— Deidesheim, 27. Jan. In der Nach
vom 25. auf den 26. d. M, brannte die Hofsäß'⸗
sche Mühle im Gimmeldinger Thale, die schon
einige Jahre leer stand, total nieder. Man ver—
muthet Brandstiftung. An selbigem Tage wurde
dahier die Zwangsversteigerung genannter Mühle
publiziert.
— Grünstadt, 26. Januar. Mordpf.
Brgztg.) In dem von hier eine Stunde entfern⸗
ten Orte Dirmstein ereignete sich heute ein Vorfall,
der gewiß zu den seltenen gehören dürfte. Ein
bSjähriger Einwohner von dorten hatte sich in ein
Mädchen von 19 Jahren verliebt und sich mit
demselben verlobt und war der heutige Tag zur
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sollte um 2 Uhr stattfinden, doch ungefähr eine
Stunde vorher scheint aus uns unbekannien Grün—⸗
den das Verhältniß gelöst worden zu sein, da unter
Zusammenströmen einer großen Menge Männlein,
Weiblein und Schulkindern die gewesene Braut
unter Beistand ihres Vaters ihre Habseligkeiten aus
dem Hause ihres früheren Verehrers brachte. Mit
des Schicksals Mächten ist kein ewiger Bund zu
flechten!
Vermischtes.
F Trier, 27. Januar. Gutem Vernehmen
nach ist der Alfer Eisenwerk von Herrn Remhy an
Herrn G. Müller verkauft worden. Dieser beab—
sichtigt, das seit ca. 10 Jahren nicht mehr betrie⸗
bene Werk zu einer Baumwollspinnerei einzurichten.
Das zwischen Alf und Bad Bertrich belegene Werk
ist 1826 gegründet und war s. Z. mit die bedeu⸗
tendste Eisenhütte in dem Regierungsbezirk Trier
und Koblenz.
F Zum Tode verurtheilt wurde am
Donnerstag vom Schwurgericht zu Dortmund nach
zweitägiger Verhandlung die Wittwe des Fabrik—
arbeiters Josef Ester aus Körnerfeld bei Hörde,
und zwar, weil sie ihren Ehemann mittelst Gift
getödtet. Die Verhandlung entrollte ein Bild des
allertrübsten Familienlebens; die Eheleute Ester
waren seit dem Jahre 1870 verheirathet und hatten
vier Kinder. Ester war ein ewas einfältiger
Mann, der Alles that, was seine Frau wollie;
deßhalb lebten die Beiden mehrere Jahre im Frie—
den, erst als sie zur Haltung' von sogenannten Kost⸗
güngern übergingen, wurde die Sache anders.
Frau Ester verliebte sich in den Kostgänger Fabrik—
arbeiter Behlert, einen Menschen, der etwa 15
Jahre jünger war, als sie. Ester war nun über—
flüssig, er erhielt schlechte Kost, Schläge von seiner
Frau, war aber immer noch zufrieden. Endlich
schritten die Verwandten ein; sie veranlaßten den
Kostgänger, wegznziehen. Frau Ester trachtete nun
danach, sich ihres Mannes zu entledigen; sie brachte
ihm zu verschiedenen Malen Phosphor bei, so daß
Ester am 19. Oktober starb. Die Geschworenen
bejahten die Schuldfrage und der Gerichtshof er—
kannte demnach auf die Todesstrafe.
F.Niedenstein. Ein herbes Mißgeschich
hat die Heinrich Schmidt'schen Eheleute von Sand
betroffen. Am 19. d. M. wollten dieselben Abends
in eine „Spinnstube“ und nahmen ihr drei Monate
altes Kind mit. Ein Mädchen von 8 Jahren und
einen Knaben von 8 Jahren legten sie jedoch in's
Bett. Ehe sie fortgingen, hängte die Ehefraueine
durchnäßte Arbeitshose auf einen Stuhl und stiellte
denselben an den Ofen. Wahrscheinlich stellte sie
den Stuhl zu dicht an den noch heißen Ofen, denn
die Hose war verkohlt. Als um 12 Uhr Nachts
die Eheleute nach Hause kamen, bot sich ihnen ein
grauenhafter Anblick dar; infolge des Dunstes
waren beide Kinder erstickt. Das Mädchen lag
todt vor dem Bette, der Knabe in demselben eben
falls todt. Ein Lamm, das unter dem Bette ge⸗
legen, war mit dem Leben davon gekommen, röchelte
jedoch stark.
