Full text: St. Ingberter Anzeiger

Seiter dahier das an der Ludwigstraße (Bahnhof⸗ 
ttraße) stehende neuerbaute 2stöckige Wohnhaus des 
herrn Baumeisters L. Hagenthau um den Preis 
von 22,500 Mk. lauflich erworben. 
— Dirmstein, 27. Juli. Doktor Frei⸗ 
herr von der Pfordten, Privatdozent in Munchen, 
Sohn des früheren königl. baier. Bundesgesandten 
und Premierministers. weilte einige Zeit hier bei 
seinen Verwandten, Familie Julius Mayer, zum 
Besuch. GEF. T.) 
— Schifferstadt, 27. Juli. Zum 
Gemeinde⸗Einnehmer dahier ist der geprüfte Ein⸗ 
nehmerei⸗Kandidat Georg Grab aus Jockgrim er⸗ 
nannt worden. 
Vermischtes. 
F Aus ElsaßLothringen, 27. Juli. 
Ein entsetzliches Unglück hat sich in dem in der 
Nähe von Dieuze gelegenen Gelucourt zugetragen. 
Ein Knabe von 11 Jahren, das älteste von den 
5 Kindern des Tageloͤhners Carl Denis, hatte am 
Montag früh die Kuh des Ackerers E. Trottmann 
auf die Weide geführt. Zur größeren Bequemlich⸗ 
keit band sich der unvorsichtige Knabe das Seil 
um den Leib. Plötzlich fing die Kuh an zu laufen, 
und der Aermste wurde auf einer ziemlich langen 
Strecke geschleift und später leblos in einem schreck⸗ 
lich zugerichteten Zustande aufgefunden. 
4 Trier, 27. Juli. Die in letzterer Zeit 
am hiesigen Platze in so großer Anzahl vorgekom⸗ 
menen Konkurse und die außerordentlich hohen 
Gesammtverluste, welche dieselben zur Folge hatten, 
haben die hiesige Handelskammer in ihrer gestrigen 
Sitzung veranlaßt, einen Antrag zur Abänderung 
der Konkursanderung dahingehend anzunehmen, daß 
ein Fortarbeiten mit Unterbilanz etwa über die 
Zeitdauer von drei Jahren hinaus verboten werde. 
U. a. wird auf die österreichische Konkursordnung 
hingewiesen, wonach ein Konkurs mit weniger als 
50 pCt. strafbar ist. Man hofft auf eine allseitige 
Zustimmung der Handelskammern, denen der Antrag 
unterbreitet werden soll. 
F Trarbach, 24. Juli. In unserem Nach- 
barorte Kindheim ereignete fich gestern Abend ein 
schreckliches Unglück. Das Pferd eines mit sechs 
Personen besetzten, aus dem Bade Wildstein bei 
Trarbach zurückkehrenden Wagens ging nach der 
„Fr. Ztg.“ gerade an der Stelle durch, wo die 
Chaussee, welche ein starkes Gesälle hat, in die 
sehr enge Dorfstraße einbiegt. Der Wagen rannte 
gegen einen Steinhaufen. Das Pferd blieb sofori 
tot und von den Insassen wurden fünf sehr schwer 
verletzt. Das Unglück ist darauf zurückzuführen, 
daß ein des Fahrens unkundeiger Mann, der zudem 
noch in angeheitertem Zustande war. das Gefährl 
lenkte. 
F Bieberich, 26. Juli. Auf einem Dampf⸗ 
ooote der Köln⸗ Düsseldorfer Gesellschaft wurde 
gestern einer englischen Familie die Surame von 
12000 Mark entwendet. Der Dieb konnte nicht 
ermittelt werden. 
FDortmund, 27. Juli. Auf der hie⸗ 
figen „Union“ ist wie schon gemeldet am Samstag 
400 Arbeitern gekündigt worden. Eine weitere 
Mittheilung der „Tremonia“ lautet, daß auf der 
„Hermannshütte“ und dem „Eisenwerk“ in Hörde 
auch die Kündigung von 600 Arbeitern für die 
nächste Zeit bereits hier angeordnet sein soll. 
