Full text: St. Ingberter Anzeiger

* Maberter Anzeiger. 
Aum'siches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag3 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 4, Neklamen 80 . Bei a4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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. Montag, 13. September 1886. 
Deutiches Reich. 
Der nationalliberale Parteitag in Thüringen 
ol in diesem Jahr zu einem noch nher zu be⸗ 
mmenden Termine in Gera stattfinden. 
Berlin, 11. Sept. Prinz Alexander von 
hattenberg. der zurückgetretene Fürst von Bulgarien, 
wird zwar, wie alle auslandischen Füxsten, auch in 
der Anciennetätsliste der deutschen Armee fortgeführt 
wperden, in der Rangliste jedoch 3 la suite der 
harde du Corps und des 2. Großherzoglich Hes⸗ 
jschen Dragoner⸗Regiments Nr. 24 nach wie vor 
zeführt werden. 
Berlin, 11. Sept. Nach einer vom Mi— 
rmer v. Bötticher erlassenen Bekanntmachung findet 
je Eröffnung des Reichsstages am 16 
8., Nachmittags 2 Uhr, im Reichstagsgebäude statt. 
Berlin, 11. Sept. Rußland. ist jetzt 
derr der Lage in Bulgarien und wird nicht zoͤgern, 
as ihm nothwendig Erscheinende zu thun, ohne 
abzuwarten, was die übrigen Mächte dazu fagen 
werden. Der Fürst Dolgoruki wird in Sofia 
rwartet, obwohl von verschiedenen Seiten Einspruch 
jegen diese Entsendung erhoben worden sein soll. 
heute wird in der „Köln. Ztg.“ angekündigt, daß 
zußerdem einige zwanzig russische Offiziere nach 
zulgarien abgehen und ihre früheren Stellungen 
wieder einnehmen werden. Alle höheren Stellungen, 
bis einschließlich der meisten Bataillons Komman⸗ 
deure, werden mit Russen besetzt werden. Was 
mit den entsprechenden bulgarischen Offizieren wer⸗ 
den soll, hängt von den demnächstigen Vereinbar⸗ 
ungen zwischen dem Fürsten Dolgoruli und der 
hulgarischen Regierung ab. Kurz, Rußland richtet 
sich, soweit die militärischen Angelegenheiten in 
detracht kommen, in Bulgaktien auf dem alten 
Fuße wieder ein. 
Straßburg i. E., 11. Sept. Die Kaiser⸗ 
parade nahm bei leicht bedecktem Himmel einen 
zänzenden Verlauf. Der Kaiser fuhr im Schritt 
die Fronten der beiden Treffen ab, die aus zu— 
sammen 36,000 Mann gebildet waren. Diese 
Frontfahrt dauerte allein 45 Minuten. Sodann 
nahm der Kaiser, im Wagen stehend, den ein⸗ 
maligen Vorbeimarsch der beiden Truppen ab. Die 
Infanterie marschierte in Compagniefront, die Ka⸗ 
pallerie in halber Schwadronfront. Hiernach ver⸗ 
ließ das kaiserl'che Paar, überall mit stürmischem 
Jubel begrüßt, das Paradefeld. Um 5 Uhr findet 
ein aroßes Diner von 333 Gedecken satt. 
Anhänger des vormaligen Fürsten sich vor dem 
rusfischen Consulat zusammenschaarte, wo sich gleich⸗ 
zeitig auch Gruppen von russisch gesinnten Bulgaren 
gebildet hatten. Die Polizei schritt sofort ein und 
gerstreute die Anwesenden. 
Nach den sieben Todesurtheilen, welche Ge⸗ 
schworene in Chicago über Anarchisten gefällt 
haben, scheint auch der Kopf Johann Mosi's, des 
Häuptlings der anarchistischen Verschwörer in den 
Vereinigten Staaten von Amerika, nicht mehr sicher. 
Es heißt, bei den Verhandlungen in dem Chicagoen 
Prozeß sei unzweifelhaft erwiesen worden, daß Most 
der gegenwärlig in einem Newyorker Zuchthause 
sitzt, der Anstifter des Chicagoer Anarchistenauf⸗ 
standes gewesen sei und daß die dortigen Behörden, 
sobald sein Straftermin abgelaufen, seine Ausliefe— 
xung verlangen würden. „Die Auslieferung“ 
meint die „N.Y. Hdlsz.“, „würde seitens des 
Bouverneurs des Staates Newyork anstandslos ge⸗ 
währt werden“ 
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t — 
ELokale und pfälzische Nachrichten. 
