Full text: St. Ingberter Anzeiger

o. Jugberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ur „St. JIngberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: An Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2 mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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vW 181. 
Deutsches Reich. 
Metz, 16. Sept. Laut abends 10 Uhr ein⸗ 
arosfener Depesche aus Straßburg kommt der 
giser nicht hierher. Die telegraphische Anfrage, 
g'ber Kronprinz kommt, blieb bis jetzt unbeant⸗ 
otiet. 
Metz, 17. Sept. Acht Mitglieder des Ge— 
aderaths find eingeladen worden, sich morgen 
dend als Abordnung an das kaiserliche Hoflager 
ch Straßburg zu begeben. 
Straßburg, 17. Sept. Der Kaifer machte 
use Nachmittag eine dreiviertelstündige Spazier⸗ 
ahr. Er sah wohl und munter aus und unterhielt 
iq lebhaft mit seinen Adjutanten. Der König 
in Sachsen reist am Sonntag von hier ab. Der 
Ronbrinz besucht heute Abend die Biwacks. 
ιν — 
Ausland. 
Wien, 16. Sept. Aus Bukarest wird ge⸗ 
jeldet: Heute Abend wurde auf den Minister prä⸗ 
jdenten Bratiano geschossen. Derselbe wurde nicht 
eoffen. Sein Begleiter wurde leicht verletzt. Der 
ntentäter ist verhaftet. 
Auch in Belgien fangt man an, dem Frieden 
i allzusehr zu irauen. Wie man dem „Berl. 
agbl.“ aus Brüssel depeschirt, versichern die dortigen 
iltarischen Kreise, die Wiederaufnahme der Be— 
cligung det Maaslinie seitens der belgischen Re—⸗ 
etung sei die Folge einer direkten Einwirkung 
xutschlands, welches die Verstopfung des Maßloches 
ug strategischen Gründen wünsche. Die Reise des 
henerals van der Smissen nach Metz an das Hof⸗ 
ager des Kaiser Wilhelm stehe mit dem Projekt 
cdenfalls in Verbindung. Als ein weiteres Zeichen 
zer intimen Annäherung Belgiens an Deutschland 
wird die Thatsache angesehen, daß Belgien außer 
deuischland der einzige Staat Europas ist, welcher 
ei den franzoöͤsischen Manövern unvertreten blieb.“ 
oz liegt auf der Hand, daß emie theilweise Be⸗ 
esigung der belgisch; französischen Grenze, welche 
xa Franzosen für alle Fille einen Angriff Deutsch⸗ 
ands über belgisches Gebiet hinweg erschweren 
ourde, als eine bedeutende Verstärkung der deutschen 
esensiven Stellung zu betrachten wäre. 
Paris, durch ein an die Kommandierenden 
eꝶ õ., 7., 14., 158, 16., 17. und 18. Armee⸗ 
orps gerichtetes Rundschreiben hat der Kriegs⸗ 
ninister bekannt gemacht, daß er behufs einer 
leichteren Ueberwachung der Grenze die Bestimmung 
xiroffen hat, daß in einem jeden Fort der ersten 
anie die darin befindliche Wachtabth eilung zum 
nindesten einen Soldaten oder Unteroffizier um⸗ 
iusen muß, welcher die Sprache des benachbarten 
—EXRW 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
Si. Ingbert, 18. Sept. Gestern früh 
exunglückte der bei dem Neubau der Schuler'schen 
pinnerei beschäftigte Maurer Christoph Spies 
vn Obermohr auf eine sehr traurige Art. Derselbe 
tug auf seiner linken Schulter einen Balken, dessen 
mderes Ende ein College auf seiner rechten Schulter 
ug. An dem Bestimmungsort angelangt, sollte 
er Balken gleichzeitig abgeworfen werden. Als 
er Kollege des Spies die Last von der rechten 
Schulter abwarf, war es dem Verunglückten wahr⸗ 
deinlich nicht möglich, den Balken von der linken 
Schulter nach der rechten Seite hin rasch genug 
idet den Kopf zu bringen, wodurqh ihm der Valken 
n den Hinterkapf anschsua!. daß er zusammensfürztke 
Sonntag, 19. September 1886. J 
21. Jahrg. 
und gestern früh 8 Uhr in das hiefige Bürger⸗ 
hospilal verbracht werden mußte. In Folge einer 
tarken Gehirnerschütterung ist Spies am selbigen 
Abend um 29 Uhr gestorben. Derselbe hinterläßt 
ine trauernde Wittwe und fünf unversorgte Kinder, 
vovon das älteste, ein Sohn, 14 und das jüngste 
Jahr alt ist. 
