Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ar Ot. Insberter Anzeiger“⸗ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag uid Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Umerhaltungs- 
In und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1A 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14A 75 , einschließlich 
Zustellungsgebů hr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beirägt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I35 59, Reklamen 30 H. Bei Amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
21. Jahrg. 
Donnerstag, 28. Oktober 1886. 
Bestellungen 
uf den „St. Ingberter Anzeiger“ für die 
Ronate November und Dezember werden 
xtwährend angenommen von den Postanstalten, 
en Postboten, den Austrägern und der Expedition. 
zu zahlreichem Abonnement ladet ergebenst ein 
Redaktion und Expedition. 
Das Blatt zweifelt nicht, daß es Herbette gelingen 
verde, in der egyptischen Angelegenheit Deutsch⸗ 
ands Neutralität zu erlangen. Zwar werde Eng⸗ 
and sich bemühen, die deutsche Regierung davon 
zu überzeugen, daß die Anwesenheit der Engländer 
in Kairo eine Bürgschaft für die Unthätigkeit 
Frankreichs sei, aber die deutschen Staatsmänner 
vürden sich nicht verhehlen, daß eine Unterstützung 
)er englischen Ansprüche durch Deutschland das 
russisch⸗franzöͤsische Bündniß zur Nothwendigleit 
nache. In Deutschland wird mon gut thun, die⸗ 
em durchfichtigen französischen Liebeswerben mit 
zisheriger Vorsicht zu begegnen. 
muthet, daß das Feuer von ruchloser Hand ange⸗ 
legt wurde. Zum Glücke konnte es gedämpft wer⸗ 
den, bevor größerer Schaden angerichtet war. 
— Eine Bauernregel besagt vom Monat Ok— 
ober: „Wenn der Eichbaum noch sein Laub be— 
jält, so folgt im Winter strenge Kält'.“ Darnach 
hätten wir einen harten Winter zu erwarten, denn 
die Eichenbaume prangen gegenwärtig noch in 
ichönem Grüun. 
[] Schnappach, 28. Okt. Am verflossenen 
Samstage verunglückte in der Grube Friedrichsthal 
ein verheiratheter Bergmann durch herabftürzendes 
Bestein und wurde ihm hiedurch ein Bein zerquetscht. 
Derselbe starb auf dem Transport nach dem Lazaret 
nach Sulzbach. — Ein neuer Verein ist dahier in 
gildung begriffen. Die einleitenden Schritte hiezu 
ind schon gethan. Derselbe soll den Namen 
Militärverein“ erhalten. Bis jetzt zählt er 
chon 25 Mitglieder und wünschen wir dem Verein 
ein gutes Gedeihen. Das Eintreten ist jedem er⸗ 
eichtert, da die Aufnahme bis 1. Januar frei er⸗ 
olgt und die Beiträge monatlich auf 25 8 gestelli 
vwerden. Aufgenommen wird, wer dem Soldaten⸗ 
herbande angehoͤrt hat. 
— Kaiserslautern, 25. Okt. Gestern 
wurder im Schlag Scheibenkopf (Revier Kaisers⸗ 
autern) der 61 Jahre alte Schreiner Karl Scholl 
pon hier erschossen aufgefunden. Die That verübte 
er in einem Anfall von Geistesgestöriheit, wie aus 
dem bei ihm vorgefundenen Zettel zu ersehen war. 
Er hinterläßt eine Frau und 5 erwachsene Kinder. 
f. Pr.) 
— Kaiserslautern, 26. Okt. (Pf. 
Vztg.) Heute ging uns die offizielle Anzeige von 
dem Ableben des Herrn Bierbrauereibefitzers Joseph 
Burger aus Brooklyn zu. Derselbe befand sich 
nuf einer Reise durch Deutschland. Der Tod er⸗ 
ilte ihn in Baden⸗Baden, von wo aus er in seine 
heimath reisen wollte, aber von einem Herzschlag 
getroffen wurde. Er erreichte ein Alter von 62 
Jahren und war ein Kind hiesiger Stadt, wo sein 
Bater lange Zeit als Werkmeister im hiesigen Cen⸗ 
ralgefängniß fungirte. 
