ʒt. Ingherter Atzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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22.
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21. Jahrg.
Deutsches Reich.
Nünchen, 28. Januar. In der heutigen
zung der Kammer der Reichsräthe erklärte bei
nhung des Eisenbahnetats der Minister v.
rail Sheim, daß die Einnahmen der Staats-
hnen in der nächsten Finanzperiode hinter den
ffern des Budgets zurückbleiben würden und zwar
st allein wegen der durch die Arlbergbahn geschaffe⸗
qKonkurrenz, sondern auch, weil eine Besserung
Eisenbahnrente überhaupt von der Besserung
a wirthschaftlichen Lage abhänge.
München, 29. Januar. Der Finanzminister
Kiedel ist heute Nachmittag nach Berlin gereist.
Nan behauptet, Bayern wolle sich im Bundesrath
x Abstimmung über das Branntweinmonopol ent-
alten.
—X 29. Januar. Im preußischen Land⸗
ag wurde die Berathung der Ausweisungsmaß-
edeln fortgesetzt.
Abg. v. Stablewski: Der Reichskanzler
ab gestern die Parole: Rücksichtslose Vernichtung
er polen aus. Die von ihm ausgeführten revo⸗
nionären Schreckbilder bezweckten nur die Ablenk⸗
ng der Aufmerksamkeit von der Härte der Maß—⸗
sel. Mit welcher Stirne wollen Sie jetzt den
Nutschen in Kurland und Esthland, die von den
dussen bedrängt werden, entgegentreten, wenn Sie
lhst Unschuldige über die Grenze jagen? Der
danzler hat gestern den Vernichtungskrieg gegea
zle deutschen Minoritäten im Auslande proklamirt.
Sie werden ernten, was sie gesäet haben. Geifall
m ZentrumJ).
Minister v. Puttkamer: Die Polen haben
vieder erklärt, sie verzichteten nicht auf die Wieder⸗
inrichtung Polens und haben sogar Gott dabei
mgerufen. Es ist völlig unzulässig, die göttliche
Nacht derart in irdische Dinge hineinzuziehen.
jegen die mit Deutschen in Rußland gezogene
zarallele protestire ich. Rußland hat keine deutschen
reußen, es hat nur eine polnische Frage. Vor
ahren brachte der Abg. von Niegolewski einen
halichen Antrag ein; damals waren alle Parteien
mig, eine Diskuffion darüber geschäftsordnungs-
nähig als unzulässig zu erklären. Jetzt werden
ie polnischen Wünsche weitgehender, dringender.
die Ausweisungen seien eine organische positive
daßregel zur Förderung der deutschen Kultur und
ur Sicherung der pteußischen Monarchie durch
eintfernung eines feindlichen Elements und durch
dolonisation des Landes durch Deutsche. GBeifall
echts. Beim Schluß der Rede erscheiat der Reichs⸗
anzler; die Nationalliberalen und Freikonservativen
rheben sich.) 2
Nach einer kurzen Bemerkung des Kriegsmi⸗
isters ergriff Fürst Bissmarck das Wort. Der⸗
elbe wendet sich gegen die gestrigen Ausführungen
hindthorsts. Sulle Versuche, Windthorsi zu seinen
infichten zu bekehren, habe er nicht gemacht; er
ibe auch keine Zeit dazu. Windthorst ist absolut
n Intransigent, dreifach gepanzert als Welfe
uruf: Pole! Heiterkeit), dann vierfach (Heiter⸗
it) als Führer des Kulturkampfs und Anhänger
* Fortschritts. Ich habe ihn aufgegeben. Er
wfür die Staatsrechie der polnischen Unterthanen
ingetreten. Die wollen wir nicht schmälern, son⸗
ern die unsicheren Unterthanen los werden. (Ein
hole ruft: zur Sache!) Bismarck: Der Herr,
er das sagte, kann gar nicht beurtheilen, od ich
ur Sache spreche. Ich vertrete hier mein ver—
mungsmäßiges Recht. Mich zur Sache zu rufen,
st unhöflich. Ich vermisse das Maß von Sitisam—
deit, die wir im Verkehr mit Gebildeten nöthige
