zor dem Anwesen des Ackerers Franz Klingel in
Horbach Unfug verubt, indem von mehreren Burschen
ine Wagendiele an die Hausthüre gelehnt wurde,
o daß sie auf Jeden, der durch die Thüre aus
dem Hause wollte, herabgefallen wäre. Dem Trei⸗
hben dieser Ruhestörer sah der Angeklagte theils von
der Straße, theils von seiner Stube im gegenüber⸗
liegenden Hause seines Dienstherrn zu. Als die
GBendarmerie nach den Thätern des Unfugs suchte,
wurde auch der Angeklagte vernommen und nannte
er dem Gendarmerie⸗Sergeanten Pfaff die Fabrik⸗
schuster Wilhelm und Keckeisen als Diejenigen,
welche die Diele an die Hausthüre gelehnt hätten,
infolge dessen auch gegen dieselben Protokoll wegen
groben Unfugs errichtet wurde. In der Haupt-
perhandlung dor dem Schöffengericht Waldfischbach
am 8. Juni 1886 gab der Angeklagte auf seinen
Fid hin an, er habe von dem fraglichen Vorfalle
zar nichts gesehen, insbesondere nicht gesehen, ob
Jemand eine Diele an die Hausthüre gestellt habe.
Rur den Keckeisen habe er zur fraglichen Zeit auf
der Straße in der Nähe des Klingel'schen Hauses
erblict. Dem Gendarmen Pfaff habe er die von
diesem protokollirte Aussage nicht gemacht. Durch
den Widerspruch, in den sich der Angeklagte hie⸗
durch zu der Aussage des Gendarmerie⸗Sergeanten
Pfaff setzte, veranlaßt, wurde die Sache zur Lad⸗
ang von weiteren Zeugen, welche die früheren An⸗
zaben des Weber dem Gensdarmen gegenüber be⸗
gtätigen sollten, vertagt, und als sich sodann die
Kichtigkeit der Aussagen des Gensdarmen heraus⸗
ttellte, Weber wegen Meineids verhaftet.
Der Angeklagte gestand unumwunden ein, vor
Bericht die Unwahrheit gesagt zu haben.
Die Geschworenen bejahten von den ihrer Be—
antwortung unterstellten Fragen die auf fahrlässigen
Falscheid gerichtete und verurtheilte auf Grund
dieses Spruches der Gerichtshof den Angeklagten
zu einer Gefängnikstrafe von 10 Monaten, von
denen jedoch die erlittene Untersuchungshaft in der
Dauer von 3 Monaten in Abrechnung kommt.
Zweibrücken, 22. Sept. In heutiger
Sitzung wurde Christoph Weidling, Schlosser von
Zweibrücken, wegen eines Verbrechens gegen die
Sittlichkeit zu 18 Monaten Zuchthausstrafe und
zu 2 Jahren Ehrverlust verurtheilt.
Zweibrücken, 23. Septbr. Die Verhand
lung gegen den 37 Jahre alten verheiratheten Ge⸗
schaftsmann Franz Sch üttz von Blieskastel, wegen
Verbrechens wider die Sittlichkeit, welche gestern Nach⸗
mittag von 3 Uhr dis Abends 9 Uhr andauerte,
wurde heute beendigt und Schütz wegen Vornahme
unzüchtiger Handlungen mit Gewalt begangen,
unter mildernden Umständen zu 1 Jahr 6 Mo⸗
naten Gefüngniß verurtheilt.
Vermischtes.
fFSaarbrücken, 21. Sept. In dem be⸗
aachbarten Orte Heusweiler ist die Cholera nostras
ausgebrochen, welcher bereits ein Bauersmann er⸗
legen ist. Infolge hierbon unterbleibt die beabsich
tigte Einquartierung in Heusweiler und Umgegend.
fIn St. Wendel hat es in der vorigen
Wochen mehreremale gebrannt. Am Sonntag Abend
wurde noch rechtzeitig ein Scheunenbrand im Ent⸗
stehen gelöscht. Dieser sowie die anderen Brände
find jedenfalls böswillig angelegt. In 2 Scheuern
fand man Vorrichtungen, dieselben ebenfalls in
Brand zu setzen. Man kann fich denken, welcher
Schrecken in der Bürygerschaft herrschte und daß
alles aufgeboten wurde, die Brandstifter zu entdecken.
