b 222.
ʒi. Jugberter Itzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. J
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21. Jahrg.
Montag, 25. Oktober 1886. J
Volitische Uebersicht.
* Kaiser Wilhelm ist in vollster körper⸗
icher und geistiger Frische von seinem Herbstauf⸗
mhalte in Baden-Baden wieder nach der Reichs—
auptstadt zurückgekehrt und von dieser hocherfreu⸗
schen Wahrnehmung zeigten gleich die ersten Hand⸗
mgen, welche der Kaiser nach seinem Wiederein⸗
resen in Berlin vornahm. Trotz der Strapazen
jner fast fünfzehnstündigen Eiser bahnfahrt empfing
xr greise Herrscher noch am Donnerstag Vormit⸗
age verschiedene offizielle Persönlichkeiten. wie den
zuegsminister Bronsart von Schellendorf, den
euen Gouverneur von Berlin, General v. Werder
ind den Oberhof ⸗ und Hausmarschall Grafen Per⸗
oncher und nahm Nachmittags noch einen längeren
gortrag des Staatssecretairs im Auswärtigen Amte,
zrafen Herbert Bismarck, entgegen. Sogar noch
n später Abendstunde arbeitete der Kaiser einige
zeit im Audienzsaale des Parterregeschosses des
zniglichen Palais und mit Staunen und Bewun⸗
rung kann man daher nur auf den fast neunzig
ihrigen Monarchen blicken, der in solcher Weise
inen Regentenpflichten genügt. Auch im Laufe des
reitag nahm der Kaiser verschiedene Vorträge
ud Meldungen entgegen; am Sonnabend Nach ⸗
nittag empfing er in feierlicher Audienz den neuen
zotschafter der französischen Republik, Herrn Her⸗
tte. Am Soantag dürfte der Kaiser zu den braun⸗
hweigischen Hofjagden nach Blankenburg am Harz
oͤgereist sein, falls etma nicht die ungewisse Wit-
erung noch in der letztenn Stunde eine Veränder⸗
ma in den Reisedispositionen veranlaßt hat.
zange zu machen, wie aus einem bezüglichen Artikel j zum J. Januar eingeführt werden kann. Das
»es „Journal des Débats“ hervorgeht; vorläufig bom Prinzen Arnulph vorgeschlagene Muster soll
cheint man in London das drohende Auftreten sich als zu kostspielig erwiesen haben. — Das
Frankreichs sehr kaltblütig zu nehmen. Deutsche Vaterland'“ wurde gestern wegen eines
önig Ludwig II. und den russischen Zaren dar⸗
ellenden Bildes beschlaanahmt.
* Das Garantie-Comite für die internationale
Pariser Ausstellung im Jahre 1889 hat sich
im Freitag constituirt. Das Garantie-Kapital
eträgt gegenwärtig mehr als 22 Millionen Fres.
ind jprach der Handelsminister Lockroy den Zeich—
nern desseilben für ihr energisches Eintreten seinen
Ddank aus..
Auslanud.
Paris, 28. Olt. Der junge bayerische Ge⸗
lehrte Dr. Sandher“ der so ungerechtfertigt am
4. Oktober in Lannilis (Finistere) wegen des
Verdachts der Spionage verhaftet worden war, ist
jetzt endlich auf Grund der nachdrücklichsten deut⸗
chen Vorstellungen von der französischen Regierung
reigegeben worden. Wie sehr diese sich übrigens
zegen diese Maßregel gesträubt hat, folgt am besten
daraus, daß der bahyerische Geschäftsträger v.
Reither, an den sich Dr. Sandler um die
Wahrnehmung seiner Rechte gewandt hatte, sowohl
am 6. wie am 12. Oktober dem französischen
Ministerium dringende, aber erfolglose Vorstellungen
unterbreitet hatte. Erst als Herr v. Reither sich am
20. Oktober an den deutschen Botschafter Grafen
Münster um Unterstützung gewandt hatte und
dieser sofort eingeschritten war, erfolgte am 22.
DOktober die Freilassung selbst. —
Sofia, 23. Oklt. Die Regentschaft und die
Minister sind heute nach Tirnowa abgereist.
In Wien und Lemberg waren gestern unwahre
Berichte über die Reise des Fürsten Alexander von
Battenberg nach Bulgarien enthalten.
* In London schweben gegenwärtig Ver⸗
jandlungen zwischen England und Deutischland
vegen einer abermaligen Abgrenzung des beider⸗
eitigen überseeischen Machtgebietes und handelt es
ich in erster Linie um Osiafrika. Der deutsche
zotschafter in London, Graf Hatzfeldt, hat deshalb
einen Urlaub abgekürzt und pflog bereits vor
einigen Tagen mit dem englischen Staatssekretair
)es Auswärtigen, Lord Iddesleigh, eine längere
Unterredung über diesen Gegenstand. Graf Haztz
eldt steht Geh. Rath Dr. Krauel vom Berliner
luswärtigen Amte zur Seite, der schon an den
rüheren Verhandlungen über die Fidschi-VInseln,
Vestafrika und Neu⸗Guinea wirksamen Antheil ge⸗
ommen hatte. Es steht um so eher eine Ver⸗
ländigung über die Abgrenzung der englischen und
zeutschen Machtsphäre auch in Ostafrika zu erwar⸗
en. als ja inzwischen in England das Cabinet
hladstone vom Schauplatze abgetreten ist, welches
jestrebt war, seiner kleinlichen Eifersuchtspolitik
zegenüber Deutschland auch auf dem Gebiete der
olonialen Angelegenheiten Nachdruck zu verschaffen,
venngleich Mr. Gladstone sich freilich auch in dieser
Beziehung nichts weniger als Lorbern geholt hat
Lotale und pfälzische Nachrichten.
