Kenntniß des Komplots gelangte. Die Verhafteten
wurden seit Montag fortwährend Verhören unter—⸗
zogen. Wie verlauiet, legten Einige dereits Ge⸗
täandnisse ab. Der jüngste Brand in Maria
danzendorf, wobei eine Explosionsflasche gefunden
wurde, wird mit der Affaire in Verbindung ge⸗
bracht. — Der Falschmünzer⸗ Gruppe der Auarchisten
gehörten die seit 21. September verhafteten Silber—
arbeiter Steidl, Ligl. Paul Schwarz, Joh. On⸗
driczek an. Bei der Haussuchung wurde alles zur
Prägung nöthige sowie eine aus unedlen Metallen
hergestellte, silberglänzende Komposition vorgefunden.
Die feit Sonntag Verhafteten find zumeist Schuh—
macher, Drechsler, Weber und Tischler, insgesammt
siebzehn Anarchisten.
Wien, 10. Okt. Zu den Wiener Anarchisten-
derhaftungen werden amtlich noch folgende Details
mitgetheilt: Vier Verbrechergruppen zu je4 Manu
sollten gleichzeitig in Penzing, Untermeidling, Hetzen⸗
dorf, Obermeidling, Favoriten und Rossau verschiedene
Objekte und Holzlagerplätze in Brand stecken. Auf
mehreren der letzteren wurden thatsächlich— Brand⸗
Apparate bereits vorgefunden. Bei Haussuchungen
wurden außer mehreren Bomben und Dynamit⸗
mengen auch Dolche, Zündflaschen, Chloroform.
Chlorkalk, verschiedene entzündbare Flüssigkeiten,
dann falsche Bärte und polizeiliche Befehle mit ge—
fälschten Unterschriften: des Polizeipräsidenten vor—
gefunden. Die erste Verständigung über die geplanten
ÄAttentate erhielt die Wiener Polizei von der Prager
Polizei. J
Pest, 11. Okt. In einer Sitzung der liberalen
Partei sollte Ministerpräsident Tis za angeblich
geäußert haben, es sei nicht unmöglich, daß wir
aum Vorabend eines Krieges ständen. Diese Mit⸗
theilung wird offiziös insofern bestätigt, als der
Ministerpräsident gesagt habe, die Möglichkeit eines
Krieges sei nicht ausgeschlossen.
Paris, 9. Okt. Ein Ausländer, in welchem
ein deutscher Offizier vermuthet wird und welcher
einen Kompaß, Pläne und Karten bei sich hatte,
wurde in Lannilis bei Brest verhaftet und in
Plouguin ins Gefängniß gebracht. (Köln. Z.
Paris, 10. Okt. Der Marineminister Ad
miral Aube wiederholte dieser Tage in einer Unter⸗
redung mit einem Reporter des „Voltaire“, was
er schon vor einiger Zeit über die zunehmende Un⸗
zweckmäßigkeit und Undrauchbarkeit der Panzerschiffe
fagte. „Was vermag eine so gewaltige, in ihren
Bewegungen langsame Masse gegenüber einem ver—
schwindend kleinen, in seiner Behendigkeit ungreif⸗
baren Torpedoboote? Welchen Widerstand dietet
ihr Panzer einem in seiner Wirkung so furchtbaren
Sprengstoffe, wie die Meniline ist?“ — Da, sehen
Sie selbst!“ — Und der Admiral wies mir, so
erzählt der Berichterstatter, drei Stahlplatten vor,
welche bei vergleichenden Schießübungen mit Schieß⸗
baumwolle, Meniline und einer dritten noch ge—
waltigeren Mischung, zerlöchert worden waren.
„Wie will man sich da noch“, fuhr er fort, „der
Nothwendigkeit neuer Rüstungen verschließen, die
uns in Siand setzen sollen, über kurz oder lang
bereit zu sein? Es ist meine Absicht, bei den
Kammern eine Kreditforderung von zweihundert
Millionen für eine Umgestaltung zu befürworten,
welche andere Mächte schon begonnen haben ....
