Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ugherter Amzeiger 
Amtliches Organ des koͤnigl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glat und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 4 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen JIM 75 —, einschließlich 
33 tZuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespallene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 S, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3.4. Meklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
—A — 
Deutiches Reich. 
Heidelberg, 6. Aug. Der historische Fest⸗ 
ag hat sich in glänzender Weise entwickelt. Der 
zindruck der prächtigen, wirksungsreichen Farben⸗ 
ilder war ganz unbeschreiblich großartig. Um 
Ih 8 Uhr versammelten sich die Theilnehmer in 
hren Kostümen auf der Bergheimerstraße und den 
mliegenden Straßen nach trefflich vorbereitetem 
srogramm, um für den Zug die vorgeschriebene 
zufstellung bei den bereits eingetroffenen entsprechenden 
Ddagen und Pferden zu nehmen. Kurz nach 9 
ihr sette sich der Zug in Bwegung, ein gländendes 
Nlerhaltendes Schauspiel gewährend, wie es auch 
wöhnte Augen schwerlich bisher gesehen. Er zog 
sinachst an dem von der Möbelfabrik E. Seeger 
J. Pannheim sehr geschmackvoll ausgestatteten 
——— vorbei, in welchem der Groß herzog 
zit Gemahlin, den Prinzen und Gefolge dem 
zchauspiele beiwobnten. Dicht bildete das Pub⸗ 
stum in allen Staßen Spalier, die Tribünen 
haren von Tausenden besetzt, und kein Fenster war, 
uus dem nicht Kopf an Kopf herausschaute. Der 
zug veranschaulichte in Form eines Aufzuges der 
rsten, die während der fünfhundert Jahre seit 
386 in Heidelberg zum, Vorteil der Universität 
zaß Scepter führten, mit ihrer Gefolgschaft, die 
zutwickelung der Kultur in Tracht und Bewaffnung 
ind Sitte, die in dieser Zeit hier zur Entfaltung 
plangte. Die einzelnen Gruppen, welche je einen 
durfürsten zum Mittelpunkt hatten, brachten dabei 
neist bestimmte historisch gegebene Einzüge zur 
darstellung. So den des Stifters Ruprecht J. bei 
delegenheit der Gründung der Universität, den Fried⸗ 
richs J. nach der Schlacht bei Seckenhetm (1462) 
den Einzug des Kurfürsten Friedrich V. mit seiner 
Femahlin Elisabeth von England am 17. Juni 1613 
eine Rückkehr von der Jagd von Karl Philippu. s. w. 
dazwischeu entfalteten sich mehr genrehaft gehaltene 
dilder des Volkslebens, wie namentlich jener 
dimmungsvoll anziehende Theil, der im Progamm 
den Titel Volksleben der fröhlichen Pfalz zu Ende 
ees XVI. Jahrhunderts — Winterzug“ führte. 
AIn dem Zuge, der 3 Stunden andauerte, waren 
iber tausend Personen beteiligt. Das Weiter war 
xüchtig, die Volksmassen, welche dem Festzuge zu⸗ 
chauten, zählten nach vielen Tausendn. 
Fraukfurt a. M.6. August. (F. J.) 
der Kronprinz des Deuischen Reichs kehrte gestern 
Ubend von Schlangenbad hierher in den „Frank. 
urter Hof“ zurück, worauf er eine Promenade in 
vie Stadt machte, die Wereschagin⸗Ausstellung be— 
ächtigte und im Laden der Herrn Perry u. Comp 
uuf dem Roßmarkt einige Einkäufe besorgte. Eine 
stoße Menschenmenge brachte ihm wiederholt Hoch's 
duus. Als der Kronprinz zur Bahn fuhr, wurde 
demselben die gleiche Ovation zu Theil und grüßte 
derselbe in freundlichster Weise nach allen Seiten. 
Der Kronprinz hat sich von hier direkt nach Pots 
dam begeben und dürfte heute Vormittag bereits 
im Neuen Palais eingetroffen sein. Die gestrige 
Neidung Berliner Blätter, daß derselbe heufe noch 
einmal nach Heidelberg gehen würde, hat sich also 
nicht bestaätigt. A. d. Redd. 
