Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt Jugherter Atzeiger. 
het Gt. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fuufmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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auf welche die Expedition Auzkunft ertheilt, I3 4A Meklamen 80 . Bei 4maliger Einruückung wird nur dreimalige berechnet. 
1711. 
Deutsches Reich. 
Nach der jetzt vorliegenden amtlichen Mittheilung 
det „M. Allg. Ztg.“ begibt sich in Vertretung Sr. 
yH. des Prinz Regenten Prinz Ludwig zu 
en am 9. ds. Mis. beginnenden Kaisermandvern 
ach Elsaß⸗Lothringen. 
Berlin, 2. Sept. Der Depeschenwechsel 
wishen dem Kaiser von Rußland und dem Fürsten 
on Bulgarien hat hier nicht allzusehr überrascht, 
enn der Gedanke, daß der Fürst nach Wikderher⸗ 
zung der Ordnung, wenn er es mit Ehren kann, 
renwnillig abdanken würde, ist schon mehrfach erör⸗ 
iert worden. 
Heute Nachmittag waren hier Gerüchte ver⸗ 
hreitet, daß die aufständischen bulgarischen Truppen 
hei Radomir nach langem blutigem Kampfe ge⸗ 
dlagen worden seien. Es fehlt zur Stunde noch 
ede Bestätigung. 
— Die „Post“ behauptet heute, die von ihr 
selhst gebrachte Nachricht, daß hiesige Gardeoffiziere 
den Fürsten. von Bulgarien telegraphisch beglück⸗ 
wünscht hätten, sei durchaus unbegründei. 
Berlin, 83. Sept. Herr von Giers ist heute 
Nittag hier eingetroffen und wird dem Vernehmen 
nach heute Nachmittag von dem Kronprinzen und 
demnnächst auch von dem Kaiser empfangen werden. 
Auslaund. 
Wien, 2. Sept. Der N. Ir. Pr.“ wird 
uus Sofia gemeldet: „Ein Maueranschlag des 
dtadtpräfekten verstaäͤndigt die Bevollerung, daß 
gürst Alexandet morgen hierselbst eintrifft. — In 
iplomatischen Kreisen verlautet, Koͤnig Milan ent⸗ 
jende einen Adjutanten oder einen Bevollmächtigten 
ur Begrüßung Alexanders. Die Aufnahme diplo⸗ 
natischer Beziehungen mit Serbien ist gewiß. Die 
debollerung trifft Vorbereitungen zu einem groß⸗ 
attigen Empfange. Es herrscht vollkommene Ruhe. 
— Ein Theil der Wiener Presse sagt die Al⸗ 
diltion des Fürsten voraus, ein Theil glaubt, er 
verde ausharren, aber allerdings mit ungeheuren 
schwierigkeiten zu kämpsen haben. 
Petersburg, 8. Sept. Das „Journal de 
St. Petersburg“ schreibt: Die Antworidepesche des 
daisers bedarf keinerlei Commentars und stellt die 
Frage, welche durch die Haltung des Fürsten auf⸗ 
enommen wurde, auf vollklommen klaren Boden 
Softa, 8. Sept. Der Fürst Alexander 
taf heute Vormittag um 11 Uhr hier ein. Die 
ziadt war reich beflaggt und eine große Anzah! 
iinwohner der Stadt und der Umliegenden Ort⸗ 
hasten, auf beiden Seiten der Chaussee aufgestellt, 
xgrüßte den Fürsten herzlich. In der Stadt wurde 
eer Furst vom Diplomatenkorps in großer Uniferm 
mpfangen. Der Russenvbertreter fehlte. Einund⸗ 
wanzig Kanonenschüsse wuren gelöst. (Ueber einen 
Unschlag auf den Fürften erfährt man 
ezt, daß es Holzstämme waren, die quer über 
A 
intgleisen bringen sollien) 
Sofia, 3. Sept. Die aufrührerischen Truppen 
saben sich auf Gnade oder Ungnude dem Fürsten 
Ulerander ergeben und seine Milde angerufen. 
— * 
Lokale und vfaältische Rachrichten. 
