Full text: St. Ingberter Anzeiger

waren, ab. Demnach befürchtet die Regierung 
keine weiteren Unruhen. Der frühere Kriegsminister 
Nikifor ow demissionierte, weil er sich durch den 
Verdacht der Antheilnahme am Komplott gegen 
Fürst Alexander beleidigt fühlt. — Der österreichische 
Fonsul ertlärte der bulgarischen Regierung, Oester⸗ 
reich würde die Vetminderung der Unabhängigkeit 
der Balkanstaaten zugeben. — Oberst Welschow, 
Anstifter der ostrumelischen Truppenerhebung zu 
Gunsten des Fürsten Aiexander, ist in Vakarel auf 
dem Marsch nach Philippopel verhaftet worden, 
weil er sich der Versetzung nach Rustschuk wider 
setzte. Gtf. 3.) 
Newyork, 12. Sept. Die Amerilaner machen 
Front gegen die Einwanderung der Anarchisten und 
sfonstigen schlechten Elemente aus Europa. Sit 
wollen sich gegen diesen Auswurf durch die Be— 
stimmung schühen: es sei jedem Emigranten von 
dem Konsul des Landes, aus welchem er auswan⸗ 
dert, ein Zertsikat auszustellen, ohne welches ihm 
die Landung in Amerika nicht gestattet werde. Ver⸗ 
dächtigen Elementen sollen solche Konsulatpässe ver⸗ 
weigert werden. 
Lokale und pfälzische Nachri hten. 
— Kaiserslautern, 16. Sept. Die 
gestern in dem Walzweiher, Gemeinde Stelzenberg, 
neben der Pirmasenserstraße gelegen, aufgͤefundene 
Leiche ist die eines mittelstarken Mannes im Alter 
von 40 bis 50 Jahren. Der Verlebte, der ent⸗ 
wedecr den Tod freiwillig gesucht, oder beim Baden 
ertrunken ist, war 1,60 Meter groß, hatte rötlich 
blondes Haar und ebensolchen kleinen Schnurrbart, 
an dem dvorderen Theile war das Haupt kahl. Die 
schon stark in Verwesung übergegangene und ange— 
schwollene nackte Leiche lag anscheinend schon drei 
bis vier Tage im Wasser. In der Nähe des 
Fundortes lagen die Kleider des Verlebten, bestehend 
aus einem blau und weiß gestreiften Baumwoll 
hemde, blauem Tuchanzuge (Hose, Weste und Jaquet 
letzteres mit schwarzem Sammetkragen), schwarzer 
Kaͤppe mit aufgenaͤhter Seidenlitze und fast noch 
neuen, itark mit Nägeln beschlagenen Schnürschuhen. 
Außerdem wurde dabei gefunden: ein schwarz 
lackierier Holzstock mit Knopf, — nach Art der 
sogenannten Totschläger — eine kleine, mit Weiden 
umflochtene Feldflasche und ein blau und weiß 
eartieries baumwollenes Sacktuch. So viel bekannt 
haben die Erhebungen bis jetzt keine Anhaltspunkte 
ergeben, wer der Verlebte ist. (Pf. P.) 
— Kaiserslautern, 16. Septbr. Die 
heuie staltgehabte Versteigerung von zur Mösse r⸗ 
schen Konkursmasse gehörigen Industrie- und 
Werthpapieren erzielte folgendes Ergebniß: achs 
Gprozentige Prioritäten der Aktiengießerei Kaisers— 
lautern (Nominal⸗Werth 4000 Markh) erzielten 
3000 Mark. 37 Aktien der Aktiengießerei Kaisers 
lautern (Nominal-Werth 450 Mart) 420 Mark 
20 Aktien des Stadttheaters Kaiserslautern (Nomi⸗ 
nalWerth 2000 Mark) 700 Mark. 5 Altien des 
Aktienbades Kaiserslautern (Nominal⸗Werth 1000 
Mark) 6 Mark. 
—In Rhodt und Hainfeld beginnt 
der Herbst schon am 27. September. Einigt 
Weinhändier machen jetzt schon Einkäufe in Most. 
