Full text: St. Ingberter Anzeiger

Auf dem Verbandstage der Thuringer 
ewerbevereine sind auch die Herbergen zur Heimath 
—* worden und hob Professor Flemming⸗ 
Nburg deren Bedeutung hervor. Er empfahl 
Errichtung solcher Herbergen, jedoch mit der 
hiaschrunkung. daß sie den Charakter eines guten 
—2X haben müßten und daß Frömmelei 
* heuchelei darin nicht geduldet werden dürften. 
Eine sowohl kulturhistorisch als auch für die 
geschichte des Zeitungswesens interessante Notiz 
8— die „Leipziger Zeitung“ vom 18. ds. 
—8 vor hundert Jahren“, schreibt 
genannte Blait. „wurde aus Berlin gemeldet: 
Fate wurde die Strafe des Scheiterhaufens 
r dem Bedienten Höp ier wegen des verübten 
diebstahls und dabei augelegten Feuers in seiner 
gnchaft Hause wirklich voslzogen. Fast ganz 
herlin war seit drei Tagen darüber in Bewegung. 
V Strafe war, dergleichen man in 70 
sohren (also während der ganzen Regierungszeit 
udrichs II.) hier nicht gesehen hat. Der Scheiter⸗ 
Jufen hatte vollkommen die Gestalt eines Back⸗ 
gens in den Dörfern, war etwa 7 bis 8 Fuß hoch 
nd oben mit Stroh und Holz bedeckt. Der Ein⸗ 
ang war mit einer Thür versehen und der innere 
un nicht sehr groß. Heute früh um 6 Ugtr 
vard der Delinquent aus dem Gefängniß abgeholt 
und vor das Rathaus geführt, wo er auf Befragen 
sein Verbrechen nochmals gestand. Darauf wurde 
hm das Uriheil zum letzten Male vorgelesen, der 
Liabigerbrochen uͤnd zum Gerichte abgeführt. Als 
x an ven Scheiterhaufen kam, wurde er bis auf 
aß Hemd enttleidet und dann zur Exekution ge⸗ 
siacht. Um 8 Uhr wurde der Scheiterhaufen an⸗ 
zezundet. welcher wohl drei Stunden brannte.“ 
Berlin, 29. August. Die bulgarische 
gFrage in den Berliner Vorschulen. Berliner Blätter 
ahlen: Die Eltern saßen Mittags bei Tisch und 
ünterhaltung streifte die Vorkommnisse in Bul⸗ 
garien. Da mücht sich auch der kleine sechsjährige 
in das Gespräch. Was weißt Du denn davon, 
amerlt der Vater. Erregt sprang der Knabe auf 
Id erzäͤhlte, daß am Dienstag in der Zwischen⸗ 
fuunde der Schule der Knabe C. auf die Bank ge⸗ 
siegen sei und ihnen Alles erzählt habe. Das hat 
die ganze Klasse — es handelle sich um die unterste 
dlasse einer Vorschule in einem Gymnasium von 
herun W. — sehr erregt. Sofort war man einig, 
Russen und Bulgaren zu spielen. Dem Primus 
der Klasse wurde die Rolle des Fürsten Alerander 
uͤbergeben. Durch das Loos schied man Ruffsen 
ind Bulgaren aus. Die kleineren Sechsjährigen 
pielten die Infanterie, die groͤßeren Siebenjährigen 
die Kavallerie. Alsdann warfen die Russen die 
dulgaren einschließlich des Fürsten aus der Klasse 
und hielten ihnen die Thür zu, damit sie nicht 
wieder hereinkommen konnten. So verging die 
Zwischenstunde. Als der Lehrer dann wieder ein⸗ 
at, war der Friede hergestellt und Russen und 
hulgaren saßen in gewöhnlicher Reihenfolge neben 
inader. An den folgenden Tagen wiederholte sich 
daß beifällig aufgenommene Spiel, nur mit dem 
unterschiede, daß seit Donnerstag die Bulgaren die 
Russen vor die Thüre setzen. 
pPOttensen, 30. August. Als Haupt der 
inlernationalen Gaunerbande, welche Banken mittelst 
gefälschter Cheques betrogen, wurde der Buchhalter 
einer hiesigen Fabrik verhaftet. 24 000 Mark 
wurden bei demselben gefunden. Die Bank von 
Neapel wurde um 240 000 Francs betrogen. 