jaben. (Lebhafter Beifall.) Ich habe nicht gesagt,
zie königlichen Zusagen an die Polen seien keinen
ßfifferling werih, sondern die Berufung der Polen
zuf diese. Auf eine andere Aeußerung Windthorst's
würde ich nicht zurückkommen, wenn er nicht gleich⸗
zeitig im Reichstage behauptet hätte, ich beabsich⸗
igte einen Staatsstreich zur Durchführung des
Branntweinmonopols. Das ist eine objektive Un⸗
vahrheit. Wenn der Reichstag das Monopol ab⸗
ehnt, so erhalten wir die Einnahmen nicht, um
nothwendige Aufgaben zu erfüllen; das ist ein
ebel, das wir ertragen können. Denn bewilligt
die Reichstagsmajorität nichts, so müssen die ver⸗
»ündeten Regierungen Maßregeln zur Ahbhülfe treffen,
uicht durch Eingriff in die Verfassung, sondern nach
ecgeblichen Bemühungen bei dem Reichstag durch
egere Inanspruchnahme der Einzellandtage. Wir
vürden uns helfen durch Einführung einer hohen
S„chankgewerbe⸗ und Licenzsteuer, die allerdings
unicht den Branntwein allein treffen wird. Wenn
zie Sachen im Reichstage so fortgehen, so muß
zie Maschine einrosten und die verbündeten Regier⸗
uingen können das Ansehen des Reichstags nicht
illein auf der Höhe erhalten, die sie wünschen,
venn der Reichstag keine Geschäfte mit ihnen macht.
Unruhe.) Wenn Windthorst eine Majorität hinter
ich haben wird, die im Stande ist, die Staats⸗
naschine zu feuern, ich will ihn gern in das Reichs⸗
anzleramt aufnehmen. Ich fürchte aber, daß der
raiser nicht so überzeugt von seiner Zuverlässigkeit
ind Fähigkeit ist, wie ich. Bei einem früheren
Zersuch nach dieser Richtung fand ich kein Ent—
—
zetagt, um noch Erperimente zu machen. Wenn
ch es vermöchte, meinen Herrn zu überzeugen, ich
vürde gern den prinzipiell Negirenden die Regier—
ing, Bebel z. B. das Innere überlassen, um zu
eweisen, daß sie nichts leisten können. Ich hoffe,
stichter beruhigt zu haben und erwarte von seiner
ẽxͤhrlichkeit, daß er in seiner Zeitung und Presse
rklärt:“ Ich habe mich geirrt, der Kanzler beab⸗
ichtigt keinen Staatsstreich, nicht einmal eine Auf⸗
ösung des Reichstags. (Lebhafter Beifall.)
Der Präsident theilt mit, es sei ein An⸗
rag der Freisinnigen eingegangen, das Haus wolle
rklären, daß es den Vorlagen, welche durch positive
Finrichtungen die Erhaltung und Pflege der deut⸗
chen Bevölkerung in den Ostprovinzen, namentlich
auf dem Gebiete der Schule und im Einklang mit
der Gleichberechtigung der Staatsbürger bezwecken,
die sorgfältigste Prüfung angedeihen lassen werde,
pie es das nationale Interesse erheische.
Eneccerus erklärt die volle Uebereinstimm⸗
ing der Nationalliberalen mit den gestrigen konser⸗
zativen Erklärungen.
Windt horst: Puttkamer hat nicht leugnen
fönnen, daß die Ausweisungsmaßregeln grausam
ind deren Aussührung noch grausamer ist. Gegen
ves Reichskanzlers ironische Erwiderung halte ich
neine gestrigen Ausführungen in Allem aufrecht.
Ich bin stolz auf meine Welfentreue und meinen
Liberalismus! Mich nicht mehr als Kulturkämpfer
zu sehen, steht in der Hand des Kanzlers, der es
yvurch Beendigung des Kullurkampfes bewirken kann.
rür die Polen verlange ich nichts, als die Auf—
ꝛechterhaltung der Wiener Verträge. Das jetzige
VBorgehen des Reichskanzlers sei gegen das Reich
ind den Reichstag gerichtet, dessen legale Beschlüsse
nit Füßen getreten werden. Wir seien mitten im
ranzösischen Imperatorium, dasz zu Zuständen führe.
die beunruhigender seien, als die oom Reichskanzler
heklagten. (Beifall linss und im Zentrum.)
