Full text: St. Ingberter Anzeiger

zl. Ingherte Anmzeiger. 
Aumtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
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172. 
Montag, 6. September 18868s8s88. 
21. Jahrg. 
DSDeutsches Reich. 
Lagerlechfeld, 4. Sept. Der Kronprinz 
n heute früh 8*4 Uhr hier eingetroffen und wurde 
Imn Prinz: Regenten, den Prinzen Ludwig und 
fene, dem Herzog Ludwig, dem Kriegsminister 
hanleih und der Generalität empfange. 
Kloster Lechfeld, 4. Sept. Der deuische 
ronprinz ist mit dem Prinz - Regenten Luitpold 
n dem Prinzen Ludwig um 122 Uhr mittelst 
zznazug bis Kaufering gereist. Von da ist der 
atsche Kronprinz über Biessenhofen, Oberndorf 
ch Hohenschwangau zum Besuch der Koͤnigin⸗ 
nutter von Bayern abgereist und trifft dort um 
uin Uhr ein. 
Berlin, 4. Sept. Für die Berufung des 
zechstags dürfte die kaiserliche Genehmigung morgen 
angeholt werden. Es handelt sich nur um die 
denehmigung des spanischen Handelsvertrags, der 
ine Abaͤnderung erfahren hat, sondern einfach 
erlangert worden ist. F 
Berlin, 4. Sept. Der Reichskanzler wird 
vocausfichtlich noch die ganze nächste Woche in Berlin 
verbleiben. 
Berlin, 4. Sept. Beireffs der Frage der 
chellung der Provinz Posen finden augenblicklich 
oͤchebungen statt. Die Schwierigkeiten scheinen sehr 
zedeutend zu sein, so daß mit Sicherheit nicht zu 
wen ist, wie die Entscheidung ausfällt.. 
Berlin, 4. Sept. Prinz Wilhelm begibt sich 
mden nächsten Tagen zur Beiwohnung der russi⸗ 
hen Manöver nach Rußland. Auf diese Reise 
ind die Gerüchte von einer Mission des Prinzen 
Hilhelm nach Rußland, um eine Aussöhnung zwi⸗ 
chen dem Zaren und dem Fürsten Alexander von 
bulgarien anzubahnen, zurückzuführen. 
Ausland. 
Pest, 3. Sept. Bei dem sich der gestrigen 
yjfziellen Festlichkeit anschließenden Bankete des 
hester Municipiums brachte Oberbürgermeister Rath 
uerst einen deutschen Toast aus auf den Kaiser 
yn Oesterreich und dann auf den glorreichen Alli⸗ 
ten Kaiser Wilhelm, an welchem die Vorsehung 
teits Wunder gewirkt habe, indem sie ihn bis 
u einem so außerordentlich hohen Alter in voller 
küstigkeit und Thatkraft erhielt. Der Redner 
chloß wit den Worten: Als einem Fürsten, von 
»em Europa weiß, daß all' sein Sinnen und 
drachten dahin gerichtet ist, den Weltfrieden zu er⸗ 
alten, möge ihm vergönnt sein, durch eine gütige 
borsehung zum Stolze Deutschlands und zur Freude 
eines hohen Verbündeten und der Völker Oesterreich⸗ 
dngarns, zur Sicherung des europdischen Friedens 
wch lange, sehr lange glücklich zu wirken, das 
rünsche ich von ganzem Herzen in der Tiefe meiner 
*etle. Kaiser Wilhelm lebe hoch! — 
Bukarest, 4. Sept. Einer offiziösen Meld⸗ 
ing zufolge wurden in Sofia, Tirnowo, Widdin 
d Plewna Kriegsgerichte eingesetzt. Die Sofiaer 
arnison wurde durch Widdiner Truppen verftärkt 
nd für Furst Alexander eine neue Leibgarde⸗ 
kscadron errichtet. Alle fremden Abenteurer wer⸗ 
en aus Sofia ausgewiesen. 9J 
Varis, 4. Sept. Bei den Manövern fielen 
Loulommiers 11 Reservisten vom Sonnenstlich. 
luch das Pferd des Kapitans überschlug sich; der 
teiter trug schwere innere Verletzungen davon. 
toßdem mußten die Truppen, bei 1020 Fahrenheit 
Schatten, noch zwei weilere Siunden ererziren. 