Tiegenhof, 24. August. Der „Elb. 
Zig.“ zufolge ist der Rendant des hiesigen Vorschuß. 
dereins, Kaufmann Ed. Wiens, am Sonnabend 
auf Verfügung der Elbinger Staatsanwaltschaft 
xerhastet worden. Veranlassung zu der Verhaftung 
jaben große Defecte beim Vorschußverein gegeben, 
hdie auch bereits die Erbffaung des Concurses über 
daß Vermögen des Wiens zur Folge hatten. Die 
doͤhe der Defecte läßt sich, da es sich hauptsächlich 
um Depositen handelt, aber ganz und genau zur 
Zeit noch nicht angeben; Wiens quittirte über 
letztere Namens des Vorschußvereins, und zwar 
vorschriftswidrig mit seiner alleinigen Unterschrift. 
Nach dem Resuͤltat der bisherigen Ermittelungen 
soll die Gesammthöhe der Defecte auf 140,000 
—A 
sin bildet der bedauerliche Vorfall eine förmliche 
zatastrophe sowohl fürt den Verein wie für die 
Tiegenhofer Gegend. Man bringt bereits zwei 
Todesfuͤlle, die als Selbstentleibungen angesehen 
werden, mit dieser Affaire in unmittelbare Verbindung 
ꝓpWien, 30. August. Bei Moedling 
'and ein Gisen bahnzusammensstoß statt, 
vobei, soweit bisher festgestellt ist, 7 Personen ge- 
ödtet und 22 schwer verwundet wurden. 
Innsbruck. Laändlich, schändlich. Im 
Dorfe Ladis in Tyrol herrscht die Sitte, daß die 
dorfschönen ihre Gunst nur Burschen aus dem 
Ddorfe zuwenden dürfen und nicht auch Burschen, 
zie außerhalb der Dorfgrenze ansässig sind. Dieses 
xtsuͤbliche Gebot übertrat nun die Schönste der 
Schönen von Ladis, die 18jährige Katharina Schranz, 
vodurch die Dorfburschen in nicht geringe Aufreg⸗ 
ung geriethen, und zwar um so mehr, als sie von 
reinden Buͤrschen deshalb häufig ausgelacht wurden. 
Die Dorfburschen beschlossen daher, fich an der 
Zchranz zu rächen und ihr einen argen Schimpf 
mizuthun. Es traten sechs Burschen zusammen, 
erfaßten die Schranz, als sie auf der Gasse ging, 
hoben sie mit Gewalt auf einen bereit gehaltenen 
Heistkarren, hielten fie auf dem Karren fest, und 
uhren mit ihr, Spottlieder singend und andere 
Allotria treibend, eine Viertelstunde im Dorfe unter 
em Gejohle der Gassenjugend herum, bis ihr Vater 
zerbeieiite und sie aus den Händen ihrer Peiniger 
befreite. Das Landesgericht ins Innsbruck erklärte 
in diesem Vorgange den Thatbestand des Verbrechens 
der öffentlichen Gewaltthätigkeit und verurtheilte alle 
sechs Burschen zur Strafe des Kerkers in der Dauer 
hon vier bis sechs Wochen, dann von 2 Monaten. 
Gas Rathsel) Aus Plymouth 
chreibt man: Auf dem Dampfer „Troja“ schiffte 
ich vor vierzehn Tagen ein junger Pole von sehr 
innehmendem Aeußern ein. Der junge Mann 
var alsbald der Liebling aller Passagiere, er ver⸗ 
'aßte förmliche Pläne, auf welche Weise man sich 
zu unierhalten habe, und gerade einen Tag vor 
der Landung in Madiveo fand man ihn in seiner 
sdajüte an einem Stricke, den er an der Oberlichte 
hefestigt, erhenkt. Alle Wiederbelebungsversuche 
Ueben fruchtlos, auf dem Tische lag ein Brief, 
der in großen Buchstaben die Aufschrift „Räthsel“ 
rug. Innen stand, von der Hand des Selbst⸗ 
nörders geschrieben, Folgendes: „Die Aerzte, 
velche meine Leiche untersuchen, werden sehen, daß 
ich völlig gesund war. In meinem Portefeuille 
find 40,000 Francs, also vin ich auch nicht arm. 
