Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
v. 
er ‚St˖ Jugberter Anzeiger“ erscheint wüchentlich fuufmalz Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
jan und Sonntags mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 75 4, einschließli 
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auf welche die Grpedition Auskunft ertheilt, 184. Reclamen 30 . Bei 4mnaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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16. 
A. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Müͤnchen, 22. Januar. In der gestrigen 
unionssitzung der Rechten sollen alle Anwesenden 
q gegen das Branntweinmonopol erklärt haben. 
Berlin, 21. Januar. Als eine Art von 
genmaßregeln gegen das für Deutschland pro- 
ͤerte Branntwein ⸗ Monopol dürfte die in Bilbao 
oslzogene Gründung einer großken Sprit ⸗Import- 
tien⸗Gesellschaft mit einem Kapital von zwanzig 
dillionen Pesetats anzusehen sein. Der Haupt⸗ 
ped dieser „Compana alcoholica Aragonesa y 
astellana“ ist, den Sprit von den polnischen 
ulsbesitzern in Russisch⸗Polen nach Möglichkeit 
jrelt nach Spanien einzuführen und die von diesen 
zulsbesitzern betriebene Branntweinbrennerei sogar 
urch Vorschüsse auf Spritlieferungen zu unter⸗ 
uͤßen. Die Gesellschaft wird ihren Haupisiß in 
Jarschau haben, und zwar unter Leitung des dor⸗ 
gen spanischen Konsuls. Da bekanntlich Spanien 
in Hauptabnehmer für deutschen Sprit ist, so kann 
zan sich leicht vorstellen, wie unsicher Angesichts 
olcher Gefahren für die deutsche Spritausfuhr der 
jrirag des Monopols in Deutschland sein muß. 
Berlin, 22. Januar. In Fortsetzung der 
erathung des Zolletats genehmigte der Reichstag 
e Titel Zoͤlle, Tabaksteuer, Rübenzucker- und 
zalzsteuer und begann die Berathung der Brau⸗ 
uer. 
Berlin, 22. Januar. Im Londoner Unter- 
ause hebt Gladstone gelegentlich der Adreßdebatte 
exrdvor, die Regierung müsse in der irländischen 
rage Gesetzentwürfe vorlegen. Von der Noth- 
zendigleit zu sprechen, daß die Union aufrecht er- 
ulten werden müsse, genüge nicht. Der Schatz⸗ 
mzler Hicksbeach erklärt, er sei erfreut, daß Glad⸗ 
one's Doktrin der Reichsintegrität zustimme. Falls 
ie Opposition mit der von der Regierung ange⸗ 
indigten Politik nicht einverstanden sei, so moͤge 
e eia Amendement zur Adresse beantragen. Miß⸗ 
lige die Majorität die Politik, so sei es erforder⸗ 
ch, dies im Landesinteresse auszusprechen, andern⸗ 
Ils müsse sie die Regierung unterstützen. Staats- 
tetaͤr Churchill erklärt, die Regierung koͤnne der Ein⸗ 
siung eines irischen Sonder⸗Parlaments niemals 
dimmen. Die Debaite wird vertagt. 
nun diese neueste Frucht der Gesunkenheit jenes 
Volkes, das an Höflichkeit und feiner Sitte einst 
so hoch stand, auf Rechnung stellen? Werden sie 
sagen, daß auch Gassenjungen in der Redaktion 
des „Gil Blas“, eines vorzugsweise von der so⸗ 
genannten gebildeten Welt gesesenen Blattes, sitzen? 
im Anzeiger schon erschienen ist und zu allseitiger 
Beachtung empfohlen wird. 
— Aus der Pfalz. Wie üblich, wird 
der Stiftungsrath der Wittelsbacher Landesstiftung 
zur Förderung des Handwerks Mitte Marz d. J. 
vieder zu einer Sitzung zusammentreten, um über 
)en ihn treffenden Antheil für das Jahr 1886 zu 
derfügen. Es dürfte sich empfehlen etwaige Ge⸗ 
suche bald einzureichen, da die Instruktion derselben 
elbstverständlich eine gewisse Zeit in Anspruch 
nimmt. Hiebei ist zu beachten, daß vom Landes— 
Uiftungsrathe nur zu folgenden Zwecken, nämlich 
»ur Errichtung und Unterhaltung von Handwerker- 
Fachschulen, zur Veranstaltung von Fachausstellungen 
uind zu sonstigen für das Handwerk im Allgemeinen 
ersprießlichen Unternehmungen Beiträge gegeben 
werden. Anträge auf Prämiirung oder Unlerstütz⸗ 
ung von Meistern, Gehilfen und Lehrlingen gehören 
zur Zuständigkeit der Kreisstiftungsräthe. 
