Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonutag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
gien und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1 M 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen I 75 —, einschließlich 
—KR Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I35 9, Neklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
AJe 128. 
Bestellungen 
auf den 
„St. Ingberter Anzeiger“ 
für das 
— III. Quartal 1886 — 
zehmen noch fortwährend an: die Postanstalten, die 
—X 
Die Expedition. 
Deutsches Reich. 
München, 5. Juli. Das Gesammiministe⸗ 
um hat heute Vormittag seine Entlassung einge⸗ 
eeicht. 
Der deutsche Boischafter am italienischen 
hofe, pb. Keudell, hat Berlin wieder verlafsen 
ind sich mit seiner Familie über München auf 
einen Posten nach Rom zurückbegeben. 
Auslaud. 
Paris, 4. Juli. Aus Anlaß des Nastio⸗ 
arfestes findet am 183. Juli auf der Präfi⸗ 
entschaft ein offener Empfang statt. Am 14. 
zuli vereinigt ein großes Diner alle in Paris an⸗ 
vesenden Generale bei dem Präsidenten der Re⸗ 
zublik; am 15. Empfang und Diner im Kriegs⸗ 
ninisterium und am 16. Versammlung der Offi⸗ 
ziere von Paris und der Umgebung unter dem 
LHorsitze des Generals Boulanger im Cercle national 
nmilitaire.“ 
Paris, 5. Juli. Die ultralegitimistischen 
domite's, die man heute unter der Bezeichnung 
Blancs d' Espagne“ kennt, hielten gestern Abend 
uim Boulevard Saint⸗;Germain eine Versammlung 
on etwa fünfhundert Personen, unter denen man 
den Vicomte d'Undigne, einen der Sekretäre des 
Zrafen Chambord, den alten General Cathelineau, 
den Grafen de Beaurepaine, ehemaligen Präfidenten 
der royalistischen Bolks⸗Komite's, die Graͤfin Libens, 
eine der Ehrendamen der Gräfin Chambord, und 
andere Notabilitäten der fanatischen Legitimisten⸗ 
dartei erblicke. Der Graf du Vernes, der ehe— 
malige Präsident des royalistischen Komites der 
Jiedre, eitheilte eine Fülle interessanter Aufschlüsse 
iber die Organisirung der Partei zur Zeit des 
drafen Chambord. Dancch war die Hauptbeding⸗ 
ung für die Aufnahme in die Komites die Aner— 
ennung der weißen Fahne und die Verwerfung der 
dnion conservatrico. Die Vertreter Heinrichs V. 
in Paris und den Departements hatten den Auf⸗ 
tag, die Orleanisten und ihre Prinzen sorgfältigst 
und eifrigst zu überwachen. Graf du Vernes, der 
elbst aus dem Munde des Prätendenten solche In⸗ 
truitionen erhalten hatie, versicherte, Graf Cham- 
bord hälte niemals aufgehört, mit Mißtrauen von 
hnen zu sprechen, und daß er, als der Tod heran⸗ 
gahte. wohl als Chcist, aber nicht als Konig denen 
erzieh, wel he sich seine Erben nannten. Graf 
rbain de Maille stimmte hierauf das Lob der 
veißen Fahne an, welche ehedem Frankreich zum 
Siege über den Orleanuismus führen wird. ,Der 
dtleanismus ist die Revolution, die Kirche ver⸗ 
hammt den Orleanismus“ — dieses Thema ent⸗ 
videlte ein anderer Redner, Herr Veran, welcher 
jie Geschichte der Orleans einen langen Treubruch 
annte und zwar die Verbannungen nicht gutheißen 
Dienstag, 6. Juli 1886. 