din Bord konnte sich jeder überzeugen, daß mir die 
Frauen nicht abhold. Aus welchem Grunde hänge 
ch mich auf? Den glücklichen Löser setze 
ich zu meinem Universalerben ein“. 
F Ueber eine frühere Verschwörung der Russen 
gegen den Fürsten Alexander lesen wir 
Nrinem Werk von A. v. Huhn: „Der Kampf der 
Bulgaren um ihre nationale Einheit“: „Als die 
russifchen Generale Sobolew und Kaulbars in 
Zofia als Duumvirn herrschten, ereignele sich fol⸗ 
gender Vorfall: In einer Nacht betraten die se 
Henetale den fürsilichen Palast und verlangten vor 
den Fürsten geführt zu werden. Dem wachthabenden 
Offizier, damaligem Lieutenant, spater bei Slivnitza 
gefallenem Hauptmann Marinow, schien die Sache 
aicht geheuer und er verweigerte trotz des ausdrück⸗ 
ichen Befehls seines direkten Vorgesetzten, des 
kriegsministers, die Erlaubniß. Als sie nun doch 
eindringen wollten, widersetzte er sich mit Gewalt 
ind erstattete dem Fürsten Meldung. Man unter⸗ 
uchte nun in aller Eile die Umgebung des Palastes 
und was fand man? Einige fertig bespannte 
Wagen und zugleich gedrudte HProklamationen, in 
enen gesagt wurde, daß bas brave Volk der 
Bulgaren, müde der Mißtegierung des Fürsten sich 
mpoͤrt, dea Fürsten gefangen gesetzt und über die 
Zrenze geschafft habe. Dazu hyatte man gleich die 
Wagen mitgebracht. Außerdem enthielt die Prokla⸗ 
mation noch die Mittheilung, daß unter dem Vor⸗ 
itze der Herren Sobolew und Kaulbars eine pro⸗ 
oisorsche Regierung errichtet worden sei. Nun kam 
das Ding freilich anders: Fürst Alexander blieb 
in Sofia, aber die Herren Sobolew und Kaulbars 
wurden höflichst aufgefordert, Bulgarien zu ver⸗ 
lassen und lieber anderwärts Revolution anzustiften.“ 
pAthen, 28. August. In ganz Griechen⸗ 
and sind gestern heftige Erderschütterungen wahr— 
Jjenommen worden. Den größten Schaden richteten 
zieselben in Pyrgos an, woselbst alle Häuser zer⸗ 
stört wurden. Eine Ortschaft in der Nähe Pyrgos, 
wurde vollstandig vernichtet. Die Zahl der hierbei 
umgekommenen Opfer wird auf 300 geschätzt. Auch 
in Zante wurden Erderschütterungen verspurt; es 
ind dadurch viele Hauser beschädigt worden, doch 
st dort kein Verlu stan Menschenleben zu beklagen 
TAus Amerika. Dieser Tage wurd— 
zem Präsidenten Cleveland eine Einladung nach 
Francisco überreicht, welche auf einer Goldtafel von 
der Dicke eines Zwanzig⸗Dollars⸗Stüdes, vier Zoll 
reit und sechs Zell lang, gravirt war. Diese 
kostbare Einladung lag in einem Etuis von Sandel⸗ 
holz. 85 * 
4 Vor einem Jahre veröffentlichte ein New⸗ 
horker Blatt eine Liste wohithätiger reicher Damen 
n den östlichen Städten der Vereinigten Staaten. 
Zeildem hai eine dieser Damen 6000 Bettelbriefe 
rhalten; hätte sie jeden dieser Briefe nach Wunsch 
antwortei, so wäre ihre Ausgabe, da Niemand 
mter 1000 Dollars erbat, 6,000,000 Dollars in 
inem Jahre für Wohlthätigleit gewesen. 
