Full text: St. Ingberter Anzeiger

verpflichten sich gegenseitig, jede gegen das Nach— 
barland seitens der Emigranten gerichtete Aktion zu 
pereiteln. Die Vereinbarung tritt sofort in Kraft. 
Lokale und vfälzische Nachrichten. 
* St. Inabert, 29. Okthr. Wie bekannt, 
hat unser unvergeßlicher verstorbener Mitbürger 
herr Gustav von Krämer, Reichsrath der 
strone Bayern, der Distriktgemeinde St. Ingbert 
testamentarisch di Summe von 30,000 Mark ver⸗ 
macht. In der am 28. ds. Mis. stattgehabten 
Distriktsausschußsitzung wurde nun, nachdem der 
Vorstand, Herr kgl. Bezirksdamtmann Dr. Schlag⸗ 
intweit in entsprechender Ansprache hervorgehoben 
hatte, daß durch die hochherzige Stiftung sowohl 
dem aufstrebenden Talente, wie dem Armen und 
Gebrechlichen eine Stütze gereicht werde, durch das 
älteste Mitglied des Distriktsausschusses, Herrn W. 
Kahn, dem Herrn Oscar Krämer, als 
Bruder des in werkthätiger Liebe nie ermüdeten, 
derstorbenen edlen Stifters eine Mappe mit Ge⸗ 
denkblatt und Widmung überreicht, mit der Bitte, 
das Blatt als Zeichen des Dankes an die Familie 
des Verstorbenen übernehmen zu wollen. Das vor⸗ 
refflich ausgeführte Gedenkblatt wurde im pfälz 
ischen Gewerbemuseum ausgefertigt und hat foi⸗ 
genden Inhalt: 
EuerHochwohlgeboren! 
Durch letztwillige Verfügung vom 8. März 1878 
des Herrn Gustav von Krämer, Reichsrath 
der Krone Bayerns, wurde dem Distrikte St. Ing⸗ 
hert die Summe von dreißigtausend Mark zu ge— 
meinnützigen oder wohlthätigen Zwecken in hoch⸗ 
herzigster Weise zugewendet. 
Dankerfüllten Herzens nahm der Distriktsrath 
St. Ingbert in seiner ordentlichen Jahressitzung 
vom 3. November 1885 das erhaltene Legat an 
und gelobte diese seltene Bezeigungwerkthätigen nie 
ermüdendenden Wohlwollens durch eine Verwendung 
zu ehren, welche den Namen des Spenders als ein 
leuchtendes Vorbild der höchsten Bürgertugenden 
und fieter Forderung des Wohles seiner Mitmenschen 
der fernsten Nachwelt überliefert. 
In Erfüllung des uns gewordenen Auftrages 
bitten wir Euer Hochwohlgeboren, als Vertreter der 
Familie den Danf des ganzen Distriktes zu geneh⸗ 
migen; eine Abschrift des mit Entschließung der 
igl. Regierung der Pfalz vom 23. Januar 1886 
Nr. 19761 8 genehmigten Verwendungsstatutes ist 
diesem Schreiben ganz ergebenst beigefügi. 
St. Ingbert, den 28. Oktober 1886. 
her Ausschuß des Distriktsralhes vi. Ingbert. 
Seiner Hochwohlgeboren J 
Hherr Oscar Krämer 
St. Ingbert, Eisenwerk. 
*] Schnappach, 29. Okt. In der Al—⸗ 
lenwalder Grube erlitten in dieser Woche zwei 
Bergleute leichtere Verletzungen; doch wurden sel⸗ 
zige in das Spital nach Sulzbach gebracht. Ebenso 
wurde in der Dudweiler Grube ein verheiratheter 
Bergmann durch herabstürzendes Gestein schwer 
oerletzt. 