Der Preis soll nach der „Ggt.“ in Edenkoben 14 
bis 17 Mk. betragen, in Maikammer verlangen 
die Produzenten sogar 20 Mt. für die Hotte von 
40 Liter 
— Das pfalzische Apothekergre— 
mium ist auf Donnerstag den 30. September zu 
einer Generalversammlung in den Sitzungssaal der 
t. Regierung in Speyer eingeladen. 
—Der Cẽrlös an Bau⸗, Nutz- und Werkhölzern 
aus den Staatswaldungen der Pfalz betrug im 
Jahre 1885: 2,175. 484 Mark 40 Pfg. 
————————— 
Pfaälzisches Schwurgericht. 
— Dem Vernehmen nach kommen in der an 
20. September nächsthin in Zweibrücken unter 
dem Vorsitze des Hrn. k. Oberlandesgerichtsrathes 
Erbeldin g beginnenden 8. Schwurgerichtssession 
der Pfalz foigende Straffälle zur Verhandlung: 1 
Gschwind Georg, früher Polizeilommissär in Lud 
wigshafen,, wegen Verbrechens im Amte. 2 
Mannschatz Elise, Dienstmagd von Bruchhof, wegen 
Nindsmoros. 3. Schütz Franz, Geschäftsmann von 
Blieskastel, wegen Verbrechens wider die Sittlich 
keit. 4. HKlamm Martin, Bahnarbeiter, und dessen 
Ehefrau Juliane Mackert von Ludwigshafen, wegen 
Meineids. 5. Weber Adolph, Dienstknecht vor 
horsbach, wegen Meineids. 6. Spieß Johann. 
Tagner von Alsenz, wegen Meineids. 7. Dern 
Karoline, Dienstmagd, wegen Kindsmords. 8 
Weidling Christoph, Schlosser von Zweidrücken, 
wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit. 9. Oehl 
Johannes, Franz Konrad, Deuschel Johann, Fa— 
drikarbeiter von Mundenheim, wegen Meineids 
bezyw. Anstiftung hiezu. 10. Beck G. Adam 
Tagner von Jockgrim, wegen Verbrechens wider die 
Sittlichkeit. 
Vermisichtes. 
F Bildstock, 14. Septbr. Schlimme Er— 
fahrungen machte gestern ein Budenbesitzer W. von 
Saarbrücken. Ihm wurden nämlich nach seinen 
Aussage gestern Abend im Schlafe die Schlüssel 
zu den Koffern unter seinem Kopfkissen weggenom⸗ 
men, damit die Koffer geöffnet und 270 M. daraus 
gestohlen. Außerdem vermißt er noch andere Sachen, 
wie die goldene Uhr seiner Frau ꝛc. Dem Thäter, 
der aus Malstatt sein soll, ist man auf der Spur 
Hoffentlich gelingt es, denselben dingfest zu machen 
FeFriedrichsthal, 14. Sept. Zur Er—⸗ 
zänzung unserer vor einiger Zeit gebrachten Notiz 
detr. Bohrungen einer aus Finanzleuten von 
Friedrichsthal und Reden bestehenden Gesell⸗ 
chaft nach Kohlen in der Nähe von St 
Wendel können wir heute mittheilen, daß man 
in dem zu diesem Behufe angelegten Schachte nun⸗ 
mehr auf das Kohlenflötz gestoßen ist. Dasselbe 
dürfte eine Mächtigkeit von mindestens 9 Fuf 
haben. Natürlich setzt man große Hoffnung auf 
diese Entdeckung. Die Jugend schwärmt und ver— 
spricht sich goldene Berge; die Alten bedauern, 
daß nicht schon in ihrer Jugend dieser Fund ge— 
macht bezw. ausgebeutet wurde. 
F Gelegentlich der großen Revue vor dem 
aiser bei Mestz ist zur Beförderung der amtlich 
eingeladenen Gäste innerhalb des Stadtrayons ein 
zroßer Wagenpark erforderlich. Zu dem Ende sind 
Wagen aus Straßburg, Luxemburg, Saar⸗ 
drücken, Saartouis und Trier requiriert. Das 
stontingent aus Trier (22 Galawagen) stellt Herr 
Andreas Singer (Deutschstraße), mit welchem die 
staiserl. Oberpostdirektion in Metz einen bezüglichen 
Vertrag abgeschlossen hat. Die Wagen fahren am 
Freitag ab, sind 2 Tage auf der Hinfahrt uunter⸗ 
wegs, verbleiben 4 Tage in Metz und sind 2 Tage 
leer auf dem Rückwege nach Trier. 