F In Eßlingen glitt ein Handwerksbursche
auf der Flucht vor einem ihn verfolgenden Land—
jäger aus, fiel in den Neckar und ertrank.
tDarmstadt, 26. Jan. Es ist nunmehr
auch der Name des zweiten (noch gesuchten) Atten
täters im Fach'schen Raubinord bekannt. Er heiß
Ollendorf und ist aus Wersau.
F Darmstadt, 27. Jan. Auf thelegraphische
Requisition hierher sind, wie verlautet. hier zwei
Strolche verhaftet worden, von denen mindestens
einer bestimmt zu den Raubmördern gehört, die in
Biebrich den Oekonom Schneider ermordeten.
F* Frankfurt, 25. Januar. Freudenthränen
weinte gestern Abend ein Mädchen in der Stausen—
straße. Es stand bei einem Herrn und weinte so
vitterlich, daß die Vorübergehenden theilnehmend
nach der Ursache dieser Thränen sich erkundigten.
Wie sehr mußten fie aber lachen, als die Weinende
antwortete: „Er will mich heirathen.“ Unter
solchen Umständen blieb den Passanten nichts an—
deres übrig, als den Leutchen Giück zu wünschen.
F Biebrich-Mosbach, 25. Jan. Ueber
den in voriger Nacht hier vorgekommenen Mord
lassen sich jetzt folgende Einzelheiten mittheilen. Der
ermordete Christian Schneider bewohnte allein sein
Haus. Ein Frauenzimmer von Mosbach ging täg⸗
lich zu ihm, um sein Hauswesen in Ordnung zu
halten. Als fie heute Morgen zur gewöhnlichen
Stunde in das Haus gehen wollte, fand sie das—⸗
selbe, entgegen der seitherigen Regel, verschlossen.
Dieser Umstand, sowie sonftige Unregelmäßigkeiten,
die sie bemerkte, veranlabßte sie, die Nachbarschafi
aufmerksam zu machen und Polizei zur Oeffnung
des Hauses zu requiriren. Diese fand nun Schnei
der entstelt in seinem Bette liegend. Derselbe hatte
in beiden Seiten des Kopfes mehrere Wunden
velche mit scharfen Instrumenten beigebracht worden
sein müssen. Eine Kommode im Wohnzimmer war
erbrochen, wahrscheinlich ist auch Geld aus derselben
entwendet worden, doch haben die Mörder nicht
Alles genommen, woraus zu vermuthen ist, daß
dieselben in ihrem Vorhaben gestört wurden. Heute
während des Tages war der Herr Staatsanwalt
Moritz aus Wiesbaden hier zur Untersuchung
außerdem weilten ein Kriminalkommissar und Schutz
leute aus Wiesbaden hier, doch sind bis jetzt Ver
haftungen noch nicht erfolgt. Ueber die Verhält
nisse des Ermordeten ist nachzutragen, daß derselbe,
ein Mann von nahezu 60 Jahren, seit etwa zwei
Jahren Wittwer war; doch lebte er dor dem Tode
einer Frau lange Zeit von dieser getrennt. In
Folge einer Extravaganz, welche sich der Ermordete
oll zu Schulden haben kommen lassen, wurde er
auf Antrag seiner nächsten Verwandten entmündigt,
soll aber von den Zinsen seines auf 280 — 250, 000
Mark geschätzten Vermögens noch Kapitalien zu⸗
rückgelegt haben. Erzählt wird, daß er in der
etzten Zeit Heirathsannoncen erlassen hat, und
bensowohl, daß er schon seit längerer Zeit Schritte
Jethan hat zur Aufhebung der Entmündigung und
in nächster Zeit zu diesem Zwecke eine Reise nach
Berlin antreten wollte. Ob und event. wievie
Held die Mörder gefunden haben, ist bis jetzt nicht
sestgestellt worden. Die Wohnung des Ermordeten
tößt mit der Rückfront an den Herzoglich Nassaui—
chen Schloßpark, von wo aus die Moͤrder in die—
elbe eingedrungen sein werden.