— Z weibrücken, 27. Okt. Unsere Stadt 
wird vorqusfichtlich um ein Fabrik- Etablissement 
reicher. 90 wir hören, beabsichtigt ein Herr aus 
Mannheim eine Beschläge-Fabrik dahier zu errichten, 
in welcher vorläufig ungefähr 80 Arbeüter beschäf⸗ 
igt werden. Gegenwärtig werden Pläne zur Er⸗ 
angung der Konzession angefertigit, nach welch 
letzterer erst die Kauf-Unterhandlungen zu Ende 
geführt werden können. — 
7Irheim, 26. Ott. (Zw. T.) Se. Maj. 
der Kaiser don Oesterreich hat in Anerkennung be— 
onders verdienstlicher und hervorragender Leistungen 
»eim Bau der Arlbergbahn dem Bauunternehmer 
Hherrn Daniel Lapptaxrfrei den Adels⸗ 
tand und Herrn Louis Lapp aus dem gleichen 
Anlasse das Ritterkreuz des Franz: Josef · Ordens 
nerliehen. — Beide Herren sind aus Irheim 
gebürtigt. 
— Pirmasens, 28. Okt. Einem hiesigen 
Schuster, Namens Alb. Schmenger ist heute eine 
Brieftaube zugeflogen, welche auf ihren Schwung⸗ 
iedern die Zeichen trägt: BNS 283 „Von Metz 
nach Köln.“ (P. A.) 
— Dürkheim, 26. Okt. Durch Kauf ging 
die Buchdruckerei des „Landauer Tageblatt“ (seuthet 
Aktien⸗Gesellschaft) in die Hüunde des Herrn Buch⸗ 
druckerei Faktors J. Meixner, zur Zeit in der hie⸗ 
sfigen J. Rheinberger'schen Offizin, über. Die Ge⸗ 
chäftsübernahme erfolgt Ende November d. J. 
Entgegen anderen Meldungeu tritt in dem Weiter⸗ 
erscheinen genannter Zeitung keine Veränderung ein. 
— Mit dem ersten November tritt eine Neuer⸗ 
ung in der Versendung von Waarenproben ein, 
welche von vielen Geschäften als eine Erleichterung 
begrüßt werden dürfte/ Nach einer Angabe der 
„C. H.“ dürfen von diesem Tage an Waarenproben 
nit Flüßigkeiten durch die Briefbost zur Versendung 
gjelangen. Die Maßregel erstreckt sich zunächst auf 
»en innern deutschen Verkehr, dann auf den Ver— 
ehr Deutschlands mit Argentinien, Belgien, Britisch⸗ 
Indien, Chile, Dänemark, Egypten, Frankreich nebst 
solonien, Griechenland, Japan, Italien, Luxemburg, 
ciederland, Niederl. Indien, Norwegen, Oesterreich, 
Jeru. Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, 
Serbien, Spanien und Türkei. 
Vermischtes. 
rMetz, 27. Oklt. Auf Montag den 1. Novb. 
ällt das Namensfest des Prinzregenten Luit— 
zold von Bayern. An diesem Tage findet in der 
Harnisonkirche und in der Kathedrale Festgottesdienst 
tatt; ferner sind die Mannschaften der kgl. bayer. 
Truppen dienstfrei. 
7.Koblen;z, 28. Oktbr. Ihre Majestät die 
daise rir triffi am Samstag den 30. d. abends 
wischen 5 und 6 Uhr mittels Extrazuges von 
Jaden-⸗Baden' hier ein. 
fOberhausen, 27. Okt. Was ein nor⸗ 
naler Appetit zu leisten vermag, zeigt folgende 
vahre Geschichte. Kommt da ein Kisenbahn⸗ 
Naschinenführer in der Zeit, während weicher die 
Naschine wechselte, in das Restaurationslokal, um 
in Knackwürstchen zu verzehren. Schnell war das 
»esorgt und „nichts an so einem Ding“, sagte der 
zZeomte, „deren könnte man fünfundzwanzig essen, 
hne recht satt zu sein“. „Nehmen Sie nur fuͤnf⸗ 
indzwanzig“, meinte der Restaurateur, „und wenn 
—ie dieselben sofort verzehrt haben, sollen Sie noch 
inen Thaler als Biergroschen haben.“ Das schien 
em Manne zu possen, er aß schleunigst die 25 
Vürstchen und steckte den Thaler ein — alles 
vährend die Maschine wechselte. — So ein Kraft— 
nensch! 