*St. Ingbert, 18. Sept. In unserem 
Nachbarorte Scheidt findet morgen, Sonntag 
den 19. dss. M. die Fahnenweihe des dor⸗ 
igen Kriegervereins statt, zu dem viele 
auswärtigen Kriegervereine eingeladen sind. Bei 
zünstiger Witterung scheint das Fest ein großartiges 
zu werden, indem bereits 14 Vereine ihr Er⸗ 
cheinen zugesagt haben. Für die leiblichen Be— 
hürfnisse sorgen fünf Wirthe, die auf dem Festplat 
hre Buden aufgeschlagen haben. — 
O. B.V. Der hiefige „Obstbauverein“ will 
auch in diesem Jahre eine Ausstellung von Erzeug 
nissen des Garten⸗ und Obstbaues veranstalten, auf 
die wir an dieser Stelle schon jetzt aufmerksam 
machen möchten. Nach dem unerwarieten Erstlings⸗ 
erfolge des vorigen Jahres hoffen wir auch jetzt 
auf das Gelingen unseres Planes. Möoͤge der 
Ausfall, den di Obstausstellung wohl zeigen 
vird, durch andere Gartenerzeugnisse 
ceichlich gedeckt werden. 
—* Das Herbsten der Portugieser 
Trauben beginnt in Ungste in und Wachen⸗ 
heim am 20., in Ellerstadt und Dürk— 
heim am 21. d. M. 
fug, den die Jugend daselbst mit der Straßenbahn 
zreibt, die Bemerkung: Daß die Kinder auf der 
Straße mit Vorliebe in den Straßenbahngeleisen 
herumspringen, vor den Wagen herlaufen und deren 
Richtung kreuzen, ist eine taägliche Erscheinung. In 
der Neuthorstraße ist es dieser Tage sogar vorge⸗ 
tommen, daß einige Jungen, wenige Schritte vor 
dem Straßenbahnwagen, aus Muthwillen den Hals 
über die Geleise gelegt haben! FBZ 
Berlin. Kunstausstellung. Das anhaltend 
chöne Weiter, sowie der sich noch immer steigernde 
Besuch der Jubiläums⸗ Kunstausstellung, hat den 
Senat der Königl. Akademie der Kunste zu Berlin 
oeranlaßt, den Schluß der Ausstellung auf die Zeit 
»is Anfang November er. hinauszuschieben. Mit 
Rücksicht hierauf soll auch die Ziehung der mit der 
Ausstellung verbundenen Votterie — deren General⸗ 
Debit das bekannte Bankhaus Carl Heintze, 
Berlin W., ühernommen—erst am 1. November 
cr. und den folgenden Tagen staltfinden, damit die 
dielen werthvollen und allgemeines Aufsehen er⸗ 
regenden Gemalde erster Meister. welche als Ges 
wvinne — es find im Ganzen 28662 Gewinne — 
angekauft sind, nicht vor Schluß der Ausstellung 
entfernt werden, und so das Einheitliche derselben 
gestört wird. 
Manövererlebniß. Ein Einjähriger 
chreibt aus dem Mandver: „Mein Hauptmann 
befahl mir: Nehmen Sie dort vier Mann, gehen 
Sie in der Richtung nach H. vor und sehen Sie, 
ob Sie irgendwo auf feindliche Abtheilungen stoßen. 
