Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. — 
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zuf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 135 8, Neklamen 30 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
A 
Sonntag, 19. September 1886. 
21 Jahrg 
Deutsches Reich. 
Metz, 16. Sept. Laut abends 10 Uhr ein⸗ 
enoffener Depesche aus Straßburg kommt der 
jaser nicht hierher. Die telegraphische Anfrage, 
der Kronprinz kommt, blieb bis jetzt unbeant⸗ 
vortet. 
Metz, 17. Sept. Acht Mitglieder des Ge⸗ 
—X sind eingeladen worden, sich morgen 
ihend als Abordnung an das kaiserliche Hoflager 
h Stwraßburg zu begeben. 
Straßburg, 17. Sept. Der Kaiser machte 
rute Nachmittag eine dreidiertelstündige Spazier⸗ 
chtt. Er sah wohl und munter aus und unterhielt 
lebhaft mit seinen Adjuta nten. Der König 
u Sachsen reist am Sonntag von hier ab. Der 
Rondrinz besucht heute Abend die Biwacks. 
uind gestern früh 8 Uhr in das hiesige Bürger⸗ fug, den die Jugend daselbst mit der Straßenbahn 
jospital verbracht werden mußte. In Folge einer treibt, die Bemerkung; Daß die Kinder auf der 
tarken Gehirnerschütterung ist Spies am selbigen Straße mit Vorliebe in den Straßenbahngeleisen 
Abend um 929 Uhr gestorben. Derselbe hinterlaͤßrt herumspringen, vor den Wagen herlaufen und deren 
ine hrauernde Wiliwe und fünf unversorgte Kinder, Richtung kreuzen, ist eine taͤgliche Erscheinung. In 
wovon das älteste, ein Sohn, 14 und das jümgste der Neuthorstraße ist es dieser Tage sogar vorge⸗ 
Jahr alt ist. ommen, daß einige Jungen, wenige Schritte vor 
Si. Ingbert, 18. Sept. In unserem dem Straßenbahnwagen, aus Muthwillen den Hals 
Nachbarorte Scheidt findet morgen, Sonntag, üÜber die Geleise gelegt haben! ι 
den 19. dss. M. die Fahnenweihe des dor⸗ Berlin. Kunstausstellung. Das anhaltend 
sigen Kriegervereins statt, zu dem viele chöne Wetter, sowie der sich noch immer steigernde 
auswärtigen Kriegervereine eingeladen sind. Bei HBesuch der Jubildums ·Kunstausstellung, hat den 
Junstiger Witterung scheint das Fest ein großarliges Senat der Königl. Akademie der stünste zu Berlin 
zu werden, indem bereits 147 Vereine ihr Er⸗ deranlaßt, den Schluß der Ausstellung auf die Zeit 
cheinen zugesagt haben. Für die leiblichin Ber bis Anfang November cr. hinauszuschieben. Mit 
vürfnisse sorgen fünf Wirthe, die auf dem Festplat Rücksicht hierauf soll auch die Ziehung der mit der 
hre Buden aufgeschlagen haben. — Ausstellung verbundenen Lotterie — deren General⸗ 
0 .V. Der hiefige „Obstbauverein“ will Debit das bekannte Bankhaus Carl Heintze, 
auch in diesem Jahre eine Ausstellung von Erzeug· Berlin W., übernommen — erst am 1. November 
nissen des Garten⸗ und Obstbaues veranstalten, auf cr. und den folgenden Tagen stattfinden, damit die 
»ie wir an dieser Stelle schon jetzt aufmerksam vielen werthvollen und allgemeines Aufsehen er⸗ 
nachen möchten. Nach dem unerwarteten Erstlings⸗ regenden Gemalde erster Meister, welche als Ge⸗ 
rfoige des vorigen Jahres hoffen wir auch jetzt winne — es sind im Ganzen 28662 Gewinne — 
nuf das Gelingen unseres Planes. Möge der angekauft sind, nicht vor Schluß der Ausstellung 
Ausfall, den die O bstausstellung wohl zeigen entfernt werden, und so das Einheitliche derselben 
wird durch andere Gartenerzeugnisse gestört wird. 
reichlich gedeckt werden. Mansvererlebniß. Ein Einjähriger 
2*Das Herbsten der Portugieser schreibt aus dem Manöver: „Mein Haupimann 
Trauben beginnt in Ungste in und Wachen⸗ befahl mir: Nehmen Sie dort vier Mann, gehen 
heim am 20, in Elblerstadt und D uͤrt⸗ Sie in der Richiung nach H. vor und sehen Sie, 
heim am 21. d. M. ob Sie irgendwo auf feindliche Abtheilungen stoßen. 