Ebenfalls hören wir, daß auf den Werken der 
Gesellschaft ‚Phönix“ in Ruhrort 300 Arbeitet 
gekündigt worden ist. Derartige Vorkommn'sse 
beweisen mehr als viele Worte die schlechte Lage, 
in welcher sich unsere Eisenindustrie befindet. 
F (Versteigerte Jungfrauen. In 
der Chronik von Goar findet man angegeben, daß 
die Stadt in der Zeit vom 15. bis 18. Jahrhundert 
alljährlich eine Einnahme von 20 bis 50 Thalern 
aus der „Versteigerung der Jungfrauen“ erzielte 
Am Ostermontag pflegten sich nämlich die Jung 
frauen Goars vor dem Rathhause zusammenzufinden 
und wurden hier durch einen städtischen Auktionator 
an die jungen Burschen „sür den Jahrestanz“ 
versteigert, d. h. die für das Höchstgebot gewonnenen 
Jungfrauen durften das Jahr hindurch nur mil 
ihrem Erwerber tanzen. Der Ertrag dieser selt⸗ 
samen Auktion, die übrigens noch heutzutage am 
Niederrhein und im Eifelgebiet hier und da Sitte 
ist, floß in die Gemeindekasse. 
fF In Düsseidorf wird vom 7. bis 9. 
September dieses Jahres das 40. Jahresfest der 
Gustaav-Adolf⸗Stiftung stattfinden. Für 
die große Liebesgabe bringt der Centralvorstand 
St. Avold (Lothringen), Branitz (Schlefien) und 
Zell (Baden) in Vorschlag. 
Boscholt (Regbz. Münster), 27. Juli. Die 
oft gerügte Unsitte des „Seilchenspringens“ hat 
hier wieder ein Opfer gefordert. Ein Schulmäd⸗ 
hen erlitt infolge der Ueberanstrengung bei diesem 
Spiel einen Blutsturz und liegt todikrank darnieder 
Es gibt doch wahrlich andere minder gefährlicht 
Spiele für die Kinderwelt genug. 
fIst die Uebertragung der Re— 
ourbilletssstrafbar? Diese für den Ver⸗ 
ehr äußerst wichtige Frage hat in jüngster Zeit 
zie Fachkreise lebhaft beschäftigt und ist zu den 
ingezählten juristischen Kontroversen als eine neue 
zinzugetreten. Von den Rechtslehrern hat nament- 
lich der bekannte Göttinger Professor Rudoph von 
Ihering für die Uebertragbarkeit der Retourbillets 
ich ausgesprochen und dieser Ansicht sind auch zwei 
Urtheile der Oberlandesgerichte Naumburg und 
Telle beigetreten. Die entgegengesetzte Auffafsung 
jat Altmann in Gruchots Beiträgen 1886 Heft 1 
bertreten. Neuerdings behandelt das Thema der 
der Rechtsanwalt A. Westrum in der „Juristischen 
Wochenschrift“ und sucht dort zu beweisen, daß, 
elbst wenn richtiger Ansicht nach die Returbillets 
nicht übertragbar sein sollten, daraus noch nicht 
eine Strafbackeit wegen Betrugs gefolgert werden 
könne. Dieselbe sei ausgeschlossen wegen mangeln⸗ 
den oder doch unerwiesenen Dolus. Schließlich 
vird noch darauf hingewiesen, daß, wenn ein 
steisender in gutem Glauben das von einem Andern 
rworbene Retourbillet vorzeigt, darin wohl über⸗ 
jaupt keine Täuschung zu finden ist. Er sagt 
»amit ja überall nicht und will damit nicht sagen 
er habe das Billet von vornherein für sich erworben, 
ind würde vielleicht auf besonderes Befragen sosort 
ausdrücklich das Gegentheil erklären. — Die Eisen⸗ 
hbahnverwaltungen würden gut thun, wenn sie den 
Bermerk: „Nicht übertragbar“ auf den Villets ganz 
veglassen würden, da er weder juristischen noch 
zraktischen Werth hat. 
F Kultusminister v. Goßler wird sich auf 
kinladung des Jubiläumsfeflausschusses zu den 
Festlichkeiten nach Heidelberg begeben. Als 
Heidelberger Student hat der Minister dem Korps 
der Saxoborussen angehört. 
