Full text: St. Ingberter Anzeiger

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4 Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „SGt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs· 
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Sonntag, 12. September 1888s58.. 21. Jahrg. 
Sseutsches Reich. 1 
Darmstadt, 10. Sept. Der Fürst Ale r· 
ader vornn Bulgarien traf mit seinem 
gruder Josef, über Aschaffenburg kommend, um 4 
Ihr 15 Minuten auf dem Bahnhofe der Hessischen 
dudwigsbahn hier ein und wurde von seinem Vater, 
em Prinzen Alexander, und seinem 
ruder Ludwig, seiner Schwester und 
einem Schwager (Graäfin und Graf Erbach— 
5chonberg) auf das Freudigste begrüßt. Die 
narmungen von Rater und Sohn waren die herz 
chsien und rührendsten. Die Bevölkerung, welche 
urch Plakate im Auftrage des Herrn Oberbürger⸗ 
geisters Ohly zur Begrüßung eingeladen, war, em⸗ 
sing den Fürsten mit stürmischen Jubelrufen. Der 
riegerverein mit Fahne bildete Spalier. Zur 
hegtrüßung waren noch anwesend der Adjutant des 
ʒroßherzogs, Regierungsrath Menges, sowie der 
inglische Gesandte in Civil. Der Fürst begab sich 
sodann mit seinen Angehörigen in den Empfangs— 
Salon der Main Neckar⸗Bahn und hielt von dort 
aus an das ihn stürmisch verlangende Publikum 
ine kurze Ansprache, für die ihm dargebrachten 
Doationen herzlich dankend. Hierauf sehte er in 
begleitung seines Vaters und der Verwandten die 
Weiterreise nach Bickenbach (Jugenheim) im Son⸗ 
xtzuge fort. Der Fürst sah leidend aus; dankte 
uuch bei der Abfahrt auf das Freundlichste für die 
icht endenwollenden Begrüßungszurufe. Da be⸗— 
annt war, daß der Fürst sich nicht hier aufhalten 
oerde, war nur die nächste Umgebung des Bahn⸗ 
wofs, hier aber reichlich, mit Blumen und Fahnen 
eschmückt. Seitens der Stadt war Herr Ober⸗ 
urgermeister Ohly an der Spitze einer Deputation 
um Empfange anwesend. W 
Berlin, 9. Sept. Alle hier vorliegenden 
zrivatdepeschen stimmen darüber uüͤberein, daß die 
Abreife des Fürsten Alexander von Bulgarien einem 
criumphzuge geglichen hat. Der Glauübe, daß er 
zald zurückkehren werde, scheint wirklich im Volke 
rerbreitet zu sein. Nach einem Telegramm des 
.B. C.“ ist der Fürst durch die Aufregungen der 
eßten Tage physisch stark mitgenommen. Er wird 
uber Pest und Wien, ohne irgendwo Aufenthalt 
zu nehmen, direkt nach Darmstadt reisen. 
Straßzburg i. E., 10. Sept. Kaiser 
8Uulhelm. ist soeben unter dem Läuten der 
blocken und dem Donner, der Geschützen, der noch 
ibertönt wurde von dem brausenden Jubel der Be— 
cllerung, in Begleitung der Kaiserin Augu st a, 
AüKronprinzen ünd zahlreicher Furstlichkeiten 
n seine Stadt Straßburg eingezogen. Der Em—⸗ 
jang! war großartig; die Stadt ist prachtvoll 
schmückt. Eingewanderte und Einheimische weit— 
isern, um dem greisen Kriegshelden und Friedens— 
oort Europas, seiner erlauchten Gemahlin und 
aunserem Fritz““ einen würdigen Empfang zu be— 
titen. Das Aussehen des Kaisers ist ausgezeichnet; 
ue Stunde nach dem Einzug machte der Kaiser 
dilhel mean seiner Seite der Kronprinz eine 
ahrt durch die festlich geschmückte Stadt. 
Ausland. 