Die Verpflegung der Reservemannschaften wird als; 
geradezu abscheulich geschildert. 
VParis. Die Abdankung des Fürsten von 
gulgarien gilt allgemein als unvermeidlich. Die 
Republique fr.“ sagt, Frankreichs Politik müsse es 
ein, mit Hilfe Rußlands Englands Einfluß im 
Mittelmeer und im äußersten Orient zu bekampfen. 
— Die „Justice“ sagt: so wenig das Verfahren 
Rußlands zu billigen sei, so zwingen doch die ge⸗ 
neinsamen Interessen Frankreich, den Erfolg Ruß⸗ 
ands zu wuͤnschen. Es sei indeß zu befuͤrchten, 
ie Ernennung des Nachfolgers Alexanders werde 
inen neuen europaischen Konflikt herbeiführen. 
London. „Daily News“ schreibt: „Fürst 
Alexander ist verlassen und isolirt in Folge des 
rinverstandnisses der drei Großmächte. Die Demuth 
eines Briefes wird allein erreicht durch die Bru⸗ 
alität des Zaren.“ Der „Standard“ sagt: „Eng⸗ 
and hat sein Bestes gethan, den Frieden in den 
Zalkanländern zu fördern. Wenn dies nicht ge⸗ 
ingt, so müssen Oesterreich und Deutschland ent⸗ 
veder großen Schaden leiden oder schwere Opfer 
zringen. Moͤgen Beide nicht einst den Tag zu 
dereuen haben, an welchem sie den Fürsten Alexander 
m Stiche ließen, um dem Zaren einen Gefallen zu 
—X ——— 
Moskau, 4. Sept. Die „Moskauer Ztg.“ 
agt: Indem der Kaiser die Rückkehr des Fursten 
Alerander von Bulgarien nicht gut heiße, viel⸗ 
mehr wünsche, daß der Fürst nicht in Bulgarien 
oleibe, verpflichte er den Fürsten zu dem gegebenen 
Worte, die von Rußland verliehene Krone an den 
Zaiser zurückzugeben. Der Fürst möge mit diesem 
Schritie nicht zögern, den seine Ehre und sein Ge⸗ 
vissen forderten. Jede Stunde längeren Verwei⸗ 
ens in Bulgarien verstärke unnöthigerweise das 
Jlebel und bedrohe Bulgarien mit neuen Leiden 
»hne Nutzen für den Fürsten selber. 
Sosta, 4. Sept. Fürst Alexander rich⸗ 
ete gestern an die Offiziere eine An⸗ 
prache, in welcher er die Absicht kundgab, 
en Thron zu verlassen, denn der 
Zar verlange es, indem er seine (des 
Jürsten) Anwesenheit in Bulgarien als den 
Interessen des Landes zuwiderlaufend erklärte. 
Bevor er abreise, soll eine Regentschaft 
eingesetzt werden. Der Fürst erklärte, 
zinnen zwei Taͤßen abreisen zu wol— 
lden, indeß könnte die sehr große Erregung 
der Offiziere möglicher Weise seine Abreise 
roch verhinder. 
Sofßia, 85. Sept. In dem stattgehabten Con⸗ 
eil erklärte der Fürst Alexander formell, daß er 
ibdanken werde. Die Minister und Befehlshaber 
der Armee sprachen sich gegen diesen Entschluß aus 
ind ersuchten den Fürsten, die Regierung zu be⸗ 
jalten. Der Fürst setzte darauf wiederholt aus⸗ 
inander, daß es ihm angesichts der entgegengesetzten 
Willensmeinung des Kaisers von Rußland, sowie 
hdei der mangelnden Unterstützung der übrigen 
Machte unmöglich sei, die Regierung fortzuführen. 