Persönlich bemerkt Richter: Seine gestrigen
Ausführungen im Reichstage hätten den Zweck er⸗
reicht, den Kanzler zu deutlicheren Erklärungen zu
zeranlassen und dirikt zu erklären, er beabfichtige
einen Staatsstreich. Trotzdem sage er: „Toujours
en védette!“ ˖
Ausland.
London, 30. Januar. Die Köonigin hat
Bladstone berufen, um ihn mit der Bildung des
neuen Kabinets zu beauftragen.
Der Köonigin von England wird nichts anderes
übrig bleiben, als Gladstone zum Prämierminister
zu ernennen. Er hat die Frage der neuen Ord⸗
nung in Irland aufgerollt, er muß zusehen, daß
ex sie zum Abschluß bringt. Andere hervorragende
iberale Staatsmänner, die sich zum Minister⸗
Prasidenten eignen, wie Hartington, Goschen ꝛc.
sind in der irischen Frage Gegner Gladstone's.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Kaiserslautern, 30. Januar. Heute
'and die erste Gläubigerversammlung
m Konkurs Moeser satt, die außerordentlich
zahlreich besucht war. Nach dem Bericht des Kon—
ursverwalters sind 70 Proz. als verloren zu be⸗
rachten, es werden also ewwa 80 Proz. zur Ver—
heilung kommen. Es wurde der seitherige Kon⸗
kursverwalter bestätigt und außerdem ein Gläubiger⸗
ausschuß, bestehend aus den Herren Anwalt Gros,
Banquier Braun und Kaufmann Lebachell (Anwali
därcher als Ersatzmann) gewählt. Des ferneren
wurde dem Gemeinschuldner eine tägliche Unter—
tützung von 8 Mk. bis zum Prüfungstermine, 3
April, gewählt. Die Versammlung dauerte zwei
Stunden.
— Aus dem Alsenzthale, 29. Januar.
Nordpf. B.) Gestern hatte ein Jäger auf der
Döhe ein Treibjagen veranstaltet, wobel 10 Schützen
ind 15 Treiber mitwirkten. Das Ergebniß dieser
chönen Jagd war ein Hase und der glückliche
Schütze Herr Bürgermeister G. aus D. AÄn dem⸗
elben Tage hatte auch ein Nimrod aus dem Al—⸗
enzthale ein Treibjagen veranstaltet, wobei 20
Schützen und 30 — 40 Treiber mitwirkten. Der
detreffende Jäger hat seine Jagd immer sehr gehegt
Auf dieser Jagd wurden fünf Hasen erlegt und
zwar wurden hiervon auf einem Stück Staats-
wald. welche 880 Mark kostet, zwei — sage zwei
Dasen geschossen; da kostet einer nach Adam Riese
190 Mark. (Theure Hasen!)
Verm ischtes. *
FvLeipzig, 30. Januar. Das Reichsgerich!
hat heute in dem schon lange geführten Gasssmo—
toren⸗Prozeß Koͤrting in Hannover contra Gasmo⸗
toren-Fabrik in Deutz das Urtheil publizirt und
zu Gunsten Körting's entschieden.
Aus Bayern.) Bayerische Blatter wissen
hon einem Prügel-Padagogen in der Nähe von
Kosenheim zu erzählen, der an einem einzigen
Nachmittage an seine Schülerinnen 400 Ohrfeigen
oerabreichte.
Aus Bayern. Einen gar seltsamen
Brautzug hat jüngst in Euerdorf der Gänsehirt
Jehabt. Als er nämlich mit seiner Braut zur
dirche schritt, folgten ihm wie auf Kommando
ämmtliche Gänse des Ortes, schön gewaschen, ge—
zutzt und geschmückt. Die Bauern unterkießen et