*St. Ingbert, 4. Sept. Dem hiesigen 
Turnderein ist es gelungen, den berühmten Turn⸗ 
chrer Ernsi Bohlig für einen Vortrag zu ge⸗ 
wminnen. der morgen (Sonntag) Mittag 4 Uhr im 
Sonntag, 5. E, 
——— 
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Varten der Hrn. Gebr. Bedenr stattfindet. Herre 
Bohlig,“ der sich die Weiterverbreitung des volks⸗ 
hümlichen Turnens zur Lebensaufgabe gemacht hat, 
rläutert seine Vortrüge durch Uebungen, die alles 
weit hinter sich lassen, was bis jetzt in dieser Be⸗ 
ziehung ausgeführt wurde. Es handelt sich hier 
nicht uin Vorführung roher Kraftäußerungen, sondern 
es handelt sich darum, zu zeigen, wie der mensch 
iche Korper durch zielbewußte, turnerische, mit Aus⸗ 
zauer getriebenen Uebung zu den höchsten Leistungen 
hefähigt werden kann. Eine ganze Reihe wissen⸗ 
chaftlicher und künstlerischer Autoritäten stellen darüber 
Irn. Bohlig die vorzüglichsten Zeugnisse aus. 
derr Professor Eisenmenger an der Wiener 
Akademie der bildenden Künste schreibt: „Herr Turn⸗ 
ehrer Ernst Bohlig hatte die Güte, sich den ver⸗ 
ammelten Studirenden der k. k. Akademie im Gyps⸗ 
nuseum dieser Anstalt neben der Statur des far⸗ 
nesischen Herkules zu zeigen, und der Vergleich er⸗ 
wies den Arm des Hrn. Bohlig stärker und kräftiger 
als den des Herkules. — Eine der Haupileistung 
des Hrn. Bohlig ist: Kopf und Füße auf zwei 
Stählen liegend, die einzigen Stützpunkte in dieser 
mehr als ungemüthlichen Lage, hebt Bohlig etliche 
mal zwei 100 Pfund Hanteln gleichzeitig bis zur 
dochstrecke der Arme. Ebenso interessant sind die 
debungen mit den, 75, 103 und 158 Pfund 
chweren Hanteln. Hr. Bohlig hat bei einer Größ⸗ 
don 1,67 m einen Brustumfang von 1,22 m, 
vaͤhrend der Umfang seines Oberarms 0,48 m 
und der des Unterarms 0,42 m beträgt. Einen 
olch außergewoͤhnlich ausgestatteten Mann zu sehen 
und zu bewundern ist für Turner und Ruderer 
für Künstler und Gelehrte, für Offiziere und Aerzte. 
vie für die Gebildeten von gleichem Interesse, weß 
halb wir uns erlauben, auf das Phänomenale 
einer Leistungen speziell aufmerlsam zu machen. 
() St. Ingbert 3. Sept. Am Sonntag 
empfängt der hiefige Kreisverein des „Verbands 
deutscher Handlungsgehülfen zu Leipzig“ den Besuch 
zes Saarbrücker Kreisvereins sowie auch einer An⸗ 
jahl Mitglieder der Vereine in Saarlouis, Ottweiler 
ind Pirmasens. Die jungen Kaufleute halten hier 
ꝛinen Vereinstag zur Besprechung von Verbands⸗ 
angelegenheiten ab· 
— Landau, 2. Sept. In den Raäumen 
des „Hotel Schwan“ beging gestern der kgl. Notar 
derr Fr. Bolza dahier in kleinem Kreise die Feier 
eines 25jährigen, Dienstjubiläums. 
— In Neustadt ist gestern Abend um 6 
Uhr Hr. Kommerzienrath Hetzzel, gestorben. 
— Aus Böhl wird geschrieben: Die Sedan⸗ 
seier ging gestern Abend dahier bei großartiger 
Beleuchtung in Szene. „Toghell war die Nacht 
zelichtet' und die hoch aufschießenden Feuergarben 
ockten selbst von den Nachbarorten eine Menge 
Zuschauer herbei. Um 9 Uhr war nämlich in der 
Scheune des Ackerers Jakob Umstädter 8. in der 
Westergasse Feuer ausgebrochen, das mit solcher 
-chnelligkeit um sich griff, daß binnen einer Stunde 
das ganze Anwesen Umftädter's sowie die beiden 
Nachbarscheunen und einige Nebengebäͤude samm 
allen Vorräthen ein Raub der Flammen wurden. 
Vermischtes. 
*Straßburg, 1. Sept. Das militärische 
Programm für die Kaisertage ist folgendes: Am 
9. September kommen die Truppen mit einem 
Marsch aus den Terrains für die Divisionsmanöver 
nach Straßbhurg und Gegend, woselhbst sie bhis zum 
21. Jahrg. 
12. und 13. September verbleiben. Am 10. 
