Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingherter Autzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 183 8, Neklamen 80 H. Bei a4maliger Einrudung wird nur dreimalige berechnet. 
X 161. 
A 
21. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Dresden, 20. August. Prinz Leopold von 
hahern ist heute mit seinem Adjutanten, Premier⸗ 
deutenant Freihert von Perfall, sowie den Obersten 
herg und Malaiso zur Theilnahme an den Ma— 
hdern hier eingetroffen und im königlichen Schloß 
hgestiegen. WV 
Zerlin, 19. August. Der Reichskanzler hat 
einem Schreiben an die Bundesregierungen Anlaß 
zenommen, auf die für die strafgerich tliche Verfolg⸗ 
ng ven Patentverletzungen wichtigen Gesichtspunkte 
imuweisen und den Bundesregierungen anheimzu⸗ 
eben, durch Erlaß einer allgemeinen Anweisung an 
gie staatsanwaltschaftlichen Beamten auf die Be⸗ 
zhtung dieser Gesichtspunkte hinzuwirken, was zur 
deruhigung der gewerblichen Kreise dienen und 
peilete Versuche abschrecken dütfte, inländische Pa⸗ 
ntrechte vom Auslande her zu beeinträchtigen. 
ofalzische Verschoönerungsverein im verflossenen Jahre ẽ wohner der Gemeinde Sinching förmlich unter sich 
die ansehnliche Summe von 200 Mi. beigetragen ausgemacht, den Soldaten nichts zu geben. Die 
zat. Rechnen wir die schon früher gespendeten dei den Bauern in Stoda im Quartier liegenden 
Mittel dazu, so müssen wir den aufmerksamen Soldaten mußten denselben für Bier 80 Pfg. pro 
Spendern um so größeren Dank pflichten, als lange Lditer bezahlen und verweigerten ihnen dieselben 
Jahre über zur Erhaltung dieser Schloßruine so sogar das Brod. Bei einem Bauern in Gelting 
zut wie nichts geschehen ist. A mußte die Einquartierung einen ganzen Tag ohne 
— Ingenheim, 18. August. Seit einigen Menage bleiben und jagte einer der dortigen Bauern 
Tagen wird hier der Holzhändier Leopold Roos ein Weib und seine Knechte zum Hause hinaus, 
eimißt. Derselbe ist schon seit längerer Zeit irr· damit sie den Soldaten nichts verabreichen lonnten. 
innig und solite auch nach der Kreisirrenanstalt zu dergleichen Dinge sind um so mehr zu bedauern, 
dlingenmünster verbracht werden, was jedoch bis uls sich unter diesen Leuten gewiß sehr viele be—⸗ 
etzt wegen Ueberfüllung der Anstalt nicht ausführ- janden, welche theils selbst beim Militär waren, 
aͤr war. Wohin Roos, welcher an Größenwahn heils schon Soöhne bei demselben hatten und recht 
eidet, seine Schritte gelenkt hat, ist nicht bekannt. wohl wissen könnten, was den von den Strapatzen 
Derselbe führte ziemlich viel Geld bei sich, weßhalb des Marsches ermüdeten Soldaten wobl und wehe 
es möglich ist, daß er eine größere Reise angetreten hut. 
jat. (L. A.) f In einer holssteinischen Dorikirche 
predigte der Pastor über die wunderbare Speisung 
der fünftausend Mann durch fünf Brode und zween 
Fische. Im Eifer der Rede verspricht er sich und 
uft aus: „Und nun, liebe Christen, frage ich Euch. 