Wien, 9. Sept. Fürst Alexander ist heute 
idend 139 Uhr hier eingetroffen. Am Staats—⸗ 
uhnhof war der, Perron und der Plah vor dem— 
ben, mit tausenden von Menschen deseht. Der 
AArst wurde von stürmischen Hochtufen empfangen, 
e bis nach seiner Wegfahri zum Westbahnhofe 
Mdauerten. Nach seiner Ankunft auf dem Staats⸗ 
uhnhof wurde der Fuͤrst dom dflerreschischen General 
ene begrüßt, welcher ihm Vriefe seines Val⸗rs 
übergab. Der Empfang war begeistert. Die bul— 
Jarische und rumänische Jugend war in großer Zahl 
inwesend. Auf dem Westbahnhof, wo Alexander 
jeine Reise nach Deutschland ijs 10 Uhr fortsetzte 
varen die Ovationen noch stürmischer, auch vori 
varen viele Tausende anwesend. Der Fürst wurde 
nuf den Schultern in den Wartesaal getragen. 
Paris, 8. Sept. Die englische Regierung 
jat dem französischen Kabinet, wie verlautet, min 
heilen lassen, daß sie keineswegs geneigt sei, den 
cussischen Kandidaten für den bulgarischen Thron 
als solchen anzuerkennen; sie betrachte eine solche 
Lösung als eine Besitzergreifung des Landes durch 
Rußland, welche neue russische Umtriebe in allen 
Donaustaaten zur Folge haben würde. England 
schlagt deshalb den Prinzen Waldemar von Däne— 
mark als Thronkandidaten vor. Die französische 
Regierung hat bis jetzt auf diese englische Min 
heilung noch nicht geantwortet und wird erst ihre 
Ansicht kundgeben, wenn der Kandidat für den 
hulgarischen Thron amtlich in Vorschlag gebracht 
werden wird. Vorläufig weist noch der größle Theil 
der französischen Presse den Gedanken an ein Zu⸗ 
ammengehen mit England heftig zurück; so meint 
die „Republique Française“, England habe be⸗ 
viesen, daß es in der orientalischen Frage in 
Furopa keine andere Regel befolge als seine Laune, 
inmal den Wunsch, den einen zu gefallen, und 
vann die Freude, andere zu ärgern. Nach den 
Borgängen in Egypten könne England nicht mehr 
derlangen, daß Frankreich gemeinschaftliche Sache 
mit ihm mache, von Bismarck aber sei es zu gunsten 
Rußlands aufgegeben worden, weil Deutschland seit 
1871 nicht mehr die Freiheit der Wahl seiner 
Bundesgenossen habe; es sei genöthigt, selbst um 
den Preis peinlicher Zugeständnisse die Freundschaf! 
einer jeden Festlandsmacht zu suchen, die versuch 
werde, sich mit Frankreich zu verbünden. England 
habe sich nicht bemüht, seine Freude über die Weg⸗ 
nahme von Straßburg und Metz zu verbergen 
Straßburg und Mezz aber seien gerade die Ursache 
daß die Engländer Konstantinopel und Salonichi 
preisgeben mußten. Die englischen Blätter ber⸗ 
iicherten zwar, daß fie darüber kein Bedauern em— 
ofänden; zu so viel Philosophie könne man ihnen 
nur Glück wünschen. Dem enisprechend wird denn 
auch die Drohung der „Pall Mali Gazette“, daß 
die Kündigung des 1878 wegen der Reuen Heb⸗ 
iden abgeschlossenen Vertrags durch Frankreich für 
kngland ein Kriegsgrund sein werde, bon fast allen 
Blättern mit offenem Hohn aufgenommen. Eng- 
and solle erst einmal Egypten herausgeben, dann 
önne Frankreich vielleicht mit ihm wegen der Neuen 
Hebriden unterhandeln. * 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 11. Sept. Heute Mittag 
im 4 Uhr bei heiterm Himmel ertkönte ein furchi— 
parer Schlag, daß Thüren und Fenster erzitterten. 
Alles eilte sofort aus den Häusern, denn jeder 
dachte an eine Explosion, an ein Unglück. Letz⸗ 
jeres hat sich gottlob nicht bestätigt, wohl aber hat 
eine provocirte Explosion statigefünden, durch von 
der hiesigen. Pulver Fabrik angestellte Prüfungs- 
Versuche mit Sprengpulver. e 
, Pfortz, 8. Sept. Heute Nachmittag 
1Uhr kam der bei Gebr. Gehrlein in Maximiliansau 
mn Arbeit stehende 15 Jahre alte Michael Gr af 
aus Wörth unvorsichtiger Weise einem Transmis⸗ 
ionsriemen zu nahe, der ihn erfaßte und ihm den 
dopf entzwei und einen Fuß abriß. 