*Si. Ingberto! 13. Sept. Das gestrige 
BGartenconcert bei Herrn Weirich war nur 
mittelmäßig besucht. Das Programm war recht 
zut zusammengesetzt und befriedigte die Kapelle die 
Erwartungen der Zuhörer.“ Besonders . Werners 
Abschiedslied“ Lied a. d. Op. „Der Trompeter von 
Zackingen! v. Neßler, Nini⸗Quadrille“v. Kirschbaum, 
Ouverfure z. Op. „Wilh. Tell“ v. Roffini, Fantasie a. 
. OpLohengrin“ v. Wagner, waren es, welche mit 
zroßer Präzision zum Vortrage gebracht wurden. 
Aber auch die anderen Piecen ernteten großen Beifall. 
dob erwarb sich auch der Wirth Hr. Joh. Weirich 
durch die gute Bewirthung. 
— Ein 15zjahriges Mädchen aus Lautz kir⸗ 
hein, das infolge einer früheren Gehirnentzündung 
zin Gehirnleiden davongetragen, hatte, fand durch 
zu starken Branntweingenuß einen plötzlichen Tod. 
Im diesem bedauernswerthen Genuß zu froͤhnen, 
hjatte die Arme feither sich durch Verkauf von 
Zegenstanden der verschiedensten Art. Geld zu ver⸗ 
chaffen gesucht. 
— Edenkoben, 11. Sept. (G.) Gestern Abend 
5 Uhr verschied im Alter von 45 Jahren der 
quiesz. kgl. Studienlehrer Herr PhilippSieber 
zahier. Derselbe war geboren 1839 auf der Roth⸗ 
mühle bei Pirmafsens, seine Studien machte er auf 
)er Lateinschule zu Pirmasens, dem Gymnasium zu 
Zweibrücken und den Universitäten Erlangen und 
München. Als Student gehörte er der Burschen⸗ 
chaft Germania in Erlangen an. Nach bestandenem 
Staatsexamen wurde er 1868 als Assistent in 
dirchheimbolanden und 1870 in Spehyer verwendet. 
1871 wurde er zum Studienlehrer in Annweiler 
hbefördert, 1873 auf Ansuchen nach Frankenthal 
dersetzt, 1877 nach St. Ingbert und 1885 
aach Edenkoben. Als er hierher kam, war er be— 
reits so leidend, daß er seine Stelle nicht antreten 
konnte. Er hinterläßt eine trauernde Gattin mit 
3 unmündigen Knaben. 
— Dem „D. A.“ schreibt man aus Kalbl⸗ 
stadet, daß dort die Weinlese der Portugieser zu 
Anfang; der nüchsten“ Woche vorgenommen wird. 
Demnach würden wir schon in den nächsten Tagen 
den „Neuen“ zu kosten bekommen. 
— Speyer;, 11. Sept.““ (Sp 3) Die 
Unglücksfälle nehmen in letzter Zeit bei uns gar 
kein Ende und wiederum haben wir von einem 
— —EED — J 
— 
Bruüssel, 120 Sept. General Vandersmissen 
reiste vach Metz ab, zur Begrüßung des Kaisers 
Wilhelm im Namen des Königs von Belgien. 
Die „Moskauer Zeitung“ schreibt, der Bat⸗ 
jenberger sei mit dem nämlichen Triumphe aus 
dulgarien ausgezogen, womit er einzog, und habe 
as Land in betäubtem demoralisirten Zustande zu⸗ 
iückgelasseti. Bei dem Abschiede hätten demselben 
einige Bulgaren zugerufen: Auf Wiedersehen! Nun 
auch das sei möglich, raber lieber, daß zehn Batten⸗ 
derger, als daß Rußland durch Eingehen irgend 
iner Verbindlichkeit seine Freiheit einbüße. Ruß: 
and sei jetzt gesicherter und stärker, den jemals. 
die geringste Einschränkung seiner Freiheit werde 
seine Stellung schnell verändern. — 
ZSofia, 12. Sept. In Philippopel haben 
diet eingegangenen Nachrichten zufoige, unbedeutende 
Kubesftörungen ftattgefunden, indem eine Anzahl 
21. Jahrg. 
Selbstmord zu berichten. Heute früh wurde der 
Sergeant Heinrich Wich von der 2. Comp. des 2. 