Berlin, 5. Auguft.Giers reist übermorgen, 
baätestens Montog, von Petersburg nach Franzens⸗ 
bad ab. Nach Gastein geht Giers nicht, dürfte 
— anderswo mit Fürst Bismarck zusammen⸗ 
teffen. 
Berlin, 5. August. Die soeben erschienene 
streuzzeitung“ meldet aus Paris: Freycinet suchte 
Sonntag, 8. August 1886. —— 21. Jahrg. 
durch seine diplomatischen Agenten in Rußland den 
Chef der Patriotenliga, Deroulede zu veranlassen, 
die deuischfeindliche Propaganda zu unterlassen, 
Deroulede weigerte sich den Wünschen Freycinett 
zu fügen. Das Petersburger Kabinet hat im Aus—⸗ 
lande versichert, daß es die Deutschenhetze Derou⸗ 
zedes übel vermerkt hafte. 
sind schon so weit vorangeschritten, daß die Anlage 
bis zum 22 Aug in Betrieb gesetzt werden kann. 
Die Lampen, von 16 und 30 Kerzenstärke, werden 
in den Gaslaternen angebracht. 
4 Merzig, 5. Aug. Unter den Kindern hie— 
siger Stadt herrschen zur Zeit die Masern derart 
daß verschiedene Schulen geschlossen werden mußten, 
da ein Lehrer mitunter 20 masernkranke Schüler 
entbehrt. Die epidemieartige Krankheit trägt glück— 
licher Weise einen friedlichen Character, da ihr im 
Verhältniß nur wenige Kinder zum Opfer fallen. 
⸗*Die großen Räume der hiesigen Irrenanstalt 
reichen zur Aufnahme der vielen Tobsüchtigen nicht 
mehr aus und werden die beiden Tobabtheilunger 
vergrößert. 
F Oberstein, 4. Aug. Seit Montag den 
2. d. vermißt man hier ein kleines Mädchen von 
8 Jahren. Die Bevölkerung besindet fsich in großer 
Aufregung, da alle Versuche, es aufzufinden, bie 
heute erfolglos waren. Gestern war die Feuerwehn 
aufgeboten, heute setzten verschiedene Bürger, sowie 
Arbeiter aus den Schleifereien die Nachforschungen 
fort. Da in den letzten Tagen mehrere Zigeuner— 
banden die Gegend durchzogen, fürchtet man, daf 
das Kind geraubt ist, doch ist es unwahrscheinlich 
da man keine Spur bei ihnen gefunden. 
Kassel, 4. August. In der renommierten 
Bodenheim'schen Faßfabrik dahier haben die zahl⸗ 
reichen Arbeiter wegen Lohndifferenz sämmtlich die 
Arbeit niedergelegt, um höhere Löhne zu erzielen 
Mannheim, 5. August. In einer gest⸗ 
rigen Maurerversammlung wurde folgende Resolu— 
tion angenommen: ‚Wir erklären hiermit, daß die 
Lohnfrage resp. Strikangelegenheit eine offene bleibt 
und alles weitere der Lohnkommissfion anheim gestell 
wird.“ 
Ausland. 
Aus Gastein, 5. August, wird geschrieben: 
Als die Kaisecin von Oesterreich gestern zum Essen 
'm Badeschlosse vorfuhr, ging ihr der Kaiser ent⸗ 
gjegen und geleitete sie zum Empfangssaale; bei,der 
Tafel saß die österreichische Kaiserin an der Spitze. 
zu ihrer Rechten der Kaiser, zu ihrer Linken Fürs 
Bismarck; nach der Tafel fand Cercle statt. Um 
jalb 6 Uhr verließ die Kaiserin von Oesterreich 
vom Kaiser bis zur Terrasse geleitet, und bald da⸗ 
rauf auch die anderen Gäste das Badeschloß. 
Die Pariser „Justice“ sagt bei Anlaß des 
Heidelberger Jubiläums: Die frenzösische Republil 
werde nie ein anderes Land angreifen, wolle aber 
don allen respektiert sein. Die deutschen Blätter 
qJätten Unrecht, Provokationen gegen Frankreich zu 
schleudern, das allein mit seiner inneren Umge— 
ttaltung beschäftigt sei. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
GO St. Ingbert. Socben erhalten wir die 
Nachticht, daß wieder ein Bergmann das Opfer 
seines Berufes wurde. Der verheiratete Bergmann 
Peter Hellenthal, Vater von 8 lebenden Kindern, 
wurde nämlich heute in der Sulzbacher Grube von 
herabfallendem Gesteine lebensgefährlich verletzt. 