Nach der „N.Bl. Ztg.“ scheint dies gelungen zu
sein. Eine seit langen Jahren in Paris lebende
und jetzt in St. Wendel ansässige Wittwe mit 2
sungen verdorbenen Bengels von 12-14 Jahren
sind die Thäter; gerade eines dieser sauberen
Früchtichen wurde abends bemerkt, als er sich an
der Scheune des Dachdeckers G. mit Zündhölzchen
zu schaffen machte. Die verhaftete Frau soll bereits
yor einigen Wochen 17 Brande in St. Wendel
ür die nächste Zeit vorhergesagt haben. Bei ihrer
Verhaftung soll sie sich geäußert haben: „Wenn
ich auch nicht da bin, so gibt es noch andere Per⸗
sonen, welche die Häuser anstecken.“ Man hat es
also hier wahrscheinlich mit einer wohlorganisirten
Bande zu thun. Gestern Nachmittag war der Herr
Untersuchungsrichter von Saarbrücken hier anwesend.
um die verhaftete Wittwe Lyon nebst ihren beiden
Söhnen, welche der Brandstiftung beschuldigt sind,
zu vernehmen. Wie der „N.Bl.Ztg.“ mitgetheilt
wird, soll in dem Keller eines Wohnhauses in der
Schloßgasse heute Morgen eine größere Quantität
Pulber mit darangelegter Zündschnur gefunden
worden sein. (S. Z3ig.)
FBochum, 21. Seph. Unter Anführung
ꝛines früheren Bergmanns mit Namen Korte treibt
m hiesigen Bezirle seit einigen Monaten eine Bande
rrecher Gesellen ihr Wesen, welche stehlen und
auben, wo sie dies eben können. Die Bewohner⸗
haft des Kreises, namentlich aber die Besitzer ein⸗
eln gelegener Gehöfte, deren wir in Westfalen ja
ine große Zahl haben, leben deßhalb in großer
Besorgniß, da es nicht gelingen will, des frechen
säuberhauptmanns Korte habhaft zu werden. ()
Allen Nachforschungen weiß er sich zu entziehen
ind der Polizei stets ein Schnippchen zu schlagen.
fFinige Polizeibeamte waren jüngst so glücklich aus⸗
ukundschaften, der Räuberhauptmann Korte werde
den Schauplatz seiner hiesigen Wirksamkeit verlassen
ind nach Amerika auswandern. Die Staatsan⸗
valtschaft benachrichtigte hiervon sofort die Polizei
n den Hafenstädten. damit der kühne Räuber ja
nicht enttomme. Nun wollte es der Zufall. daß
um dieselbe Zeit der Bankier Herr Korte von hier
ibfuhr, um das Königreich Danemark zu bereisen,
vobei er seinen Weg über Hamburg nahm und in
einem dortigen Hotel abstieg. Selbstverständlich
trug er seinen Namen in das Fremdenbuch ein.
Nicht lange dauerte es, da hatte die Hamburger
Polizei hiervon Kenntniß und schleunigst wurde
der vermeintliche Räuberhauptmann festgenommen.
da Herr Korte einige Geschäftsfreunde in Hamburg
jesaß, die ihn persönlich kannten, so konnte er fich
‚ald aus der üblen Lage befreien.
F Deutsche Genossenschaften gab es im
Jahre 1885 4170 gegen 3822 im Jahre 1884.
davon sind 2118 Kreditgenossenschaften, 1377
venossenschaften in einzelnen Gewerbszweigen, 682
donsumbdereine und 33 Baugenossenschaften. Die
Nitgliederzahl ist auf 193 Millionen, die geschäft⸗
ichen Leistungen auf 3000 Millionen und das
jesammte Betriebskapital auf 800 Millionen ver⸗
inschlagt. Von den gewerblichen Genossenschaften
ind 800 landwirthschaftliche und 300 Molkerei⸗
enossenschaften.
