachen. Der Rüsselheld visitirte 
nun in unbewachtem Augenblick den aufgehängten 
Rock des Wärters, warf dessen Uhr zu Boden und 
ertrat sie, mit einem Fünfzigmarkschein machte er 
urzen Prozeß — er fraß ihn aus. 
1.. Minden i. W. 6 Juni, Der NMach- 
durierzug Berlin· Köln ist mit dem Zuge Vremen 
Hannober bei Seelze (zwischen Hannober 
Wunstorf) zusammengestoßen. Mehrere Persone 
'ollen verwundet sein. 
FGelsenkirchen, 5. Juni. Im Jahre 
1878 wurde hierselbst ein Bergmann Meyer . 
chlagen, ohne daß die Thäter ermittelt werden 
tonnten. Jetzt endlich, nach 8 Jahren, ist eg den 
Polizeiwachtmeister Rautenstrauch gelungen, * 
dauptthäter in der Person des in Ueckendorf woh 
nenden Tagelöhners J. Ruch dingfest zu machen 
Der Verhaftete, der sehr überrascht war. daß ieht 
jeine That ans Tageslicht gekommen, leugnete 64, 
fangs, gestand jedoch bald alles ein. 
FHamburg, 6. Juni. Der Hamburger 
Postdampfere, Rio“, welcher gestern früh nach Sud 
amerila abgegangen war, ist heute hierher zurud. 
zekehrt; derselbe war bei Noderneyh mit dem 
Schlepper „Kronprinz“ in Kollission gerathen, wo— 
dei der Kronprinz“ sank. Die Mannschaft des 
selben wurde durch den „Rio“ gerettet. Letzterer 
löscht die Vorderladung, um den Bugschaden übe— 
Wasseer zu bringen und zu repariren und wird 
voraussichtlich alsbald seine Reise wieder anutreten 
können. 
7 Zwischen den Behörden von Paris und 
Berlin scheint ein recht freundschaftliches Ver— 
hältniß zu bestehen. Wenigstens findet fortgesetzt 
ein sehr reger Austausch von Beziehungen im In. 
teresse der Entwickelung beider Weltstädte statt. Als 
oor einiger Zeit das Projekt, in Berlin Markthallen 
zu errichten, greifbare Form annahm, da entsandte 
der Berliner Magistrat eine Kommission nach Paris, 
welche die dortigen Halles Centrales einer ein- 
zehenden Befichtigung unterzogg. Wenn uns die 
Pariser Markthallen ais Modell gedient haben, so 
ist andererseits Berlin mit der Stadtbahn der 
Seine⸗Hauptstadt zuvorgekommen. Da aber die 
Pariser die seit langer Zeit beschlossene Errichtung 
eines chemin de fer métropolitain nun endlich 
beginnen wollen, so hat der Pariser conseil 
municipal die Entsendung einer Deputation von 
elf Mitgliedern nach Berlin zum Studium der 
Einrichtungen unserer Stadtbahn beschlossen. Die 
Herren werden in den nächsten Tagen hier 
eintreffen. 
fAus der Schweiz. Zwei „urchige“ 
Waadtländer, die am vorigen Sonntag einen Aus⸗ 
flug durchs Joux-Thal machten und unversehens 
auf französisches Gebiet und in der Nähe des Forts 
»on Rousses kamen, wurden dort als preußische 
Spione festgenommen. Nur mit großer Mühe 
gelang es ihnen, nach mehrstündigen Verhandlungen 
mit dem Platzkommandanten, ihre Freilassung wie⸗ 
der zu erwirken. Das franzoͤsische Spionengeset 
fängt an zu wirken. 
f Die Reisesaison in der Schweeiz läßt sich 
bis jetzt sehr gut an; der Verkehr nach dem Rigi 
dient bekanntlich dafür als bester Gradmesser. Spe⸗ 
ziell der Verkehr via Gotthardbahn, immer noch 
aus dem Süden, gleicht einer Völkerwanderung 
er gibt ziemlich viel an den Rigi ab, besonders 
üͤber die Arth ˖ Rigibahn, als Zweiglinie der Gott⸗ 
hjardbahn. Doch auch aus dem Norden hat der 
Verkehr nach dem Rigi allbereits begonnen, dank 
zinent wahren Sommerwetter, das gegenwärtig 
herrscht. Mann sieht viele Holländer und Belgier; 
überhaupt hat man in den letzten Jahren die Be—⸗ 
obachtung gemacht, daß das Reisen in die Schweiz 
mmer weilere Kreise bei den Völkern der Erde 
zieht, sowie auch bei den verschiedenen Bebölkerungs- 
lassen. Das große Hotel auf Rigikulm arbeitet 
vereits „saisonmäßig“, in Rigiklösterle sind sogat 
schon Pensionäre, Rigistaffel hat ebenfalls seine 
Bforten aufgethan, Rigi⸗First, Scheidegg und die 
anderen find im Begriff, nachzufolgen. Die Arth⸗ 
Kigibahn, welche ihren regelmäßigen Betrieb schon 
seit dem 22. April eröffnet hat, verzeichnet bereits 
nennenswerthe Mehreinnahmen gegenüber dem letzten 
Jahre, das doch kein schlechtes zu nennen war 
ll das hat zur Folge, daß die Gotthardbahn auch 
nach dem Süden, an die oberitalienischen Seeen 8c. 
einen guten Verkehr hat. 
F In Lempo starb am 23. Mai d. J. der 
letzte Luͤzower, Subkonrekior a. D. Hum äus, 
dö Jahre alt. Als Gymnasiast; kaum 17 Jahre 
alt, trat er 1814 in das Lützow'sche Freikorps als 
freiwilliger Jager ein und machte den Freiheitskriea 
bis zu dessen Ende mit. 
FDie überseeische Auswanderung, aus 
dem deutschen“ Reiche über deutsche Häfen 
Iind Anbwerben ihn nach dem neuesten .Monailsbef