kann, diejenige der Orleans aber als eine gerechte 
Vergeltung billigen muß, weil ihr Vater und Groß⸗ 
vater den Greis und das Kind, die Wittwe und 
die Waise verbannt hatte. Der Vicomt d'Andigne 
konstatirte, daß der Graf von Paris offen mit der 
altehrwürdigen Ueberlieferung der Partei brach, 
indem er an Bord der ‚Viktoria“ selbst die drei⸗ 
farbige Fahne an dem Hauptmast aufzog und ein 
Manifest veroöffentlichte, welches mit den Prinzipien 
der alten Monarchie vereinbar ist. Damit trat der 
orleanistische Pratendent seine Rechte an den allein 
legitimen Erben des Thronen der Bourbonen, an 
Jean de Bourbon, Herzog von Anjou, ab. „Man 
fragt, warum der rechtmäßige König noch nicht zu 
Frankreich gesprochen hat. Weil die Stunde noch 
nicht gekommen ist; aber ich habe schon den Text 
der Erklärung in Händen, welche der Koönig Jean 
an Frankreich zu richten gedenkt.“ Lauter Beifall 
hdegrüßte diese Worte, und er brach fast noch stür- 
nischer los, als Jonquieres über „den Bürger 
Egalite IV.“ den Stab brach. Nach diesen loyalen 
Leistungen unterzeichnete man noch einen Protest 
gegen das Manifest des Grafen von Paris. 
Die „Roͤpublique française“ druckt mit großem 
Aufwand von Entrüstung ein geschäftliches Rund⸗ 
chreiben ab, das eine de ut sche (die Bonner) 
Fahnenfabrik an hiesige Fahnenhandlungen 
serichtet hat, um denselben dreifarbige (französische) 
Fahnen für das Nationalfest anzubieten. Das 
hauvinistische Blatt hat also keine Ahnung davon 
Jehabt, daß seit der Einführung dieses Festes all⸗ 
ährlich viele Millionen blauweißrother Fahnen 
ind Laternen zum 14. Juli aus Deutschland nach 
Frankreich verschickt worden sind? Der patriotische 
Berdruß der Herren kommt so spät, daß man wohl 
nicht fehl geht, wenn man ihn auf die Eingebung 
eines neidischen Konkurrenten zurückführt. 
Eskoale und pfälzische Nachrichten. 
H Blieskaftel, 5. Juli. Soeben ver—⸗ 
zreitet sich hier die Nachricht, daß fich in dem 
aahen Lautzkirchen der Tagner Anton Jann den 
hdals abgeschnitten habe. 
— Homburg. Das am Sonntag Nachm. 
hier stattgehabte Radfahrer-Rennen hatte 
diele Zuschauer angelockt. Fahrer sollen eiwa 40 
zugegen gewesen sein. Es fanden 5 Rennen statt, 
bei denen leider auch verschiedene Stürze vorkamen, 
velche für die betr. Fahrer Verletzungen zur Folge 
jatten. Eroffnungsrennen: 1. Preis Visiten⸗ 
artenschale, (Werih 10 Mk.) und ein gold. Ehren⸗ 
zeichen R. Maixzahl⸗Mannheim, 2. Preis Cigar⸗ 
cenetui, (Werth 5 Ml.) und ein silb. Ehrenzeichen 
F. ForsterHomburg. GauverbandsRennen. 
1. Preis Rauchtisch (25 Mk. Werth) und goldent 
Medaille Emil Süßdocf-Homburg. 2. Preis Hui⸗ 
lioͤre (15 Mk. Werth) und silb. Medaille Franf 
Ldehne ⸗·Mannheim. 3. Preis bronz. Ehrenzeichen 
Ed. Schmitt von Neunkirchen Vereinsrennen:; 
4. Preis Teppich (48 Mt. Werth) — Ehrenpreis 
der Homburger Damen — und gold. Medaille 
Emil Süßdorf. 2. Preis Tafelaufsatz (25 Marl 
Werth) und silb. Medaille Michael Schleck. 8. 
Preis bronz. Ehrenzeichen Ludwig Rottmülller, alle 
bon Homburg. KaiserstraßeRennen. 1. Preis 
Toilettentisch (60 Mk. Werth) und gold. Medaille 
August Woll ˖ Mannheim. 2. Preis Liqueurservice 
mit 1 Flasche Kirschwasser, ein Feuerzeug (33 Mk 
Werth) und silb Medaille August Becker⸗Kaisers⸗ 
sautern. 83. Preis bronzenes Ehrenzeichen Louis 
21. Jahrg. 
Stein von Frankfurt a. M. Hauptrennen. 1. 