FCeichtsinn) Am Montag verurtheilte
zas Schöffengericht in Kassel einen jungen Philo—
ogen, den Dr. Friedrich Paul Müller aus Skend⸗
nitz bei Leipzig wegen Eigenthumsver—
zrechens zu 8 Monaten Gefängniß. Es machte
inen überaus peinlichen Eindruck, als der anständig
zekleidete, 26 Jahre alte Mann auf der Anklage⸗
ank Platz nahm. Mittellos und ohne Stelle hier
in Kassel angekommen, fand Müller in dem Haust
des Vorstandes einer Privatschule vorläufige Auf
nahme, wo er gegen freie Station die Arbeiten der
Zchüler zu überwachen hatte und sich von da aus
nach einer für ihn passenden Lehrerstelle umsehen
tonnte. Mit dem Buchhalter dec hiesigen Filiale
des Lotteriegeschäfts der Firma A. Fuhse in Mül⸗
heim a. d. Ruhr bekannt geworden, besuchte er
diesen tagtäglich auf dem Kontor, wo auch die Ge⸗
vinngegenstaͤnde der Kasseler Sankt⸗ Martinsloiterie
nufbewahrt wurden. Inmitten all' der Herrlich⸗
reiten ließ sich der junge Mann einen kolossalen
Bertrauensbruch zu Schulden kommen. indem er
eine goldene Remontoiruhr und einen Diamantring
ntwendete. Erstere repräsentirte einen Werth von
100 Mk., letzterer einen solchen von 200 Mk. Der
Angeklagte hatte eben auswärts eine Hauslehrerstelle
angetreten, als ihn der Arm der Gerechtigkeit er⸗
reichte.
7 Frankfurt a. M., 20. Sept. Gestern
prang, dem „Fr. Beob.“ zufolge, ein junger
Mensch von der alten Eisenbahnbrücke in den Main.
kr wagte diesen Sprung infolge einer Wette, die
einen persönlichen Muth beweisen sollte. Er wurde
nn einen bereitstehenden Nachen aufgenommen. Bei
em Sprunge hatte er den Fuß gebrochen.
F Zu Berlin tagten in voriger Woche die
Naturforscher. Bei dem Diner am 17. wurden
aAllein 200 Stück Ochsenzungen, 700 Enten, 2000
Pfund Filets, 1000 Hummern und 1000 Pfund
stheinlachs verspeist. Alle Hochachtung vor der
Raturforschung. Und das beste ist: Kein einziger
Bacillus wurde gefunden. Die Herstellung einer
ꝛinzigen Sauce bôarnaise forderte 200 Pfund Butter
ind 1000 Eier. Das Diner wurde durch 250
ellner servirt.
fZurich, 20. Sept. Der vor kurzer Zeit
aus seiner Festungshaft in Rastatt entwichene
dieutenant Hellwig wohnt gegenwärtig, laut der
Zuricher Post“, in Bendlikon bei Zurich, wo er
ich um das Bürgerrecht bewarhb, eine Villa miethete
and sich in nächster Zeit mit der Witwe des
hm eischossenen Kameraden zu verehelichen per
schiig. 8
F Amsterdam, 21. Sept. Der Soziali
Beel, welcher eines vorbedachten und —
Attentates angeklagt war (er hat auf einen 34
kommissär geschossen, ohne ihn zu treffen) —
riner Gefängnißstcafe von 8 Jahren — zu
worden. ih
rLondon, 22. Sept. Aus —
wird gemeldet, daß die Einwanderungs · Kombisi
besclossen daden70 mitelose tumagisesen
welche mit dem Dampfschiffe „Egypt“ von e
pool angekommen waren, zurückzuschicken. r
F Ein deutscher Schulverein wurde, wie wi
aus der „Australischen Zeitung“ erfahren, am 3
Juli in Sidney gegründet und schlofsen sich ihn
in einer zu diesem Zwecke berufenen Versammlun
15 Mitglieder an. Der Hauptzweck des Verein
ist, eine deutsche Schule daselbst zu gründen. De
General · Konsul des dentschen Reichs, Herrr Trare
hat seine Unterstützung zugesagt.