F Die verunglückte Gräfin Arnim war die 
Tochter des Freiherrn Alfred von Lotzbeck aus 
Ulugsburg, welcher Anfangs der fünfziger Jahre 
ils geistesgestört in der Heil- und Pflege-Anstalt 
zilenau sich befand. Wie man sagte, war A. v. 
Lotzbeck geistesgestört geworden, weu seine Gemalin, 
ꝛine Pariserin, welche ihm zu seinem großen Ver⸗ 
nögen mehrere Millionen als Mitgift gebracht 
atte, in ihrem ersten Wochenbette gestorben war. 
3o viel man weiß, starb er in Illenau. Seipe 
Tochter mußte in jener Anstalt auch Heilung suchen, 
jat sie aber nicht gefunden. Die Furcht, wieder 
nach Illenau gebracht zu werden, soll sie vom 
Zlättig in die Murg getrieben haben. 
München, 26. Okt. Gerwaltungsge⸗ 
ichtshof.) Eine für Aerzte wichtige Entscheidung 
at der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß einer 
Jeschwerde betreffend Desserditenforderung erlassen 
der praktische Arzt Dr. Auer in Landshut bean— 
prucht von der Armenpflege Achdorf den Ersatz 
jon Curkoslen für ärztliche Vehandiung eines Pati— 
nten, wurde jedoch sowohl vom Bezirksamt Lands⸗ 
sut wie von der Kreisreg ierung abgewiesen mangels 
ines Nachweifes darüber, daß über die Erkrankung 
ind ärztliche Behandlung bei der Armenpflege Achdorf 
echtzeitig Anzeige erstattet worden war. Die hier— 
jegen von Dr. Auer erhobene Beschwerde wurde 
jeute vom Verwaltungsgerichtshof kostenfällig ver⸗ 
vorfen, indem Art. 17 Absatz 1 des Armengesetzes 
usdrücklich die rechtzeitige Anzeigeerstattung dei 
xr ersatzpflichtigen Armenpflege vorschreibt. Eine 
fmpfangsbescheinigung über die erfolgte Anzeige 
bürde in allen Fällen den fichersten Nachweis lie— 
ern und am besten den geltend zu machenden Er⸗ 
atzanspruch begründen. 
fFrost und Schnee werden von den Hamburger 
Wetterpropheten in stärklerem Maßstabe an— 
zekündigt. Wenn es nur nicht gar zu arg wird, 
enn es ist für einen echten Winter dochwirklich noch zu 
rüh. Auch die Geschäftsleute, die auf den Winter 
or Weihnachten spekuliren, würden schon zufrieden 
ein, wenn im Dezember Schnee und Frost sich 
emerkbar machten. Hoffentlich hält also die avi— 
irte kalte Witterung nur kurze Zeit an. 
F Berlin, 26. Okt. In vergangener Nacht 
jat der Maurer Finger im Dilirium seine Frau, 
die Wöchnerin war, getödtet. Man fand Finget 
um Morgen, nur mit einem Hemde bekleidei, in 
einem Versteck. Bei einem sofort mit ihm 
nommenen Verhör gab F. an, daß er sich p 
Blauben befunden, es wären drei Rothhaun den 
zianer) im Zimmer, die seiner Frau ein bhr 
zestreut hätten, und auf Anweisung eines Bea 
zätte er nur immer darauf losschlagen solle ma 
dann mit der Bahn abreisen. Im —TE 
sei er sodann nach seiner Meinung zur Bahn an 
während er in Wirklichkeit die Treppe u 
lüchtete. dn 
Ueber eine Entführung aus d 
Serail wird der .Wiener Allg. Ztg.“cus den 
stantinopel berichte: Vox dem Richtet eishn 
»iner sehr desperaten Gemüthsstimmung —* 
danai erster Eunuch im Harem Murad pie 
Selim hat einer Liebesaffaire, die seiner Zeit 
Sensation machte, eine Hauptrolle gespieli 
der schönen Lieblinagsgatiin Murads, Fatime, ein 
Monate hindurch Liebesbriefe zugetragen. —* 
Baron Radetz, ein junger französischer —8 
an sie richtete; er ist geständig, im Haremsgark 
ein Rendezvous der beiden Liebenden — 
haben und setzte endlich seinem Werke di— Kron⸗ 
auf, indem er der schönen Fatime ein Savoyarden 
jewand verschaffte, sie mit einer Drehorgel und 
inem Affen versah und ihr so zur Flucht verhaf 
Ddas Liebespaar kam glücklich nach Paris, de 
chöne Fatime schwur den Glauben ihrer Väler ah 
ekehrte sich zum Christenthum und wurde inmd 
Madeleine-Kirche mit dem Baron getraut. Vel 
ieser Gelegenheit erregten orientalische Perlen in 
Werthe. von drei Millionen Piaster, die Fatime 
ur Erinnerung an Murad Pascha aus dem Harem 
nitgenommen, unter den Pariser Damen Sensetion. 
