Full text: St. Ingberter Anzeiger

. IAns hberter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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eet „St. Ingber ter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag⸗ Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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v 204. 
Donnerstag, 21. Oktober 1886. 
321. Jahrg. 
Volitische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 20. Okt. Der Prinz⸗Regen! 
rnannte den Generallieutenant v. Safferling 
n Metz zum General⸗Auditeur der bayer- 
schen Armee. 
* Die Munchener „Neuste Nachrichten“ 
bezeichnen die jüngst durch die deuische Tagespresse 
Jegangene überraschende Meldung, das bayerische 
driegsministerium habe bei bedeutenden Ansialten 
n Nuünchen, Augsburg und Nürnberg 2000 Eisen⸗ 
ahnwaggon für die nächsten vier Wochen bestellt, 
als unrichtig und auf einem Mißverständnisse be⸗ 
ruhend. 
Berlin, 18. Olt. Der heutige hochoffiziöse 
irtilel der Nordd. Allg. Ztg.“, in welchem dem 
zürsten von Bulgarien die Haupischuld an der 
egenwärtigen kritischen Lage Europas und zwar 
auptsachtich deßhalb aufgebürdet wird, weil er 
ein Land verlassen hat, verdient guößere Beachtung. 
As die drei vorhergegangenen ojfiziösen Artikel 
jegen den Fürsten. Der sophistische Versuch, den 
Fürsten Alexander als den eigentlichen europaischen 
Friedensstörer hinzustellen, die Umtriebe Rußlands 
ber und die Eroberungsgelüste des Panslavismus 
zöllig zu ignorieren, erinnert so sehr an die Fabel 
om'Lamm und dem Wolf, daß er keine weitere 
Widerlegung verdient. Nur daran mag wiederum 
rinnert sein, daß anerkannt, offiziöse Stimmen 
milielbar nach dem Putsch von Sofia die Ent⸗ 
ernung des Fürsten nicht nur als die nothwendigt 
ind längst vorhergesehene Konsequenz der Entwickel⸗ 
ing der Dinge in Bulgarien. sondern vor allem 
is das Unterpfand tiner friedlichen Loͤsung hin⸗ 
lestellt haben und daß die Abdikation des Fürsten 
on edenselben offiziösen Blättern als ein weises 
aatsmännisches Opfer für die Wohlfahrt Bulga⸗ 
sens und den Frieden Europas gepriesen wurde. 
Vichtiger aber als der erneute Angriff gegen den 
rürsten Alexander, ist der ernste Ton, in welchem 
n dem hochoffiziösen Artikel von der gegenwärtigen 
drisis und den Besorgnissen vor Friedensstörungen 
esprochen wird. Die Sorge über die gegenwärtige 
hywierige Situation scheint den Verfasser des Ar⸗ 
itels zu der unmuthigen Anklage gegen den Fürsten 
u veranlassen. Zum erstenmal wird hier von 
toritasider Seite die Lage Europas als eine 
chwere bezeichnet und damit dürfte die frühere 
uffizidse Parole. daß deutsche Interessen durch Er⸗ 
ignisse in Bulgarien nicht berühtt werden. wohl 
efinitiv beseitigt sein. Auch der Ton, in welcheni 
abon gesprochen wird, daß Europa sich jetzt in 
em Gesuhl der Unsicherheit zwischen strieg und 
Frieden befindet, und in welchem die Sorqe vor 
inem eventuellen russischen Einmarsch erwähnt 
vird, ist ein sehr ernsier. Es scheint fast, als ob 
zie bislherige Sicherheit, mit der man die Möglich⸗ 
it eines russischen Einmarsches in Bulgarien be— 
zrinten hat, nicht mehr bestände. (Frk. Ztg.) 
Paris, 18. Olt. Der „M. 8.“ zufolge hat 
Prasident Grevy dem deutschen Botschafter, welcher 
hm einen Besuch abstattete, sein lebhaftes Bedauern 
iber die Hetzartikel gewissener Journale ausgegrückt. 
Sossia- 19. Olt. Gadban Effendi ist ange⸗ 
kommeumit wichtigen Mitlheilungen von der Pforte. 
