stelle bildet das Bankhaus der Herren H. L.
Hohenemser und Söhne in Mannheim.
FWuürzburg, 2. Juli. Mit Bestimmtheit
dernehmen wir, daß die unmittelbare Ursache des
Unglücks war, daß der Wechselwärter Ermel am
Ausgang des Bahnhofs den telegraphischen Befehl,
den Schnellzug auf das Bamberger Geleise zu
leiten, nicht beachtete, daß das Zugspersonal des
Schnellzugs trotzdem auf dem ungewohnten Geleise
weilerfuhr (der Heizer Schenau soll den Führer
darauf aufmerksam gemacht haben), und daß die
Weisung zum Ablassen des Schweinfurter Personen⸗
zuges auf vas Nürnberger Geleise nach Rottendorf
don dem hier dienstihuenden Offizial abgegeben
wurde, bevor dieser sich vergewissert hatte, ob der
Schnellzug auch richtig in das Nürnberger Geleise
eingebogen sei, was damit entschuldigt wird, daß
gerade in dieser Zeit acht Züge im hiesigen Bahn⸗
hofe nacheinander aufgenommen oder abgelassen
werden müssen. — Die Zahl der Todten. einschließ⸗
lich der im Hospitale verlebten schwer Verwundeten,
beziffert sich bis jetzt auf 16.
Bahreuth, 2. Juli. Gestern ist Dr.
Franz Lis ztt mit Begleitung hier eingetroffen.
Der Besuch gilt der Hochzeit der Enkelin des
großen Tonmeisters, Daniela von Bülow, mit dem
Privatdozenten Dr. Thode in Bonn. Die standes⸗
amtliche Trauung findet am Sonnabend in der
Villa Wahnfried, die kirchliche Trauung am Sonn⸗
jag Vormittag in der protestantischen Hauptkirche
stait. Das AÄussehen des greisen Meisters ist ein
jehr frisches und siraft die kürzlich durch die Blät-
jet gegangenen Nachrichten über dessen schwere Er⸗
krankung Lügen.
7 Muünchen, 2. Juli. Der Besuch der
soͤniglichen Schlösser Schwanstein, Linderhof und
Herrenchiemsee ist, wie die „N. N.“ vernehmen,
seit einigen Tagen nach der Inventar⸗Aufnahme
so lange nicht mehr gestattet, bis die Siegel wieder
abgenommen werden, was erst nach einigen Wochben
wird geschehen können.
Vom einem qualvollen Tode ist die Frau
Dr. Schulze⸗Delitzsch in Teltow, wo ihr
delanntlich in dem durch Gastfreundschaft und liebe⸗
polle Aufnahme belannten Pfarrhause von Super⸗
intendent Lange in edelmüthiger Weise ein Unter⸗
kommen bereitet worden war, ereilt worden. Die⸗
selbe hatte vergessen, vor dem Einschlafen das Licht
auszupusten, die Flamme faßte Feuer und ergriff
im Nu Leib⸗ und Bettwäsche. Eine Ohnmacht,
in die Frau Dr. Sch. infolge dessen verfiel, machte
Hülferufe unmöglich, so daß nur lautes Stöhnen
die nebenan Schlafenden von dem Unglück in
enntniß setzte, welche das Feuer nur mit großer
Muhe löschten: Die Leibwäsche war fasit ganz
herbrannt und der Körper stark verletzt. Am Frei⸗
jag Abend nun ist die Unglückliche ihren Qualen
erlegen. Die Beerdigung soll Montag im Erbbe⸗
gräbniß zu Potsdam erfolgen. I—
Vermißt. Aus Wien, 3. Juli, wird
gemeldet: Markgraf Alfred Pallavicini und der
Sekretär der hiesigen holländischen Gesandtschaft,
Cronunelin, mit zwei Führern aus Kals, haben
borigen Samstag von Lienz aus eine Besteigung
des Gr. Glockner unternommen und werden seither
vermißt. Alles Suchen war bisher vergeblich und
es ist wahrscheinlich, daß die Touristen verun⸗
glüdt sind.