F Metz, 13. Sept. Die Leiche des seit 
Donnerstag vermißten Premierlieutnants und Re—⸗ 
ziments⸗ Adjutanten Cords vom Infanterie⸗Regiment 
Rr. 70 in Diedenhofen ist heute an der Felsen⸗ 
hrücke hier aus der Mosel gezogen worden. 
F Die Kaisertage in Straßburg 
haben eine Masse Taschen diebe dahin gelockt. 
Bei der Parade ist vielen Personen die Uhr oder 
Zzörse gestohlen, auch in der Stadt selbst sind im 
Hedränge mehrfach Diebstähle ausgeführt worden. 
Trotz der colofssalen Menschenmassen, dem regen 
Wagen⸗- und Pferdebahnverkehr und den massen⸗ 
jaften Truppendurchzügen zu Fuß und zu Pferde 
n den letzten Tagen find weder Unfälle von Be— 
deutung vorgekommen, noch ist sonst die Ruhe ge⸗ 
tört worden. 
fTrier, 15. Sept. Heute soll, wie ver⸗ 
autet, das Priester⸗Seminar von der 
Röonigl. Regierung an die Bischöfl. Verwaltung 
iübergeben werden. Das Seminar war seit Februar 
1874 geschlossen. 
F Wie wohlfeil das Unglück ist, erfuhr kürzlich 
in Düsseldorf eine Magd, die beauftragt war. 
ꝛinen Hahn zu schlachten. Da sich das Thier mit 
ulen Fasern gegen die ihm zugedachte Prozedur 
vehrte, die Magd aber Hertin des ungeberdigen 
Thieres werden wollte, so fügte es der Zufall, daf 
hr der Hahn mit einem Flügel das scharfe Messer 
in das linke Auge schlug und zwar so heftig, daß 
die Sehkraft des Auges voraussichtlich für immer 
verloren ist. 
F In Hoerde in Westf. wurde am Sonn⸗ 
ag der Fabrikarbeiter Heinrich Weber im Kirmeß⸗ 
trubel von einem Manne angerempelt und dann 
erstochen. Der Mörder entkam. 
FMünchen, 14. Sept. Ein allgemeines 
Verbot, die Münchener Kindl⸗Brauerei zu besuchen 
ist nicht an die hiefige Garnison ergangen. Eir 
jedoch nicht von der Kommandantur erlassenes Ver 
bot bezog sich nur auf den letzten Sonntag. 
An der Staͤtte des Todes des König 
Ludwig II. beim Schlosse Berg steht seite 
Tagen ein mit einem eranze von Gebine 
geschmücktes Kreuz. um⸗ 
München, 14. Septbr. (Ve 
gerichtshof.) Eine auf das — — wannn 
bezügliche Beschwerde gelangte heute zur 4 weo 
dung Die Gebrüder Daniel und Christian —— 
auf Ransbrunnerhof beanspruchen das Ja — 
auf ihren 70,65 Hektare umfaffenden, in 
meinde Eppenbrunn liegenden Oekonomiegut, — 
die Gemeindejagd bereits an den dortigen Bůꝛr 
meister verpachtet ist. Das Bezirksamt pinne 
wietz den erhobenen Anspruch gemäßge en 
pfälzischen Jagdordnung vom 21. September 
ab, weßhald dieselben Beschwerde an den veng 
tungsgerichtshof richteten, unter Hinweis auf x 
wiederholte Entscheidungen, wonach das Jisne 
Ausfluß des Grundeigenthums sei. Der — 
verwarf jedoch heute kostenfällig die Beschwerb. n 
der Begründung, daß wohl im diesseitigen din 
der Grundbesitzer bei entsprechender Nueden 
seiner Besitzungen auch das Jagdrecht beonsbun 
könne, nicht aber in der Pfalz, wo das Jagdih 
als ein Verfügungsrecht der Gemeinde in Anbettog 
des ihr zustehenden Bannrechts gelte, wie bereil 
in einer Entscheidung vom 27. Juli 1882 in ain— 
ühnlichen Beschwerde erkannt wurde. 