Schicken Sie dann Meldung. — „Zu Befehl, Herr 
Zauptmann.“ Ich nahm vier Mann mit und zog 
b. Das Brauhaus in H. vorfichtig umspaͤhend, 
jb wir nicht das Blitzen feindlicher Waffen sähen, 
jamen wir dem großen Brauereischornstein immer 
aäher. Da plötzlich — Waffengerassel und Pferde⸗ 
viehern. Ja, der Feind! Da saß er!“ Eine 
hatrouille von sechs Husaren unter Führung eines 
kinjährig Freiwilligen. Die Pferde standen ruhig 
in die Bäume gebunden, die Mannschaft saß am 
Tisch, jeder ein mächtiges Glas Bier vor sich. „Der 
Feind — Feuer!“ kommandirte ich. Der feindliche 
Anfüh rer sprang mit der brennenden Zigarre auf 
und fagte einfach: „Hier ist Feuer, Kamerad.“ 
Wenige Augenblicke spater saßen wir zusammen an 
dem Tische beim frischen Bier. Ich aber riß 
pflichtgetreu ein Blatt aus meinem Notizbuch und 
chrieb die Meldung an den Hauptmann, daß eine 
feindliche Husarenpatrouille bemerkt sei, die sich nach 
Westen zurückgezogen. Der feindliche Kommandant 
erstattete die entsprechende Meldung nach seiner 
Seite, und ein Infanterist und ein Husar gingen 
Famil ab. Wir Uebrigen kneipten noch ein Weil⸗ 
hen, bevor wir umkehrten. Mein Hauptmann lobte 
neine Aufmerksamkeit, und ich stellte mich mit 
dolze und biergeschwelltem Busen wieder in Reilh 
und Glied. 
Gachziegel aus Papier.) Eine Be⸗— 
dachung welche infolge ihrer Leichtigkeit und vieler 
anderer Vortheile das Schieferdach weit übertreffen soll, 
wird nach „Scient. Americ.“, gegenwaͤrtig in 
Amerika aus einem faserigen Papierstoff hergestellt. 
Aus dem breiartigen Material werden mittels Ma-⸗ 
schinen Ziegel von jeder gewünschten Gestalt ge⸗ 
preßt, dieselben hierauf theilweise geirocknet und 
Fann mit einer wasserdicht machenden Lösung im⸗ 
pragniert und gebacken, wodurch die wasserdichte 
Mischung vollkommen erhärtet. Nach dem Backen 
derden die Ziegel mit einer Mischung behandelt,. 
delche ihnen eine emailartiae Oberfläche verleiht: 
Ausland. 
Wien, 16. Sept. Aus Bukarest wird ge⸗ 
npelder: Heute Abend wurde auf den Minister prä⸗ 
deten Bratiano geschossen. Derselbe wurde nicht 
eioffen. Sein Begleiter wurde leicht verletzt. Der 
stieniäter ist verhaftet. 
Auch in Belgien fängt man an, dem Frieden 
acht allzusehr zu trauen. Wie man dem ZBerl. 
zagbl.“ aus Brüssel depeschirt, versichern die dortigen 
nilttärischen Kreise, die Wiederaufnahme der Be⸗ 
sigung der Maaslinie seitens der belgischen Re⸗ 
jerung sei die Folge einer direkten Einwirkung 
deutschlands, welches die VPerstopfung des Maßloches 
ius srnategischen Gründen wünsche. Die Reise des 
henerals dan der Smissen nach Metz an das Hof-⸗ 
ager des Kaiser Wilhelm stehe mit dem Projekt 
denfalls in Verbindung. Als ein weiteres Zeichen 
nümen Annäherung Belgiens an Deutschland 
vird die Thatsache angesehen, daß Belgien außer 
deutschland der einzige Staat Europas ist, welcher 
lei den franzöfischen Manövern unvertreten blieb.“ 
z65 liegt aus der Hand, daß eine theilweise Be⸗ 
sgung der belgisch⸗französischen Grenze, welche 
ea Franzosen für alle Fiälle einen Angriff Deutsch⸗ 
ands über beigisches Gebiet hinweg erschweren 
vurde, als eine bedeutende Verstürkung der deutschen 
vfensiben Stellung zu betrachten wäre. 