Ein Skandalprozeß wider den Bank⸗
inhaber Pierre de Sutter hat vor dem Tribunal
in Gentt begonnen. Die Bank desselben hatte zu
Wucherzinsen von über 30 pCt. Offizieren der
Armee Geld geliehen; infolge des Ruins mehrerer
Offiziere war die Staatsanwaltschaft eingeschritten,
eine Haussuchung und Prüfung der Bücher hatte
die gravirendsten Thatsachen gegen mehre Offiziere,
von denen sogar einige ihre Orden als Pfand zu-
rückgelassen hatten, ergeben. Verschiedene Offiziere
wurden deshalb aus der Armee entlassen, andere
disziplinarisch bestraft. Zu der gerichtlichen Ver⸗
handlung gegen den Bankier Sutter waren 88
Offiziere, meist mit sehr hochtönenden Namen, vor⸗
geladen, die sämmtlich in Civil erschienen. Ihre
Vernehmung brachte ein erbauliches Bild des Trei⸗
bens dieser Offizierbank; ein Genter Major lieh
sich, „um ein Pferd zu kaufen“, 1000 Fr., unter⸗
schrieb dafür einen Wechsel von 1620 Francs; ein
Brüsseler Offizier lieh sich zu denselben Beding⸗
ungen 1000 Fr., um seiner Geliebten ein Geschenlk
zu machen ac.ulles in einem Monat rückzahlbar.
Jeder Verstumgtßlähwostete horrende Summen.
Jeder Offhzlrrußte icien Bürgen stellen. die erf
recht flott borgten. Die Entlehner mußten überdies
von der Bank Ringe. Cigarren, Uhren ꝛc. zu ko⸗
lossalen Preisen kaufen; auch hierüber wurden durch
Wechsel die Zahlungen geleistet. Bei den Minorennen
orderte die Bank die Unterschrift der Mutter oder
iner Tante, die die jungen Offiziere selbst nach—
nachten. Der Angeklagte, der „in Anerkennung
einer Verdienste“ erst vor kurzem das Bürgerkreuz
rhalten hat, erklärte, daß es nicht seine Sache sei,
u pruüfen. wozu die Offiziere Geld gebrauchten.
rr habe ihnen stets in schwierigen Lagen geholfen
Dem findigen Bankier ist eine hohe Strafe ficher,
iber auch gegen eine ganze Reihe von Offizieren
wird noch vorgegangen werden.
Eine verloren gegangene Frau)
Der Ex⸗Khedive von Egypten, Jsmael Pascha, isit
in Rom, wo er belannilich seit Jahren sich als
Zast König Humbert's aufhält, wieder einmal von
inem schweren Unglück betroffen worden, indem
hm bei feinem jüngsten Umzuge nach der Villa
Telfner eine seiner dreißig Frauen auf mysterioöse
Beise abhanden gekommen ist. Wie verlautet, ist
das schöne Kind, welches einer cirkasischen Familie
entsftammt, mit einem italienischen Kavalerie⸗Offi⸗
ier durchgegangen. Es ist dies nun schon die
zritte Frau, welche dem Ex⸗Khedive in Italien
abhanden“ gekomien ist. Wie es scheint, versieht
der Polizeiposten, den ihm die italienische Regier—
ung zur Verfügung gestellt hat, seinen Dienst sehr
X
Herren⸗Chiemsee)
„Habt ihr das Schloß gesehen, das hohe Schloß
im Meer?“ Am bairischen Meere, wie Bayerns
zroͤßter See, der malerische Chiemsee, genannt wird,
jegt es in weltferner Einsamkeit, eingebettet in den
etzi gelichteten Urwald der ewa 600 Morgen
roßen Insel, großartig und doch träumerisch. Wit
ine Luftspiegelung würde dem einsamen Wanderer
er Prachtbau erscheinen, der ihm aus einer Wald⸗
ichtung urplötzlich und urgewaltig entgegenspringt,
venn es hier überhaupt ahnungslose Wanderer gäbe.
gis vor Kurzem nicht. Größenwahn und Menschen⸗
cheu hatten den unglücklichen Einsiedler auf dem
Throne, der sich hier ein Schloß von unerhörter
Bracht zu bauen beschlossen, schon vor Jahren den
zefehl ertheilen lassen, daß kein Schiff mehr an
er Herren Insel landen dürfte, daß selbst den
ahrplanmäßig auf dem See verkehrenden Dampfern
mzulegen nicht mehr gestattet sei. Umsonst waren
ille Vorstellungen, der Befehl blieb in Kraft.
