jeit. Seit einem Jahrzehnt ist es das erste Mal,
zaß unser Octoberfeft mit dem ganzen Pomp des
zönigthums eingeweiht wird, und man muß Land
und Leute kennen, um bemessen zu können, daß
diesem Umstand auch eine politisch nicht bedeutungs⸗
lose Seite zukommt. 150,000 Personen mochten
auf dem Festplatze versammelt sein. Kurz nach 2
Uhr unterbrach das fröhliche Getümmel die Anfahrt
des Prinz ˖ Regenten, der in einem mit 6 Rappen
bespannten Galawagen fuhr und Gegenstand herz⸗
licher Ovationen der Spalier bildenden Bevölkerung
war. Unter den Klängen der Nationalhymne wurde
der Prinz-Regent von dem ersten Bürgermeister,
dem Vräsidium des landwi rthschaftlichen Vereins,
dem Minister des Inneren und dem Regierungs⸗
präsidenten in das Innere des Königspavillons,
jor welchem eine Ehrenwache des Infanterie⸗-Leib⸗
Regiments mit Musikcorps aufgestellt war, geleitet.
Dorselbst hatten sich nach glanzvoller Auffahrt Prinz
und Prinzessin Ludwig mit ihren Kindern, Prin⸗
jessin Gisela mit ihren Kindern, Prinz und Prin⸗
zessin Ludwig Ferdinand, die Prinzessinnen Therese,
Adalbert, Elvira, Prinz Alphons und Herzog Lud⸗
wig, die sämmtlichen Staaisminister und Kriegs⸗
minister, Mitglieder der Kammer der Reichsräthe,
die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Ge—
neralität, die Herren und Damen der drei Hof—⸗
rangesklassen ꝛc. eingefunden.
Berlin, 2. Okt. Der Reichstag soll nach
einer Meldung der „Fr. Ztg.“ am 18. November
zusammmentreten. Die zu erwartenden Militär⸗
horlagen sollen demselben aber, wie von informirten
Berichterstattern jetzt geschrieben wird, erst in einem
spateren Stadium der Session zugehen, weil an—
geblich selbst grundsätzliche Fragen, die diese Vor—
sagen betreffen, noch nicht entschieden sind. Daß
die Regierung nicht ein Septenat, sondern eine
unbegrenzte Präsenzstärke verlangen wird, gilt für
feststehend.
Auslanud.
Brüssel, 2. Okt. Der Kassationshof verwarf,
enigegen dem Antrage des Staatsanwalts, die Be⸗
cufungen der wegen Plünderung und Zerstörung
der Baudoux'schen Glasfabrik zu zwanzigjähriger
Zwangsarbeit verurtheilten Schmidt und Falleur,
stimmte dagegen der Appellation der wegen An—
tiftung zu den Plünderungen in Lüttich zu fünf—⸗
jähriger Einschließdung und zehnjähriger Polizei—
aufsicht verurtheilten Wagner und Rutters zu.
Paris, 2. Okt. Gestern wurden die Arbeiten
für die Ausstellung von 1889 auf dem Mars—
felde begonnen. Bis jetzt hoben England, Ruß—⸗
land, Oesterreich und Deutschland auf die vorläufige
Anfrage wegen Betheiligung noch keine Antwort
ertheilt. Die amtlichen Einladungen werden noch
im Laufe dieses Monats erfolgen.
London, 2. Oktobr. Wie die „Pall Mall
Bazette“ erfährt, hat der oberste Leiter der hiesigen
Polizei, Warren, die zum Schutze der öffentlichen
Gebäude in London seit einiger Zeit getroffenen
Maßregeln wieder eingeschränkt. Die hierdurch ver⸗
fügbar werdenden Polizisten, etwa 1000 an der
Zahl, sollen zur Ueberwachung verdächtiger Personen
derwandt werden.