F Im Fackelzug bei der Bischofsfeier in 
Mainz wurden 1800 Fackeln und 2700 von Köln 
Jeliehene, von der dortigen Bischofsfeier herrührende 
dampions getragen. 
F Wiesbaden. Einem zwischen dem Cen⸗ 
ralvorstande des Allgemeinen deutschen Protestanten⸗ 
Vereins und dem hiesigen Lokalverein getroffenen 
Abkommen zufolge wird der nächste deutsche 
Protestantentag kommenden Herbst in Wies⸗ 
haden zusammentreten. 
x Vor einer Wirthschaft in der Fahrgasse zu 
Frankfurt a. M. stand letzten Sonntag 
Abend ein Kümmelwecdcverkäufer. Ein junger Mensch 
rat auf ihn zu und fragte: ‚Was lostet der 
Briff?“ „Dreißig Pfennige“, antwortete der 
Bursche, in der Hoffnung, daß man nicht mehr 
ils 5 Kümmelwecke auf einmal nehmen könne. Er 
mpfing den ausgemachten Betrag von 30 Pfg., 
vorauf der junge Mann den ganzen Korb ergriff 
ind damit davonrannte. 
fx Die Verhandlungen gegen Vollmar, 
Bebel und Genossen wegen Theilnahme an einer 
geheimen Verbindung vor der Strafkammer in 
Freiberg find heute zu Ende geführt. Die 
drtheilsverlündigung wurde auf den 4. August, 
Rachmittags 4 Uhr, festgesetzt. 
fMäünchen, 26. Juli. Der 238jährige 
Sohn des Kommerzienrathes Bariels in Stuttgart, 
ein ausgezeichneter Schwimmer, welcher den Siarn⸗ 
berger See bereits am Mittwoch von Ammerland 
»is Tutzing durchschwamm, ist gestern Nachmittag 
zeim Baden in dem See infolge eines Krampfan⸗ 
alles unweit der Villa des Herrn Opernsängers 
bogl ertrunken. 
FMänchen, 26. Juli. Die hiesige Ge⸗ 
neinde · Krankenversicherung hat gegen zwanzig Fälle 
zu verzeichnen, in welchen festgestellt werden konnte, 
daß infolge Simulation das Krankenunterstützungs- 
geld auf längere Dauer von angeblich kranken, in 
)er That aber gesunden Kranken⸗Unterstützungsbe⸗ 
rechtigten empfangen worden ist, welche während 
der angeblichen Krankheitsdauer in Arbeit standen 
ind Arbeitslohn bezogen. Die sämmilichen Fälle 
jaben zur strafgerichtlichen Verurtheilang der Be 
rüger geführt und ist auf Gefängnißstrafe bis zu 
3 Wochen erkannt worden. 
fF Straubing, 25. Juli. Im ber 
Winter starb dahier unerwartet rasch am nnn. 
der noch in jugendlichem Alter stehende dritt isn 
anwalt am Landgerichte Hr. Feistl. Vor 8 
tarben nacheinander die beiden hinterlassenen —8 
ctinder und nun ist auch die Wittwe —* —8 
und den Kindern im Tode nachgefolgt. In aiten 
halben Jahre eine ganze Familie —E 
Meiningen, 24. Juli. Ein 
Jagdabenteuer, schreidt man der ,Dochetnn 
jatie ein junger Nimrod beim Beginn — 
Af Rehboc. Im be shen. Derseide h 
Pirschgang zwei im Kampf befindliche Rehbode den 
denen der schwächere bald das Hasenpaniet dun 
Der Jäger schoß seine Büchse auf den —— 
derwundete ibn schwer und ging auf ihn dh 
'hm den Gnadenstoß zu geben. Unterweg⸗ — n 
hm sein Genickfang, und als er sich buͤte 
»enselben aufzuheben, fuhr plötzlich ehe x iun 
versah, der angeschossene Bock auf ihn ios, de 
hn zu Boden und bearbeitete ihn mit Gehoͤrn in 
ꝛäufen in so gefährlicher und energischet du 
daß an ein Aufstehen kaum zu denken war. 