F Ein prachtvolles Produkt der Saure gurkenzer
wird aus Illinois servirt: Ein Mann qn—
Benesee hatte beim Angeln dinen großen Fisch ge.
sangen. ließ ihn jedoch an der Angel im Waßser
zängen und schlief in seinem Boote im Wasser ein
Als er wieder aufwachte, befand er sich 8 Meile
veiter flußaufwärts. Ein riesiger Catfisch hath
den gefangenen Fisch mitsamnmit der Angel verschlug
und war dann, mit dem Boot im „Schlepptau
den Fluß die ganze Strecke weit hinaufgeschwommen
F Verwendung von Stahlschienen zu
Fundamentirung großer Bauwerke. Unter den in
hen jüugsten Jahren in Amerika eingeführten Neu—
rungen im Bauwesen ist die Anwendung von
Ztalschienen bei Fundamentirungen großer Bauten
ine der interessantesten. In Chicago sind einige
der bedeutendsten Bauwerke auf Stahlschienen auf-
zgerichtet und diese Bauart eignet sich bei dem
weichen Boden, auf dem jene Stadt steht, vorzüg
lich. Die Schienen sind in einem Cementvbett neden
einander aufgelegt und der Cement wird mit der
Zeit so hart wie Stahl. Da das Ganze auf diest
Weise gegen Luft und Feuchtigkeit abgesperrt ist.
o ist eine Zerstörung durch Rost nicht zu befürch—
ten. Mittelst dieser Bauart ist der Baumeister in
den Stand gesetzt, die Säulen aus leichterem
Stein aufzuzuführen und dabei an Raum zu ge—
winnen.
F(Mongolische Grausamkeit) In
seiner „Reise in die Mongolei“ erzählt Dubrowe
bon einem Mongolen, der bei einem Fürsten ein
Pferd gestohlen und dann verkauft habe. Der
Verbrecher wurde einer Tortur unterworfen, da er
seine That nicht eingestehen wollte: er wurde in
horizontaler Lage an Händen und Füßen vermittelt
Riemen an den Stangen der Jurta aufgehängt
unter ihm aber ein qualmendes Feuer angelegt
Dabei schlug man ihn so lange mit Riemen, bi
er geständig war. Der Urtheilsspruch, der diesem
Geständniß folgte, lautete auf Abtrennung des
linken Armes bis zum Ellbogen und des rechten
Beines bis zum Knie durch Erfrierung. Der Un—
glückliche wurde zu diesem Zweck am Boden der
Jurta festgebunden, so daß er sich nicht regen konnte
die zur Erfrierung bestimmten Körpertheile wurden
unter dem Rande der Jurta in die eisige Winter
luft hervorgeschoben, mit Filz umhüllt, dann mi
Bfriemen vielfach durchstochen und schließlich se
ange mit Wasser begossen, bis sie erstarrt waren
Darauf wurde der Mann entlassen. Seldbstver
tändlich verlor er sehr bald Arm und Bein.
Dienstesnachrichten.
Eisenbahndienst. Vom 1. Oktober werden ver
setzt: die Stationsverwalter Rimck von Franken
stein nach Kaltenbach un Bartels von Godram
stein nach Frankenstein.
Sterbefälle.
Gestotben: in Kirchheim a. Eck Friedria
Renter, 70 J. a.; in Albsheim a. E. Andrea
Theobald, 82 J. a.; in Kerzenheim Susannt
Neumaher geb. Rößger, 36 Jahre alt.
Für die Redaktion veranwortlich: F. X Demeß.
Die Kalender für das Jahr 1887 sind nun
mehr bereits fast vollzahlig wieder da und jeder
Hausvater halt allgemach Ausschau nach seinen
dieblinge unter dieser Schaar papierner Einjähriget