Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒzu. Jugherter Anzeiger 
Amiliches Organ des konigl. Amtsgerichts St. Ingber.. 
7 t. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
hien und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich T xa 60 ⸗ einschließlich Trägerlohn; vurch die Post bezogen 1 AM 75 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 —, Neklamen 830 . Bei 4maliger Einrücung wird nur dreimalige berechnet. 
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Dienstaa. 24. August 18888. 21. Jahrg. 
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Bestellungen 
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„St. Ingberter Anzeiger 
r den Monat 
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hmen fortwährend an: die Postanstalten, die 
hostboten, die Austräger und 
Die Expedition. 
haben, mit der schmerzlichen Empfindung gegenüber, 
ie uns beim Anblick eines begabten Mannes er⸗ 
sreift, der für sein opfermuthiges Ringen von 
inem kindischen Volke mit schnödem, herzbrechen⸗ 
»em Undank belohnt wird. Aber das tragische 
Heschick des einzelnen Mannes macht uns nicht 
lind für die Thatsache, daß mit der Absetzung 
Hes thatkräftigen, willensstarken Mannes auf der 
ündsioffreichen Balkanhalbinsel ein Feuerbrand er⸗ 
oschen ist, der leicht eine europäische Feuersbrunsi 
jätie entzünden koönnen. Mit dieser Erkenniniß 
derden wir uns darüber keösten müssen, daß ein 
‚om Glück verzogenes Volk mit täppischen Handen 
ene Freiheit zersiört, die ein schneidiger deutscher 
OIffizier Im erkämpft hatte“. 
Der Köln Zig.“ schreibt man aus Berlin: 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß hier wie in 
janz Deutschland die wärmsten Sympathieen dem 
ugendlichen tapfern Fürsten entgegengetragen wer 
den, der sich mik großem Eifer an eine Riesenauf⸗ 
abe gewagi hatte, deren Erfüllung ihm jetzt der 
chlimmste Verrath und schmutzige Bestechung un⸗ 
nögllch machen. Mit tapferem Muthe, mit außer⸗ 
Irdentlichem diplomatischen Geschick hane er seit 
em 18. September die verwickelten Geschicke der 
eiden vereinigten Bulgarien geleitet; seiner Tapfer⸗ 
eit verdanke er ungewohnte militärische Erfolge und 
chon schien es, daß er auch dem Zorne des Zaren 
ind der von Tag zu Tag steigenden Wühlereien 
er Panslawisten gegenüber Sieger bleiben würde, 
ber der Rubel auf Reisen war ihm überlegen; der 
ʒtaatsdiener, dem er das höchste Vertrauen schenkte, 
en er selbst an jenem 18. September zu feinem 
Schicsalsgenossen berufen hatte, Karawelow, verlief 
hn auf heimtuückische Weise, verband sich mit seinem 
vͤgsten Feinde Zankow und diese machten seiner 
yerrschaft in einer ruhmlosen Verhaftung ein Ende. 
dein Zweifel, daß Fürst Alexander, der voraus 
ichtlich von Lompalanka aus auf ein russisches 
zchiff gebracht und von dort die Donau hinunter 
n einen sicheren Verbannungsort außerhalb Bul⸗ 
ariens geschleppt worden sein wird, der jetzigen 
hewegung ohnmächtig gegenüber stehen wird, wenn 
nuch einzelne busgarische Truppen und Offiziere 
hren fiegreichen Feldherrn nur ungern vermissen 
derden. Die Thatsachen, daß die Einsetzung der 
jeuen Regierung Karawelow-Zankow ohne Schwie⸗ 
agkeiten sich im Lande vollzog und daß in den 
etzten Momenten die panslavistischen Wühlereien von 
Tag zu Tag offenlundiger wurden. beweisen hin⸗ 
reichend, daß der jetzt an dem Fürsten vollzogene 
dochverrath von langer Hand und mit zuverlässigem 
düchhalt vorbereitet und aus geführt worden ist. 