Pionier⸗Bataillons auf der sogen. Reitbahn unter⸗ 
halb der neuen Cavalleriekaserne in einem dort 
wischen den Rebzeilen befindlichen Garten— 
Jauschen todt aufgefunden. Er hatte sich mit einem 
Dienstgewehr einen Schuß in die Brust beigebracht, 
der allem Anschein nach sofort den Tod zuͤr Folge 
gehabt. Die von Ardbeitern aufgefundene Leiche 
wurde ins Militärlazareth verbracht. Die Motivbe 
zu diesem Selbstmord find nicht ganz aufgetlärt. 
— Mutterstadt, 10. Sepf. (Pf. Vlksz) 
Deute Nacht ereignete sich zwischen den Bahnstationen 
Mutterstadt und Schifferstadt ein sehr bedauerlicher 
Unglücksfall. Der Bahnwart nächst der Statibn 
Schifferstadt beging heute Morgen kurz vor 8 Uhr 
eine Strece und fand etwa zehn Schritte vom 
Bahngeleise seitwärts, in seinem Bluie liegend. 
inen Bahnwart aus Schifferstadt, der bei der 
A 
edesmal um 12 Uhr Nachts nach Schifferstadt zu⸗ 
ging. Der Kopf war faft bis zur UÜnkenntlichteit 
zetschlagen. Ein Lebensfunke war zwar noch in 
ihm aber er konnte weder einen Laut noch sonsi 
ein Zeichen von sich geben. Man brachte den Un— 
lücktichen sofort in ärztliche Behandlung nach 
Schifferstadt. Ob hier ein Ueberfall vorliegt oder 
ob der Unglücliche ein Opfer seines Verus⸗es ge— 
worden ist, konnte bis jetzt noch nicht ermitielit 
werden. 
Vermischtes. 
Auf Vorschlag des Buͤrgermeisters hatte der 
neuerwählte Gemeinderath der oberelfässischen Stadt 
Fappobtsweiler den Kaiser eingeladen, bei 
Gelegenheit der Fahrt nach Kolmar auch der Stadt 
Rapoltsweiler einen Besuch abzustatten, wo die ür⸗ 
zroßmutter des Kaiserpaares Gprinzessin Luise, 
ßfalzgräfin von Birkenfeld) residiert habe. In der 
Adresse des Gemeinderaths war auf die berwandi— 
chaftlichen Beziehungen der letzten Rappoltsteiner 
Ribeaupierte) zu den Hohenzollern hingewiesen. 
Der Kaiser hat nun dem Bürgermeister und dem 
Gemeinderathe von Rappoltsweiler seinen Dank und 
gleichzeitig sein Bedauern darüber aussprechen lassen 
daß er verhindert sei, nach Kolmar zu kommen, 
und daß er daher auch Rappoltsweiler nicht be⸗ 
rühren könne. 2 
FBruchsal, 10. Sept. Gestern Vormittag 
kam hier ein Bohnarbeitey zwischen die Wagen- 
hyuffer und wurde todt gedrückt .. 507* 
—fMannheim 9. Sept. Der ermordete 
junge Mann, deffen Leiche am 4 d8. gelände 
wurde, ist Leopold Rau aus Erdmannshausen. 
Er war zuletzt in Ebersbach. Der Verhafleie ift 
unschuldig und darum freigelafssen. VDer Morder 
ist noch immer unbekannt. Die Leiche wurde heute 
auf dem israelitischen Ftiedhofe beerdigt 
F Wiesbaden, 10. Sept. Die dritte Ab⸗ 
theilung des Juristentages nahm folgenden Antrag 
don Olshausen und Süpfle an: IDie Schöffen⸗ 
gerichte haben sich im Allgemeinen in der Praxis 
bewährt. 2. Die Schwurgerichte verdienen vas 
ihnen theilweise geschenkte Vertrauen nicht. 3. Als 
die geeignetste Form der Zuziehung des Laienele 
ments in Strafsachen erscheint das Schöffengericht. 
Frankfurt, 10. Sept. Gesiern Bor⸗ 
mittag fanden Kinder auf dem Samstagberg ein 
Päckchen mit Reichsbankscheinen und Gold und 
—Silberaeld. Die Kinder, welche den Wenb de