Wir müssen trachten, so bald als möglich bereit zu
sein, und ich habe mich deshalb schon an sechs der
größten Fabriken des Landes gewandt. Ich habe
ihnen das Programm vorgelegt, das in Deutsch
land für die neuen Schiffsbauten schon durchgeführt
worden ist, und es ihnen zur Pflicht gemacht, was
die Schnelligkeit betrifft, dieselben Resultate, 20
bis 23 Knoien in einer Stunde, zu erzielen. Wei⸗
tere Experimente werden dann darüber entscheiden,
wem der Bau unseres neuen Flottenmaterials an⸗
veriraut werden soll. Der Dienst an Bord des—
selben wird unterrichtete und erfahrene Seeleute
erheischen und darum haben wir eine neue Schule
für Maschinisten-Offiziere gegründet ..
Paris, 11. Okt. Auf die Denunziation des
„Drapeau“ hin ertheilte der Handelsminister der
Polizei den Befehl, gegen die Verkäufer deutscher
Spieiwaaren unter französischer Marke, „welche die
derstümmelte Karte Frankreichs enthalten“, streng
einzuschreiten. Nach dem „Matin“ wird Lodroy
ein Gesetz gegen fremde Nachahmungen deponiren.
Madrid, 9. Okt. Das neue Ministerium
ist folgendermaßen zusammengesetzt: Sagasta, Prä—
cidium; Meret, Auswärtiges; Castillo, Inneres
Alonso Martinetz, Justiz; Gal. Castillo, Krieg
Arias, Mariae; Navbarro Rodrigo, Oeffentliche Ar
beiten; Puigcetbet, Finanzen, und Balagner, Co⸗
lonien. Das Ministerium wird morgen den Eid
leisten.
London, 11. Oktbr. Dem „Standard“ wird
aus Petersburg gemeldet, General Kaulbars habe
an den Czaren telegraphirt. er müsse entweder
zurückgerufen werden oder man müsse ihm Truppen
zur Verfügung stellen. — Die russische Regierung
jat eine wichtige Note an die Regierung vorbereitet,
angeblich zur Ergreifung energischer Maßnahmen.
Sosffia, 11. Oktobr. 150 Landleute begaben
sich gestern zum russischen Konsulat um Verhaltungs-
maßregetn für die Wahlen zur Sobranje einzu-
siehen. Der Konsul Nekliudow sagte, Rußland
habe bereits erllärt, die Wahlen als ungiltig an-
zusehen. Die Landleute zogen darauf zum Wahl-
bureau, um den Wahlen Einhalt zu thun, wurden
dort aber gewaltsam zurückgedrängt, wobei mehrere
von ihnen verwundet wurden.
—A
berschiedenheiten innerhalb der Regentschaft, indem
sKarawelow den russischen Forderungen zuneigend
sein soll. — Der Zuzug von Bauern aus der
Umgegend vermehrt sich. Cine zahlreiche Bauern-
mnenge steht vor dem russischen Consulat. Die Re—
zierung läßt Patrouillen durch die Straßen ziehen.
Sosia, 11. Olt. Die Sobranjewohlen sind
in der Provinz im Ganzen ruthig verlaufen,
mit Ausnahme der Städte Varna und Widdin
wo ähnliche Handstreiche wie in Sofia versuch!
wurden, aber ebenso kläglich gescheitert sind.
Burgas, 10. Okt. Gestern haben die Be—
hörden in Eski Saghra, einer Stadt, deren Bri—
gade-Commandeur zu den entschlossensten Anhängern
des Fürsten Alexander gehört, einen Mann, Namens
Baho Iwanow, wegen einer Verschwörung gegen
die Regentschaft verhaftet. Derselbe hat gestanden
und bestimmt erklärt, daß ein gewisser Wojwode
Dedo Georgi durch den russischen Consul Schacho⸗
tin in Rustschuk für die Bildung bewaffneter Banden
gewonnen war. Jeder Mann sollte 90 Lire erhalten
und am 17. Oktober sollten die Banden vom Ge—⸗
hpirge Stara Panina ihren Feldzug beginnen und
die Ruhe stören, um eine russische Besetzung zu
beschleunigen. Das Land ist ruhig, der Woijwod.
ist verschwunden.