Jäger griff dem Bock nach dem Gehörn, dieset 
tieß ihm eine Stange durch den Ballen der * 
dand. Endlich umfaste der Jäger den Hals do 
Zockes mit beiden Armen und würgte das —— 
o lange, bis er verendet niederstürzte. Die vu 
etzung an der Hand ist glücklicherweise ohne nahh 
heilige Folgen geblieben. Daß ein angeschossen 
dirsch hin und wieder den Jäger annimmi, is he. 
sannt, daß sich aber ein Rehbock so auffühnis 
vohl noch nicht dagewesen. 
xF Eine eindringliche Mahnung an alle Damen 
ollte der Heimgang eines jungen Mädchens sen 
velches am letzten Sonntag auf einer Vergnügung 
lour in Annaberg EGachsen) plötzlich aus din 
Leben von blühender Gesundheit dem Tode in di 
Arme fiel. Wie dem dortigen „Wochenblatt“ mi 
getheilt wird, ist der Gehirnschlag, welcher die Ver 
dauernswerthe getroffen, durch eine Hemmung da 
Blutzirkulation veranlaßt worden. Die Schnuͤrung 
des Korsetts war eine derartig starke, daß die Muh 
ter nur mit Mühe der Ohnmächtigen das Miede 
zu öffnen vermochte. Die Verstorbene darf in 
wahrsten Sinne des Wortes als ein Opfer der 
Unsitte bezeichnet werden. 
F Vermögende Zigeuner. Gelegentliq 
der Arretirung einer Zigeunertruppe in Schkeudiß 
— die Leute sollten in Lindenau ein Kind mitge 
nommen haben — fand man bei derselben dobhl 
Mark baar, mehrere Werthpapiere »und ein öster 
reichisches Sparkassenbuch über 30,000 fl. 
F Die Gaitin des Lieutenants a. D. v. Har 
kung, gegen welchen die Untersuchung wegen 
Landesverraths schwebt, ist nun ebenfalls in Hafl 
genommen worden, wenige Tage nach ihrer im 
Intersuchungsgefängniß zu Moabit erfolgten Trau⸗ 
ang. Die Verhaftung fand am Samstag Nach 
mittag in der zu Schöneberg, Haupistraße 79 -60 
in der zweiten Etage belegenen Wohnung der Fial 
d. Hartung durch den Amtsvorsteher zu Schönebeth 
herrn Feurig, den Criminalkommissar Herrno. 
Kraft, von der Berliner politischen Polizei und 
mehrere Criminalbeamte siatt. 
F Berlin, 23. Juli. Die Errichtung eine 
deutsch⸗ ebangelischen Bisthums in Jerusalem be 
dingt den Reubau einer eigenen deutschen Kithh 
daselbst. Das Terrain ist vorhanden, das der 
Sultan dem Kaiser Wilhelm im Jahre 1869 zun 
Beschenk gemacht hat. Der nächste Cultuseiat wird 
einen Betrag für das deutsche Bisthum enthalten 
F Berslin. Der deuische Krorprinz wird 
ich nach seiner Rückkehr von Heidelberg mit seinen 
Familie auf drei Wochen nach der Insel Sol 
hegeben. 
F Die deutschen Postdampfer na 
Ostafien und Australien sind schon bei ihren ersten 
Fahrten auch von den fremden Postverwaltungen 
sur Versendung von Briefsäcken in erheblichem 
Amfange benußt worden. Auch die japancsishe 
Postverwaltung hat Maßregeln getroffen. um mittels 
der deutschen Postdampfer Briefsäcke aus Yokohame, 
dobe, Nalasaki nach den verschiedenen Landern de 
Weltpostvereins regelmäßig zu befördern. 
fRostock, 28. Juli. Es fand ein Studenten 
xzeß statt. Die Poligei requirirte Militär. Eint 
Anzahl Studenten wuͤrden verhaftet, aber spatet 
wieder freigelassen. — 
Flensburg 29. Juli. Im hiteßfigen 
Hafen kenterte ein Voot mit sieben Personen. Lin 
Ttranken. datunter drei Soldalen (Nichtschwimmer.)