pᷣaris, durch ein an die Kommandierenden 
og o.. 7. 14., 15, 16., 17. und 18. Armee— 
orps gerichtetes Rundschreiben hat der Kriegs⸗ 
ninister bekannt gemacht, daß er behufs einer 
eichteren Ueberwachung der Grenze die Bestimmung 
zeiroffen hat, daß in einem jeden Fort der ersten 
nie die darin befindliche Wachtabih eilung zum 
nindesten einen Soldaten oder Unteroffizier um⸗ 
jassen muß, welcher die Sprache des benachbarten 
dandes geläufig spricht. 
Wermischtes. 
ꝓ Aus Metz nach Saarbrücken gelangte Nach⸗ 
richten besagen, daß Se. Majestät der Kaiser mit 
Rüchicht auf seinen Gesundheitszustand nicht in die 
,othringische Hauptstadt kommen wird. Se. Maj. 
'ollen nicht krank sein, wohl aber sei von den 
Nerzten dem greisen Monarchen größtmöglichste 
Schonung dringend angerathen worden. Verschie⸗ 
dene Geschäftsleute hietr, welche Lieferungen und 
deistungen nach Metz aus Anlaß de? angekündigten 
Aufenthaltes St. Majestät zu machen hatten, sind 
elegraphische Abbestellungen zugekommen. Die 
militärische Parade bei Frescati wird, wie man 
hört, der Kronprinz abnehmen. 
Tholey, 16. Sept. Gestern Abend 
rannten hierselbst ß Häuser und Neben 
auten, welche von 9 Familien bewohnt wurden, 
ib. Es waien meistens ältere Bauten. Alle Nach⸗ 
harorte sind mit Löschapparaten herbeigeeilt. Die 
tönigliche Steuer⸗ und Gemeindekasse ist infolge des 
Brandes verlegt worden, da dort das Feuer auf 
seinen Herd beschränkt wurde. Heute ist man noch 
mmer mit dem Dämpfen des Feuers beschäftigt. 
(S.⸗ u. Bl.Z3.) 
p In Bingen ertrank ein Matrose, der in 
der Siadt Einkäufe machte und dieselben vermittelst 
eines Nachens auf das vor Anker liegende Schiff 
derbringen wollte, infolge eines Schlaganfalles, 
wodurch er das Gleichgewicht verlor und in den 
Rhein slürzte. 
4 Münster, 17. Sept. In dem Wall⸗ 
fahrtsorte Stadtlohn ist das kostbar eingefaßtt 
Muttergottesgnadenbild aus der Wallfahrtskapelle 
Jestohlen worden. (S. Ztg.) 
In Mainz wurde vorgestern Nachmittag 
einem Jungen infolge eigenen Verschuldens durch 
inen Wagen der Straßenbahn ein Bein abgefahren. 
das M Fabl.“ macht dazu sowie zu dem Un— 
Lokale und pfälzische Nachritten. 
»St. Ingbert, 18. Sept. Gestern früh 
derunglückte der bei dem Neubau der Schuler'schen 
Spinnerei beschäftigte Maurer Christoph Spies 
von Obermohr auf eine sehr traurige Art. Derselbe 
rug auf seiner linken Schulter einen Balken, dessen 
anderes Ende ein College auf seiner rechten Schulter 
rug. An dem Bestimmungsort angelangt, sollte 
ꝛer Balken gleichzeitig abgeworfen werden. Als 
ur Kollege des Spies die Last von der rechten 
Zchulter abwarf, war es dem Verunglückten wahr⸗ 
heinlich nicht indglich, den Balken von der linken 
Schulter nach der rechten Seite hin rasch genug 
iher den Kopf zu bringen, wodurch ihm der Balken 
in den Hinterfobf ansching. daß er zusammenstürzte