Das einzige Mittel, eine Occupation zu vermeiden, 
ei seine Äbreise. Die Frage der Einsetzung einer 
Regentschaft kam nicht zur Besprechung. Die Sitz⸗ 
ing des Conseils wurde aufgehoben, ohne daß ein 
Beschluß gefaßt war. Wie es heißt, versuchte eine 
Anzahl aufftändischer Offiziere über die türkische 
hrenze zu entkommen-20 derselhen sollen dabei 
von den bulgarischen Behörden verhaftet, drei don 
ürkischen Soldaten getödtet sein. — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 6. Sept. Vortrag und 
Zroduktion des Hrn. Turnlehrer Bohlig waren 
iemlich gut besucht. Die Leistungen Bohlig's im 
heben, Stemmen und Aufschwingen von 755- und 
O00-Pfundner stehen unerreicht da. Mit größter 
stuhe, „schraubenartig“, nach seinem eigenen Aus⸗ 
zruck, heben diese muskulösen Arme, ohne daß der 
kdörper irgendwie bewegt wird, oder ruckt, Laften 
zis zur Hochstrecke, denen ein gewöhnliches Menschen⸗ 
ind rachlos gegenübersteht. Ganz Unerbörtes aber 
eistet Bohlig's eiserne Muskulatur, wenn er in 
estreckter Lage, nur mit Nacken und Fersen, auf 
wei Stuühlen aufliegend, zwei Zentner je einen 
techts und links viermal stemmt. Das Alles hat 
Bohlig erreicht einzig auf Grund eines rationellen 
Turnens, wie er in seinem begleitenden Vortrage, 
der sich durch Klarheit und sehr energische Diktion 
nuszeichnet, darlegte. Mit dem“ Gerätheturnen 
sabe die turnerische Durchbildung zu beginnen, als 
etzte Oelung müsse dann noch das Arbeiten mit 
em Hantel angesehen werden. Es steht zu er⸗ 
varten, daß die Turnsache aus Bohlig's Anwesen⸗ 
heit gedeiliche Anregungen profitirt hat. 
— Sämmiliche Ersatzzreservisten 1. 
dlasse des Jahrganges 1881 reten im Herbst dieses 
Jahres zur 2. Klasse der Ersatzteserve über und 
jaben zu diesem Zwecke den Ersatzreserveschein dem 
etreffenden Bezirksfeldwebel einzureichen. Auch die ⸗ 
enigen aus früheren Jahrgängen, welche es unter⸗ 
ießen, ihren Schein behufs Ueberführung zur 2. 
dlafse vorzulegen, haben denselben dem Bezirksfeld⸗ 
vebel einzureichen, widrigenfalls sie noch ein fer⸗ 
jeres Jahr in der ersten Klasse, der Erlatzreserve 
erbleiben. —* 
— Die diesjährige Hauptversammlung der 
pfälzischen Bienenzüchter, verbunden 
mit einer Ausstellung von Bienensorten aller 
Art und Bienenprodukten findet am 16. September 
u Kaltenbach statt. 
Vermischtes. 
tVon den 1900 Häusern in Köln, bezüg⸗ 
lich deren Aufforderungen zur Untersuchung von 
Seiten der Baupolizei ergangen waren, sind über 
30 wegen ganzlicher Baufälligkeit abgebrohen wor⸗ 
den; etwa 230 müssen nach Jahresfrist noch ein⸗ 
mal untersucht werden. Ueber 600 wurden durch 
Reparaturen wieder in baulichen Zustand gesetzt 
und die Anzahl als nicht reparaturbedürftig be⸗ 
zeichnet. Bei einigen Haäusern steht die Entscheid- 
ing noch aus. 
Ein Lehrer der Heidelberger Real⸗ 
chule ist auf 2 Jahre mit 5000 Mti. Gehalt für 
damerun gewonnen. — 
7Schwanzeim, 4. Sept. In den Tagen 
»om 19.—22. September wird hier wiederum auf 
ifrigstes Bestreben des Herrn Dr. Kobelt eine Aus⸗ 
tellung von Blumen, Pflanzen und Obst, vorzugs⸗ 
veise der Schwanheimer Gemarkung stattfinden. 
4 An Gudden's Stelle wurde als Direktor der 
reisirrenanstalt von Oberbayern der ordentliche 
Professor der Psychiatrie an der Universität Würz⸗ 
zurg, Dr. Hubert Grashey, berufen. 
Ulm, 3. Sept. Die Passagiere des Zuges, 
zer Abends 7 Ubr 9 Min. von Auasbura noch