Aoistesstörung das Motivb der unseligen That ge⸗
a sein kann. Kurz vorher soll er geäußert
haben, er werde das ganze Haus umbringen. Die
heiden Verwundeten liegen im Haus des Mädchens,
und scheint ihr Zustand augenblicklich nicht besorg⸗
nißerregend.
— Dürkheim, 25. Januar. Herr Friedr.
Seel hierselbst bereitet und verkauft seit kurzem
Malzbrod, das im deutschen Reich patentirt
worden. Das Patent-Malzbrod wird einfach da⸗
durch bereitei, daß man an Stelle von Hefe,
Sauerteig und Wasser einen konzentrirten, in
veinige Gährung versetzten Malzauszug mit Mehl
zu Brod backt. Es vereinigen fich so in dem Brode
die Nahrstoffe des Malz-Extraktes mit denen des
gewöhnlichen Brodes.
— Ludwigshafen, 25. Jan. Der Zu⸗
schuß des Staates für die Pfaälzischen
Fisenbahnen wird sich pro 1885 auf
797, 406 M. 23 Pfg. belaufen und daher um
206,517 M. 63 Pfg. geringer sein, als im Jahre
1884, in welchem der in Folge der Staats-
garantie zu leistende Zinszuschuß 1,003,628 M.
36 Pfg. betrug,
Vermischtes.
4 Mettlach, 258. Januar. Die Firma
Villeroy u. Boch hierselbst besitzt in Dresden eine
große Fabrik, welche seit einiger Zeit mit einer
affees und Suppenschäuke versehen worden ist.
Der Zuspruch ist ein großer. Es werden ungefähr
xäglich ausgeschänkt 2850 — 300 Portionen Kaffee.
Der Preis eines halben Liter Kaffee mit Milch
beträgt 5 Pfg., zu welchem Preise die Fabrik auf
die Kosten kommt, während sie bei den Suppen
zuschießen muß. Bezüglich der Suppen hat sich
Jerausgestellt, daß die Arbeiter die Erbsensuppe
borzogen; Linsen⸗ und Bohnensuppe werden nicht
io gern genossen.
F Trier, 21. Januar. Ein reicher Münz⸗
fund ist unweit Trier gemacht worden; am Ein—
gang eines Schieferstollens fand man in einem
zerdrückten Kupferkesselchen 448 römische Münzen,
die dem Zeitabschnitte von 260 — 360 angehören.
Die meisten davon sind in Trier geprägt.
F In Dortmund wurde die Wittwe des
Fabrikarbeiters Jos. Est or aus Cörnerfeld wegen
Biftmordes, begangen gan ihrem Ehegatten, vom
Schwurgericht zum Tode verurtheilt.
fF Eschweiler, 20. Januar. Der Mord
an dem Posthilfsboten aus Eschweiler⸗Aue scheint,
so schreibt man dem „Echo“, weniger ein Raub—
mord, als ein Rache Akt zu sein. Der so schreck
tich ums Leben Gekommene stand nahe vor seiner
Hochzeit. Die Obduktion hat ergeben, daß außer
mehreren tödtlichen Schlägen am Kopfe auch noch
ein Stich mit dem Messer in einer Seite ausge-
führt worden ist. Hierauf ist der Todte auf einen
Reisighaufen geschleppt, seine Kleidung mit Petro⸗
seum getränkt und in Brand gesteckt worden, um
—0
Vernehmen nach sind 2 Personen, ein jüngeror und
ein älterer Mann, als der That verdächtiqg einge—
zogen worden.
Mannheim, 283. Januar. Das hiesige
Hoftheater hat einen schweren Verlust erlitten. Herr
Regisseur Pichler, welcher bereits seit 1. Oktober
1850 an hiesiger Bühne wirkte, ist verwichene Nacht
plötzlich verschieden, nachdem er am Abend zuvor
noch in dem Schauspiel ‚„Wilhelm Tell“ aktiv
mitwirkte.
FMainz, 24. Januar. Bom 27. bis 30.