Die „N. Fr. Prr.“ nennt den Prinzen Ferdinand 
hvon Eobuͤrg⸗Gotha als Candidaten für den Thron 
don Bulgarien. — Die Pforte bereitet eine Circu⸗ 
ar Noie, vbor, in der sie Protest gegen die Sobranje⸗ 
Wahlen in Ostrumelien erhebt. Die suzeräne Macht 
sonne diese Wahlen nicht als gesetzlich anerkeunen. 
Kaiser Wilhelun hat seinen Herbstaufent ˖ 
au in Baden Baden beendigt und Mittwoch Nach⸗ 
itags 5 Uhr den genannten Badeort mittels 
rnazuges verlassen. Die Ankunft des Kaisers in 
gIrlin dürfte nach den getroffenen Reisedispositionen 
n Donnerstog Vormittag 129 Uhr erfolgt sein. 
die Kaiserin ist am Donnerstag von Baden Baden 
ach Coblenz übergesiedelt, um daselbst noch einige 
hcchen zu verbringen. ehe sie an die Seite ihres 
uchten Gemahls nach Berlin zurückkehrt. 
— X 
* Dem ritterlichen Kronprinzen des deutschen 
hseiches und Preußzen sind anläßlich seines 
—X diesmal zahlreiche Glück 
zunsche und sonstige Zeichen von Verehrung und 
erzlich Theilnahme zugegangen, obwohl der hohe 
derr zur JZeit fern von der heimischen Erde im 
nigen Suͤden weilt. Selbstverständlich ist auch 
n der deutschen Tagespresse des 18. Oktober ge⸗ 
ühtend gedacht worden und weist namentlich die 
Rordd. Ällg. Ztg.“ auf die dreifache Bedeutung 
in, welche dieses Datum für uns Deutsche als 
zedenktag der Völkerschlacht bei Leipzig, als Krön⸗ 
ngstag Kaiser Wilhelms als König von Vreutzen 
d als Geburtstag unseres Kronprinzen hat. Ge⸗ 
ade heuer ist dieser dreifache Gedenktag von be⸗ 
nderer Bedeutung, denn am bergangenen Montag 
füllten sich 80 Jahre, daß auf den weiten Kampf⸗ 
efilden um Leipzig die französische Fremdherrschaft 
Deuischland den Todesstoß empsing, an ihm 
ind ferner 25 Jahre vorũbergerauscht, seit König 
Wilhelm sich die preußische Kione auf das Haupt 
etzte und so verlieh denn die Erinnerung an diese 
ic Deutschland und Preußen so wichtigen Daten 
er heurigen Geburtstagsfeier des deutschen Thron⸗ 
den ein hervorragendes Relief. Kronprinz Fried⸗ 
ich Wilhelm selbst hat sich indessen an seinem 
Wiegenfeste bekanntlich allen persoͤnlichen Theil · 
ahmebezeugungen zu entziehen gewußt, indem er 
mi der Frau Kronprinzessin und den Prinzessinnen⸗ 
ochtern am Montag Pontrefino behufs eines größeren 
lusfluges in die herrliche Umgebung dieses ober⸗ 
lecmischen Villenortes verließ. 
Lotale und pfälzische Nachrichten. 
—Aus der Pfalz. Die Rekruten— 
Finstellung für dieses Jahr erfolat am 6. 
bezw. 7. November. 
— Schalloden bach, 18. Okt. Vorigen 
donnerstag ereignete sich in unserm Orte ein schrec⸗ 
licher Unglücksfall, der die Familie Aumer von hier 
in Trauer versetzte. Bei dem Kaffeekochen fiel eine 
gefüllte Kanne vom Ofen und der kochende In⸗ 
halt ergoß sich auf 3 Kinder, die am Ofen saßzen, 
ind verbrannte sie derart, daß das jüngere andern 
Tags unter graßlichen Schmerzen sein junges Leben 
rushauchte. Von den andern 2 Kindern, welche 
Zwillinge im Alter von elf Jahren sind, liegt 
eines lebensgefährlich darnieder, während das andere 
aur leichtere Verlezungen davontrua. 
Vermißchtes. 