S Blieskastel, 24. Oktober. Das an der
Schloßbergstraße gelegene Wohnhaus der Erben
Syffert ging durch Kauf um den Preis von
15,500 Mark an den Bezirksarzt Dr. Wittenmeier
über.
— Dahn, 22. Ott. Ueber das Vermögen
des Bierbrauer⸗ Karl Schäfer in Hinterweidenthal
ward das Konkursverfahren eröffnet.
*Das Oberlandesgericht in Breslau hat
ie wichtige Entscheidung getroffen, daß dem Fis⸗
us das Confiscationsrecht hinsichtlich auswärtiger
otteriegewinne zustehe. Für Personen, welche
mauswärtigen Lotterien spielen. ist diese Entscheid⸗
na von schwerwiegender Bedeutung.
Zu den Kolonialberhandlungen in London
über Ostafrika, denen man hier mit großer Span⸗
nung entgegenfieht, ist auch Dr. Peters von der
ostafrikanischen Gesellschaft gereist.
Die schweizerische Bundes versamm⸗
ung tritit laut Erlaß des Bundesrathes am 29.
dopember zu ihrer ordentlichen Wintersession zu⸗
mmmen. Die Verhandlungen derselben werden
uch für uns in Deutschland Interesse haben, da
B. auch die Frage der Branntweinmondpolisir⸗
nng in den Debatten eine herborragende Rolle
pielen wird.
* Die bulgarische Regierung hat die
Forderungen, unter denen sich Rußland zu einer
Berständigung mit Bualgarien herbeilassen will —
ein Cabinetswechsel in Sofia im russischen Sinne
und Auflösung der kürzlich gewählten Sobranje —
nit einer antirussischen Maßregel beantwortet, indem
ie in Philippopel zahlreiche Verhaftungen
rufsischer Parteigänger vornehmen ließ. Es deute
zies darauf hin, daß das Cabinet enischlossen ist
ich von Rußland nicht einschüchtern zu lassen,
rotzdem, daß das letztere nunmehr die Pforte auf
eine Seite zu ziehen gewußt hat. Uebrigens werden
iber die Mission Gadban Paschas, des Mandatars
der Pforte in Sofia, mancherlei widersprechende
Meldungen verbreitet und man wird daher guft
hun, alle über die Sendung des türkischen außer⸗
xdentlichen Commissars im Umlauf befindlichen
Berüchte mit Vorsicht aufzunehmen. Doch tritt die
Annahme mit einer gewissen Bestimmtheit auf, daß
hadban Pascha vornehmlich die Aufgabe habe, die
istrumelischen Wahlen zur Sobranje wieder rück
zängig zu machen, da dieselben den Bestimmungen
zes Berliner Vertrages widersprechen.
WBermischtes.
Kehl, 28. Oktt. Zwei Dienstboten eines
hiesigen Restauranis geriethen mit einander in
Woriwechsel, wobei das Küchenmädchen mit gezoge⸗
aem Tranchirmesser auf ihre Gegnerin losging und
derselben im Kampfe drei Finger abhieb. Die arme
Unglückliche wurde sogleich in das Svitol nach
Straßburg verbracht.
F.Sobernhieim. Das ehrliche Dienstmäd⸗
hen, welches vor einigen Tagen 1127 Mark in
einem Stiefel fand und dem Eigenthümer zurück⸗
erstattete, erhielt von dem Herrn eine Belohnung
bon 30 Pfg., sage dreißig Pfennigen.
. Das Vermögen des am 16. d. M. in
Frankfurt a. Mverstorbenen Freiherrn Mayer
Karl von Rothschild wird nach einer Notiz
der Wiener ‚Presse“ auf 500 Millionen Mark
geschätzt.
F'Brand in einer Bettfedernfabrik.
Aus Canstatt wird unterm 23. Okt. berichtet:
Hestern Abend 4*4 Uhr brach in dem großen Eta⸗
olissement Strauß u. Co. Beitfederngeschäft) ein
Brand aus; das Fabrikgebäude mit sämmtlichen
Maschinen, das Versandlokal und Comptoir sind
Jänzlich ausgebrannt; 140 Arheiter der Fabrik
konnten sich bei dem raschen Umsichgreifen des
Feuers, welches Treppe und Aufzug sofort ergriff,
sur mit Mühe über die Nothtreppe retten. Das
Gerücht. wonach 4 bis 6 Personen im Feuer um—
»Die französische Politik in Bezug auf
gypten beginnt sich durch die Erklärungen, welche
rankreich vom Londoner Cabinet; über die Zeit⸗
auer der englischen Occupation in Egypten verlangt
at oder noch fordern willt, schärfer zu accentuiren.
nteressant ist hierbei der Umstand, daß die fran⸗
osischen Forderungen durch Rußland und die
Rorte unterstützt werden, was darauf hindeutet,
aß die französische Diplomatie in letzter Zeit in
donstantinopel nicht ersolglos gearbeitet hat. Ob
idessen diese Unterstützung mehr einen „moralischen
derth“ haben wird, steht noch sehr dahin; Ruß⸗
ind wird zufrieden sein, wenn das französische
zorgehen in der egyptischen Frage die Aufmerk⸗
amkeit der englischen Politiker von den bulgarischen
ingelegenheiten abwendet und mehr den Dingen
im Nil zulenkt und die Türkei dürfte es sich zwei⸗
nal überlegen, ehe sie für Frankreich die egyptischen
äastanien aus dem Feuer holt. Franzöfischerseits
emüht man sich auch, den Engländern hinsichtlich
drer internationalen Verpflichtungen in Eqypten
———
Deutiches Reich.
Müuͤnchen, 23. Okt. Wie es heißt, ist es
weifelhaft geworden, ob die Pickelhaube schon