März findet hier eine Geflügel- und Vogel-Aus—
tellung statt.
4 Frankfurt, 22. Januar. Gestern Abend
wurde auf dem hiesigen Main-Weserbahnhof durch
die Polizei ein Mann verhaftet, welcher fal sches
Silbergeld im Betrage von 300 Mk. in 1-
und 2-Markstücken bei sich trug. Der Name des
Menschen ist noch nicht festgestellt; er gab einen
falschen Namen an, widersetzte sich der Verhaftung
und machte bei seiner Abführung wiederbolt Flucht⸗
versuche.
Frankfurt, 24. Januar. Das große
Loos der 4. Klasse der preußischen Lotterie ist in
die Kollekte des Obereinnehmers Bär hierselbst ge—
fallen.
F Würzburg, 283. Januar. Das Schwur—⸗
gericht verurtheilte heute die 57jährige Taglöhnerin
von Sachsendorf, Kundigunde Rauh, ledig, zum
Tode. Sie hatte das Kind ihrer Tochter, als
nessen Vater sie ihren früheren Liebhaber wähnte,
zrmordet; es ist unaufgeklärt, auf welche Weise.
Braunschweig, 21. Januar. Einer
zedauerlichen Verwechselung ist hier ein junges
deben zum Opfer gefallen. Gestern fand man den
Stud. chem. N. hier entseelt auf seinem Zimmer
im Bette liegen. Auf dem Tische neben dem Bette
tand ein halbgefülltes Wasserglas. das ein weißes
Pulber und zwar Gift enthielt. N. ist am Morgen
»orher betrunken nach Hause gekommen. Die
aäheren Umstände lassen darauf schließen, daß er
sich ein Brausepulver bereiten wollte, in der Trun⸗
enheit sich aber vergriffen und eines von den
Hiften, die er zum Zweck des Experimentirens auf
einem Zimmer stehen hatte, genommen hat.
F Gie reichsten Leute in Preußen.)
Rach der dem Abgeordnetenhause zugegangenen
Nachweisung über die Anzahl der für das Jahr
885—86 zur Klassensteuer und klassifizirten Ein⸗
ommensteuer veranlagten Personen wohnt der höchst⸗
zesteuerte Mann in Preußen im Regierungsbezirk
düsseldorf, es ist Herr Krupp in Essen, der 983,600
Nk. Einkommensteuer bezahlt und auf ein Ein⸗
ommen von mehr als 3,120,000 Mt. geschätzt
. Nach ihm kommen die beiden Rothschild's in
zrankfurt a. M., von denen der eine mit 79 200
Nk. Steuern und einem Jahreseinkommen von
2,640,000 Mt. bis einschließlich 2,700, 000 Mk.,
er andere mit einer Steuer von 75,600 M. und
inem Jahreseinkommen von 2,520 000 bis ein⸗
chließlich 2,680,000 M. eingeschätzt ist. Erst der
iertreichste Mann wohnt in der Reichshauptstadt
Zerlin: er bezahlt 63,000 M. Steuern für ein
zahreseinkommen von 2,100, 000 bis 2, 160, 000 M.
der nächsthoch Besteuerte wohnt im Regierungsbe⸗
irke Magdeburg: er zahlt 28,800 M. für ein
Finkommen von mehr als 960,000 bis einschließ
ich 1,020,000 Mt.
f Berlin, 21. Januar. (Reicher Kinder⸗
egen.) Vor einigen Tagen gelangte im städtischen
drankenhause am Friedrichshain ein 27jähriger
Arbeiter Ernst Wilhelm H. zur Aufnahme, der bei
zer Feststellung seiner Personalien angab, daß er
»er älteste von 22 lebenden Geschwistern ist. Sein
Vater ist penfionirter Bahnwärter in Gräfenhai-⸗
nichen bei Bitterfeld und hat aus seiner Ehe mit
iner Frau 18 Söhne und 4 Mädchen erhalten.