Chicago, 9. Okt. Die bestätigenden Urtheile
zegen die für schuldig befundenen Anarchisten sind
oͤekanntlich verkundigt worden. In Erwiederung
nuf die übliche Frage, ob die Angeklagten irgend
twas zu sagen hätten, warum das Urtheil über
ie nicht gesprochen werden sollte, ergingen fich
Spieß,. Schwab und Lingg und die anderen An—
geklagten in heftigen Reden, worin sie ihre Schuld
bestritten und die sozialistischen Prinzipien aufrecht
hielten. Neebe, der zu 15jähriger Gefängnißstrafe
zerurtheilt worden war, erbat sich die Gunst, mit
einen Kameraden gehängt zu werden. Die Hin⸗
ichtung der verurtheilten Anarchisten wird wahr⸗
cheinlich am 31. Dezember stattfinden.
Lokale und pfãlzische Nachrichten.
— In Kaiserslautern wurde zum 2.
Male, am 7. Okt., der Besuch gemacht, fuͤr das
ur Möser'schen Konkursmasse gehörige, früher
duhlmann'sche Wohnhaus in der Barbaroffastraße
inen Liebhaber zu bekommen. Es wurden jedoch
für das 28 Dezimalen große Anwesen — solid
gebautes Wohnhaus mit Garten und Bauplatz—
velches im Jahre 1877 von der süddeutschen Boden⸗
kreditbank mit 14. 000 M. beliehen worden ist und
either zu 1480 M. jährlich vermiethet war, nur
15,000 M. geboten. Die betheiligte Bank hatte
ich bereit erklärt, das noch 11,000 M. betragende
Darlehenskapital zu 4*4 pCt. stehen zu lassen, für
den Restkaufpreis waren 4 Jahrestermine bewilligt;
der Zuschlag wurde nicht ertheilt.
— Kaiserslautern, 8. Oklober, Herr
Architekt Ludwig Levy, welcher sich durch den
Jiesigen Synagogenbau auch in weiteren baukünst⸗
erischen Kreisen einen guten Namen erworben hat,
rhielt nach der „Pf. Pr.“ einen Ruf als Pro—
'essor an die großherzogliche Baugewerkschule in
darlsruhe und wird demselben am 1. November
nächsthin Folge leisten. Sein hiesiges Baubureau
wird Herr Levy auch ferner beibehalten.
— Verschiedene Blätter bringen Mittheilungen
bon einer Seuche, die man gegenwärtig bei den
GBänsen beobachten will und die häufig tödtlich
bderlaufe. Solche Klagen kommen aus Speyer
Berlin, Magdeburg u. s. w. Von —XE
erfahrenet Hand schreibt man der Phe * un⸗
diesem Gegenstande: Alljährlich pflegen imd *
in unerklärlicher Weise Sterbefälle unter deth
flügel vorzukommen. Die Ursache läßt sic de
zenauer Besichtigung des Mageninhaltes, ni bi
den Genuß giftiger Samen zurückführen. Schr qu
dieses fand m neuester Feit sowohl in de b—
abgestorbener Hühner, als auch Gaänsen, die —
von Bingelkraut, Schierling, Hundspetersilie
apfel u. s. w. Alle diese Samen reifen um
Zeit und werden gewöhnlich mit den übrigen
kräutern dem Düngerhaufen überwiesen, bon de n
sie dann vom Geflügel mit Behagen verzehrt ve
Gerade diese Samen des Bingelkrautes —
lis amma) scheinen eine sehr gefährliche Rol⸗
zu spielen. Abhülfe wäre in der Weise zu henie
daß man diese Pflanzen verbrennt.