Schichen Sie dann Meldung. — „Zu Befehl, Herr 
Hauptmann.“ Ich nahm vier Mann mit und zog 
ab. Das Brauhaus in H. vorfichtig umspaähend, 
ob wir nicht das Blitzen feindlicher Waffen sähen, 
tamen wir dem großen Brauereischornstein immer 
näher. Da plötzlich — Waffengerassel und Pferde⸗ 
wiehern. Ja, der Feind! Da saß er! Eine 
Patrouille von sechs Husaren unter Führung eines 
Finjährige Freiwilligen. Die Pferde standen ruhig 
in die Bäume gebunden, die Mannschaft saß am 
Tisch, jeder ein mächtiges Glas Bier vor sich. „Der 
Feind — Feuer!“ kommandirte ich. Der feindliche 
Anfüh rer sprang mit der brennenden Zigarre auf 
und sagte einfach: „Hier ist Feuer, Kamerad.“ 
Wenige Augenblicke später saßen wir zusammen an 
dem Tische beim frischen Bier. Ich aber riß 
flichtgetreu ein Blatt aus meinem Notizbuch und 
chrieb die Meldung an den Hauptmann, daß eine 
eindliche Husarenpatrouille bemerkt sei. die sich nach 
Westen zurückgezogen. Der feindliche Kommandant 
erstattete die entsprechende Meldung nach seiner 
Seite, und ein Infanterist und ein Husar gingen 
amit ab. Wir Uebrigen kneipten noch ein Weil⸗ 
hen, bevor wir umkehrten. Mein Hauptmann lobte 
neine Aufmerksamkeit, und ich stellte mich mit 
tolz⸗ und biergeschwelltem Busen wieder in Reih' 
und Glied. 
(Gachziegel aus Papier.) Eine Be— 
zachung welche infolge ihrer Leichtigkeit und vieler 
inderer Vortheile das Schieferdach weit übertreffen soll, 
vird nach „Scient. Americ.“, gegenwärtig in 
Amerika aus einem faserigen Papierstoff hergestellt. 
Aus dem breiartigen Material werden mittels Ma⸗ 
chinen Ziegel von jeder gewünschten Gestalt ge⸗ 
preßt, dieselben hierauf theilweise getrocknet und 
dann mit einer wasserdicht machenden Losung im⸗ 
prägniert und gebacken, wodurch die wasserdichte 
Mischung vollkommen erhärtet. Nach dem Backen 
verden die Ziegel mit emer Mischung behandelt 
v⸗esche ihnen eine emailartige Oberfläch⸗ verleihf 
Vermischtes. 
Aus Mesz nach Saarbrücken gelangte Nach⸗ 
ichten besagen, daß Se. Majestät der Kaiser mit 
Ktücksicht auf seinen Gesundheitszustand nicht in die 
oihringische Hauptstadt kommen wird. Se. Maj. 
ollen nicht krank sein, wohl aber sei von den 
Aerzten dem greisen Monarchen größtmoöglichfte 
Schonung dringend angerathen worden. Verschie- 
zene Geschäftsleute hier, welche Lieferungen und 
Leistungen nach Metz aus Anlaß des angekündigten 
AUufenthaltes Sr. Majestät zu machen hatten, sind 
lelegraphische Abbestellungen zugekommen. Die 
nilitärische Parade bei Frescati wird, wie man 
vört, der Kronprinz abnehmen. 
Tholey, 16. Sept. Gestern Abend 
rannten hierselbst s Häuser und Neben⸗ 
»auten, welche von 9 Familien bewohnt wurden, 
1b. Es waren meistens ältere Bauten. Alle Nach— 
arorte sind mit Löschapparaten herbeigeeilt. Die 
önigliche Steuer- und Gemeindekasse ist infolge des 
Brandes verlegt worden, da dort das Feuer auf 
seinen Herd beschränkt wurde. Heute ist man noch 
mmer mit dem Dämpfen des Feuers beschäftigt. 
(S.⸗ u. Bl.3.) 
7 In Bingen ertrank ein Matrose, der in 
der Stadt Einkäufe machte und dieselben vermittelsl 
ines Nachens auf das vor Anker liegende Schiff 
xerbringen wollte, infolge eines Schlaganfalles, 
wvodurch er das Gleichgewicht verlor und in den 
Rhein stürzte. 
F Münster, 17. Sept. In dem Wall⸗ 
ahrtsorte Stadtlohn ist das kostbar eingefaßte 
Muttergoltesgnadenbild aus der Wallfahriskapelle 
gestohlen worden. (S. Ztg.) 
F In Mainz wurde vorgestern Nachmittag 
inem Jungen infolge eigenen Verschuldens durch 
inen Wagen der Straßenbahn ein Bein abgefahren. 
Das .M. Tabl.“ macht dazu sowie zu dem Un—⸗