Preis goldene Ancre-Remontoir⸗Uhr (120 Mark 
Werth) und goldenes Ehrenzeichen Emil Süßdorf⸗ 
domburg. 2. Preis Koffer, Schreibzeug, 1 Flasche 
Champagner und silberne Medaille Karl Ehmann⸗ 
Mannheim. 3. Preis Ed. Schmitt, bronzenes 
khrenzeichen. — Die Stadt hatte den Gästen zu 
Ehren geflaggt. 
— Dem Präsidenten des Verwaltungsrathes 
der Pfälzischen Eisenbahnen, Herrn kgl. Advokat⸗ 
Anwalt Neumayer in Kaiserslautern, 
vurde der Rang und Titel eines kgl. Hofrathes 
verliehen. 
— Eisenberg. Im Walzwerkweiher ist 
im Samstag der bei Gebr. Gienanth angestellte 
Buchhalter Hr. August Lichti, eiwa 25 J. alt, 
heim Baden ertrunken. 
— Ludwigshafen, 83. Juli. Die vor⸗ 
gestern im Rhein hier geländete Leiche wurde als 
die des Maurers Johannes Ballmann von hier 
festgestellt. 
Vermischtes. 
St. Johann, 2. Juli. Die hiesige 
Stadtverordneten · Versammlung hat dem Gesuche 
um Ertheilung der Konzession zur Anlage einer 
Straßenbahn zugestimmt. 
Ein russischer Offizier Saurin, Mitglied der 
Nihilistenpartei, war auf dem Transport von Frank⸗ 
reich nach Rußland erkrankt und in das Hospital⸗ 
zjefängniß in Duis burg aufgenommen. Er war 
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von einem Wächter bewacht. Am 80. Juni mor⸗ 
gens fand letzteret beide Zellenthüren geöffnet; der 
kranke war verschwunden, und ist derselbe nach 
holland geflüchtet. 
—A 
rät Heidelberg) Am 10. Juli findet in 
Heidelberg eine Versammlung der Unterzeichner des 
Aufrufs vom 4. April d. J. statt. In derselben 
vird über den Antrag des Centralausschusses be—⸗ 
rathen werden, die ansehnliche Summe, die bereits 
ꝛingegangen ist, zu Errichtung einer Stiftung zu 
erwenden, welche zur Forderung wissenschaftlicher 
Bestrebungen von Docenten der Ruperto⸗Carola 
dienen soll. Diese Nachricht wird hoffentlich auch 
diejenigen Herrn, welche befürchteten, man beabsich⸗ 
tige die Stiftong eines Stipendiums für arme 
Studirende, zur Betheiligang an der Ehrengabe 
jestimmen. Ebenso laßt sich hoffen, daß auch Die⸗ 
jenigen, noch beisteuern, welche aus Scheu, einen 
ju geringen Beitrag zu spenden, sich bisher fern⸗ 
hielten. — Der Durchschnittsbeitrag beträgt bis jetzt 
jehn Mark; es kommen aber audh kleinere Gaben 
bis zu einer Mark herab in ziemlicher Anzahl vor. 
die Namen der Spender werden der Jubiidums- 
Adresse beigefügt, der gegebene Beitrag bleibt dabei 
natürlich unerwähnt. Während in einzelnen Städten 
die Summe der gezeichneten Gaben sich auf weit 
uͤber zweitausend Mark beläuft, sind andere Städte 
entweder noch gar nicht oder doch mit einem ver⸗ 
hältnißmäßig sehr geringen Beittage vertreten. — 
Es dürfte sich deshalb empfehlen. daß alle ehe⸗ 
maligen Studirenden der Universität Heidelberg, 
denen diese Zeilen zu Gesicht kommen, die Bildung 
A anderweitige 
Bemulhungen das Interesse für die Sammlung zu 
erwecken suchen, damit am Ehrentage der Älma 
Mater der Beweis erbracht werde, daß fie in allen 
Landen tꝛeue Söhne zählt. Die Centralsammel,