velcher von uns wäre im Stande, daß er mit 
ünftiausend Broden fünf Mann und zwee Fische 
peiste? Klas Klassen erhob sich lächelnd: „Ik, Herr 
Zzafiur!“ Der Pfarrer verdutzt über diese Unter⸗ 
rechung, schließt die Predigt und fragt seinen 
düster in der Sakristei, wie Klassen zu dieser Ant⸗ 
vort gekommen. Der Küster macht dem Herrn 
ßastor bemerklich, daß er sich versprochen und 
latt fünftausend Mann fünftausend Brode gesagt 
sabe. Am folgenden Sonntage beschließt der Herr 
Bfarrer, das Versehen gut zu machen. Geschickt 
ommt er am Schluß der Predigt auf das Evan⸗ 
zelium des vorigen Sonntags zu spiechen und ruft 
ius: „So konnten wir uns fragen: wem wohl 
von uns Menschen wäre es möglich, heut, wie der 
herr das damals that; funftausend Mann zu 
peisen mit fünf Broden und zween Fischen. Klas 
dlassen erhebt sich wieder mit breitem Lächeln: 
„Ik. Herr Pastur!“ Diese Verwegenheit ist dem 
ilten Herrn auf der Kanzel doch zu viel und er 
ragt entrüstet: „Klassen, wie lönnt Ihr Euch das 
interstehen?“ — „Herr Pastur,“ antwortete Klassen 
ruhig und bedeutend, es muß ja doch wohl von 
den fünftausend Broden vom vorigen Sonntag noch 
ztwas übrig geblieben sein. 
F Wien, 18. August. Großes Mifsehen er⸗ 
egt es, daß ein Mann aus eigenem Antriebe heute 
stacht von außen die Spitze des Stephansthurmes 
erstieg und dort, anläßlich des Geburtsfestes des 
daisers, eine schwarz ⸗gelbe Fahne aufhißte. Der 
Mann heißt Josef Pircher und ist Anstreichermeister 
n Faboriten. Sein Wagestück bildet heute das 
ztadtgespräch. Er fuhr in einem Fiaker um Mit⸗ 
ernacht am Stephansplatz vor und kletterte um 12 
Uhr Nachts längs dem Blitzableiter mit einer am 
Rücken gefesselten zehn Fuß langen Fahnenstange 
is auf die 432 Fuß hohe Spitze des Stephans⸗ 
hurmes, wo er die schwarz gelbe Fahne mit der 
Aufschrift: „Hoch Kaiser Franz Joseph!“ befestigte. 
Anterwegs zog er die Stiefel aus und dangte um 
2 Uhr baarfuß zurück. Die Feuerwehr rückte mit 
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Waghals kam unversehrt herab, wurde von der 
Bolizer angehalten, jedoch wieder freigelassen. 
F Waldbrände in der Türkei. Laut 
Bhilippopeler Nachrichten droht seit acht Tagen 
ine Ausdehnung der Waldbrände auf türkischem 
Territorium in der Nähe von hulagarischem Gebiete 
ermischte*“ 
fNeunkirchen, 19. August. Seit einigen 
rkagen ist in den hiesigen Wirthschafien eine sog. 
„Säuferliste“, enthaltend 17 notorische Trinker von 
sier und Umgegend, zugestellt, und ist den Wirthen 
zei Strafe verboten, vorbenannten Leuten, welche 
inter Vernachlässigung ihrer Pflichten als Bürger 
ind Haushaltungsvorstände sich allzuviel dem Al⸗ 
'oholgenuß ergeben haben, irgend ein geistiges Ge⸗ 
ränk zu verabfolgen. (S. u. Bl.3.) 
F Auf der Station Mayb ach verunglückte 
zestern, Freitag, Vormittag der in Saarbrücken 
vohnende Zugführer Rosenhahn, so daß der 
Tod sofort eingetreten ist. Derselbe hinterläßt eine 
Frau und 4 Kinder. 
7 Wie die „Metzer Ztg.“ verimmt', ist aus 
Anlaß der Ankunft des Großherzogs von Baden 
in Metz und des eingetretenen Todes des dortigen 
Bischofs, sowie in Rücksicht auf die dadurch veran⸗ 
aßten Feierlichkeiten die Hinrichtung Roprichs bis 
nach Beendigung derselben auf 8 Tage verschoben 
vorden und findet somit in dieser Woche nicht statt. 
fOberstein, 18. August. Die Sektion der 
deiche der seit dem 2. d. M. vermißten achtjährigen 
douise Krämer hat die Annahme bestätigt, daß das 
arme Kind (man hatte angenommen, es sei von 
Zigeunern entführt) zuerst vergewaltigt und dann 
zurch Zertrünmerung des Hirnschädels ermordet 
vurde. Der That verdächtig ist nach dem Krzn. 