September Ankunft des Kaisers, Abends großer 
Zapfenstreich von 84 Musikkorpo und 100 Tam⸗ 
»ourkorpo. Am 11. September große Parade, am 
12. Ruhe und für diesen Theil der Truppen Aus⸗ 
marsch auf Brumath zu, am 13. Korpsmandver 
zegen einen markirten Feind. Am 14. September 
Marsch zum Auseinanderziehen der Truppen für 
das Feldmanöver, welches am 15. 17. und 18. 
dor Sr. Majestät dem Kaiser stattfindet. Das für 
die sonstigen Festlichkeiten aufgestellte Programm 
ist bekannt. Es ist noch zweifelhaft, ob der 
daiser nach Kolmar oder Rappoldsweiler gehen 
wird. Man spricht davon, daß der Kronprinz Na⸗ 
mens des Kaisers den Einladungen jener Städte 
Folge leisten wird. Die ganze Umgegend wimmelt 
bereits von Soldaten. Das Generalkommando hat 
mit Rücksicht auf die nothwendig werdende dichte 
Belegung der meisten Ortschaften angeordnet, daß 
die Truppen ihre Ansprüche bezüglich der Art ihrer 
Unierbrigung auf das geringste Maß zu beschränken 
haben. Das „B. T.“ will erfahren haben, daß die 
zanze dem Mandver zu Grund liegende Idee mit 
stücksicht auf die von französischen Zeitungen er⸗ 
jobenen Reklamationen eine totale Umgestaltung 
erfahren habe. Die Nachricht erscheint der Bestä- 
igung dringend bedürftig. e 
FMainz, 2. Sept. In der Nähe des Zoll⸗ 
jafens stürzte gestern ein hiesiger Arbeiter in den 
Khein und verschwand sofort in den Wellen. Die 
deiche konnte noch nicht aufgefunden werden. 
7 Wiesbaden, 2. Sept. Im Circus Corty⸗ 
Althoff ist gestern Abend eine Parforce⸗Reiterin mit 
zem Pferd gestürzt; das letztere mit seinem ganzen 
Bewicht auf die Reiterin. Dieselbe scheint sich er⸗ 
heblich verletzt zu haben, denn es kam Blut aus 
dem Munde und sie war langere Zeit bewußtlos. 
FFrankfurt a. M., 2. Sept. Eine junge, 
chöne Frau, Natalie Hernmarck, 25 Jahre alt, 
Nordwestend wohnend, legte vorgestern, wie die 
,Frkf. Ztg.“ berichtet, ihre schönsten Kleider an, 
chmückte sich mit ihren Brillanten, ging in ihr 
kImpfangszimmer, trat vor den Spiegel und schoß 
ich mit einem Revolver durch's rechte Ohr eine 
ugel in den Kopf. Der Tod trat augenblicklich 
zein. Die Frau war erst kurze Zeit verheirathet. 
FLeipzig, 2. Sept. Schmähschriften gegen 
den deutschen Kaiser wurden in vergangener Nacht 
nassenhaft verbreitet; die Friedrichseiche wurde ihres 
glumenschmuckes beraubt und dreifach angesägt. 
F Würzburg, 31. August. (Der Most!) 
kFin bekannter Universitässtudent trank vor einigen 
Tagen in Heidingsfeld so viel Most, daß er auf 
dem Heimweg in den Straßengraben fiel und so 
lang liegen blieb, bis ihn der kühle Morgenthau 
weckte. Zu seinem nicht geringen Schrecken nahm 
er wahr, daß ihn der Rausch außer der Zeche auch 
noch seinen Geldbeutel mit 90 Mark Inhalt und 
seine schöne goldene Uhr kostete, die ihm während 
des Schlafes abgenommen worden waren. 
Wien, 2. Sept. Bei den heutigen Schieß⸗ 
ibungen des 4. Festungs ˖ Artillerie⸗Bataillons im 
Steinfelder Barackenlager wurden die Zieler durch 
eine explodirende Geschützkugel getroffen und ge⸗ 
—XW 
F Der berühmte französische Gelehrte Chevreul! 
ist am 31. August in sein 100. Lebensjahr ge⸗ 
sfreten. Der Jubilar, welcher Erfinder des Stear⸗ 
ins ist, wurde von der Ackerbaugesellschaft und der 
Syndikatstammer begrüßt. Dem ihm zu Ehren 
legebenen Feste wohnten zahlreiche⸗ Deputationen