*St. Ingbert, 7. August. Morgen 
(Sonntag) Nachmittag hält drLandwehrver 
ein dahier das Fest seiner Fahnenweihe. 
Eine größere Anzahl auswärtiger Kriegervereine 
haben ihre Theilnahme zugesagt und es scheint das Fest 
nach den getroffenen Vorbereitungen, sofern nur die Wit⸗ 
—X 
Verlauf nehmen zu wollen. Hoffentlich wird unsere 
Bürgerschaft, besonders in den Straßen, durch welcht 
sich der Festzug bewegt, durch Beflaggen der Häuser 
das ihre zur Verschönerung des Festes mit beitragen 
7f Hassel, 6. August. Heute nachmittag 
um 341 Uhr wurde unsere Einwohnerschaft durch 
die Sturmglocke in Schrecken versetzt. In dem 
hause des Schmelzarbeiters Peter Weirich brach 
auf ganz unbekannte Weise Feuer aus, das in 
wenigen Augenblicken das ganze Dachwerk einnahm 
Durch die rasche Hilfeleistung gelang es, die an— 
grenzenden Wohnhäuser gegen die verheerenden 
Flammen zu schützen. Der Beschädigte hat ver⸗ 
fsichert. 
— Speyer 5. Aug. Herr Bischof v. Ehrler 
ist von seinem mehrwöchentlichen Aufenthalt in der 
Schweiz zurückgekehrt. 
He . 85 B. August. “Maler Hoff 
der den Festzug inscenirt hat, erhielt eigenhändi— 
vom Großherzog das Großkreuz des Zähringer 
Lowen überreicchh. 
Stuttgart, 6. August.“ Im Keller der 
hiesigen Kaufmanns Ebinger in der Büchsenstraßt 
fand heute Morgen eine Benzinexplosion statt, bei 
welcher sechs Personen zum Theil schwere, aber 
nicht lebensgefährliche Brandwunden davontrugen. 
fFHamburg, 6. August. In einer Gast⸗ 
wirthschaft in der Vorstadt St. Pauli wurden ach 
Sozialdemokraten bei der Abhaltung einer geheimen 
Sitzung überrascht und mit dem Gastwirth verhaftet. 
Zahlreiche Sammellisten, Abrechnungen und Brief— 
schaften wurden beschlagnahmt. Von den Ver⸗ 
hafteten sind je zwei aus Hamburg, Harburg, Al⸗ 
tona und Ottensen. Die Vethafteten wurden in 
das Altonaer Gefängniß abgeführt. — 
F Die Antersuchung gegen den ehemaligen 
dieutenant AUlfred von Hartung und seine 
Ehefrau wegen Landesverraths scheint umfangreicher 
werden zu sollen, als dies bis jetzt geahnt worden. 
Auch die ehemalige Geliebte des Hartung soll jetzt 
in Untersuchungshaft genommen worden sein. Sie 
hat angegeben, daß von Hariung mit ihr öfter 
Spandau besucht und auf Spaziergängen in die 
Festungswerke Zeichnungen aufgenommen habe. Und 
sie hat weiter Andeutungen gemacht, aus denen 
entnommen werden kann, daß von Hartung dem 
Gewehr ⸗Diebstahl in Spandau, der seiner Zeit viel 
Aufsehen erregte, nicht fern gestanden hat. 
Vermischtes. 
Aus Elsaß Lothringen. Am Dienstag 
Abend erschoß sich, der ‚Metz. Ztig.“ zufolge, ein 
Unterofficier, Namens Vogt, vom Infanterie-Rgt 
Nr. 92 auf Fort Göben bei Metz. Das Motir 
der That ist undekannt.. 
F Ars a. d. Mosel, 4. Aug. Bisher wurde 
unser Städichen mit Gas beleuchtet, welches von 
den Lothinger Eisenwerken beschafft wurde. Da 
nun der Vertrag abgelaufen ist, hat der Gemeinde 
rath beschlossen, die electrische Beleuchtung ver⸗ 
uchsweise auf ein Jahr einzuführen. Die Arbeiter 
— 
Für die Redaktion verantwortlich: FJ. X. Demeß.