— Gleich wie in Hornbach sollen nun auch 
in Göllheim sogenannte Amistage zu gericht- 
ichen Verhandlungen abgehalten werden. Bei der 
neuen Gerichtsorganisation 1870 wurde der Ge— 
ichtsbezirk Goöllheim bekanntlich dem Amisgericht 
irchheimbolanden zugetheilt. 
— Herxheim, 20. Januar. (C. A.) Herr 
Thierarzt Hirsch von hier erzählte uns heute einen 
ehr interessanten Fall, der vor einigen Tagen vor⸗ 
gekommen ist. Die Kuh des Feldschützen Joseph 
Hollheim in Herrheimweyher zeigte Verdauungs- 
beschwerden und mußte deßhalb ärztliche Hilfe in 
Anspruch genommen werden. Der Arzt, der gleich 
vermuthete. daß der Magen der Kuh etwas Un— 
aatürliches enthalte, verordnete die Tödtung des 
Thieres. Bei der Untersuchung fand sich in einer 
Magenabtheilung ein 26 Centimeter langes Küchen⸗ 
messer vor, das bereits in einen Theil der Lunge 
jetreten war. Jedenfalls war dieses Messer beim 
dartoffelschälen in die Tränke gerathen. Die be— 
hreffende Kuh war 5 Tage krank und wurde am 
letzten Dienstag geschlachtet. 
— Mauchenheim, 21. Januar. Der 
ledige Valentin Weber hat seine Geliebte Philippine 
Gilcher durch einen Schuß in die Seite ungefähr—⸗ 
lich und dann sich selbst durch einen Schuß in den 
Mund lebensgefährlich verletzt. 
— Neustadt, 21. Januar. Heute früh 5 
Ahr brach in der Stärkfabrik von Adolph Heck im 
Schönthal Feuer aus. Die Fabrik ist vollstandig. 
das Wohnhaus zum Theil abgebrannt. 
Vermischtes. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 23. Janvar. Im Jahre 
1885 wurden 451 Kinder geboren, und zwar 
helichmännl. 215, ehelichweibl. 208, unehelichmännl. 
12, unehelichweibl. 16. Todtgeboren wurden 23, 
ind zwar: ehelichmännl. 10, ehelichweibl. 11, un⸗ 
helichmännl. 1, uneheweibl. I. Im Jahre 1885 
vurden 80 Ehen abgeschlessen. Gestorben sind in 
diesem Jahre 130 männl. und 130 weibl. Per⸗ 
onen. 
A. B. V. Der am Donnerstag, den 21. d. Mtis. 
ur ordentl. Jahres⸗Sitzung einberufene Ausschuß des 
Bereinsgegen Hausbettel konnte wieder 
uf ein Jahr gedeihlicher Thätigkeit zurückblicken. 
Ius dem Jahresbericht des Vorsitzenden Herr Gast⸗ 
virth Conrad, im Zusammenhalt mit dem 
Lassenbericht des Herrn Karl Uhl und mit den 
ersönlichen Beobachtungen des Herrn Polizeikom⸗ 
nissar Eckerlein, war das erfreuliche Resultat 
zu entnehmen, daß dieser Verein durchaus nicht 
der Förderung des Stromerthums dient, sondern 
»en Arbeitslosen auf geregeltem Wege die nöthige 
herpflegung bietet, um die Belästigung der Bewohner 
und sdas ungeordnete Geben an den Hausthüren 
ibzustellen. Zu dem Ende findet eine strenge Rich 
ung der Zugereisten statt; im verflossenen Jahre 
vurden 471 zur ükgewiesen, naämlich nicht 
los Alle, welche betrunken oder ohne Legitimations⸗ 
»apiere waren, oder deren zurückgelegte Reise zu 
urz war, sondern auch Jene, die keine Arbeit hier 
zu nehmen wünschten oder mit Geldmitteln ver⸗ 
ehen waren. Von den 580 Untecrstützten 
varen 187 Bayern, 193 Preußen, 45 Württem⸗ 
verger, 40 Badenser, 32 Hessen, 32 Sachsen, 16 
Elsaß⸗Lothringer, 17 Oesterreicher, 12 Schweizer, 
2 Amerikaner, 2 Lurxemburger, 1 Däne, 1 Fran⸗ 
jose, 1 Schwede. Es gebührt den Polizeiorganen 
für ihre Thätigkeit auf diesem schwierigen Gebiete 