— Edenkoben, 25. Oktober. Heuie früh 
vurde ein Mann unterhalb der Stadt im sogen. 
stappen in dem Bach todt aufgefunden. Derselbe 
wurde später als der in der Mitte der 30er Jahre 
tehende Maurer Franz Karl Vetter aus Schalloden⸗ 
dach bei Otterberg rekognoscirt und in das Spital 
derbracht zur gerichtlichen Visitation. Derselbe soll 
iich in etwas angetrunkenem Zustande von der Her⸗ 
berge wegbegeben haben und scheint deshalb ein 
Unglücksfall das Wahrscheinlichste zu sein. Der 
Verunglückte lag auf dem Gesicht und fand jeden⸗ 
jalls seinen Tod durch Ertrinken, da er sich, durch 
den Sturz in den Bach verletzt, nicht mehr auf⸗ 
richten konnte. (Ggt.) 
— Neustadt, 25. Okl. Die diesjährige 
Hauptversammlung des Pfälzischen Sängerbundes 
wird am Sonntag den 21. November l. J., Vor⸗ 
nittags 11 Uhr, in der Bauer'schen Wirthschaft zu 
Haardt abgehalten werden. Die Tagesordnung 
hetrefft die Entgegennahme des Jahresberichts, Be⸗ 
cheidung der Rechnungen und Feststellung des 
Voranschlages. 
— Am Montag Abend 39 Uhr wurde am 
Flomers heimer Bahnübergange das Fuhrwerk 
des Kaufmanns Neubronner von Frankenthal 
von dem daher brausenden Personenzuge überfahren. 
Beide Pferde wurden getödtet, der Fuhrmann le⸗ 
hensgefährlich verletzt. Wer die Schuld an diesem 
Politische Uebersicht. 
Der Kaiser hat den neuen französischen 
zotschafier, Herbet te, am Sonnabend Nachmit⸗ 
qq in feierlicher Audienz empfangen. Die „Voss. 
ig.“ bespricht aus diesem Anlaß das Verhältniß 
vischen Deutschland und Frankreich und schreibt 
jerbei u. A.“ Die Einführung Mons. Herbette's 
uf seinen Berliner Posten fällt mit dem Hervor⸗ 
ceten der egyptischen Frage nicht zufällig und nur 
ußerlich zusammen; mehrfache Anzeichen sprechen 
afür, daß der neue Botschafter alsbald nach Er— 
digung der Empfangsförmlichkeiten in eine für 
efranzösischen Interessen sehr bedeutsame Aktion 
er eintreten wird. Die neuliche Unterredung 
vischen dem Fürsten Bismarck und dem russischen 
wischafter Schuwalow hat den Letzteren, wie es 
eißt, zur unverweilten persönlichen Rücksprache mit 
em Czaren und Herrn von Giers veranlaßt; der 
chluß liegt nahe, daß aus dieser Unterredung 
inge zu berichten find, die dem bisherigen Gange 
xx Politik im Orient möglicher Weise eine Wendung 
den könnten. Andererseits weiß man, daß der 
eichskanzler nach der Versicherung seiner Presse 
mehr als ein Eisen im Feuer haben soll, eine 
ieußerung, die erst jetzt bei dem Hervorholen des 
gyptischen „Eisens“ eine verständlichere Bedeutung 
chält.“ Das Berliner Blatt führt dann weiter 
us, daß eine Annäherung zwischen Deutschland 
id Frankreich der egyptischen Frage den bedroh⸗ 
chen Charakter, den sie noch vor vier Jahren zur 
chau trug, entziehe und schließt: „Wie man sieht, 
czeichnet der Eintritt des neuen französischen Bot⸗ 
hafters in Berlin unter Umständen den Beginn 
mer ebenso neuen europäischen Perspektive, bis zu 
eren Endpunkten zwar noch kein Auge reicht, deren 
uchtung aber nicht nur für Deutschland, sondern 
uch für Europa in der Linie des Friedens läge.“ 
hoffentlich entspricht dies auch den Anschauungen 
ir leitenden Pariser Kreise, wenngleich immer 
ieder betont werden muß, daeß gerade in Frankreich 
eRegierung fich mehr oder weniger der Stimmung 
er Nation anbequemen muß und diese ist allerdings 
atgesetzt deutschfeindlich. 