Daß bei diesem überaus reichen Ehesegen Schmal—⸗
sans permanent Küchenmeister war, läßt sich wohl
enken, immerhin dürfte es für Viele ein unlöslich—
s Räthsel bleiben, wie der gute Mann bei dem
ekanntlich so kargen Bahnwärtergehalt seine 24
döpfe starke Familie erhalten konnte.
F Die Schlittenparthie. Sonntag
Nachmittag Brillante Schlittenbahn blendende Schnee—
ecke. Behäbige Tanten, freundliche Cousinen, lieb—
iche Freundinnen. Lustige Freunde, galante Ka—
aliere, höfliche Eialadung Schlittenparthie. Pelz—
nütze und Pelzmantel, Fußsack und Wärmflasche
fFliegender Shawl, riesige Reisedecke. Alles ver—⸗
ackt. Fröhliche Abfahrt. Feurige Pferde, Peit—
henknall, Schellengerassel. Tanten im Zweispänner.
ßaare im Einspänner. Helles Gelächter, Trautes
ßeplauder, rosige Mädchenwangen, überreifte
Schnurrbärte, blaue Nasen. Stiebender Schnee.
zlitzernde Fluren, froststarrende Wälder. Schnee⸗
allen werfen Dorfbuben. Grad ins Gesicht.
Virthshaus im Dorfe. Dampfender Kaffee, wär⸗
nender Grogg. Altes Klavier. Maitre de Plaisir.
Valzer und Schottisch. Charade und Pfänder—
piel. Dunkelnder Abend. Fort in den Schlitten.
Zchneegestöber und Wind. Markstein am Wege,
Zutscher betrunken. Pautzperdautz! Damen im
—„chnee. Dienstfertige Kabaliere. Ausgegraben,
zeputzt. Niemand verletzt. Wei.er im Trab—
Schäckern und Scherzen. Heimkunft und Hände—
druck. Reizender Nachmittag. Beinah verlobt.
FAus der Schweiz, 23. Januar. In
Pery (Berner Jura) wurde in einem Stalle ein
ierzehnjähriger Knabe entdeckt, der, wie es scheint,
ein ganzes Leben darin gefangen gehalten worden.
Er war ganz verwahrlost und konnte nicht sprechen.
— Die Züricher Bankdiebe jollen in Marseille er—
wischt worden sein.
F In Paris wurde vorgestern Morgen die
2eiche der Mutter von Louise Michel auf dem
irchhofe Levallois-Perret ausgegraben und in ein
desonderes Grabgewölbe gebracht. Obgleich Ein—
ladungen ergangen waren, hatten sich doch nur 10
Personen eingestellt. Nach der Ueberführung sprach
Louise Michel zu den Anwesenden, sie werde mit
drapotkin nach Genf gehen und daselbst einige Zeit
bleiben, von dort dann aber über Berlin nag
Petersburg als Vorkampferin der internationale
stevolution gehen; wenn sie in Berlin gut aufge—
aommen werde, werde sie einige Zeit dort verweilen
venn sie von ihren Glaubensgenossen jedoch eine
'alten Empfang erfahre, werde sie ungesdumt nad
Petersburg gehen; auf jeden Fall werde sien
Briefwechsel mit den Freunden Frankreichs bleiben
und ihr Mögliches thun, um die Grundsätze de
internationalen Revolutionspartei zum Siege pa
führen.
F Der Mörder des Präfekten des Eur⸗
Departements soll entdeckt und, wie verlau
tet, bereits in Haft gebracht sein. Auf Verlanger
des Untersuchungsrichters ist die Gattin des Et—
mordeten nach Paris gekommen.