FStuttgart, 26. Jan. Gestern hat sich
der Kutscher Fischer hier, welcher in den Proze
zegen den des Mordes an dem Pfandleiher Rein—
jard hier angeklagten, aber freigesprochenen Kutscher
Döttling verwickelt war, erhängt. Döttling hat im
Dienste Fischer's gestanden und man erinnert sich,
Zaß ein dem letzteren gehöriges Beil nach der Thal
bermißt wurde. Bekanntlich ist das Dunkel, das
den oder die Mörder des Reinhard der Hand der
Gerechtigkeit entzieht, noch immer nicht geuüftet.
F.Tauberbischofsheim, 24. Januar
Wir haben heute von einem Vorkommniß zu be—
richten, das durch seine bedauerlichen Folgen viel
don sich reden macht und den Gegnern des Impf
»wanges gewiß ihre Agitation erleichtern wird.
durz nach der jüngst stattgehabten öffentlichen
Impfung erkrankten fünf Impflinge unter genau
übereinstimmenden Erscheinungen an Syphilis. Der
behandelnde Arzt konnte nicht umhin dieser auf—
fälligen Beobachtang auf den Grund zu gehen und
iehe da, fämmtliche fünf Kinder waren mit Lymphe
zeimpft worden, welche der Impfarzt dem Arme
eines Kindes entnommen hatte, dessen Mutter —
eine übelbeleumundete Person — an Syphilis
leidet. Das Kind, dessen Pusteln die Syphilis-
infizirte Lymphe entstammte, ist inzwischen an dieser
Zrankheit gestorben, während die Ueberimpften noch
in ärztlicher Behandlung sich befinden. Untersuch⸗
ung seitens der Aufsichtsbehörde ist eingeleitet.
Bad Neundorf, 258. Januar. Der hier
wohnhafte Schuhmacher Buse ließ am 8. Dezember
ein Schwein schlachten und, nachdem die Untersuch⸗
ung ergeben hatte, daß das Thier trichinenfrei war.
das Fleisch zubereiten. Ungefähr 14 Tage später
tellten sich bei der ganzen Familie und auch bei
»em Schlächter Harbert, der das Schwein ge⸗
chlachtet und nur von dem Wurstfleisch mitgegessen
jatte, Zeichen von Trichinose ein. Die Fraͤu Buse
ind deren Mutter sind bereits gestorben; die Set⸗
tion, welche durch zwei Gerichtsärzte vorgenomme
wurde, hat ergeben, daß beide an der Trichimß—
gestorben find. Auch wurden in dem eingephle
Fleisch, welches sofort vernichtet ist, Trichinen en
deckt; jetzt sind noch sechs Personen sehr leidend
die Hoffnung, Alle am Leben zu erhalten, ist leid⸗
gering. Gegen den Trichinenbeschauer, der sein—
Amtes jo mangelhaft gewaltet zu haben scheint, i
die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden.
fFStraubing, 22. Januar. Der jetzt z⸗
Jahre alte verheirathete Häusler Josef Samme
von Pirka (Gerichts Viechtach) wurde am 11 Sep
tember 18883 wegen Brandstiftung vom Schwur.
gericht zu 7 Jahren Zuchthaus verurtheilt, weil e
das Anwesen seiner Schwester, der Bauerswitm
Deuschl zu Pimmern niedergebrannt haben solll⸗
Sammer hatte damals seine Unschuld auf's Leh·
Jafteste betheuert, allein die Geschworenen sPrachen
das „Schuldig“, weil der Angeklagte als der et.