In Frankreich scheint die Einführung des 
des neuen Lebel⸗-Gewehrs beschlossene Sacht. 
Die Waffe heißt nach dem Oberstlieutenant Lebel, 
er sie erfunden hat. Die Hauptzüge, durch die 
ie sich auszeichnet, find folgende: das Kaliber be⸗ 
rägt blos acht Millimeter, ist also das kleinste 
isher in der Infanterie zur Anwendung gekom⸗ 
nene. Die Kugel hat einen Mantel aus sehr dün⸗ 
iem Stahl, was sie außerordentlich widerstands⸗ 
räftig macht. Die Tragweite ist über zwei Kilo⸗ 
neter. Auf 1800 Meter sind die Treffer noch 
iußerst zahlreich. Die Bewaffnung der ganzen 
Armee mit dem neuen Gewehr wird nicht viel 
veniger als hundert Millionen kosten. So dürften 
die Forderungen des Kriegsministers, der bekanntlich 
nuch für Sprenggeschosse eine ungeheure Summe 
berlangen will, mit jener des Marineministers, die 
wir jüngst erwähnten, beiläufig eine Halbe Mil⸗ 
liarde erreichen. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 26. Olt. Die hiesige conserva 
ive Partei und die Reichspartei haben ein Bündniß 
zeschlossen zu gemeinsamem selbstständigem Vorgehen 
dei den Wahlen. 
Berlin, 26. Ott. Der Kaiser, der um 
Ie Uhr im besten Wohlsein von Blankenburg hier 
eintraf, fuhr der ungünstigen feuchten Witterung 
wegen im geschlossenen Wagen zum Palais. — 
Wie dem ‚Neuen W. Tagebl.“ von hier gemeldet 
vird, besucht der frz. Botschafter Herbette in 
»en nächsten Tagen den Fürsten Bismarck in 
Varzin. — Das Aeltesten-Kollegium der 
herliner Kaufmannschaft hat die Befürwortung der 
eitens elsaß⸗ lothringischer und württembergischer 
Industriellen gemachten Vorschläge, eine Abaͤnder⸗ 
ing der Klassifikation der Baumwollengewebe 
m Zolltarif — Verzollung nach dem Gewicht der 
Gewebeflächen an Stelle der jetzigen Unterscheidung 
der Gewebe in dichte und undichte — herbeizu⸗ 
ühren, nach Verständigung mit den in Berlin ver⸗ 
tretenen Branchen abgelehnt. 
der Empfang des Botschafters Herbetie durch 
deutschen Kaiser scheint bei den Heißspornen 
Frankreich Wunder gewirkt zu haben. 
elbst die France“, welche, stolz auf ihren 
eutschenhaß, keinen Tag ohne die niedrigsten Ver⸗ 
ihtigungen vorübergehen läßt, verfteigt sich infolge 
ihen zu der bei diesem Blatte geradezu verblüf⸗ 
nden Einsicht, daß Frankreich von Deutschland 
ihts zu befürchten habe; nur ein Punkt trenne 
it fünzehn Jahren diese beiden Länder, während 
gland auf allen Punkten des Erdballs den Fran⸗ 
sen Schwierigkeiten bereite. Deutschland sei ein 
eind, welcher auf correcte Weise den Waffenstill— 
veobachte. die Freundschaft Englands dagegen 
ach in Ueberraschungen und Verräthereien. 
Ausaud. 
Petersburg, 27. Okt. Der Regierungs⸗ 
Anzeiger motivirt die Entsendung zweier Klipper 
nach Varna durch die vorgekommene ungesezzliche 
Lerhaftung russischer Unterthanen daselbst. 
Lotale und pfalzische Rachrichten. 
*St. Ingbert, 28. Okt. In der Nacht 
yon Dienstag auf Mittwoch wurde in dem Neubau 
»es Herrn Situtzmann in der Nahe des Bahnhofe 
in Brand entdeckt. Verschiedene Holztheile au 
»em Speicher waren schon angebrannt. Man ver—⸗