Aber so sehr, man vom allgemein menschlichen 
Standpunkt aus das Ende des deutschen Fürsten 
sedauern wird, so wird man doch nicht übersehen 
ürfen, daß dieses Ende für den europäischen Frieden 
er Losung des gordischen Knotens gleichkommt; 
vie das Schwert des Damolles ruhte die Moͤglich— 
eit eines gewaltsamen Einfchreitens Rußlands über 
zulgarien, fortgejetzte Meldungen über beunruhigende 
stüssungen in Serbien gegen Bulgarien tauchten 
lets von neuem auf und verwirrten die öffentliche 
Meinung. Was die Haltung der Großmächte be— 
rifft, so lag klar vor Augen, daß Deutschland und 
Desterreich an dem endlichen Ausgang der Dinge 
iuf der Balkanhalbinsel im Grunde unbetheiligt zu 
ein glaubten, daß sie jedenfalls nicht bereit waren, 
vegen des jungen Fürsten einen europäischen Krieg 
u entzunden, während England zwar den Fürsten 
lach Thunlichkeit ermuntert hatte, aber für die 
Wirkungen dieser Aufstachelung seinerseits eine Ver⸗ 
antwortung nicht übernehmen wollte. So blieb 
nur fraglich die Haltung der Pforte. Diese aber 
ist offenbar für die jetzige Wendung gewonnen 
worden, nachdem sie eingesehen hatte, daß England 
sich aus dem Spiele zurückzog; die Verleihung 
eines hohen russischen Ordens an Said Pascha isi 
nicht das einzige Anzei hen, das diese Wendung den 
unbefangenen Beobachter zur Genüge verräth. Auch 
für Serbien fällt jetzt jeder Grund fort, Vorkehr⸗ 
ungen gegen angebliche kriegerische Neigungen des 
Fürsten Alexander zu treffen, und so ist das Ende 
dom Liede, daß diese tragische Absetzung eines für 
die günstige Entwickelung Bulgariens vielverheißen⸗ 
den Fürsten zur Zeit eher zur Sicherung als zur 
Beeinträchtigung des europäischen Friedens heiträgt. 
sechtlich stellt sich nunmehr die Lage in Bulgarien 
dahin, daß zunächst Artikel 8 des Berliner Friedens 
von 1878 platzgreift, wonach der Fürst von Bul⸗ 
zarien wiederum von der Bevölkerung frei zu erwählen 
und von der Pforte unter Zustimmung aller Mächte 
zu bestätigen ist. Die Wahl darf nicht auf irgend 
ein Mitglied der regierenden Herrscherfamilien der 
europäischen Großmächte fallen; der so erwählte 
ind bestätigte Fürst wird nach den Beschlüssen der 
retzten Botschafter⸗ Konferenz gleichzeitig für fünj 
Jahre Geneneralgouverneur von Ostrumelien werden. 
Daß übrigens die Wahl auf einen Kandidaten fallen 
onnte, welcher der russischen Regierung unwillkom⸗ 
men wäre, ist nach der jetzigen Sachlage unbeding! 
ausgeschlossen. * 
Berlin, 283. Aug. Die „Nordd. Allg. Zig.“ 
druckt die über Konstantinopel und Bukarest einge⸗ 
gangen Nachrichten über die Absetzung des Fürffen 
Alexander ab und fügt hinzu: Deutsche Interessen 
werden durch diese oder andere bulgarische Be⸗ 
wegung nicht berührt.“ 
Unter allem Vorbehalt theilen die Blätter ein 
Berücht mit, wonach sich der älteste Sohn des 
Prinzen Georg“ von Sachsen, Prinz Friedrich 
jlugust, mit der jüngsten Tochter des Kaisers von 
Desterreich,“ Erzherzogin; Maria Valerie, verloben 
werde, sobald ihm seine militärdienstlichen Verhält⸗ 
nisse dauernden Aufenhalt in Dresden wieder ge⸗ 
aiten werden. 
Berlin, 23. Aug. Auf der Reise uach 
Straßburg zu den Manövern des fünfzehnten 
Armeekorps am 9. September wird der Kaiser von 
dem Kronprinzen und anderen koͤniglichen Prinzen 
hdegleitet sein. Nach den bisherigen Dispositionen 
werden auch der König und Prinz Georg von 
Sachsen, der Großherzog von Baden mit Gemahlin, 
Prinz Wilhelm von Wuͤrttemberg, Prinz Karl von 
Schweden sowie andere Fürstlichkeiten den Manö⸗ 
bern einige Zeit beiwohenen. 9 
Berlin, 28. August. Die Zusammenkunft 
des deuischen Reichskanzlers mit dem Herrn v. 
Giers findet in diesen Tagen statt. 