Chicago, 30. August. Gestern Abend 
chlug der Blitz in das dem Haufe Laflan und Rand 
jehörige, in der Vorstadt gelegene Dynamit ˖ und 
Zulvermagazin ein. Fast alle Fenster in der Stadt 
vurden zertrümmert und dicht in der Nachbarschaft 
jelegene Magazine zeistört; ferner wurden zwei 
Menschen getödtet und mehrere andere verletzt. 
Das einzige Wort. Ein schüchterner 
unger Mann macht einer Schönen seit geraumer 
Zeit den Hof. Sie ist ihm gut, aber er rückt noch 
mnmer nicht mit dem betreffenden Antrag heraus. Zuletzt 
verliert sie die Geduld und würdigt den Zauderer 
eines Wortes mehr. Der junge Mann wird durch 
diese Ungnade ganz unglücklich, schreibt zuletzt einen 
de- und wehmuͤthigen Brief, sie möge ihm doch 
verzeihen, wenn er sie unwissentlich gekränkt habe 
und schließt folgendermaßen: „Ein einziges Wort 
don ihren Lippen würde mich glücklich machen. 
Wann und wo wollen Sie es aussprechen?“ Um⸗ 
zehend erhielt er die Rückantwort: Nächsten Don⸗ 
derstag — vor dem Altar.“ 
Gom hauslichen Herd.) Madame: 
stun, Auguste, wo bleibst Du denn so lange, hast 
Du denn gesehen, ob der Schlächter Kalbsfüße hat? 
Dienstnädchen: Ne, Madam —“' ich habe sie 
nicht sehen können, denn er hatte Stiefel an. 
Deme tz. 
Nr. 204 des praktischen Wochenblattes für alle 
dausfrauen „Fürs Haus⸗ (bierteljährlich nur 
I Mark) enthält: 
Wochenspruch: 
O Frieden, Du bist ein edler Schatz, 
Und hast bei den Leuten so selten Platz. 
Mein Kind und was heißt lieben ? Wie erobern 
vir die Herzen? Spindel und Scepier. Blumen⸗ 
wiebelkuitur. Nervenleiden. IX. Logirbesuch zuw 
—XDDD— Damen⸗ 
inkehr. Kinderpoesie. Von Erde. Kindergebet. 
Triftiger Grund. Strafen. Düngung fruchttragender 
ßewächse. Reifendes Obst vor Maden zu schützen. 
Pfirsichkultur. Vein Flicken⸗Koffer. Neue Häuser. 
Zeruntergeschraubter Docht. Haussprüche. Schuh⸗ 
vichse. Wagenschmiere aus Gummimäntel zu ent⸗ 
sernen. Anstrich für Cementfußböden. Verkohlte, 
halb verbrannte Bücher und Alten auseincnderzu⸗ 
nehmen und so herzurichten, daß sie wieder zu ge⸗ 
„rauchen siad. Teig zu allen Pasteten. Heidel⸗ 
eerwein. Champignonauszug. Krebse für den 
Winter aufzubewahren. Reicher schwäbischer Küchen⸗ 
ettel. Rathsel. Auflösung des Raisssels in Nr. 
201. Fernsprecher. Eche. Briefkasten der Schrift⸗ 
teitung. Anzeigen. 
Di nolarieu beglaubigte Auflage dieser wirklich 
mypfehlenswerten und dabei überaus billigen Wochen 
chrift beträgt 100,000. Probenummern versendet 
de Buchhaudlung, sowie die Geschäftsstelle „Fuͤrs 
Baus“ in Dresden aratis. 
Fur die Redaktion verantwortlich: 
200ose 
der lubilãums· unst· 
—— 
Nerlin 
Ziehung 15. September 1886 S8 
à 1 Mark sind hier in der Expe⸗ 
ditiondos. Blattes zu haben. 
sechnicum y 
Mitweiua. ee con 
Waschuen- Techniker. 
— R——x——— 
Voruntsrrient Aufnahme: 
rroi. Aprili u. Octobor.