Saarbrücken, 18. Oktbr. Der Pfalz 
Saarbrücker Bezirksverein deutscher Ingen— 
eure hält am nächsten Sonntag im Zweibrücker 
Hof“ zu Zweibrücken eine Versammlung ab. Auf 
zer Tagesordnung steht u a.: „Besprechung der 
Zubm ssionsfrage“ und „Centralkondensation für 
Walzwerke.“ 
F Metz, 18. Olt. Nach der Fr. Zig. betragen 
in dem Koukurs Ed. G. Mezièere in Blamont die 
Pasfiva 3 Millionen 526,408 Mk, denen in der 
hom Koukursverwalter aufgestellten Bilanz 1 Million 
180.,846 Mt Altiva gegenüberstehen. Heute fand 
in Saarburg der erste Prüfungstermin statt. Der 
Gemeinschuldner befindet sich in Frankreich in Haft. 
Baumholder, 18. Oktober. Aus Heim⸗ 
hach a. d. Nahe wird Foldendes erzählt; In ver⸗ 
gangener Nacht wurde an der Wohnung des Post · 
agenten Sch. geklogft und der Weg nach Hoppsiedten 
eriragt. Herr Sch. erhob sich und ging mit dem 
Bittsteller dis zu dem Tunnel oder genauer auf die 
deberführung des Tunnels. Dort wurde er von ver⸗ 
nummten, mit Musketen bewaffneten Gestalten mit 
zeschwärzten Gelichtern, angehalten, durchgeblaut und 
in die Rahe geworfen, die er glücklich durchschwamm 
und heimwäris eilte. Dort augekommen, fand er 
das Posibureau erbrochen und die Kasse um 600 
Mk. erleichtert. 
fHeimbach, 17. Okt. Gestern Abend wurde 
der Hilssbahnwärter G. unterhalb dem Nansenmühler 
Tunnel von dem Arbeiterzug, der gegen 4 Uhr von 
Neunkirchen abfährt, überfahren und sofort getödtet. 
Der Verunglückte hinterließ eine zahlreiche Familie. 
F Düsseldorf, 16. Okt. Die hiesige Straf⸗ 
kammer verurteilte einen Techniker aus Rheydt zu 
9 Monaten Gefängnis. Derselbe hatte sich den 
gefährlichen Scherz erlaubt, mit einem Revoler auf 
ein Mädchen zu zielen; der Schuß ging los, 
und dem Mädchen drang die Kngel ins Gesicht, ss 
daß dasselbe gleich nachher strab. 
Die „Post“ bringt einen heftigen Artikel gegen 
as Spiel in Monte Carlho. Sie hofft, daß 
ꝛie Aufhebung der Spielbank durchgesetzt wird, 
venn die Agnation dafür vicht nachläßt. 
* Die deutsche Partei in Metz kann einen 
neuen Erfolg verzeichnen. Bei der am Sonntag 
dantgefundenen Wabhl eines Abgeordneten der Stadt 
Net zum Bezirkstage von Lothringen wurde der 
ꝛeunsche Candidat, Gemeinderath Heister, mit 663 
abgegebenen giltigen Stimmen einstimmig gewählt. 
Die Protestlet hatten sich der Wahl enthalten und 
ditkt bei dieser Partei die schwere Niederlage, die 
ie bei den Metzer Gemeinderathswahlen erlitt, 
fenbar noch nach. 
Auslaud. 
Wien, 20. Okt. Einem Rußssschuker Tele⸗ 
zramm des offiziellen telegrahischen Korrrspondenz- 
ürcaus zu Folge wird als Bedingung der An⸗ 
äherung Bulgariens an Rußland ein Kabinete⸗ 
Wechsel, sowie die Einberufung der Neuen So⸗ 
dranje wegen Bildung eines russenfreundlichen Ka— 
incs angesehen. Ales dieses soll aber erst nach 
der Einigung Europas über den —A 
erfolgen 
— 1 
General Kaulbars ist nach Beendigung 
ciner samosen Rundreise nicht nach Rußland zurück⸗ 
jekehrt, wie bisher verlautete, sondern hat sich am 
Montag von Giurgewo. wo er neue Weisungen 
einer Regierung erhielt, über Tirnowo nach Sofia 
urückbegeben.