FGie „bittere Luise“.) Ein Mitar—
beiter des „Figaro“ hat Luise Michel nach ihre
Entlassung aus der Haft sofort aufgesucht und in—
terbiewt. Wir verschonen unsere Leser mit der
Wiedergabe der langatmigen und langweiligen
Tiraden der halbverrückten Person, die sich wohl
nur deßhalb so wüthend über die Begnadigung
zeberdet, weil sie in dem Gefängniß mit ganz be
'onderen Rücksichten behandelt worden ist und die
Zärten der Gefangenschaft daher wenig empfunden
hat. Sie schimpft auf alle Welt, zeiht ihre in—
timsten Freunde der Falschheit und des Verraths
und „droht“ nach Caledonien oder nach einer
inderen entlegenen Gegend zu gehen. Selbst au
Rochefort ist sie sehr schlecht zu sprechen
weil er in der Kammer nicht die Begnadigung alle,
Anarchisten durchgesetzt hat. Der Herausgeber des
„Intransigeant hatte von einer „ungenannt sein
wollenden“ vornehmen Dame für die „bittere Luise“
elephonisch, die wärmende Hülle abzuholen, aber
die „große Bürgerin“ antwortete: „Ich habe jezt
indere Dinge im Kopfe“ — „Aber wie mir scheint
nichts auf dem Leibe“ telephonierte Rochefort sar⸗
rastisch zurück; half aber nichts, sie ließ den Man—
el im Stich. Auch mit ihrem Freunde Lisbonne—
hgatte Luise Michel eine unangenehme Auseinander⸗
etzung. Lisbonne, der bekanntlich sehr praktisch
zeworden ist und von Freiheit, Gleichheit, Brüder
ichkeit und anderen schönen Dingen nichts hören
nag, theilt der Michel mit, daß er ein neues Kaffe
zu eröffnen gedenke, und bot ihr eine eigenartige
Ztelle an. Sie sollte nämlich an die Besucher die
Journale, Reklamen ꝛ⁊c. verkaufen, wofür er ihr
hundert Franken für den Tag zahlen wollte, die
iie, meinte er, jeden Abend unter die Armen ver—
heilen könne. Aber sie wollte nicht. Luise Michel
hat im Gefängniß ihre Memoieren vollendet und
außerdem drei Romane geschrieben, deren Publi
tation die litterarische und litteraturfreundliche Weli
mit einigen Schrecken entgegensehen darf.
FSpanien. Ueber den fast in Vergessen⸗
heit gerathenen französischen Marschall Ba—
aine schreibt der Madrider Berichterstatter der
„Daily News“: „Bazaine lebt in Madrid seil
dielen Jazren in behaglichen Umständen mit dem
Finkommen aus dem mexikanischen Vermögen,
welches seine Gemahlin von ihrer kürzlich verstor⸗
benen Mutter geerbt hat. Bazaine wird in der
Madrider Gesellschaft auf Grund der gesellschaft⸗
ichen Beziehungen seiner Frau empfangen. Eines
der Häuser, wo sie beständige Besucher waren, war
)as des letzten mexikanischen Ministers General
Forona, beiläufig bemerkt, desselben Offiziers, wel⸗
her seinerzeit Kaiser Maximilians Degen bei
Queretaro entgegennahm. Die Anwesenheit Ba—
aines in den Madrider Salons führte vor etlichen
Jahren zu einem Streit mit einem französischen
zotschafter, Admiral Jaures. Ein derartiger Auf—
ritt verursachte eines Abends viel Aufsehen auf
inem Balle bei dem Herzoge Fernan Nuez. Das
verücht, daß Bazaine in Armuth lebe oder sich
on seiner Frau getrennt habe, ist völlig unbe—
zründet. Die Bonapartisten und die Kaiserin
rugenie wollen mit dem Marschall nichts zu thur
aben. Sein persönliches Aussehen hat sich seh
jerändert und er ist so gealtert, so dick und auf—
zedunsen und so nachlässig in seiner Kleidung und
einem Aeußeren, daß er einen traurigen Anblik
hietet, wenn er die Promenade entlang schlendert:
ein Aussehen verleitet viele Leute zu der Annahme
aß er sich in ärmlichen Verhältnissen befindet
Zeine letzte geistige Anstrengung ist ein Buch über
einen mexikanischen Feldzug und eine lahme Ver—
heidigung seines Verhaltens in Metz, an welcher
ex Jahre lang arbeitete. Niemand würde in die—
em seltsamen Wrack den einst glänzenden Soldaten