— Speyer, 9. Okt. Die übungspflichti
Ersatzreservisten 1. Klasse der Pioniere ne
Pionier:Bataillon sind gestern hierselbst zur Ähl⸗
stung einer vierwöchentlichen Uebung eingerüdt. &
werden am 4. November wieder entlassen.
— Speyer, 11. Okt. Heute Vormitha
9 Uhr begann dahier unterm Vorsitz des a
schulreferenten Herrn kgl. Regierungsrathes G
die diesjährige Anstellungsprüfung der Schuldienst
Exspektanten. Zu derselben haben sich 181 90—
didaten (darunter vier Damen) eingefunden. J
Prüfung wird wohl 10 Tage in Anspruch nehme
— Die X. Hauptversammlung des pfälzish
—
ergab einen Uebecschuß von nahezu 300 Mk., wodo
100 Mk. für das pfälz. Lehrerwaisenstift bestimn
sind, der Rest aber als Grundstock für ein Schu
museum verwendet werden soll.
— Mutterstadt, 7. Oktobr. Vorgester
schwärmte ein junger diesjähriger Bienenschwarr
im Garten des Eigenthümers Herrn Renner dahier
Der Schwarm war vollständig ausgebildet und m
einer Königin versehen. Die anhattende Hitze bi
dahin war jedenfalls die Ursache dieses gewiß sel
tenen, für Bienenzüchter interessanten Ereignisses
— Aus der Pfalz, 7. Okt. Sei meh
reren Jahren verließ eine große Zahl protestantisch⸗
Geistlicher die gesegnete Pfalz, um Stellen im Aus
land zu übernehmen. Nachdem kurze Zeit Stil
stand ein jetreten war und man die Auswanderun
für abgeschlossen hielt, werden in der allerneueste
Zeit wieder zwei neue Fälle gemeldet und fün
weitere in Aussicht gestellt. Das erregt die öffent
liche Aufmerksamkeit der betheiligten Kreise in hohen
Grade und überall fragt man nach den Gründe
dieser Erscheinung. Wenn gesagt wird, Unzufrieden
heit mit den „Instruktiven Normen bei Wiederbe
setzung erledigter protestantischer Pfarreien“ hab
diese Auswanderung hervorgerufen und unterhah
fie fortwährend, so ist das nur zum kleinsten The
wahr. Der wunde Fleck liegt nicht in den: Is
truktiven Normen“, sondern in dem unzulärngliche
Gehalt, der es unmöglich macht, standesgemu
leben zu können. Das ist der zwingende Grund
der so viele tüchtige Männer veranlaßt, der Heimet
den Rücken zu kehren und in der Fremde Diens
zu suchen. Bis jetzt sind die meisten Geiftlichen
nach Baden und nach Hessen verschlagen worden
Sollte die reiche Pfalz nicht im Stande sein, ihre
Beistlichkeit ein Gleiches zu bieten, wie Hessen un
Baden der dortigen? Möge- die bedenkliche Er
cheinung das Nachdenken aller Männer von Cinflu
auf die baldige Abstellung des schreienden Mißstande
richten, der so viele tüchtige Landeskinder zum Au⸗
vandern zwingt! 8.“Al)
Vermischtes.
F St. Johann a. d. Saar. In Beze
uuf die entdeckten ca. 300 Centner Kohlen auf de
Bahnhofe Schleifmühle der Fischbachthalbahn lann
ch ihnen ganz zuverlässig mittheilen, daß dieß
Fund fast ohne Bedeutung ist. In der Richtun—
der Fischbachbahnlinie von hier nach —XRC
gehen eine Reihe Flötze zu Tage, welche zu den
stevier der Grube v. d. Heydt gehören und we
diesen abgebaut werden. So sind bei dem ve
der genannten Bahn wiederholt eine große Meng
ohlen gefunden worden, die, soviel ich weiß.
Menge von armen Leuten fortgetragen wurden
Anter Anderem fand der Erbauer eines Hause
deim Ansschachten seines Kellers ebenfalls ein
Tag tretendes Kohlenflötz; er wurde bestraft, da
die Kohlen fuͤr sich verwandte, ohne Anzeige