Freilich mußte er umgangen werden, sonst wären
a schließlich die wenigen Bewohner der Insel
Mangels Verproviantirung vom Festlande aus ver—
jungert. Aber es mußte der Form wegen „ein
Fehler im Fahrplan“ konstruirt werden, damit ein
jüchtiges Anlegen des Dampfers ermöglicht wurde.
Heut ist's anders. Heut ist's lebhaft auf der
Insei und oben im Bräustübl geht's hoch her.
deut Morgen ist die Gerichts· Kommission einge-
roffen, welche im neuen Schlosse inventarisiren und
yersiegeln soll, und zu Mittag werden Dutzende
von Äbgeordneten kommen und wahrscheinlich auch
inige Journalisten, wenn sie den gestrengen und
och so liebenswürdigen Hüter der königlichen Privat⸗
chätze, den königlichen Hofsekretär Klug, milde zu
timmen vermochten.
Das Hauptgebäude — der Mitteltrakt — eine
Nachahmung des Versailler Schlosses, ist heute
ertig und die Parkanlagen vor der Hauptfront find
hrer Vollendung nahe. Vor der 344 Fuß langen
Front des Miiteltrakis dehnt sich ein riesenhaftes
Plateau aus, von dem 12 Marmorstufen von
nindestens 5300 Fuß Länge zu zwei betonnirten
Bassins von je 300 Quadrat⸗Meter Flächeninhalt
hinabführen. Inmitten dieser mit karrarischem
Marmor eingefaßten Riesenbecken erheben sich zur
döhe von 15 Meter chklopische Felsschichtungen
jekrönt von gegossenen Kolossalgruppen. Die Gruppe
der Rechtsbassins ist eine ganze Schichsalstragödie.
doch oben thront auf mytischem Rosse eine geflügelte
Höttin, eine Art personifizirten Fatums. Rings
im diese Figur ranken sich Gruppen aller Art,
gegen das Schicksal anstürmende und von diesem
heils freundlich aufgenommene, theils in die Tiefe
Jeschleuderte Menschenkinder. Die Felsschichtung
cheint den gegossenen Figuren und Gruppen ange—
aßt; vom Sodel bis zur Krönung klettern und
türzen die Figuren, eine gewallige einheitliche Kümpfer⸗
VMaAR. AinenESyo⸗raialIhericht Nes Rorliner Tooeklaties
gruppe darstellend, deren großartige Wirlung
erprobt werden koͤnnte, wenn die Bassins
und die den Versaillern an Großartigkeit nicht
stehenden Wasserwerke in Thatigkeit wären.
ZIruppe des Linksbassins stelit, in ahnlichem w
bau, die Glücksgöttin mit dem Rade vor, und
hier verschmilzt die Felsthürmung und die G
pirungen der Figuren zu einem Ensemble
uͤberwaltigender Wirkung. Rings um die Marn
einfassung laufen je 16 allegorische Figuren
Bruppen in Bleiguß und echt vergoldet. 9
Vergoldung wirkt prächtig, aber befremdend;
Kontrast zwischen den schwarzen Bleigußeude
in der Bassinmitte und dem gleißenden —8B*
der Statuen an der Umfassung ist ein zu —
Wie Eingeweihte versichern, hätten demnächft ag
die beiden Kolossalgruppen vergoldet werden sollen
Terrassenformig geht es abwärts. Wieder einng
Marmorstufen von imponirender Breite und *
und links leuchten abermals zwei Marmorbaffe
mit einem Druchwerk, das je einen Strahl von in
Fuß Durchmesser auf 80 Fuß Höhe zu schleuder
bestimmt ist. Den Abschluß nach der Fromsen
zegen den See zu bildet ein wasserspeiendes Wun
derwerk, die bereits viel besprochene Latonagruphe
ẽs ist das ein runder RiesenMarmorbrunnen, dea
sich in fünf Etagen, stets sich verjüngend aufbau—
72 Ungethüme von gewaltigen Dimensionen, Frösqhe
AR
aller Art, alle echt vergoldet, speien ihre Wasse
gegen die auf der obersten Etage thronende Marmot
goltin, und zwar deratrt, daßz die Statue, ohn—
selbst getroffen zu werden, in einen aus Wasser
strahlen gewobenen Schleier gehüllt erscheint.