München. 14. Sept. Die Behand 
lung der Versäumnisse des Schulbe 
suches und des öffentlichen Religionsunterriche 
war im Königreiche bisher eine höchst verschieden 
artige. Die zuletzt maßgebende Verordnung von 
22. Januar 1872 hatte im allgemeinen eine Va 
schärfung in der Behandlung geboten, allein in 
wichtigsten Punkte, in der Frage, wann ein 
weil nicht entschuldbares, strafbares Versäumnm— 
vorliege, und wann ein entschuldbares vorliege 
hat sie dem Ermessen der Schulbehörden so si 
freies Spiel gelassen, daß die Handhabung diese 
Verordnung in der einen Schule eine zu rigorose 
in der anderen eine zu gelinde geworden ist. Di— 
nun publicirte kgl. allerhöchste Verordnung von 
2. d. M., wodurch jene Verordnung von 187 
zugleich aufgehoben wird, hat nun aber, und e 
ist dieß das wichtigste Novum, das sie enthält 
eine Interpretation des Entschuldbaren gegeben 
Indem 8 2 bestimmt: „Als Enntschuldbar sind 
jene Versäumnisse der Werktagsschule oder der 
letztere vertretenden Fortbildungsschule oder de 
öffentlichen Religionsunterrichts zu erachten, welch 
hzurch ein dringendes Hinterniß — wie Kranthei 
des Schulpflichtigen, ungangbarer Weg, ungestüm— 
Witterung, wenn der Schulort entlegen ist, Unent 
behrlichteit des Schulpflichtigen zu häuslichen ode 
landwirthschaftlichen Dienstleistungen in Nothlagen 
durch Sitte und Anstand gebotene Theilnahm 
desselben an ungewöhnlichen Familienereignissen — 
—XW 
der Schulversäumnisse vorgeschrieben, daß auf all 
derechtigien Ursachen derselben Rücksicht genomme 
verden muß. Dieser erheblichen Milderung schließ 
ich in der neuen Verordnung noch die weitere an 
daß von der Vorladung zur Schulsitzung Umgan 
genommen werden kann, wenn das Versäumuiß 
entschuldigt wurde und die Entschuldbarkeit desselbe 
zweifellos feststeht. Die frühere Geldstrafe für da 
Versäumniß zu 3 bis 12 4kr. ist in 10 bis 50Pf 
umgewandelt und sodann eine Verschärfung de 
früheren Verordnung damit involbirt worden, daß 
bei weiteren Versaumnissen — bei unzulässiger ode 
unwahrer Entfchuldigung, Wegbleiben der Vorge 
ladenen — gegen die Schuldigen ein einmaligt 
Schularrest bis zu 6 Stunden in Verbindung mi 
Verwarnung zu verhängen ist. Die Bestrafun— 
don Eltern ⁊c. wegen wiederholter schuldhafte 
Schulversaumnisse ist an Stelle der frühere 
Staatsanwalischaft des einschlägigen Polizeigericht 
der Amtsanwalischaft des einschlägigen Amtsgericht 
aiberwiesen, und es ist damit gleichfalls eine Ver 
schärfung der früheren Vorschriflen verknüpft, inden 
beim Obwalten erschwerender Umstände Sonntag⸗ 
schulpflichtige schon nach der ersten Bestrafung wege 
aeuer schuldhafter Schulbersaumnisse innerhalb dee 
nämlichen Schuljahres der richterlichen Bestrafunt 
überwiesen werden. Schließlich ist noch die Neue 
rung zu verzeichnen, daß wiederholt saumige Schu 
pflichtige durch den Schuldienet oder durch Vet 
mittelung der Orkspolizeibehörde vorgeführt werde 
dürfen. 
r Passau. Dieser Tage hat ein neuer den 
schet Handelsartikel zum erstenmal die hiefige Bahr 
tion passirt. Es waren! dies vlhaltige Früch