Zelim ist heute des groben Vertrauemsbruches gegen 
einen Herrn angeklagt; Murad Pascha hai iich 
nämlich nicht damit begnügt, ihm fünfzig Steod. 
treiche geben zu lassen und ihn aus dem Dienst 
u jagen, er erstattete auch die gerichtliche Anzeige 
Selim ruft abwechselnd Allah und den Propheher 
an, gesteht aber doch schmunzelnd, daß ihm Baron 
Radez für seine Vermittelung zwanzigtausend Piafter 
gegeben und ihm geschrieben, er möge schauen 
donstantinopel zu verlassen und zu ihm nach Parie 
ommen, wo er als Portier bis an sein Lebensend 
inen ehrenvollen Posten einnehmen werde. Da 
Richter verurtheilte den ungetreuen Selim zu sech 
Monaten Galeere. 
7DerMops mit der Tournüre. Inde 
vornehmsten Promenadenstraße der uUngarischen 
dauptstadt herrschte am Donnerstag Nachmittag 
eine Bewegung, die sich der harmlos Vorüberge. 
hende anfänglich nicht zu deuten vermochte. Die 
derren blieben alle stehen, blickten die Straße ent 
ang und schüttelten sich vor Lachen, und die Damen, 
erröthend bis an die Stirne, preßten das Taschen⸗ 
uuch vor das Antlitz und bestrebten sich mit Eil⸗ 
ertigkeit, das Weite zu suchen. Was die U—sache 
dieser großen Bewegung war, ließe fich wohl sehr 
eicht sagen, wenn es sich nicht — sehr schwet 
agen ließe.“ Die Ursache war ein Mops, ein 
chöner, gutgenährter Mops, welcher seinem Herm 
olgend, in stolzer Ruhe die Waitznergasse durch 
chritt. So weit wäre an dem Mops nichts anus— 
usetzen gewesen, wenn er nicht eine nach allen 
segeln der Kunst befestigte — Tournüre getragen 
jätte. Man vermag gegen eine derartige Beller 
zung eines Mopses allerdings triftige Einwände zu 
rheben, aber das mußte ihm selbst der Neid zu— 
assenn, er trug die Tournüre mit großer Grejie 
ind vieler Würde und schien sich nicht das Ge— 
ringste daraus zu machen, daß er auf der einen 
ZSeite lachend, auf der anderen wüthend angeschaut 
vurde. Das durcheinander gejagte Publikum, zu⸗ 
nal das weibliche, meinte, der Mops werde, an 
das Ende der Waitznergasse angelangt, verschwin⸗ 
den, aber man täuschie sich, beim „großen Chrifioph“ 
ingelangt, wendete sich der Herr des Mopfes ruhih 
urück, dasselbe that sein Mops und diese auffallende 
Bromenade wähtte ungehindert so lange, bis sammb⸗ 
iche Damen durchgebrannt waren. 
FLuxemburg, 26. Okt. Nachdem daß 
donkursverfahren über das Bergwerk Marspih bei 
Dettingen verhängt worden ist, fand am 16.0. 
Mts. die Versteigerung der 343,8 Hektar großen 
donzession statt und blieb der Letztbietende Herrb 
Zeulwitz in Trier für die geringe Summe von 
0,000 Mtk. 
FParis, 27. Okt. Avignon und Toulon 
ind theilweise überschwemmt. (B. T. 
FBaronin von Forget, Tochter des Gra⸗ 
fen Lavalette und der Emilie Beauharnais, det