Sofia, 1. Olt. In Rustschuk, Tirnova und
anderen Stödten Bulgariens fanden Volksversamm-
ungen statt, auf denen die Note General Kaulbars
berurtheilt und beschlossen wurde, die Regierung
aufzufordern, den russischen Forderungen sich zu
widersttzen.
Sofia, 2. Olt. Die bulgarischen Minister
begaben sich gestern zu dem russischen diplomatischen
Agenten General Kaulbars und gaben demselben
denntniß von dem in Betreff der Forderungen Ruß⸗
'ands gefaßten Beschlusse des Ministerraths, wonach
jene Forderungen bezüglich der Aufhebung des Be—⸗
lagerungszustandes und der wegen des Staatsstreichs
Verhafteten angenommen werden, dagegen eine Ver⸗
chiebung der Wahlen zur großen Sobranje mit
Rücksicht auf das bulgarische Wahlgesetz als un⸗
möglich bezeichnet wird. Gleichzeitig wurde erklärt,
daß auf eine Wiederwahl des Fürsten Alexander
derzichtet werde. Auf das Ersuchen der Minster,
diese Beschlüsse dem Kaiser Alexander zu übermit⸗
leln, erwiderte General von Kaulbars, die Ent⸗
schließungen des Kaisers seien feststehende, doch sei
er bereit, die ihm gemachten Mittheilungen, zur
Kenntniß des Ministers von Giers zu bringen.
Lokale und pfalzaͤsche Nachrichten.
WLSt. Inabert, 4. Okt. Die gestern im
Oberhauser'schen Saale stattgehabte ordentliche Gene—
ralversammlung des „Kriegervereins“ war ziemlich
zut besucht. Nach Aufnahme von 3 Mitgliedern
stattete der J. Vorstand, Herr Fischer, Bericht
über das abgelaufene Jahr ab, wonach der Verein
zur Zeit 184, die Sterbekasse 129 Mitglieder zählt.
Die Einnahmen betrugen Mk. 495,50 die Aus—
gaben Mk. 447,08, beim Vorschuß⸗Verein wurden
angelegt Mark 110 und zurückgeholt Mark 115,
zußerdem hat der Verein noch Mk. 68,20, die
Sterbekasse Mk. 555,90 beim Vorschuß Verein ver⸗
inslich angelegt. An Unterstützungen an kran?e
Mitglieder wurden Mk. 150 ausbezahlt. Das
Budget pro 188687 wurde nach dem Vorschlage
)»es Ausschusses einstimmig angenommen. Die
jierauf vorgenommene Neuwahl brachte nur wenig
Leränderung, indem 10 bishkerige Mitglieder in
hren Stellungen verblieben und der Schriftführer
und zwei Besitzende neu gewählt wurden. Eine
»om J. Vorstande auf den Verein und auf das
zayrische Königshaus ausgebrachtes Hoch schloß die
Versammlung.
ASt. Ingbert, 4. Oktobr. Laut hoher
Regierungsentschließdung vom 1. l. Mis. wurde die
in hiesiger Latainschule erledigte Stelle des katho⸗
igen Religionslehrers Herrn Caplan Joh. Weiler
ibertragen.
— Rittersheim, 4. Okt. ENpf. B.e3.)
Ddas Ehepaar Ludwig Steuerwald besuchte gestern
Abend eine der hiesigen gelegentlich der Kirchweihe
tattfindenden Tanzmusiken und hatten die Kinder
illein daheina gelassen. Bei seiner Nachhausekunft
'anden sie das jüngste 6 Wochen alte Kind unter
den übrigen Kindern todt vor.
— Alsenz, 3. Okt. (Rpf. B.83) Für
den in der Fremde befindlichen Schneidergesellen
Philpp Kaulbach liegt schon seit längerer Zeit da⸗
zier ein Geldbetrag, der für ihn aus Amerika zur
steise dorthin angekommen ist, bereit beim Feld—
chützen Friedrich Zepp. Von dem ꝛc. Kaulbach
st keine Spur vorhanden und wird die Rücksend⸗
ing des Geldes erfolgen, falls derselbe sich nicht
zald einfindet. Vielleicht sind die Zeitungen bereit,
»en Gesuchten darauf aufmerksam zu machen.