— Speyer, 9ꝰ Sept. (Sp. 3.) Herr 
Henri Hilgard Villard ist gestern zum Besuche 
seiner Vaterstadt dahier eingetroffen. 
el Vermischtes. . 
7 Worms, 9. Sept. Eine seltsame Ab⸗ 
normität befindet sich in einem Ziegenstalle an der 
Frankenthaler Straße 88 dahier. Der dortige Be 
wohner Friedrich Diehl besitzt ein Ehepaar, welches 
je 4 Hörner trägt. Gegenwärtig haben dieselben 
3 Junge, wovon die beiden Geifen je 4 und das 
Eöckchen sogar 5. Hörner besitzt. — demnach 5 
Ziegen mit 21 Hörner. 
—7Frankfurt a. M.a8. Sept. Ismael 
Pascha, früherer Vizekönig von Egypten, traf, 
»om Haag kommend gestern Abend 10 Uhr' 20 
Minuten mit der Hessischen Ludwigsbahn hier ein 
und stieg im Russischen Hof aben et 
7.Hallle a. S., 8. Sept. Der Landrenten⸗ 
»ank · Sekretär Naundorf in Dessau ist mit 75,000 
Mark flüchtig geworden. 
F Gerliner Geheimpolizei in Fran— 
ens bad.) Ueber die Thätigkeit der Berliner 
Beheimpolizei zum Schutze des Reichskanzlers wäh— 
rend seines jüngsten Aufenthaltes in Franzensbad 
berichtet das Badeblatt Sprudel“? ,Am Tage 
bor der Ankunft des Reichskanzlers traf Herr 
Ztieler aus Berlin mit vier Geheimpolizisten ein. 
Herr Stieler erhielt auf Ansuchen von kompetenter 
Stelle ein Verzeichniß aller hier an— 
wesenden Polen; auch erhielten die Hoteliers 
und Wohnungs-Vermiether den gemessenen Auftrag, 
alle Ankommenden sofort zu mesden. Die Geheim— 
vpolizisten bildeten Nachts über eine Kette um das 
Dotel.“ 
fBremerhaven, 10. Sept. Der deutsche 
Schuner „Caroline“, Capitän Behn, mit Petroleum⸗ 
ladung nach Memel bestimmt, ist Nachts in Brand 
gerathen. Der Schuner wurde durch einen Schlepp⸗ 
dampfer oberhalb Blexen an den Strand geschleppt, 
woselbst er total abgebrannt ist. Die Mannschaft 
wurde gerettte... — 
1. Worstehende Naturereignisse.) 
Die Erdbeben der letzten Tage find bekanntlich von 
Professor Rudolf Falb in Wien vorausgesagt wor— 
den. Es sei hier kurz nur auf einige, von dem 
Astronomen, Prof. E. Stone Wiggins ausgehende 
Borausbestimmungen ähnlicher Naturereignisse, 
nämlich heftiger Stürme, hingewiesen. Wiggins 
hat früher schon die Stürme vom 9. März 1883, 
vom 26. Januar 1884 u. anm., genau vorhergesagt. 
Wiggins stellt nunmehr auch für dieses Jahr, und 
war für den 29. und 30. September einen ißr 
heftigen Sturm in Aussicht. Ferner kündet Wig— 
zins einen solchen für die Tage vom 26. bis 20. 
März 1887 an und für das gleiche Jahr den 
zrößten Sturm des 19. Jahrhunderts, den sogen. 
Sareby Gale, der sich seiner Berechnung nach am 
i9. September einstellen wird. Der Saxeby Gale 
jat zuletzt am 7. Oktober 1869 gewüthei und 
ämmtliche Wälder Neuenglands beinahe ver⸗ 
nichtet — für die Holzindustrie unbrauchbar gemacht. 
Wiggins hat nun ausgerechnet, daß sich dieser hef⸗ 
rigtigste aller Weltstürme in 5461 Tagen wiederholt, 
welche Frist am 19. September 1887 abläuft. 
Seine größte Kraft wird der Sturm am Nachmit- 
age des 20. September entfalten und soll er von 
jeftigen Erdbeben begleitet sein, die in Mitte Ok— 
sober in Kalfornien und Westeuropa eintreten. 
* Eine liebenswürdige Gattin. In Gran d—⸗