ille Anerkennung. Zu den beiden Herbergswirthen 
aber, denen die Verpflegung der Durchreisenden 
ibertragen ist, hegt man das Vertrauen, daß sie 
nicht statt des Abendbrotes geistige Getränke ver⸗ 
breichen und so die Absichten des Vereines durch⸗ 
reuzen. — Außer der bisher besprochenen Thätigkeit 
onnte der Verein, wie in früheren Jahren, seinen 
„tatuten gemäß auch ein heimischen Noth- 
tämnden seine Fürsorge zuwenden, indem er 60 
Armen theils Schuhwerk, theils andre Gaben zu 
ommen ließ. Seine gewissenhafte, in Verbindung 
nit der städtischen Armenpflege und den Lehrern 
er Volksschule getroffene Auswahl der Unterftütz⸗ 
ingsbedürftigen bertcksichtigt besonders die Haus—⸗ 
irmen um ihnen das ehrliche Durchkommen zu er⸗ 
nöglichen und, wenn möglich, den einheimischen 
Zettel auf den Aussterbe⸗-⸗Etat zu setzen. Die 
stechnungsergebnisse des Vereins sind folgende: 
Zei einem Ueberschuß pro 1884 von Mk. 64.90 
ind Mk. 524 Beittägen pro 1885 hatte der 
Berein eine Gesammteinnahme von Mk. 588.90, 
velcher eine Gesammtausgabe von Mt. 560.70 
zegenübersteht. Es bleibt sonach ein Ueberschuß 
yon Ml. 28. 20, der auf neue Rechnung übertragen 
vird. Nach Erledigung seiner Tagesordnung be— 
hloß der Ausschuß, einen Aufruf zu erlassen, der 
Ausland. 
Paris, 20. Januar. Der „Gil Blas“, eines 
oielgelesenen Boulevardblätter, begeht ein Atten⸗ 
gegen einen deutschen Füesten, das in der 
edertrachtigkeit der Erfindung die Grenzen alles 
cher Dagewesenen überschreitet, ein Altentat, 
en welches die Beschimpfungen des Pariser 
bels gegen König Alfonso von Spanien das 
ue Kinderspiel sind. Es ist nicht möglich, an⸗ 
adigen deutschen Lesern einen Begriff von dieser 
dandgeschichte zu geben. Catulle Mendes, der 
tjafsfer des Buches „Lo Roi viérge“, sendet 
vem niederträchtigen Artikel, gleichsam als Vor⸗ 
th einen offenen Brief an Se. Majestät Frie⸗ 
h U., Konig von Thüringen, voraus, unter 
Acher plumpen Namensverschleierung man schon 
q dem Lefen weniger Zeilen sofort den eigent⸗ 
gen Adressaten erkennt. Veide Arltikel sind ein- 
der würdig: witzlos und gemein. Franzöfische 
ungen, welchen noch nicht alles Schamgefuͤhl 
handen gekommen war dhaben seiner Zeit die 
mdhung des Konigs Alfons, welche die ganze 
aldete Welt empoͤrte, dem Pariser Janhagel in 
Schuhe zu schieben versucht Wem wollen fie 
. Reichsgerichts-Entscheidung.) 
kin Schuldner, welcher in der Voraussicht oder 
nit dem Willen, seine Zahlungen einzustellen, ab— 
ichtlich zur Benachtheiligung seiner Glaͤubiger Ver— 
nögensstücle bei Seite zu schaffen versucht, ist nach 
inem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenats, 
om 9. November 1885 wegen Versuchs des be— 
rügerischen Bankerutts zu bestrafen, obwohl die 
Zahlungseinstellung oder die Konkurs. Eröffnung bei 
iesem Versuch noch nicht eingetreten war. 
F Aus dem Kreise Hagenau wird der „Str. 
P.“ gemeldet, daß dort zu der Tränke für das 
Bieh auch Hopfen mitverwendet wird, welcher mit 
»em übrigen Futter gekocht wird. Die Hopfen⸗ 
flanzer empfehlen diese Art der Verwendung des 
dopfens als dem Vieh besonders zuträglich, wobe 
ꝛie Rebenabsicht, die überfüllten Hopfenspeicher zu 
»eren, jedenfalls mit in Betracht kommt.