Straßburg, 21. August. Der Großherzog 
hon Baden wird am Mitwoch, den 25. d. Mis., 
Nachmittags um 4 Uhr 13 Minuten wieder hier 
eintreffen und im Gasthof zur „Stadt Paris“ Ab⸗ 
steigequartier nehmen. Am Donnerstag, den 26., 
vird die 61. Infanteriebrigade auf dem Polygon 
und am Freitag, den 27., die 62. Infanteriebri⸗ 
zade von dem Großherzog besichtigt werden. Am 
Donnerstag findet im Gasthof zur „Stadt Paris“ 
ein vom Großherzog gegebenes Diner zu 110 Ge— 
decken statt. Der Großherzog fährt am Freitag 
Nachmittag um 3 Uhr 15. Minuten nach Moörch— 
ingen in das Manöverfeld der Cavalleriedivision 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 21. August. Der deutsche Kron⸗ 
xmng verläßt am 3. September, Nachmittags 2 
ihr 30 Minuten mit dem Kurierzug Berlin und 
rifft am 4. September, früh 7 Uhr 8 Minuten 
u dem Bahnhofe in Augsburg ein. Nach kurzem 
Jjufenthalt begibt er sich mittelst Extrazuges nach 
m Lager Lechfeld, um dortselbst die ennd 
er vereinigten Cavallerie · Division vorzunehmen. 
gegen halb 1 Uhr reist der Kronprinz mittelst 
zrirazugesüber Kaufering⸗Landsberg nach Schon⸗ 
cu und begibt fich von da über Füssen zum 
zefuch der Königin- Mutter nach- Hohenschwan ⸗ 
cu. Am 5. September, Abends 7 Uhr 15 
inuten trifft derselbe mit dem Lindauer 
zutierzug wieder in Augsburg ein und nimmt im 
‚olel, Drei Mohren“ Absteigequartier. Am 6. 
September früh begibt sich der Kronprinz wieder 
nittelst Ertrazuges zur Fortsetzung der Besichtigung 
er 3. Caballerie⸗Division nach dem Lager Lechfeld 
ind kehrt von dort gegen Mittag zurück. Der 
dachmittag des 6. September ist voraussichtlich 
inem Befuch der schwäbischen Kreisausstellung ge⸗ 
widmet, nachdem sich der Kronprinz bereits Abends 
AUhr 40 Minuten mit dem Kurierzug nach Nürn⸗ 
verg begibt und im Hotel „Bayerischer Hof“ dort⸗ 
elbit Absteigequartier nimmt. Am 7. und 8. 
ʒeptember besichtigt derselbe die Truppen des 2. 
Armeekorps zwischen Kadolzburg und Heilsbronn, 
owie bei Weißmannsdorf. Nach Beendigung der 
Inspektion besteigt der Kronprinz am 8. Septbr. 
dachmittags auf der Station Heilsbronn einen 
eereit gestellten Extrazug und setzt die Reise über 
Ansbach · Crailsheim · Umm nach Kellmünz fort und 
egibt fich von dort nach dem Schloß Babenhausen, 
ooselbst er als Gast des Fürsten Fugger⸗Baben⸗ 
ausen Absteigequartier nimmt. Am 9. September 
eendet er muͤ der Besichtigung der 2. Infanterie⸗ 
division die Inspektion der bayerischen Truppen 
wischen Illertissen und Babenhausen, verläßt am 
. September Abends oder am 10. September früh 
babenhausen und reist über Ulm Stuttgart nach 
„traßburg, um dortselbst am 11. Sepiember der 
troßen Kaiserparade und den am 13. September 
eginnenden Manövern anwohnen zu koͤnnen. 
Muünchen, 22. August. Verschiedenen Blät⸗ 
ern wird von Budapest aus gemeldet, ein baher⸗ 
scher Prinz werde dem Gedächtnißfeste der Befrei⸗ 
ing der Stadt Ofen beiwohnen. In hiesigen 
dreisen, die darüber unterrichtet sein mußten, ist 
ais jetzt nichis bekannt, wer dieser Prinz sein wird. 
Doch kann Nes als selbstverständlich gelten, daß 
iner an den Hof gelangten Einladung in verbind⸗ 
achster Form entsprochen würde. 
Zu der Vertreibung des Fürsten Alexander be- 
nerkt die „Köln. Zig.“ am Schlusse eines längeren 
Artikelzs: „Wir stehen den dramatischen Scenen, 
welche sich in Widdin und Lompalanka abgespielt