— Neuleiningen, 2. Oktober. Gestern
Abend siel der 17jähr. Fabrikarbeiter Joh. Kassner
son hier am Eingang des Ortes todt nieder. Der⸗
elhe kam von einem Gange nach Weisenheim am
zand zurück und scheint sich durch schnelles Laufen
inen Schlaganfall zugezogen haben.
— Rheinzabern, 1. Oklt. Heute Nach—
nittag gegen 3 Uhr fiel das 192 Jahre alte
Töchterchen des Bierbrauers Konrad Brückmann
»ahier in die der Wittwe von Valentin Brückmann
ehörige offene Dunggrube und fand im Pfuhle
einen Tod.
— Neustadt a. H., 30. Sept. Der frühere
Untergerichtsschreiber Zechmayer, in letzterer Zeit
zuf dem Bureau des städtischen Bauschaffners Lich—
enberger beschäftigt, ist des Meineides verdächtig
ind wurde deshalb heute verhaftet und nach Fran⸗
enthal verbracht.
— Imsbach, 30. Sept. Letzten Samstag
srannte hier ein Häuschen (Bergschmiede) nieder.
Die bedauernswerthen Leute hatten nichts verfichert
und nun stellt sfich zum Ueberfluß noch heraus, daf
der eigene 15jähr. Sohn das Anwesen anzündete
— Es ist geradezu erstaunlich, — schreibt die
Sp. Ztg.“ — welche Auswüchse die Konkurrenz
jeutzutage zeitigt. Daß uns täglich Preiskourants
jus allen Gegenden der Welt ins Haus kommen,
ist nichts Neues mehr, und daran find ja wohl
zuch sämmtliche Papierkörbe gewöhnt. Daß man
iber so ohne weiteres die Waare gleich ins Haus
Jeschickkt bekommt, dürfte wohl neu sein. Und doch
vird diese Praxis von einer Bremer Zigarrenfabril
zeübt, welche an verschiedene Beamte ohne jegliche
zorherige Bestellung ganze Kisten voll Zigarren ver⸗
endet hat. Das richtigste Mittel, diesem Unfug
uür die Zukunft zu steuern, dürfte jedenfalls darin
u finden sein, daß sämmtliche Kisten an die ge⸗
allige Firma unfrankirt zurückgesandt werden —
der, — was noch besser, diese „Stinkatorias“ zu
hause bereit stellt, bis sie der Fabrikant wieder
bholt. Auf diese Weise dürfte die Aufdringlichkeit
am empfindlichsten gestraft werden.
— Speher, 2. Okt. Seit gestern ist der
Betrieb der Heidelberg⸗Speyerer Bahn in die Hände
ver großh. badischen Eisenbahnverwaltung überge
zngen.
Vermischtes.
Beim Empfang des deutschen Kaise
Brumath im Elfaß wurde St. —
alte Frau von 102 Jahren vorgestellt. Der —8
anterhielt sich mit ihr auf's herablassentst aisen
jagte unter Anderem: „Ich bin auch ait gund
auf die Frau: „Wie alt bist Du denn?“ dian
Kaiser: Ich bin neunzig Jahre alt.“ Die de
„Was, Du bist nünzig Johr alt und noch —5—
Allgemeine Heiterkeit. Der naiven Alten —9
Kaiser das ansehnliche Geschenk von 400 hie
überreichen. ar
. . J Strabburg, 1. Olt. Wie die Str
burger Post“ meldet, ist der vielbesprochen duc
der „Schwarzen Hand“ nun entgiltig erledigt ie
Zchaller und Bergmann den auferlegten Eid e
vor dem Oberlandesgericht in Kolmar gescheen
haben. Darauf wurde sofort das Urtheil *
wonach die kaiserl. Tabalsmanufaktur das bishe
von ihr gebrauchte Fabrikzeichen „Schwarze gi
aufgeben muß
Mühhausen, i. E. 2. Okt. Mit den
neuen Jahre wird die Gerichtsbarkeit hier ein
Veränderung erfahren, indem von da an da
Schwurgericht, das bis dahin in Kolmar abgehal.