Links und rechts vom Schlosse her laufen haus
hohe Spaliere, mit wildem Wein theilweise um—
rankt und ziehen sich durch alle diese Gartenab
theilungen als Schutzwehr gegen profane Blicde bit
hinab zum See, dem auf königlichen Befehl nod
twa ein Kilometer Fahrweg durch Aufdämmung
abgewonnen werden sollte, damit das königlich
Sechsgespann größeren Spielraum habe. Die un
jäglich schwierigen und mühseligen Arbeiten, fin
noch nicht vollendet und werden natürlich jetzt unte
bleiben.
An den fertigen Mitteltrakt, dessen Ausstattun—
alles übertrifft, was je an Pracht und Lurxus ge
leistet wurde, schließt sich links ein Flügelbau vor
ursprünglich 424 Fuß Länge an; auf königlicher
Befehl mußte im Vorjahre ein Annexr von hunder
Fuß Länge gemacht werden, so daß also jetzt der
erst im Rohbau siehende Flügel 324 Fuß in der
Länge mißt; zum rechten Fluͤgel sind die Grund
mauern in derselben Ausdehnung gelegt, ebenht
sind die Annerbauten meist im Rohbau begriffer
S heute lauter Wracks von ungeheuerlicher Kost
spieligkeit! Mußte doch jeder Stein und jedes Stut
Zauholz auf die einsame Insel geschafft, mußt
doch dem Moorboden mit unglaublichen Koster
erst die Fähigkeit gegeben werden, einen solcher
Kolossalbau zu tragen.
Und dabei — welch traurige Perspektive!
sind die Sachverständigen heute schon darüber einig
daß in spätestens 10 Jahren der Schwamm di
enisetzlichsten Verheerungen in diesem Konigsbar
angerichiet haben wird, der tief im Thal, mar
mochte sagen fast mitten im Wasser sieht.
Doch uns bewegen heute ganz andere Gedanlen
und mit Ehrfurchtsschauern betreten wir das Heilio
thum, das bisher als Adyton galt.
Schon das Vestibul gibt einen Begriff von de'
Großartigkeit, die uns im Innern erwartet. Nod
nmer albehrt es des malerischen Schmudes urd
die endlose Reihe schlanker Säulen aus kreideweißen
Arco⸗Marmor aus Süd⸗Tirol blickt uns gespenstit
an. Aber belebende Figur ist doch schon da: au
einem Sockel von buntem Marmor ein überleben⸗
großer Pfau aus Bronzeguß, ein Wunderwerl de
Pariser Technit. Jede Feder eralünzt in natnr
lichen Farben.
Doch ist das nur eine leise Vorbereitung *
dem Meer von Glanz und Farbe, das uns um—
faͤngt und berauscht, sobald wir die über den
Treppenhaus sich wölbende cour d'honneur ben
len. Weiß und Gold sind die Grundtöne,
dazwischen lacht und leuchtet es in den entzucenn
den Farben. Da ist die Doppelreihe die
veißer Marmorstufen der Freitreppe, da ist F
hunte Marmor der Treppengeländer und I
derkleidungen, da sind Wandgemälde und De
Medaillons von wunderherrlicher und —
cet Farbenabtönung,da siehen Nymphen