bittertste Feind seiner Schwester bekannt war und
mehrmals gedroht, daß das Anwesen seiner Schweslet
in Rauch aufgehen müsse; auch konnte er sich übe
sein Thun und Treiben zur kritischen Zeit nich
ausweisen. Sammer trat am 11. September —1889
seine Strafe an, stellte aber am 2. April 1885
m Gefühle seiner Unschuld den Antrag auf Wie—
deraufnahme des Verfahrens, welchem auch flau
Jegeben wurde. Es erschien deßhalb Samme—
pieder vor den Geschworenen, nachdem er am 19
Oktober 1885 aus der Haft entlassen worden. Di
anschuldig erlittene Haft hat ihn körperlich gebrochen
er konnte sich kaum von der Anklagebank erheben
auch seine bürgerliche Existenz ist nahezu dernichtet
da er 3000 Mar? Prozeßkosten bezahlen mußte
In heutiger Verhandlung erschien der Dienstknecht
Andreas Bauer als Zeuge, welcher eidlich bestätigte,
daß Sammer in der kritischen Nacht ihm weitdon
Brandplatz entfernt begegnet sei und die That gar
nicht begangen haben koönne; Bauer hatte schon ma
der ersten Verhandlung erklärt, daß Sammer un
schuldig verurtheilt worden sei, allein Samme
vußte damals von diesem Zeugen nichts. Welch
rnste Mahnung ist dieser Fall wieder für unsen
Gesetzgeber, endlich einmal der dringenden Pflich
nachzukommen und eine Entschädigung für un—
schuldig Verurtheilte festzusetzen!
xIn der Deggendorfer Lotterie hal
der Sohn eiger armen Tagelöhnersfamilie in Frei—
sing 6000 Mark gewonnen.
F München, 26. Januar. Vor kurzem wurden
hier zwei gefährliche Einbruchdiebe verhaftet. Nach
den inzwischen gepflogenen Erh bungen liegt di
Annahme nahe, daß dieselben auch mit dem Bogen ·
hauser Raubmord in Verbindung stehen. Die
aunmehr in dieser Richtung eingeleitete Untersuchung
vird jedenfalls schon in den nächsten Tagen den
Thatbestand aufhellen.
— Die Herren Gebrüder Schmederer zun
Zacherlbräu in München theilen den Behbtden
mit. daß heuer der Ausschank des Salbator-VBieres
am Sonntag den 14. März anfängt.
F Ueber die Schlittenfahrten des Kö nig?
Ludwig von Bayern wird der „N. Fr. Pr.“
aus dem baherischen Hochlande geschrieben: Der
Winter ist in unserm Gebirge mit seiner ganzen
Pracht eingezogen. Die Berge erscheinen höher
und mächtiger in ihrem weißen und glänzenden
Kleide, und die Sonne erglänzt auf den mächtigen
Silberfeldern in den wunderbarsten Farben. Am
schönsten ist es in dieser Zeit in Linderhof, dem
zeheimnißvollen Trianon des Königs Ludwig. Auch
»equemer ist in Linderhof und Umgebung der Ver—
lehr als anderswo in den Bergen; denn Hunderte
don Arbeitern sind täglich beschäftigt, insbesondere
die herrliche Straße von Schnee freizuhalten, welcht
zwischen den dunklen Bäumen des Ammerwaldes
dahinzieht. Wie ein Zaubermärchen begegnet dem
Wanderer hier und da die wunderbare Erscheinung
des Königlichen Schlittens, der meistens in stillet
Nacht durch den Wald dahinfliegt. Man denke
sich einen goldenen Schlitten mit Krone und Wap⸗
den, und mit einem vergoldeten Koupee, der die
Form eines Schwanes mit aufgeblähten Flügeln
hat. Im Innern des Koupees sieht man auf
blauem goldgestickten Hintergrunde die volle Geftali
und das bliasse Gesicht des Königs, neben dem
eingr seiner Lieblinge zu sitzen pflegi. Das Jnnere
ist magisch erhellt von einem milden strahlenden
Lichte, das aus dem Koupee heraus in breitem
Kreise den Schlitten und die dampfenden Pferde
beleuchtet und sogar den Vorreiter mit seiner La—
serne weit überstrählt. Es soll elektrisches Licht