ten wurde, auch hier tagen wird. Kolmar iß
von Alters her freilich die Hauptstadt des Ohr
Elsasses, aber Mülhausen hat es seither so —
an Größe überflügelt, daß das kleinere Kolm—
ganz dadurch in den Hintergrund gedrängt win
Einzig die vielen Beamten halten es noch auf den
bisherigen Stande. — Hier baut man noch imm⸗
fleißig an der Vergrößerung und Erweiterung de—
Stadt, und auch an Bewohnern für die geuer
Hänser fehlt es nicht, ebenso ist auch an jugend—
lichem Zuwachs hier kein Mangel; trotz der An—
käufe und Neubauten für Schulzwecke fehlt es stet
wieder an Rauum. Das Gymnasium z. B., da
erst 1881 einen großen dreistöckigen Neubau erhiel
ist jetzt schon wieder fast zu klein; im letzten Jahr
betrug der Zuwachs gerade 100 Schüler und sue
von 219 auf 319 Schüler, jetzt sind beim Begini
des Schuljahres wieder so viele neue Schüler in
zetreten, daß es schon schwer hält, alle unterzu
hringen. Der Grund für diese Erscheinung i
allerdings auch mit darin zu suchen, daß die El
ässer ihre Söhne jetzt hier behalten und sie nich
mehr wie anfangs ins Ausland schicken. — M
die hiesigen Apotheker ist dem Vernehmen nad
dieser Tage polizeilicherseits eie BVerwarnun
dahin ergangen, daß sie gegenüber den bei nächt
licher Weile sich einstellenden Kunden Vorsicht ob
walten lassen. Bei einem hiesigen Apotheker schel
ten nämlich kürzlich Nachts zwei Männer, die au
die Frage des von dem oberen Stock aus der
Fenster schauenden Gehilfen vorgaben, ein Rezep
zu haben, aber die Frage, von welchem Arzt e
äme, ausweichend beantworteten. Da der Gehilf—
nun auch den Chef des Hauses weckte und beid
zemeinschafilich die Thüre öffneten, waren die beide
Strolche verschwunden. Man hat nun, wie e
cheint, Ursache anzunehmen, daß es sich um ein
ahnliche Ueberrumpelung, wie die seiner Zeit su
diel Aufsehen machende Straßburger Affaire ge
handelt habe.
Mannheim, 2. Okt. Bei den Wasser
leitungsarbeiten zwischen B5 und 6 stieß man
heute Vormittag an verschiedenen Stellen auf einet
im Zickzack angelegten großen unterirdischen Gang
in welchem Ueberreste menschlicher Skeltte votge
funden wurden.
4 Mainz, 2. Okt. Heute Nacht um hal
12 Uhr entgleiste bei Erbach i. O. ein Zug de
Hess. Ludwigsbahn, wobei ein Bahnbeamter ein
leine Brücke hinabgeschleudert wurde und dab⸗
einen Armbruch erlitt.
Am Montag v. M. starb der Inhaber de
altesten Apfelweinwirthschaft in Frankfurt a. M., Job
Adam Feuerbach. Derselbe nahm in seine
Jugend an freiheitlichen und nationalen Bewegunger
Theil, was ihm eine 1883 über ihn verhängt
u3jährige Gefängnißsstrafe einttug
vieder in Freiheit gesetzt, lebte Feuerbach stil
seinem Berufe.
Das Rektorat der Erlanger Un
ersitat hat der Prinz ⸗Regent Luilbold über
nommen.
Im Monat Juni wurden i Bayeru!“
Personen und im Monat Juli 119 Personen *
ürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 221
Jahren aberkannt.