Tgbl.“ ein junger Mensch namens Jakob Schindler 
»om Neuweg, der auf Anordnung des Untersuch⸗ 
ingsrichters verhaftet und, nachdem er der Sektion 
zeigewohnt. is Gefängniß abeführt worden ist. 
F. Aus Waldkirchen, 13. August schreibt 
nan der „Donauztg“: Daß wiS im bayerischen 
Walde noch kräftige Männer haben, davon ein 
Beispiel. Ein Hausmeister der Brauerei von Lang 
n Jandelsbrunn hat heute eine Transmissionsstange 
m Gewichte von 170 Pfd. von Jandelsbrunn bis 
Waldkirchen, eitwa 8 Kilometer, auf einer Schulter 
zehufs Reparatur getragen. Der Mann meinte, 
nuf eine nochmal so weite Strecke käme es ibm 
nicht an. 
Munchen. Die „RNeuigkeitenCorrespon⸗ 
»enz“ schreibt: Samstag Abends kehrte das 2. 
ind 3. Bataillon des königl. Infanterie⸗Leib Regi⸗ 
nents von den Uebungen im Gefechtsschießen in 
zer Gegend von Gelting in seine Garnison zurück. 
Fast sämmtliche Soldaten beklagen sich bitter 
iber die äußerst unfreundliche Behandlung von 
Zeiten der dortigen BVauern. So hatten die Be— 
Ausland. — 
Gafstein, 20. August. Der österreich⸗ 
sche Kaiser besuchte gestern den Fürsten 
dis mard, in dessen Familie er eine Stunde 
erweilte.. 
London, 19. August. Die „Times“ meldet 
zuz Paris, der Präsident der Republik, Jules 
zrevy, denke ernstlich an den Rücktritt. 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
OMO St. Ingbert. Wie die auswärtige 
oͤtesse die hiesige Philharmonische Gesellschaft“ 
veutieilt, ersehen wir aus einer Notiz der „Kais. 
Zeitung“. Dieselbe schreibt: Sie brachten im März 
dieses Jahres eine Notiz über die Gruündung eines 
Musikvereins unter dem Namen „Philharmonische 
hesellschaft“. In der kurzen Zeit seines Bestehens 
lonnte derselbe seinen Mitgliedern schon drei Kon⸗ 
jetie geben, die durch die feine Auswahl der ein⸗ 
zelnen Piecen sowohl, als auch durch die tüchtige, 
nitunter glänzende Aufführung das musikalische 
herständnis und die Geschicklichkeit, die Liebe zur 
dache und die rege Thätigkeit der Mitglieder und 
iomit die Lebensfähigkeil des Vereins dokumentierten. 
Die Chöre, gemischter Chor und Männerchor, zeig⸗ 
len gute Schulung, und wurden sie in feinster 
Juancitung präcis vorgetragen. Noch mehr trugen 
die Einzelporträge, Duette für Sopran und Alt, 
Tenor und Baß und Quarteite, für welche der 
Lerein tuchtige Kräfte besitzt, zu den hübschen Er⸗ 
olgen der Konzerte bei. Der größte Beifall wurde 
en Violinpiecen zu Teil, welche im 2. Konzerte 
n einer Nummer (Hochzeitsmarsch von Mendels⸗ 
ohn) im letzten in drei Rummern (2 Solovorträge 
nit Klavierbegleitung und Festmarsch von Lachner, 
at. für zwei Violinen mit vierhändiger Klavier⸗ 
ꝛegleiung) auftraten. Die seitherigen Leistungen 
twecken das Vertrauen, daß auch in Zukunft der 
derein Vorzugliches leisten wird. Dazu wunschen 
vir der „Phifharmonischen Gesellschaft“ das beste 
deihen. 
— Pirmasens. In der nächsten Stadt⸗ 
athssitzung joll die Errichtung einer Realschule in 
Unregüng gebracht werden. 
— Merzalben, 16. August. Das Schloß 
hrafenstein (oder Grevenstein, im 12. Jahrh. von 
n Leininger Grafen erbaut) wird zur Zeit einer 
destautirung unterzogen, zu deren Ermdalichung der